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Das Wirtschaftsmagazin für das Bergische Land und den Kreis Mettmann

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Verabschieden sich

in den wohlverdienten

Ruhestand:

Frank R. Witte (l.),

Sprecher der VBU-

Geschäftsführung

und Dr. Klaus-Peter

Starke, VBU-Geschäftsführer

Foto: BVG

Dr. Starke: Die Entwicklung und auch

die Durchsetzungskraft der Gewerkschaften

hat in den vergangenen Jahrzehnten

dazu geführt, dass eine Vielzahl

von Unternehmen die Tarifbedingungen

nicht mehr als Mindestbedingungen, sondern

eher als Höchstbedingungen empfindet,

die sie nicht mehr tragen können.

Deshalb hält nach wie vor der Trend in

unseren allgemeinen Arbeitgeberverband

VABI (Verband von Arbeitgebern im

Bergischen Land e.V.) an.

Aber auch hier bietet sich ein buntes Bild:

Unter den Mitgliedern gibt es Unternehmen,

die an keine Tarifverträge gebunden

sind, aber auch solche, die an Tarifverträge

gebunden sind, entweder weil sie der

Nachbindung und Nachwirkung von Tarifverträgen

unterliegen oder aber selbst

Firmentarifverträge abschließen. Aufs

Ganze gesehen führt diese Entwicklung

aber leider dazu, dass der Gesetzgeber

selbst das Feld der Regelung von Arbeitsbedingungen

immer stärker besetzt, wie

der gesetzliche Mindestlohn oder auch

die inzwischen ebenfalls gesetzlich geregelte

Ausbildungsvergütung zeigt. Diesen

Trend zu stoppen oder umzukehren,

ist sicher eine der größten Herausforderungen

für die Verbände. Die Tarifautonomie,

die grundgesetzlich geschützt ist,

sollte von den Unternehmen auch genutzt

werden. Freiheitsrechte, die nicht in Anspruch

genommen werden, sind sonst irgendwann

verloren.

Witte: Werden Tarifverträge nicht als

Mindestbedingungen, sondern eher als

Höchstbedingungen bewertet oder erfahren,

müssen sich die Sozialpartner

dringend mäßigen und neue Lösungsansätze

suchen. Viele Arbeitnehmer haben

gar keine Vorstellungen, wie hoch das

Tarifniveau – jedenfalls in den großen

Industriebranchen – ist. Zudem kann

man an den aktuellen Forderungen der

Gewerkschaften ablesen, dass die

„Grundbedürfnisse“ ihrer Klientel erreicht

sind. Inzwischen steht der Wunsch

nach mehr Freizeit vor höheren Einkommen.

Deshalb wollen sich Gewerkschaften

zukünftig auch um Anliegen kümmern,

die mit den engeren betrieblichen

Belangen gar nichts mehr zu tun haben.

Stattdessen greift man gesamtgesellschaftliche

Themen auf wie angebliche

Lücken in der staatlichen Sozialversicherung.

Hier muss man strikt darauf achten, dass

nach dem Grundgesetz die Sozialpartner

zur Wahrung und Förderung der Arbeits-

und Wirtschaftsbedingungen aufgerufen

sind, nicht aber zum Ersatzgesetzgeber

in allen Lebenslagen. Und was

die Vielzahl der Tarifverträge anbelangt:

Vielleicht wäre bei ganz neuen Tarifthemen

die Beachtung des europäischen

Grundsatzes „one in, one out“ ein probates

Mittel, also eine Tarifmaterie entfällt,

wenn man eine neue einführen

will.

Noch einmal zurück zu Ihrer langjährigen

Tätigkeit bei den Unternehmerverbänden:

Was hat Sie persönlich am

meisten beeindruckt?

Dr. Starke: Neben einer großen Zahl von

Unternehmerpersönlichkeiten, die prägend

für meine Arbeit waren, sind dies vor allem

die vielfältigen Verbindungen, regional wie

landes- und bundesweit, die geknüpft werden

konnten und die in kritischen Situationen

auch immer einmal weiterhelfen. Daneben

haben wir für unsere öffentlichen

Veranstaltungen immer auch wieder hervorragende

und bemerkenswerte Persönlichkeiten

als Referenten eingeladen, die ebenfalls

ihre Wirkungen hinterlassen haben,

wie beispielsweise der damalige Stasibehördenbeauftragte

und spätere Bundespräsident

Joachim Gauck oder Prof. Dr. Bassam

Tibi oder der frühere Astronaut und heutige

Wissenschaftsjournalist Ulrich Walter.

Witte: Als ich meinen allerersten Arbeitsprozess

erfolgreich abgeschlossen

hatte, lud mich der Unternehmer spontan

zu einem Mittagessen ein. Ganz freimütig

fragte ich ihn nach seiner Motivation, in

einem Arbeitgeberverband organisiert zu

sein. Er schaute mich überrascht an und

erwiderte: Herr Witte, wie können sie

mich so etwas überhaupt fragen? Solange

es in diesem Land Gewerkschaften gibt,

bin ich doch selbstverständlich Mitglied

in einem entsprechenden Arbeitgeberverband

– dieses Selbstverständnis hat mich

sehr beeindruckt.

der Bergische Unternehmer 03|21 19

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