Leseprobe
Jakob Prandtauer 1660–1726 Baumeister des Barock
Jakob Prandtauer 1660–1726
Baumeister des Barock
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Abb. 314 Stift Kremsmünster, Eichentor, Nordfassade
Abb. 315 Stift Kremsmünster, Eichentor, Südfassade
1713 begonnen, 65 genau gesagt wurde in diesem Jahr das
Fundament zum neyen Mayrhof mit Pürsten geschlagen 66 . Parallel
dazu wurde das Wasser im Hofgarten mithilfe einer
grossen Schneckhen Pumpen ausgepumpt, die von H[err]n
Jacoben Paumeistern angegeben 67 , also entworfen worden
war. Die Arbeiten gingen zügig voran: Schon 1714 wurden
die Fenstergitter für den unteren Meierhof bezahlt, 1715
wurden fünf Tore vom Hofschmied beschlagen. 1717 wurde
der Bau mit der Verglasung der Fenster 68 sowie mit dem
Setzen des mit genau dieser Jahreszahl datierten Wappensteines
von Abt Alexander abgeschlossen. 69
Der obere, also westliche Meierhof (Abb. 306) wurde
später als der untere begonnen. 1719 war er nachweislich
in Bau, 1720 wurde er gepflastert. 70 1722 war er, laut Datierung
des Wappensteines von Abt Alexander über dem
Hauptportal, fertig. 71 Zwei Jahre später, also 1724, wurde
dann auch der hakenförmige Trakt, der den Westtrakt ursprünglich
nach Süden hin verlängerte, vollendet. 72
Insgesamt umfassen die beiden Meierhöfe im Erdgeschoß
rund achtzig Räume, die in erster Linie für Ställe
und handwerkliche sowie landwirtschaftliche Nutzung
vorgesehen waren. Das Obergeschoß, zu dem sich keine
Grundrisse erhalten haben, diente mit Sicherheit ursprünglich
der Unterbringung des Klosterpersonals.
Eichen- und Markttor
Nachdem Carlo Antonio Carlone das Eichentor um 1690
an der heutigen Stelle neu errichtet hatte (Abb. 309), 73 erhielt
es unter Prandtauer sein endgültiges Erscheinungsbild.
Prandtauer verwandelte die karge dreiachsige, dreigeschoßige
Anlage in ein repräsentatives Portal, dessen
Nord- und Südseite ganz unterschiedliche architektonische
Charaktere besitzen (Abb. 314 und 315). 74
Auch für die Nord- bzw. die Einfahrtsseite des Eichentores
(Abb. 314) haben sich zwei Entwürfe von Prandtauer
erhalten: 75 Auf dem ersten (Abb. 317) – beschriftet mit
den Worten Halber Fäcätä Ris von Eichen Thor, wie es auf
sein bei gefiegten Grundt zu sten khumbt – rahmen schräg
vortretende Säulen das Portal, in dessen Scheitel ein überdimensional
großer Schlussstein sitzt. Die Mitte des Ober-
65
PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/3, 438.
66
Zit. in: PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/3, 438.
67
Zit. in: PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/3, 438–439.
68
Alle Daten nach PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/3, 439 (mit Hinweisen
auf die punktuellen Veränderungen des unteren Meierhofes
nach dem Brand des Jahres 1866).
69
Zu dem Wappenstein, der ursprünglich hofseitig angebracht
war, siehe PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/3, 454–455.
70
PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/3, 448–449.
71
PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/3, 449, 454–455.
72
PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/3, 449. Südlich des hakenförmigen
Traktes finden sich Reste einer Eisgrube, die wohl auf Prandtauer
zurückgeht (PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/3, 457).
73
PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/3, 450–451.
74
Grundlegend zum Eichentor ist PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/3,
449–453. An älterer Literatur siehe KOLLER 1918, 60, HANTSCH
1926, 75–76 und AUSST.-KAT., PRANDTAUER 1960, 197, Nr. 318–
323. Zuletzt siehe HUBER / WEIGL (HG.) 2010, 125–127 (HUBERTA
WEIGL).
75
PÜHRINGER-ZWANOWETZ 1977/2, 46, Nr. 12 und 16.
324