blu Mai / Juni 2021
blu ist das queere Lifestyle-Magazin für Berlin
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04.<strong>2021</strong> І MAI • JUNI І HEFT 135<br />
BERLIN<br />
VIP<br />
MARCELLA<br />
ROCKEFELLER<br />
im exklusiven Gespräch<br />
GESELLSCHAFT<br />
POLEN:<br />
Eine Community<br />
in Angst<br />
STYLE<br />
Unsere DESIGN-<br />
Highlights für <strong>2021</strong><br />
04<br />
4 193289 301909<br />
1,90€<br />
INTERVIEWS: VICTORIA BACON, GEORG KRONEIS, SVEN REBEL,<br />
JENDRIK, OWEN PALLETT, MARINA
WO DIE<br />
NATUR<br />
NOCH<br />
IN ORDNUNG<br />
IST?<br />
In Ihrem wohnoffice<br />
TEAM 7 Hamburg City, www.team7-hamburg.de<br />
TEAM 7 Hamburg, www.team7-hamburg.de<br />
TEAM 7 Berlin, www.team7-berlin.de<br />
TEAM 7 München, www.team7-muenchen.de<br />
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TEAM 7 Stuttgart, www.team7-stuttgart.de
INTRO 3<br />
Inhalt<br />
epaper.männer.media<br />
Alle Magazine online!<br />
KULTUR<br />
„Schwierige Zeiten bringen immer<br />
auch Chancen mit sich. Schon als<br />
uns vor einem knappen Jahr der<br />
erste Lockdown erwischt hat, habe<br />
ich angefangen, nach künstlerischen<br />
Alternativen zu suchen.“ Georg Kroneis<br />
produziert Kunst, ist Obmensch<br />
von ĀRT HOUSE und spielt Viola<br />
da Gamba und Kontrabass. Wir<br />
chatteten mit dem Künstler.<br />
STYLE<br />
Der aus der Ukraine stammende<br />
Tänzer Denys Popovych beweist<br />
in der Kleinserie „Frühlingserwachen“<br />
des Berliner Modedesigners<br />
Matthias Maus Modelqualitäten.<br />
Und die hier bei uns<br />
zu sehende Fashion-Serie selbst<br />
ist wiederum vom Tanz beeinflusst.<br />
Aber nicht nur.<br />
KUNST<br />
Der Fotograf Jonas Norén war<br />
gerade einmal vier Jahre alt, als er<br />
das erste Mal eine Kamera in den<br />
Händen hielt. Mittlerweile ist der<br />
Skandinavier einer der ganz Populären<br />
in der queeren und homoerotischen<br />
Fotografenszene. Wir haben<br />
einige seiner besten Bilder für dich<br />
versammelt.<br />
Liebe Queers,<br />
der Sommer kann kommen! Der letzte Lockdown<br />
ist hoffentlich vorbei, die Impfkampagne<br />
nimmt Fahrt auf und Reisen werden wieder<br />
möglich. Auch die Community blickt nach<br />
vorne auf einen neuen Sommertraum. Es heißt,<br />
die Gewohnheit macht den Genuss schal und<br />
die Entbehrung unerträglich. Manches, was<br />
uns selbstverständlich erschien, können wir<br />
neu entdecken und genießen. Viele Locations<br />
brauchen nun unsere Unterstützung, indem wir<br />
sie fleißig besuchen. Wahrscheinlich werden<br />
sich manche Türen nicht mehr öffnen, dafür<br />
versucht vielleicht eine jüngere, queerere Generation<br />
ihr Glück, die bislang an den Platzhirschen<br />
nicht vorbeigekommen ist. Auch die heißen wir<br />
herzlich willkommen und freuen uns auf die<br />
Bereicherung. Möglicherweise erübrigen sich<br />
auch Kämpfe der Vergangenheit und man stellt<br />
fest, dass wir alle in einem Boot sitzen und uns<br />
mehr verbindet als trennt.<br />
Euer <strong>blu</strong> Team!<br />
Kostenlos<br />
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IMPRESSUM<br />
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Christian Fischer (cf) &<br />
Michael Rädel (rä)<br />
Chefredakteur: Michael Rädel (rä) (V.i.S.d.P.)<br />
Stellv. Chefredakteur: Christian Knuth (ck)<br />
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Christian K. L. Fischer, Patrick Heidmann,<br />
Felix Just (fj), Christian Knuth (ck), Dagmar<br />
Leischow, Leander Milbrecht (lm), Steffen<br />
Rüth, Thomas Wassermann<br />
Lektorat (ausgewählte Texte):<br />
Tomas M. Mielke, www.sprachdesign.de<br />
Grafik: Susan Kühner<br />
Cover: Marcella Rockefeller, Foto: Mirko<br />
Plengemeyer, Styling: Laila Licious<br />
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4 STADT<br />
Community<br />
EIN PRÄCHTIGER HUT<br />
Eigentlich kommt Steffen<br />
Linck ja aus Hamburg, doch<br />
er hat sein Herz nicht nur<br />
an die Musik, sondern auch<br />
an das „dicke B“ verloren<br />
und gehört als Monolink<br />
seit einigen Jahren zur<br />
Avantgardeszene Berlin. Sein<br />
Singer-Songwriter-Elektro-<br />
Pop gewinnt mehr und mehr<br />
Fans, nicht nur durch Social<br />
Media, auch durch seine Auftritte<br />
wie beim US-„Burning<br />
Man Festival“ in Nevada. Im<br />
<strong>Juni</strong> erscheint sein Album<br />
„Under Darkening Skies“,<br />
das verträumten und doch<br />
tanzbaren Elektro bietet, der<br />
all denen gefallen dürfte, die<br />
auch Faithless oder Björk<br />
mögen. Unsere Anspieltipps<br />
sind „Otherside“ und „The<br />
Prey“. *rä<br />
CORONA<br />
Greifbar kommt<br />
nicht wieder<br />
Die Greifbar war eine der wenigen<br />
schwulen Bars, die es im<br />
Prenzlauer Berg noch gab. Ein<br />
Ort des puren Hedonismus.<br />
Cruising unter Männern mit Popcorn,<br />
Darkroom und flimmernden Pornos<br />
auf den Monitoren über und neben der<br />
Bar. Damit wird es wohl auch nach der<br />
Corona-Pandemie nicht weitergehen.<br />
„Nach 2-mal Lockdown mit Berufsverbot für die Gastronomie habe ich mich entschlossen,<br />
die Greifbar nicht mehr zu öffnen und etwas anderes zu machen“, postete der Wirt auf<br />
Social Media. „Ich bedanke mich bei allen Gästen und Freunden für die Unterstützung in den<br />
letzten Jahren, insbesondere aber für die Treue während der Corona-Zeit.“ Es scheint, als<br />
ob die Entscheidung des Betreibers Karsten Brodak endgültig sei. Hier trafen sich schwule<br />
„Normalos“, (Lebens-)Künstler, Studenten und Männer jeden Alters, um zu flirten, auch um<br />
Sex zu haben, manchmal aber nur auf ein Bier. Es war, so die Eigenbeschreibung, „eine traditionelle<br />
Gaybar für schwule Männer und deren Freunde im Bauarbeiter-Stil“. Sicherlich war<br />
die Greifbar nicht unumstritten, immerhin hatten Dragqueens (lange Zeit **) keinen Zutritt,<br />
sie war aber ein Stück schwuler Emanzipation vom heterosexuellen <strong>Mai</strong>nstream, gelebte<br />
Sichtbarkeit. Der Prenzlauer Berg verliert durch den Wegfall eine womöglich etwas aus der<br />
Zeit gefallene, aber durchaus wichtige Lokalität. Noch unbestätigte Gerüchte besagen, dass<br />
nach der Schließung und „nach Corona“ hier wohl eine Shisha-Bar eröffnen soll. *rä<br />
** Nach unseren Informationen wurde diese Türpolitik aber schon vor ca. zehn Jahren geändert und auch Trans* und<br />
Dragqueens waren willkommen.<br />
FOTO: WWW.LACOCOTTE.DE FOTO: CK<br />
BARBIE DEINHOFF’S<br />
Unseren Informationen nach<br />
soll die queere alternative<br />
Bar Barbie Deinhoff’s gleich<br />
zweimal überfallen worden<br />
sein. Wie uns von einem<br />
Barkeeper erzählt wurde,<br />
hätten es die Einbrecher wohl<br />
nur auf den Lagerbestand der<br />
Traditionsadresse abgesehen<br />
haben. Diesen haben sie<br />
wohl versucht, sofort zu<br />
Geld zu machen, allerdings<br />
ohne Erfolg. Trotzdem: Der<br />
Sachschaden ist da. Wie es<br />
mit dem „Barbie Deinhoff‘s“<br />
in der Schlesischen Straße<br />
in Kreuzberg weitergeht, sei<br />
gerade nicht einzuschätzen.<br />
Wahrscheinlich gar nicht. *rä<br />
SOLIDARITÄT<br />
La Cocotte braucht dich<br />
Auch die Restaurants sind von den Folgen<br />
der notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung<br />
der Corona-Pandemie betroffen.<br />
Das Team vom La Cocotte, jenem queeren<br />
Promi-Treff, bietet daher nun Essen zum<br />
Mitnehmen an.<br />
„Unsere Antwort auf Glühwein ist Champagner“,<br />
so das Team auf Social Media. Und<br />
auch sonst bekommt man nur das Beste.<br />
Und vor allem: In wenigen Minuten kann<br />
man alles hier Gekaufte wieder aufwärmen<br />
und in Ruhe in den sicheren „eigenen“ vier<br />
Wänden verspeisen. Montag bis Samstag<br />
zwischen 17:30 Uhr und 20:30 Uhr kann<br />
man vor Ort Essen kaufen, zwischen 9<br />
und 22 Uhr kann man sein Essen zuvor bei<br />
Philippe telefonisch planen: 0179 3267463.<br />
„Beim Kauf der neuen COCOTTES MINUTE<br />
geht es nicht nur darum, sich selbst zu verwöhnen,<br />
sondern auch darum, eine Berliner<br />
Institution in großen Schwierigkeiten zu<br />
unterstützen.“ Gut zu wissen: Partyveranstalterin<br />
Chantal speiste hier regelmäßig,<br />
Sängerin Oshri legte hier schon live los. Und<br />
Divatlantique auch. *rä<br />
La Cocotte, Vorbergstr. 10, www.lacocotte.de
STADT 5<br />
NACHGEFRAGT<br />
JULIAN<br />
F.M.<br />
STOECKEL:<br />
„No hate!“<br />
FOTO: M. RÄDEL<br />
Lagerkoller? Zusammensein<br />
mit Plauderei bei Kaffee<br />
und Kuchen an der frischen Luft,<br />
das geht. Oder auch auf Social<br />
Media schauen und lauschen, zum<br />
Beispiel Julian F.M. Stoeckel. Für<br />
uns nahm sich der Queer Zeit für<br />
einen Chat.<br />
Unlängst warst du im BKA Theater<br />
zu sehen. Woran sitzt du gerade?<br />
Ich bin gerade aus Köln gekommen. Dort<br />
habe ich die letzten 14 Tage für RTL.DE<br />
einen Livestream moderiert. Natürlich<br />
geht mein Engagement am BKA Theater<br />
ebenfalls weiter und wir starten eine<br />
zweite Staffel meiner Late-Night-Show<br />
„Bitte bleiben Sie doch auf dem roten<br />
Teppich“. Ich freue mich sehr darauf …<br />
Alltagsrassismus ist seit letztem<br />
Jahr stärker in den Fokus der<br />
Öffentlichkeit gerückt. Wie verhältst<br />
du dich, wenn du Rassismus<br />
etwa auf Social Media bemerkst?<br />
Rassismus, Homo- oder Transphobie und<br />
Antisemitismus haben auf meinen Social-<br />
Media-Kanälen absolut keinen Platz – ich<br />
verweise auch Menschen von meinen<br />
Portalen, und wenn es sein muss, dann<br />
werden User auch entfernt oder geblockt.<br />
No hate!<br />
Du selbst wurdest oft als oberflächlich<br />
bezeichnet und aufgrund deiner<br />
Sexualität Zielscheibe von homophober<br />
Häme im Netz. Verletzt dich<br />
das?<br />
Wirklich? Siehst du, so was weiß ich gar<br />
nicht – ich bin so oberflächlich und desinteressiert,<br />
dass mir solche Dinge gar nicht<br />
auffallen. Es ist mir auch vollkommen<br />
Wurscht, was Leute über mich sagen,<br />
denken oder schreiben. Ich kenne auch<br />
gehässige Kollegen, die sich am liebsten<br />
über mich erheben. Aber: Es interessiert<br />
mich nicht! Null, nada, niente …<br />
Inwiefern trifft dich die Corona-<br />
Pandemie, hast du Angst?<br />
Die Corona-Pandemie ist eine Situation<br />
mit der wir uns alle beschäftigen müssen,<br />
und gewinnen kann man diese Situation<br />
nur, wenn man sich in der für uns alle<br />
schwierigen Situation auch über andere,<br />
neue Wege und Lösungen Gedanken<br />
macht. Wie es ist, kann es ja nicht bleiben.<br />
Wir müssen mit der Zeit gehen, sonst<br />
gehen wir mit der Zeit …<br />
Wie trifft die Pandemie den<br />
Geschäftsmann Julian F.M.<br />
Stoeckel?<br />
Das kann man weder in Worten noch in<br />
Zahlen bemessen. Meine gesamten Events<br />
(Public Viewing zum Dschungelcamp,<br />
meine CSD-Tour und meine „Julian F.M.<br />
Stoeckel & Friends – die Show“) können<br />
nicht stattfinden. Natürlich laufen meine<br />
Fernseh- und TV Produktionen weiter,<br />
aber am meisten bin ich froh über mein<br />
Engagement im BKA Theater … Das rettet<br />
mich auch vor der totalen Langeweile …<br />
*Interview: Michael Rädel
6 STADTGESPRÄCH<br />
AUSSTELLUNG<br />
FOTO: M. RÄDEL<br />
DER MIT DER FETTECKE<br />
Dieses Jahr ist ein Beuys-Jahr. Der<br />
am 12. <strong>Mai</strong> 1921 geborene Krefelder<br />
Künstler war bis zu seinem Tod am 23. Januar<br />
1986 einer DER weltbekannten Avantgardisten<br />
der Kunstwelt aus Deutschland.<br />
Vor allem seine „Fettecke“ brannte sich 1963<br />
ins kollektive Gedächtnis ein: Eine Zimmerecke,<br />
die mit einigen Kilogramm Butter<br />
veredelt wurde. Eine pure Provokation für<br />
viele. Und 1986 dann auch vom Hausmeister<br />
entfernt – ein (legendärer) Skandal!<br />
Düsseldorf/Essen: Spannende Ausstellungen<br />
über den Aktions- und Objektkünstler<br />
Joseph Beuys – ungewöhnliche Kunst-<br />
Happenings – sind in Essen und Düsseldorf<br />
geplant. Los geht es am 11. und 12. <strong>Mai</strong> in der<br />
Kunsthalle Düsseldorf, Essen folgt im Juli.<br />
Berlin: Dem „idealtypischen Gegenspieler“<br />
von Andy Warhol wird dieses Jahr auf<br />
vielfältige Weise gedacht. Zum Beispiel in<br />
Berlin-Mitte in der St. Matthäus Kirche.<br />
Bis September gibt es hier zum 100.<br />
Geburtstag des Künstlers eine von dem<br />
Joseph-Beuys-Experten Eugen Blume<br />
kuratierte Einzelausstellung: „Der Erfinder<br />
der Elektrizität – Joseph Beuys und der<br />
Christusimpuls“. Diese Ausstellung widmet<br />
sich – der Name verrät es – den christlichen<br />
Wurzeln des Sozialphilosophen und<br />
Humanisten, etwa seinen Herz-Jesu-<br />
Bildchen, die er mit „Der Erfinder der<br />
Elektrizität“ betitelte.<br />
Ulm: Der Kunsttheoretiker und Professor<br />
an der Kunstakademie Düsseldorf soll<br />
versucht haben, in seiner provokanten<br />
Kunst die Wiederherstellung der Einheit<br />
von Geist und Natur zu erlangen. Das<br />
klingt nach Süddeutschland ... Und in der<br />
Tat stammten Joseph Beuys’ Materialien<br />
unter anderem aus dem Allgäu. (Fast)<br />
genau dort wird an sein Wirken und Werk<br />
erinnert, zum Beispiel bei „Ein Woodstock<br />
der Ideen – Joseph Beuys, Achberg und der<br />
deutsche Süden“ bis Juli im Museum Ulm.<br />
Österreich: Auch in Wien, im Belvedere<br />
21, wird des revolutionären Künstlers<br />
gedacht, der in dem Wirken Jesu auch einen<br />
Freiheits- und Heilungsimpuls sah, den er in<br />
seiner Kunst ausdrückte. Joseph Beuys war<br />
in Wien sehr präsent, etwa an der Hochschule<br />
für angewandte Kunst, an der Beuys<br />
1980 als Gastdozent unterrichtete. Hier<br />
inszenierte der Künstler 1983 die Pflanzung<br />
von Bäumen für seine weltweite Aktion<br />
„7000 Eichen“. Die aktuelle Ausstellung<br />
„Joseph Beuys – Denken. Handeln. Vermitteln.“<br />
ist bis zum 21. <strong>Juni</strong> zu sehen. *rä<br />
www.belvedere.at/joseph-beuys,<br />
www.stiftung-stmatthaeus.de,<br />
www.beuys<strong>2021</strong>.de, www.museumulm.de<br />
FOTO: M. RÄDEL<br />
STREET-ART<br />
„Sachbeschädigung“, die zum Denken<br />
anregt<br />
Eine Ausstellung zu Ehren<br />
Banksys eröffnet in Berlin ihre<br />
Pforten. „The Mystery of Banksy –<br />
A Genius Mind“ startet ab dem 16.<br />
April in der STATION-Berlin. Graffitis,<br />
Installationen und Paste-ups – dieser<br />
legendäre, vermutlich 1974 in Bristol in<br />
England geborene Künstler hat Street-Art<br />
und Graffiti-Installationskunst seit 2000<br />
zum Kult gemacht. „Sachbeschädigung“,<br />
die zum Denken anregt und für immense<br />
Summen verkauft wird. Aufsehen erregte der hier<br />
gewürdigte Künstler auch, als sich eines seiner<br />
Kunstwerke 2018 direkt nach der Versteigerung<br />
vor laufenden Kameras teilweise selbst zerstörte.<br />
Bis heute ist die Identität Banksys ungeklärt. *rä<br />
Bis 1.8., The Mystery of Banksy – A Genius<br />
Mind, STATION-Berlin, Luckenwalder Str. 4 – 6,<br />
www.themysteryofbanksy.de
STADTGESPRÄCH 7<br />
COMIC<br />
Lucky Luke &<br />
Ralf König<br />
1946 erschien der Westernheld<br />
zum ersten Mal auf der<br />
Comic-Bildfläche und wurde<br />
schnell Kult. Lucky Luke<br />
glänzte in Filmen, Comics,<br />
als Hörbuch und als Aufkleber.<br />
Und neuerdings auch<br />
auf Social Media.<br />
Dieses Jahr wird der coole Cowboy 75<br />
Jahre jung, einer seiner prominentesten Fans ist der Kölner<br />
Comic-Meister Ralf König. Und der widmet <strong>2021</strong> dem<br />
schnoddrigen Reiter mit seinem treuen Hund Rantanplan<br />
** einen ganzen Comic: „Zarter Schmelz“.<br />
Schwule Lust, Native Americans, Eisenbahnen und<br />
Saloons, Pferde, Knarren und Kakteen, Viehtriebe, Planwagen<br />
– und turbulente Abenteuer: Lucky Luke @ Ralf König<br />
bietet jede Menge Spannendes, auf das man sich freuen<br />
kann. Der Ralf-König-Comicband „Zarter Schmelz“ soll<br />
im Rahmen einer ganzen Reihe von Veröffentlichungen<br />
zu Ehren des legendären Cowboys mit den engen Jeans<br />
und dem Grashalm im Mund erscheinen. Für März ist<br />
zudem „Lucky Luke, Band 100: Die Ursprünge – Western<br />
von Gestern“ geplant. „Dieses Album zum 75. Geburtstag<br />
des Western-Helden, mit der Nummer 100, enthält die<br />
ersten beiden Lucky-Luke-Geschichten, die noch nie im<br />
Rahmen der regulären Albenreihe erschienen sind. Die<br />
erste Auflage kommt mit einer Goldfolie veredelt“, verrät<br />
der Verlag. *rä<br />
Marienfelder Allee 212,<br />
12279 Berlin<br />
Termine auf doctolib.de<br />
Öffnungszeiten<br />
Mo. 9 - 14 Uhr<br />
Di. 9 - 12 & 14 -18 Uhr<br />
Mi. 9 - 12 Uhr<br />
Do. 9 - 12 & 14-18 Uhr<br />
Fr. 9 - 12 Uhr<br />
Telefon: 030 / 7231896<br />
www.egmont-comic-collection.de<br />
Mehr Features dieser Art auf<br />
instagram.com/<strong>blu</strong>mediengruppe<br />
BILDER: © LUCKY COMICS<br />
<strong>2021</strong> – ALL RIGHTS RESERVED<br />
BY RALF KÖNIG<br />
** Dieser<br />
(ehemalige)<br />
Gefängnishund<br />
war zum ersten<br />
Mal 1960<br />
dabei, ab 1985<br />
gab es extra<br />
Comics mit dem<br />
verfressenen<br />
Vierbeiner.
8 STADTGESPRÄCH<br />
VICTORIA<br />
BACON<br />
„Bin total happy<br />
damit“<br />
Montag bis Freitag erfreut die RTL-II-Serie<br />
„Berlin – Tag & Nacht“ einer große Fangemeinde<br />
vor den Fernsehern und Rechnern<br />
– hier kann man die Soap auch bei TVNOW<br />
in der Mediathek genießen. Neu dabei ist die Berliner<br />
Dragqueen Victoria Bacon, für uns hatte die Schauspielerin<br />
Zeit für ein Telefonat.<br />
FOTO: SELFIE<br />
Wie kamst du zur Serie?<br />
Ich wurde von der Produktionsfirma<br />
angeschrieben, die mich auf Social Media<br />
entdeckt hatte, dass sie eine Dragqueen<br />
suchen. Ich dachte dann erst mal, dass<br />
es um eine einmalige Sache geht, etwa<br />
„Dragqueen tanzt auf einer Party im Hintergrund“.<br />
Aber es sollte tatsächlich eine<br />
regelmäßig auftauchende Rolle besetzt<br />
werden.<br />
Wie ging es weiter?<br />
Natürlich habe ich liebend gern am Casting<br />
teilgenommen. Es gab Telefoninterviews<br />
und ich habe Bewerbungsvideos erstellt.<br />
Du hast überzeugt und hast die<br />
Rolle. Bist du denn mit dieser<br />
zufrieden?<br />
Ich bin total happy damit! Victoria ist eine<br />
gute Freundin der Mädels im Friseursalon<br />
geworden, tröstet bei Liebeskummer, ist<br />
für jeden Spaß zu haben und bringt Stimmung<br />
in die Bude. Bei Gossip und Dramen<br />
mischt sie gerne mal mit, es macht Spaß,<br />
sie zu spielen.<br />
Wie lange ist die Rolle denn<br />
angelegt?<br />
Das darf ich nicht verraten, aber wir drehen<br />
noch, man kann sich also auf die kommenden<br />
Monate mit mir freuen…<br />
Hast du noch weitere Pläne in<br />
Sachen Schauspielerei?<br />
Es ist ein Thema, das mich interessiert und<br />
mir Spaß macht. Nicht unbedingt nur vor<br />
der Kamera, auch ein Bühnenprogramm<br />
könnte ich mir vorstellen.<br />
Eine Frage habe ich noch: Was hat es<br />
mit deinem Nachnamen auf sich?<br />
Du meinst Bacon? Das ist eine kleine<br />
Referenz an Victoria Beckham, ich wollte<br />
einen internationalen Nachnamen!<br />
Es ist also keine Parodie auf<br />
Conchita Wurst?<br />
Nein, Wurst und Bacon … Es sind zwar<br />
beides Fleischgerichte, aber Conchita<br />
hatte nichts damit zu tun. (lacht)<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
www.facebook.com/<br />
victoria.bacon.berlin,<br />
www.instagram.com/bacon.victoria<br />
Savignyplatz 07-08 | 10623 Berlin<br />
030-318.64.711 | www.habitare.de<br />
Montag bis Samstag zwischen<br />
10:00 und 16:00 Uhr bieten wir<br />
– solange wir dürfen – Termine<br />
in unseren Räumen nach<br />
telefonischer Absprache an.<br />
Oder Sie kontaktieren uns unter<br />
service@habitare.de.<br />
Sessel „LOOM“ € 259,-*<br />
inkl. Sitzkissen,
STADTGESPRÄCH<br />
9<br />
DHL hisst Regenbogen<br />
Bunt, groß und außergewöhnlich ist der Auftrag, der bei der Wuppertaler Firma Fahnen Herold hereingeflattert ist: 750<br />
Regenbogenfahnen sind in den Produktionshallen angefertigt worden. Auftraggeber war der Logistikkonzern Deutsche Post<br />
DHL, der damit ein starkes Zeichen rund um die Themen Diversität und Akzeptanz setzt.<br />
Die Regenbogenfahnen wurden am<br />
17. <strong>Mai</strong>, dem „Internationalen Tag gegen<br />
Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie“<br />
an zahlreichen Betriebsstätten der<br />
Deutschen Post in der gesamten<br />
Bundesrepublik gehisst. „Wir setzen ein<br />
starkes Zeichen für Diversität. Mir ist kein<br />
Unternehmen in Deutschland bekannt,<br />
das je eine Diversity-Aktion in solch<br />
einer Größenordnung umgesetzt hat“,<br />
sagt Initiator Peter Steinhoff von der<br />
Deutschen Post.<br />
Das unternehmensinterne Netzwerk<br />
RainbowNet wurde 2008 für LGBTI-<br />
Beschäftigte gegründet. Es soll dazu<br />
beitragen, dass alle Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter ungeachtet ihrer sexuellen<br />
Orientierung und geschlechtlichen Identität<br />
unbelastet ihrer Arbeit nachgehen<br />
können, um einen Raum für Erfahrungsaustausch<br />
zu ermöglichen. Das Netzwerk,<br />
das nicht nur in Europa, sondern auch in<br />
Asien, Südamerika und den USA Mitglieder<br />
hat, unterstützt Beschäftigte und<br />
Führungskräfte in beratender Funktion.<br />
Der Konzern vereint Menschen aus einer<br />
Vielzahl von Kulturkreisen und kulturellen<br />
Hintergründen. Dies spiegelt sich auch<br />
im Motto des Diversity-Managements<br />
wider: „Alle verschieden - gemeinsam<br />
erfolgreich“. Der Konzern bekennt sich<br />
darüber hinaus ausdrücklich zu Chancengleichheit,<br />
was im Verhaltenskodex<br />
sowie in der konzerneigenen Erklärung<br />
zu Vielfalt und Inklusion hervorgehoben<br />
wird. Deutsche Post DHL Group feiert<br />
seit mehreren Jahren im Monat <strong>Mai</strong> eine<br />
gesamte Diversity Week.<br />
www.dpdhl.com<br />
*Abholpreise ohne Dekoration<br />
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W O H N E N + W O H N E N G M B H
10 STADTGESPRÄCH<br />
PAVLO<br />
STROBLJA:<br />
NACHGEFRAGT<br />
„Lerne, gestalte,<br />
bestärke,<br />
transformiere“<br />
FOTO: E.REMO<br />
Auf Social Media versorgt der<br />
Münchner als Coach seine Follower<br />
mit guten Vibes und guten Gedanken. Wir<br />
fragten nach.<br />
Was genau macht ein LGBT-Coach?<br />
In meiner Tätigkeit unterstütze ich queere<br />
Menschen in ihrer persönlichen und<br />
beruflichen Entwicklung. Basierend auf<br />
den Erfahrungen aus den letzten Jahren,<br />
stellte ich einen Kurs mit Theorie und<br />
praktischen Übungen zusammen, der aus<br />
vier Modulen besteht:<br />
Lerne aus deiner Vergangenheit<br />
Gestalte dein Mindset<br />
Bestärke dich selbst<br />
Transformiere deine Zukunft<br />
LGBT-Coaching hilft dabei, die emotionalen<br />
Blockaden zu erkennen und zu<br />
lösen und dadurch mehr Klarheit und<br />
Selbstbewusstsein zu gewinnen. Im<br />
beruflichen Umfeld werden die Klienten<br />
erfolgreicher, weil sie lösungsorientierter<br />
sind, effizienter kommunizieren<br />
und an weniger Konflikten beteiligt<br />
sind.<br />
Wie nutzt du Instagram dafür?<br />
Gerade in den Zeiten des Lockdowns,<br />
wenn die „analogen“ Beratungsstellen<br />
geschlossen bleiben, ist es wichtig, die<br />
Mitglieder der LGBTIQ*-Community<br />
aufzufangen und zu unterstützen. Auf<br />
Insta kommuniziere ich kleinere „Häppchen“<br />
aus meinem Coaching-Konzept,<br />
die einen gewissen Mehrwert für die<br />
Nutzer bringen. Sehr gut angekommen<br />
waren zum Beispiel die Impulse zum<br />
Thema Resilienz oder Tipps zum<br />
Ausbau eines starken Netzwerks.<br />
Was macht für dich den Reiz und<br />
Nutzen von Social Media aus?<br />
Für den Austausch mit der Community<br />
nutze ich verschiedene Plattformen.<br />
Social Media bieten eine hervorragende<br />
Möglichkeit, auf täglicher Basis bestimmte<br />
Inhalte und Themen zu transportieren und<br />
ein unmittelbares Feedback zu erhalten.<br />
Du lebst in München, was magst du<br />
an der Bayernmetropole?<br />
Vom Sternzeichen bin ich Stier und mein<br />
Element ist Erde. An München schätze ich<br />
sehr die Nähe zu den Bergen. Die Ausflüge<br />
ins Grüne helfen mir, meine Batterien<br />
aufzuladen und achtsam zu bleiben.<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
www.instagram.com/pavlo.stroblja<br />
TRAVESTIE<br />
RuPaul’s Drag Race:<br />
Barbie Breakout und Conchita Wurst<br />
Zwei, die es wissen und können,<br />
kommentieren immer freitags in<br />
einem wöchentlichen Podcast die<br />
Episoden der 13. Staffel der Show<br />
„RuPaul’s Drag Race“. Klingt nach<br />
Spaß und Hörgenuss. Und ist es auch.<br />
Wie das abläuft? In BartSchatten – „Ich<br />
bin der Bart, du die shady bitch“, so Conchita<br />
zu Podcast-Partnerin Barbie – wird die gerade<br />
angelaufene 13. Staffel der weltweit erfolgreichen<br />
Show von RuPaul unter die Lupe genommen. Die<br />
Regeln werden erklärt, die Shows rezensiert und<br />
vor allem die Kandidatinnen vorgestellt. Warum<br />
sollte man sich das anhören? Beide Dragqueens<br />
kennen „RuPaul’s Drag Race“ sehr, sehr genau,<br />
sind große Fans der Show und kennen auch einige<br />
der RuPaul-Drags persönlich. „Du bist definitiv die<br />
Königin von Drag Race“, bauchpinselt Conchita<br />
dann auch Barbie. „Ich bin eben auch älter“, verrät<br />
die kichernd. Äußerst unterhaltsam anzuhören,<br />
informativ und auch lustig. „Am Ende isses doch<br />
auch a Spaaaß“, so Conchita. Ja, genau. Danke!<br />
Gut zu wissen: Es ist tatsächlich Conchitas<br />
erster Podcast. Ursprünglich wollte sie „Pandoras<br />
Büchse“ in Sachen Podcasts nicht öffnen: „Mache<br />
ich einen, mache ich alle“. *rä<br />
Hier geht es zum Podcast:<br />
www.instagram.com/bartschattenpodcast
STADTGESPRÄCH 11<br />
HAPPENING<br />
Queere bildende Künste bei instinct.berlin<br />
Bis Mitte <strong>Mai</strong> ist ein Community-Kunst-<br />
Happening geplant, bei dem auch<br />
namhafte Künstler wie Rinaldo Hopf, Ema<br />
Discordant sowie Keen & Tchivett ihre<br />
Kunst erlebbar machen wollen: „instinct.<br />
berlin #inBETWEEN“.<br />
Ort des queeren Treibens ist das Village<br />
Community Center Berlin an der Kurfürstenstraße<br />
31/32. Neben den bereits<br />
erwähnten Künstlern kündigt Kurator<br />
Eric Le Rouge noch folgende Kreative an:<br />
Gonzalo Orquin, Robert Leveroos, Salvatore<br />
Siciliano, Toni Karat und Swann Clément.<br />
Das große Thema ist natürliche die<br />
aktuelle Lage, dieses mitunter angsterfüllte,<br />
angespannte und wütende Verharren,<br />
das Hoffen, die Sorgen, das Warten auf<br />
bessere Zeiten nach der Pandemie. „Weder<br />
hier noch dort. Ein Zustand des Wartens.<br />
Eine Zeit, um langsamer zu werden und<br />
auf Aktivitäten zu achten, zu denen wir<br />
nicht immer kommen. Eine Zeit, um unsere<br />
Stimmen zu beruhigen und zuzuhören, was<br />
in uns vorgeht. Wir tun dies für uns selbst<br />
und füreinander“, so beschreibt Eric Le<br />
Rouge via E-<strong>Mai</strong>l an uns diese Zeit.<br />
Doch sind wir Queers – und zwar nicht erst<br />
seit der Aids-Krise in den 1980ern – nicht<br />
erprobter, solches auszuhalten?! „Queere<br />
Menschen mussten eine ganze Kultur des<br />
Lebens im Unbekannten, des Lebens am<br />
Rande und des Kampfes ums Überleben<br />
entwickeln. Nur allzu oft mussten Queers<br />
in diesen Einschränkungen Möglichkeiten<br />
finden“, so Eric. Sind wir also geübter als<br />
die heterosexuelle Mehrheitsgesellschaft?<br />
Ja. Nein? Genau damit beschäftigt sich<br />
„instinct.berlin #inBETWEEN“. Los geht<br />
der Kunst-Event am 29. April um 18 Uhr<br />
mit einer Performance von Rob Talin, ein<br />
weiteres Highlight ist am 9. <strong>Mai</strong> dann eine<br />
Performance von Keen & Tchivett. *rä<br />
www.instinct.berlin<br />
Bild: Rinaldo Hopf „Social Distancing – Grande Grazie“<br />
INTERNET<br />
Blogger, Influencer,<br />
Models ...<br />
Das ist ja immer so eine Sache mit den Bloggern<br />
auf Social Media. Manche sind zu belehrend,<br />
andere zu kommerziell, andere schwurbeln<br />
Verschwörungstheorien.<br />
Und manche haben sich leider zu regelrechten<br />
Trollen entwickelt, die immer nur für Stunk sorgen,<br />
die lieber Anklagen posten, als sich wirklich<br />
eingehend mit der Person, dem Fall zu beschäftigen,<br />
statt Entschuldigungen anzunehmen, Weiterentwicklungen<br />
zu bemerken oder einfach fair<br />
zu kommentieren. Eher in die Kategorie „Zucker<br />
fürs Auge“ fällt Steve aus Norddeutschland. Sein<br />
Instagram-Account bespaßt mit etwas Mode,<br />
etwas Erotik, etwas Werbung und viel „good vibes<br />
only“. Und das gefällt doch fast jedem, oder?!<br />
Wir sind gespannt, wie sich dieser Newcomer<br />
weiterentwickelt. *rä<br />
www.instagram.com/<br />
deine_traume_werden_wahr
12 STADTGESPRÄCH<br />
GANZ NEU:<br />
art.berghain<br />
NACHGEFRAGT<br />
BILD: WWW.INSTAGRAM.COM/ART.BERGHAIN<br />
FOTO: M. RÄDEL<br />
Den Dresdner Künstler Søren<br />
Zschocke haben wir dir schon einmal<br />
mit einem Interview nähergebracht.<br />
Jetzt hat er ein neues Projekt am Start:<br />
art.berghain.<br />
Wie inspirierte dich das Berghain?<br />
Das Berghain ist ein Schutzraum<br />
gewesen. Dort wollten die Leute Spaß<br />
haben auf ihre Art und Weise. Dafür<br />
wurde er erschaffen und darin liegt auch<br />
die Verantwortung des Betreibers.<br />
Gerade ist der Klub ein Museum.<br />
Sollte das nach Corona in einigen<br />
Räumen dort so bleiben?<br />
Wenn sich der neu hinzugekommene Charakter<br />
als Kunstmuseum wieder entfernt,<br />
finde ich die Aktion unglaubwürdig, was<br />
die Message angeht. Da komme ich auch<br />
gleich auf die dritte Frage …<br />
Wie weit darf Kunst gehen in Sachen<br />
Sex?<br />
Kunst hat immer auch mit Freiheit zu<br />
tun, und Freiheiten gab es vor Corona im<br />
Berghain auch zu erleben. Wenn jetzt die<br />
Kunst wieder gehen darf und nur die Party<br />
wiederkäme, so ist das für mich unglaubwürdig.<br />
Kunst darf alles, begeistern und<br />
provozieren. So auch das Berghain, aber<br />
nur gemeinsam mit den Kunstwerken!<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
www.instagram.com/art.berghain,<br />
www.instagram.com/studiozschocke<br />
FESTIVAL<br />
Verschoben in den Sommer:<br />
15. XPOSED<br />
Das internationale Community-Filmfestival hat ein<br />
neues Datum und findet nun mehrtägig im August statt.<br />
Queere Filme können noch bis zum 16. Juli eingereicht<br />
werden.<br />
„Die 15. Ausgabe des XPOSED Queer Film Festival Berlin findet<br />
vom 11. – 15. August <strong>2021</strong> statt. Das Festival wird aufgrund der<br />
durch Covid-19 bedingten Einschränkungen vom ursprünglichen<br />
Festival-Zeitraum im <strong>Mai</strong> auf den Sommer verschoben.“ 2020<br />
fiel der queere Film-Event aufgrund der notwendigen Maßnahmen<br />
zur Bekämpfung der Corona-Pandemie leider aus, <strong>2021</strong> soll<br />
er stattfinden, so zwei der Masterminds, Merle Groneweg und<br />
Bartholomew Sammut, die sich zusammen mit dem gesamten<br />
Team nicht nur darauf freuen, sondern auch schon vorbereiten.<br />
„Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass uns die Sommerzeit<br />
mehr Möglichkeiten für ein Zusammenkommen unter<br />
Beachtung aller Schutzmaßnahmen bietet – beispielsweise im<br />
Freiluftkino. Deshalb möchten wir die 15. Ausgabe von XPOSED<br />
im Berliner Sommer veranstalten.“ Zugleich wird dieses Jahr<br />
der 15. Geburtstag begangen! Wir gratulieren. Und wir hoffen.<br />
„Ob das 15. XPOSED Queer Film Festival Berlin als eine hybride<br />
Edition mit analogen und digitalen Aufführungen oder als<br />
komplett digitale Ausgabe stattfindet, wird gemeinsam mit der<br />
Veröffentlichung des Programms im Juli bekanntgegeben.“ *rä<br />
11. – 15.8., XPOSED International Queer Film Festival,<br />
www.xposedfilmfestival.com
STADTGESPRÄCH 13<br />
STREAMING<br />
Berliner Stern bei „Hashtag Daily“<br />
Ausgezeichnet in Cannes und beliebt bei der queeren TikTokund<br />
Instagram-Community, das ist die Online-Serie „Hashtag<br />
Daily“, die in der Tat mit durchaus gelungenen Handlungssträngen und<br />
jetzt auch mit Prince Damien, dem einstigen „Ich bin ein Star – Holt<br />
mich hier raus!“-Gewinner erfreut.<br />
Darauf sollte man den Musical-Stern aber<br />
bitte nicht reduzieren! Prince Damien<br />
liefert seitdem beste Arbeit ab und wurde<br />
nicht zum Opfer der Medienmaschinerie.<br />
Um die es übrigens auch bei dieser Serie<br />
geht. Im Frühling startete die 5. Staffel<br />
der Webserie „Hashtag Daily“, seit einigen<br />
Wochen ist dann auch Prince Damien<br />
mit dabei. Es ist übrigens der erste<br />
Schauspiel-Job des Sängers und Tänzers,<br />
man mag es kaum glauben. Die Webserie<br />
wurde 2020 beim Filmfest Cannes als<br />
NEXT-Projekt ausgezeichnet, wird also<br />
sogar international wahrgenommen. Produziert<br />
wird diese Soap über Social Media<br />
und Influencer in München und Nürnberg<br />
von Schauspielerin Anna Juliana Jaenner<br />
(„GZSZ“, RTL), die selbst auch eine der<br />
Hauptrollen spielt. „Wir begleiten einen<br />
Freundeskreis aus erfolgreichen jungen<br />
Schauspielern, Influencern und Tänzern.<br />
Ihr Leben scheint perfekt zu sein, ganz im<br />
Sinne der makellosen Social-Media-Welt.<br />
Doch der Schein trügt“, verrät sie via<br />
E-<strong>Mai</strong>l. Jede Folge dauert nur etwa fünf<br />
Minuten, kann man sich also auf dem<br />
Weg zur Arbeit oder in der Kaffee- oder<br />
Teepause gönnen. *rä<br />
www.tiktok.com/@hashtagdaily<br />
FOTO: I. ERBILEN<br />
PLASTISCHE CHIRURGIE<br />
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vom Facharzt für Plastische und Ästhetische<br />
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14 KULTUR<br />
NACHGEFRAGT<br />
Er produziert Kunst, ist Obmensch<br />
von ĀRT HOUSE und<br />
spielt Viola da Gamba und Kontrabass.<br />
Wir chatteten mit dem<br />
Künstler.<br />
FOTO: VINCENT NANTEZA<br />
GEORG KRONEIS:<br />
„Schwierige Zeiten bringen immer auch<br />
Chancen ...“<br />
Corona hat das Musikleben fast<br />
völlig zum Erliegen gebracht. Wie<br />
geht es dir damit?<br />
Schwierige Zeiten bringen immer auch<br />
Chancen mit sich. Schon als uns vor<br />
einem knappen Jahr der erste Lockdown<br />
erwischt hat, habe ich angefangen,<br />
nach künstlerischen Alternativen<br />
zu suchen. Zum Glück habe ich ein paar<br />
Partner, die das genauso sehen. Zusammen<br />
haben wir einen neuen Verein<br />
gegründet, ĀRT HOUSE, und als Erstes<br />
einen digitalen Salon aufgezogen.<br />
Durch die neuen Kommunikationstools<br />
wie Zoom ist es jetzt eigentlich ganz<br />
leicht, sich zu vernetzen, auch wenn<br />
man in Quarantäne sitzt oder Tausende<br />
Kilometer voneinander entfernt ist.<br />
Und wir besprechen dort in einer<br />
superinteressanten und diversen Runde<br />
ganz grundlegende Fragen, von Gender<br />
und Politik bis hin zur Zukunft der<br />
Kunst. Natürlich war das erst einmal<br />
eine Vollbremsung, ich war gerade von<br />
meiner ersten Australientour zurück, als<br />
der Lockdown kam. Ich muss dennoch<br />
ehrlich sagen, ich arbeite seitdem<br />
bestimmt nicht weniger.<br />
Zumindest ist ja ein Ende<br />
abzusehen …<br />
Aber ich denke, die Szene wird sich<br />
nachhaltig verändern, und auch das<br />
Publikum. Ich spiele ja durchaus auch<br />
jetzt noch immer wieder, CD-Aufnahmen,<br />
Live-Streamings, was eben erlaubt ist. Es<br />
ist eben nicht selbstverständlich, dass die<br />
Leute in unsere Programme strömen. Ich<br />
glaube, wir müssen uns wirklich viel mehr<br />
Gedanken darüber machen, was wir den<br />
Leuten erzählen wollen und wie.<br />
Hat das auch mit deiner Sexualität<br />
zu tun?<br />
Nicht unmittelbar, aber im weiteren Sinne<br />
schon. Die klassische Musik hatte schon<br />
vor Corona viele Probleme. Zu Recht wird<br />
sie oft als abgehoben wahrgenommen.<br />
Diversität ist kaum sichtbar, alte<br />
Rollenmodelle wie der männliche Dirigent<br />
oder der gottgleiche Intendant spielen<br />
immer noch eine große Rolle. Mit meinem<br />
Ensemble FETISH BAROQUE – Musiker<br />
aller Sexualitäten in Leder spielen klassische<br />
Musik – gehen wir bewusst dagegen<br />
an. Das ganz große Projekt, an dem wir<br />
gerade arbeiten, ist eine Aufführung von<br />
Bachs berühmter „Kaffeekantate“ in<br />
queerem Kontext. Das kaffeesüchtige<br />
Liesgen ist bei uns ein Mann im Comingout.<br />
Das Ganze spielt in einer kleinen<br />
Bar mit Talentbühne, Crossdressern und<br />
Transmenschen. Dass dabei richtige<br />
Klassikstars wie Philipp Mathmann und<br />
Dietrich Henschel mitmachen, darauf bin<br />
ich richtig stolz.<br />
Produzierst du nur, oder spielst du<br />
auch mit?<br />
Haha, natürlich spiele ich mit … ich hab<br />
mir auch schon den passenden Song<br />
ausgesucht: „Ich weiß nicht, zu wem ich<br />
gehöre …“<br />
Das ist aber hoffentlich nicht<br />
autobiografisch …<br />
Na klar doch, schließlich endet der Song<br />
so: „Ich glaub, ich gehör nur mir ganz<br />
allein.“ Und damit kann ich mich durchaus<br />
identifizieren. (grinst breit)<br />
*Interview: Michael Rädel
KULTUR 15<br />
PODCAST<br />
Lässt grinsen und<br />
motiviert:<br />
FOTOS: WWW.INSTAGRAM.COM/SCHWEISSAUSBRUCH_PODCAST<br />
SCHWEISSAUSBRUCH<br />
„Jeden Freitag überall, wo es Podcasts gibt“,<br />
kannst du Adrianos Fitness-Beiträge hören und<br />
nicht nur bestens unterhalten werden, du bekommst<br />
auch richtig Lust, selbst zu sporteln.<br />
Und das geht auch, wenn die Fitnessstudios<br />
aufgrund der notwendigen<br />
Maßnahmen zur Bekämpfung der<br />
Corona-Pandemie leider noch<br />
geschlossen sein müssen. Wer beim<br />
Lachen nicht schwabbeln will und keine<br />
Lust auf Schwimmringe beim Sitzen<br />
oder Hüftgold unterm T-Shirt hat, der<br />
muss vor allem viel Sport machen und<br />
zudem leicht hungrig ins Bett gehen.<br />
Das ist scheinbar einfach so. Oder<br />
nicht? Dieser Podcast klärt auf. Was<br />
nicht heißen soll, dass Queer sich nicht<br />
wohlfühlen soll, wenn Queer etwas mehr<br />
auf den Hüften hat. Jeder Körper ist<br />
schön! Wenn du aber an deinem Körper<br />
etwas arbeiten willst, schon wegen der<br />
besseren Laune durch Bewegung, dann<br />
gilt: Für eine optimale Fettverbrennung<br />
musst du (leider) das ganze Jahr<br />
über an deiner Kondition arbeiten.<br />
Bei gleicher Anstrengung verbrennen<br />
Menschen mit guter Ausdauer doppelt<br />
so viel Fett wie Sportmuffel. Woran das<br />
liegen soll? Nun, man vermutet, dass<br />
Ausdauersportarten die Produktion von<br />
Enzymen anregen, die die Fettverbrennung<br />
fördern. Man geht davon aus, dass<br />
regelmäßiges Training die Produktion<br />
dieser Biokatalysatoren anregt und die<br />
Fettverbrennungskapazität von Muskeln<br />
steigert. Rugby-Fan Adriano von www.<br />
instagram.com/schweissausbruch_podcast<br />
weckt den Sportler in dir. Und<br />
wenn nicht, dann auch gut, denn du bist<br />
schön, so wie du bist. Funfact: Prominenter<br />
Hörer des Berliner Podcasts ist<br />
Künstler, Choreograf und Model Darwin<br />
Stapel. *rä<br />
www.instagram.com/<br />
schweissausbruch_podcast<br />
www.welcome-interiors.com<br />
WELCOME interiors<br />
Yorckstraße 26 | 10965 Berlin<br />
Telefon 030 - 39 91 93 65 | Mo - Fr 10 - 19 Uhr | Sa 11 - 18 Uhr
16 KULTUR<br />
NACHGEFRAGT<br />
MARTIN TIETJEN:<br />
„Humor ist natürlich eine absolute<br />
Geschmackssache“<br />
Buchautor, Moderator, Blogger – diesen<br />
Kerl kennt man unter anderem vom NDR,<br />
RTL, seinem Buch „Selbstrufmord“ und<br />
auch durch FluxFM Hamburg. Mittlerweile<br />
lebt Martin auch nicht mehr in seiner<br />
einstigen Wahlheimat Berlin, sondern in<br />
der schmucken Hansestadt Hamburg. Zeit<br />
für ein Interview!<br />
Du wohnst in einer WG in Hamburg.<br />
Mit wem, warum? Und warum<br />
Hamburg?<br />
Mir war Berlin irgendwann zu viel. Ich hatte<br />
das Gefühl, dass ich irgendwann alles gesehen<br />
und erlebt habe, und ich hatte Lust,<br />
wieder in meine Heimatstadt Hamburg<br />
zu ziehen. Da kamen eh ein paar Sachen<br />
zusammen. Mein Ex, sein anschließender<br />
Ex und ich wollten zusammenziehen. Klingt<br />
jetzt strange, aber irgendwie haben wir es<br />
alle geschafft, nach der Liebe eine echte<br />
und aufrichtige Freundschaft zu behalten.<br />
Andre und Hannes sind mittlerweile wie<br />
Familie für mich, und daher kam die Idee,<br />
eine Erwachsenen-WG zu gründen. So<br />
richtig mit spießigem Einfamilienhaus in der<br />
Vorstadt. Jeder hat seinen eigenen Bereich<br />
und gelegentlich trifft man sich im Garten,<br />
um mit unseren Hunden zu spielen.<br />
Ist eine WG eine feine Sache in<br />
Pandemiezeiten oder geht man sich<br />
eher auf den Keks?<br />
Die WG war unsere zufällige Rettung. Im<br />
März 2020 sind wir in das Haus gezogen.<br />
Quasi direkt vor dem ersten Lockdown. Ich<br />
glaube, wenn wir das nicht gemacht hätten,<br />
wären wir alle einsam in unseren jeweiligen<br />
Wohnungen eingegangen. In der ersten<br />
Zeit haben wir von dem Lockdown auch<br />
kaum was mitbekommen. Wir waren so<br />
damit beschäftigt, das Haus zu renovieren<br />
und einzurichten, dass bei uns der Corona-<br />
Blues erst im zweiten Lockdown eingesetzt<br />
hat. Natürlich fehlt es mir, auszugehen und<br />
zu feiern, aber „three is a party“. Langweilig<br />
wurde uns bisher nicht, und da jeder genug<br />
Platz für sich hat, geht man sich auch echt<br />
wenig auf den Keks.<br />
Wie hat sich dein Arbeitsleben<br />
durch Corona verändert? Mehr<br />
Homeoffice?<br />
Als der erste Lockdown kam, hatte<br />
ich wirklich für ein paar Wochen Panik<br />
im Gesicht stehen. Fest zugesagte<br />
Jobs wurden abgesagt, mein zweites<br />
Buchprojekt wurde auf Eis gelegt und der<br />
„Let’s Dance“-Podcast, den ich zu dem<br />
Zeitpunkt für RTL gemacht habe, wurde<br />
auch infrage gestellt. Reisen nach Köln ins<br />
TV-Studio waren halt nicht mehr wirklich<br />
möglich. Auch für das Buch war eigentlich<br />
geplant, mit meinem Bruder auf eine Reise<br />
zu gehen. Nach ein paar Tagen Stillstand<br />
und Ratlosigkeit hat man sich aber schnell<br />
an die Situation angepasst. Der Podcast<br />
wurde ins Homeoffice verlegt, und da es<br />
generell einfacher ist, Audio-Jobs leichter<br />
coronakonform umzusetzen, habe ich im<br />
August angefangen, für FluxFM in Hamburg<br />
die Morningshow zu moderieren.<br />
Du hast ein neues Projekt am Start:<br />
Postkarten.<br />
Ja, das war eher eine Schnapsidee, die<br />
auf einmal ernst wurde. Hannes, der Ex<br />
von meinem Ex, und ich haben eine Firma<br />
namens FCK YOU CARDS gegründet. Wir<br />
verkaufen lustige, fiese und aufmüpfige<br />
Grußkarten. Aber fangen wir vorne an.<br />
Wir beide waren auf einen Geburtstag<br />
eingeladen und wollten zur Flasche Wein<br />
noch eine Karte besorgen. Nachdem wir<br />
im Grußkartenregal aber nur kitschige und<br />
spießige Grußkarten finden konnten, dachten<br />
wir uns: „Wie lustig wäre eine Karte,<br />
auf der einfach nur steht: „Ich find dich<br />
scheiße, aber deine Partys sind geil – Happy<br />
Birthday!“<br />
Aus dieser Idee sind mithilfe von Bier<br />
und einem befreundeten Grafiker dann<br />
insgesamt zwölf Sprüche und<br />
Designs entstanden. In einem<br />
selbst gezimmerten<br />
Webshop fingen wir<br />
an, die Karten zu<br />
verkaufen, und<br />
waren etwas<br />
erschlagen<br />
von den<br />
FOTO: M. RÄDEL<br />
immer mehr werdenden Bestellungen.<br />
Denn eigentlich war FCK YOU CARDS nur<br />
als kleines Spaß-Business an der Seite<br />
gedacht. Aber wir hatten Bock, die Idee<br />
größer werden zu lassen. Ziemlich schnell<br />
bin ich dann provisorisch zu Hannes in<br />
seine Wohnung gezogen. Das war, bevor wir<br />
zusammen in eine WG gezogen sind. Wir<br />
bauten das Wohn- und das Schlafzimmer<br />
im 5. OG zum Lager um, und ich baute mir<br />
in der Küche ein Hochbett auf, damit ich<br />
einen Platz zum Schlafen hatte.<br />
Unsere sehr vorstädtischen und<br />
konservativen Eltern waren zuerst gar<br />
nicht davon angetan, was ihre Söhne da<br />
für „furchtbare Sprüche“ verkaufen, aber<br />
irgendwann mussten auch sie anerkennen,<br />
dass es für den ganzen „Unsinn“ wohl eine<br />
echte Nachfrage gibt. Bis heute haben<br />
wir 500.000 Karten verkauft und unser<br />
Sortiment umfasst über fünfzig Motive zu<br />
den Themen Geburtstag, Weihnachten,<br />
Liebe, Freundschaft und Ostern. Und es<br />
gibt sogar ein Happy End: Um die ganzen<br />
Bestellungen bearbeiten zu können, helfen<br />
unserer Mamas beim Verpacken und<br />
Versenden der Karten mit.<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
Das ganze Interview findet ihr auf<br />
männer.media. Mehr Features dieser Art<br />
gibt es auf Instagram/<strong>blu</strong>mediengruppe.
KULTUR 17<br />
STREAMING<br />
FOTOS: ARD DEGETO / ANDREA HANSEN<br />
ARD mit schwuler Serie<br />
Der Wonnemonat wirft seinen Schatten<br />
voraus, nein, er lässt seinen queeren<br />
Schein strahlen: Ab <strong>Mai</strong> soll die Serie „All<br />
You Need“ über den Alltag vierer schwuler<br />
Männer in der ARD-Mediathek zu sehen<br />
sein – in einem für die junge Zielgruppe<br />
maßgeschneiderten Shortform-Format,<br />
fünf Folgen à 20 Minuten. Die Serie gibt es<br />
ab 7. <strong>Mai</strong> in der ARD-Mediathek zu sehen.<br />
Sie wird am 16. <strong>Mai</strong> auch auf ONE ausgestrahlt.<br />
*rä<br />
„Noch immer werden im deutschen Fernsehen<br />
Charaktere aus der LGBTIQ*-Community<br />
hauptsächlich als Nebenfiguren erzählt.<br />
Ich freue mich, dies mit All You Need<br />
ändern zu können. Und das ist hoffentlich<br />
nur der Anfang“, so Regisseur Benjamin<br />
Gutsche. „Wir fangen endlich an, auf den<br />
Bildschirmen abzubilden, wie unsere<br />
Gesellschaft wirklich aussieht. So rückt<br />
Diversität ganz selbstverständlich in die<br />
Mitte unserer Arbeit“, ergänzt Nataly Kudiabor,<br />
Produzentin UFA Fiction **. Worum<br />
geht es in der Serie, die unter anderem im<br />
SchwuZ und in der Sauna Boiler gedreht<br />
wurde? Um Themen, die jeden betreffen<br />
können, natürlich in geballter Serienfassung<br />
und aus der queeren Perspektive (obwohl<br />
die Hauptdarsteller alle heterosexuell sind<br />
...): „Die langjährige Beziehung, die plötzlich<br />
vor der Zerreißprobe steht. Der finanzielle<br />
Schuldenberg, der unaufhörlich wächst. Der<br />
One-Night-Stand, der nicht lockerlässt. Der<br />
Lebenstraum, der wie eine Seifenblase zu<br />
platzen droht. Die große Liebe, die unerwidert<br />
bleibt. Die Dramedy-Serie behandelt<br />
universelle Themen, mit denen sich jeder<br />
identifizieren kann“, wird schriftlich vorab<br />
verraten. Die Serien-Charaktere sind: Langzeitstudent<br />
und Nachtschwärmer Vince<br />
(29), der geheimnisvolle Robbie (27, kleines<br />
Bild rechts), der zum Spießer mutierende<br />
Webdesigner Levo (34) und der erst spät<br />
geoutete Familienvater Tom (43). Schwuler<br />
Serienspaß mit Drama, Leidenschaft und<br />
einem diversen Cast, wir sind gespannt!<br />
VIER FRAGEN<br />
Frédéric Brossier, der den Robbie spielt,<br />
hatte Zeit für einen kurzen Chat mit uns.<br />
Es wurde im Vorfeld kritisiert, dass<br />
keiner der Hauptcharaktere im realen<br />
Leben wirklich schwul lebt, wie<br />
stehst du dazu?<br />
Ich kann die Irritation nachvollziehen<br />
und gleichzeitig habe ich nicht in diesen<br />
Kategorien gedacht, als man mir die Rolle<br />
angeboten hat. In einer Liebesbeziehung,<br />
die gezeigt wird, interessiert mich die sexuelle<br />
Ausrichtung der Schauspieler*innen<br />
nicht. Ich persönlich hätte es sogar schwierig<br />
gefunden, wenn mich die Produktion<br />
bei den Casting-Aufnahmen nach meiner<br />
sexuellen Orientierung gefragt hätte. Der<br />
Anstoß von Kampagnen wie #ActOut, die<br />
dieses Jahr veröffentlicht wurde, verändert<br />
sicherlich bei zukünftigen Produktionen die<br />
Besetzungsprozesse von queeren Rollen.<br />
Berührungsängste gab es nicht?<br />
Da ich vor der Kamera generell noch nie<br />
jemandem so nahe gekommen bin, war<br />
ich sehr gespannt, wie die Situation dann<br />
sein würde. Ich habe aber schnell Vertrauen<br />
in meine Kollegen und das Team gefasst,<br />
sodass ich mich gut aufgehoben gefühlt<br />
habe.<br />
Warum ist diese Serie wichtig?<br />
Einfach, weil es immer noch einen großen<br />
Teil unserer Gesellschaft gibt, der im<br />
Fernsehen nicht stattfindet. Es ist längst<br />
überfällig, dass es auch hierzulande eine<br />
Serie mit queeren Hauptrollen gibt. Dabei<br />
sollte das doch <strong>2021</strong> eine Selbstverständlichkeit<br />
sein. Als ich meinen Freunden aus<br />
der Heimat erzählt habe, dass ich Robbie<br />
spiele, waren sie erst einmal ein wenig<br />
erstaunt. Das hat mich aber auch noch mal<br />
mehr darin bestätigt, diese Rolle spielen<br />
zu wollen! Ich habe auch das Gefühl, dass<br />
immer mehr Bewusstsein für die Vielfalt<br />
unserer Gesellschaft entsteht und dass<br />
vor allem in der jüngeren Generation viel<br />
mehr Offenheit dafür herrscht. Deshalb<br />
ist es schön, daran anknüpfen zu können<br />
und dies mit einer Serie wie „All you need“<br />
weiter zu fördern.<br />
Was erhoffst du dir von der Serie?<br />
Ich erhoffe mir, dass die Leute bei der Serie<br />
in vielerlei Hinsicht mitfühlen und erleben,<br />
dass Liebe nichts mit der Sexualität zu tun<br />
hat. Liebe ist frei und es ist egal, ob ich als<br />
Mann einen Mann liebe, als Frau eine Frau<br />
oder als Mann eine Frau – oder eben divers.<br />
Das Schöne an dieser Produktion für uns als<br />
Schauspieler war, dass auch wir uns in die<br />
Figuren verliebt haben.<br />
www.ardmediathek.de<br />
** Die UFA Fiction produziert damit erstmalig Content im<br />
Auftrag der ARD Degeto exklusiv für die ARD-Mediathek
18<br />
KULTUR<br />
NACHGEFRAGT<br />
FELIX RÄUBER:<br />
„Ich denke, dass wir in besserer Balance mit<br />
der Umwelt leben müssen“<br />
Der in Dresden und Berlin<br />
lebende Sänger ist seit seiner<br />
Band Polarkreis 18 erfolgreich im<br />
Geschäft, wir sprachen mit ihm<br />
über Sachsen, Corona und auch<br />
neue Musik.<br />
Gerade hast du neue Musik<br />
veröffentlicht.<br />
Ja, „Autsider“, meine neue Platte. Sie ist<br />
der Abschluss meiner Solo-EP-Triologie<br />
„Wall“, „Me“ und „Autsider“, auf denen<br />
ich gesellschaftspolitische Themen mit<br />
Cinematic Pop verarbeite.<br />
Du thematisierst auch deine Wurzeln<br />
in der DDR.<br />
Als die Wende kam, war ich sechs Jahre alt<br />
und meine Eltern mussten sich beruflich<br />
neu- und umorientieren und hatten<br />
wenig Zeit für mich. Etwa zur selben<br />
Zeit erwachte meine Liebe zur Musik. Es<br />
war eine Flucht aus der Einsamkeit, eine<br />
Kompensation. Das A am Anfang von<br />
„Autsider“ steht für Autismus, weil ich<br />
mich, wenn ich Musik mache, in meinen<br />
eigenen autistischen Raum zurückziehe.<br />
Wie stehst du zum Thema Ostalgie?<br />
Ich komme aus Sachsen und habe dort –<br />
obwohl ich seit etwa zehn Jahren in Berlin<br />
lebe – auch immer noch einen Wohnsitz,<br />
Familie und Freunde. Dort hat sich ganz,<br />
ganz viel verändert. Ich habe viele Menschen<br />
kennengelernt, die sich zu dieser<br />
abgehängten Gesellschaft zählen. Da habe<br />
ich dann versucht herauszufinden, woran<br />
das liegt. Bei „Empty Space“ zum Beispiel<br />
geht es um Alkoholsucht, bei „Scared to<br />
Be Human“ um meine Erfahrungen mit<br />
Nazis in den 90er-Jahren.<br />
Du hast noch ein anderes Projekt in<br />
der Mache: „Heimat“.<br />
Bald beginnt unser allererster Dreh zu<br />
„Wie klingt Heimat?“. Die Idee kam uns,<br />
nachdem wir von einem Aufenthalt in<br />
Nordkorea zurückkamen, dort läuft extrem<br />
viel Propagandamusik. Und wir fragten<br />
uns, wie eigentlich unsere Heimat klingt.<br />
Es ist ein interdisziplinäres Projekt, eine<br />
Dokumentarfilm-Serie in zehn Episoden.<br />
Am Ende einer Folge entsteht immer ein<br />
Lied von mir über die vorgestellten Menschen,<br />
alle haben etwas mit Musik zu tun<br />
und gehören zu einer bestimmten Kultur<br />
… zum Beispiel Sorben, Vietnamesen,<br />
Vertriebene, aber auch Regionen wie die<br />
Natur der Zittauer Gebirge.<br />
Wie hat Corona dein Berufsleben<br />
verändert?<br />
Ich meine das nicht gehässig, aber für<br />
mich persönlich hat die Pandemie<br />
viel Gutes bewirkt. Ich hatte zum<br />
ersten Mal die Möglichkeit<br />
durchzuatmen. Die Zeit<br />
ist für mich eine gute<br />
Chance, innezuhalten und<br />
mir zu überlegen, was ich<br />
eigentlich will im Leben.<br />
Ich versuche, das Leben<br />
als Fluss anzusehen, so<br />
funktioniert das Künstlerleben<br />
auch. Wichtig ist, dass man<br />
die Zeichen, die man gezeigt<br />
FOTO: M. MADLEN KRIPPENDORF<br />
bekommt, auch sieht. Ich denke, dass<br />
wir in besserer Balance mit der Umwelt<br />
leben müssen, dann wird solches weniger<br />
passieren.<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
www.felixraeuber.com
KULTUR 19<br />
FOTOS: FLORIAN HETZ<br />
LITERATUR<br />
KÜNSTLER UND AUTOREN<br />
GESUCHT<br />
Das jährlich erscheinende Buchprojekt<br />
„Mein schwules Auge“ soll auch<br />
<strong>2021</strong> wieder für Lese- und Bildgenuss<br />
sorgen. Da seit über einem Jahr vieles<br />
pandemiebedingt nur unter freiem Himmel<br />
stattfindet, ist das Thema dieses Jahr<br />
dann auch „Outdoors“.<br />
„Nach drei sehr themenbezogenen Ausgaben<br />
zur Tom of Finland Foundation, Berlin<br />
seit dem Mauerfall und Body Issues im<br />
ersten Pandemiejahr möchten wir diesmal<br />
mit dem Thema ,Outdoors‘ nur einen sehr<br />
lockeren Rahmen vorgeben“, so die beiden<br />
Herausgeber Rinaldo Hopf und Fedya Ili in<br />
einer E-<strong>Mai</strong>l an unseren Verlag über das<br />
kommende Buchprojekt, das im Oktober<br />
<strong>2021</strong> im konkursbuch Verlag Claudia<br />
Gehrke erscheinen soll. Kreative Queers,<br />
die gerne schreiben oder fotografieren,<br />
können ihre Werke ** nun einreichen.<br />
„Der gemeinsame Nenner sollte die<br />
Auseinandersetzung mit schwuler<br />
Erotik und Sexualität sein. Ob dies explizit<br />
pornografisch oder eher ästhetisch, ob<br />
politisch, satirisch oder poetisch geschieht,<br />
ist jedem Einzelnen überlassen“.<br />
Rinaldo Hopf: „Leider müssen wir uns<br />
immer noch mit der Pandemie und deren<br />
Folgen und Verlusten befassen, die für uns<br />
Schwule womöglich noch einschneidender<br />
sind als für die Allgemeinheit. Wir denken,<br />
dass alle von Isolation und dem fortwährenden<br />
Eingesperrtsein Zuhause erschöpft<br />
sind und möchten Euch einladen, wieder<br />
nach draußen zugehen und das Leben<br />
zu feiern – wenn immer noch nicht in der<br />
Realität, dann doch wenigstens in der Fantasie<br />
und Erinnerung.“ An was für Themen<br />
kann man dabei denken? Zum Beispiel an<br />
(schwulen) Spaß in der Sommerhitze, in<br />
Parks oder beim Wandern. Natürlich kann<br />
man auch Erotik einarbeiten: Sportswear,<br />
Cruising, FKK aber auch Sex am Strand<br />
und beim Reisen ... Hier kannst du bis<br />
zum 30. <strong>Juni</strong> deine Kunst einreichen:<br />
www.mygayeye.com/opencall *rä<br />
** Für Essays, Gedichte oder Kurzgeschichten gilt:<br />
Textlänge bitte maximal 10.000 Zeichen inklusive<br />
Leerzeichen, bitte als doc oder docx einreichen,<br />
Bilder sollten 20x15 cm / 8x6 in sein (oder 20x30 cm /<br />
8x12 cm für Doppelseiten) bei 300 dpi, PSD, TIFF oder<br />
JPG sowie CMYK<br />
FOTO: T. KORHONEN<br />
GEBURTSTAG<br />
Alles Gute, Gaynor Hopkins!<br />
Wer das ist? Bonnie Tyler natürlich, wir wollten<br />
nur mal ihren richtigen Namen verraten, schließlich<br />
gratulieren wir hiermit zum 70. Wiegenfest ...<br />
Im Februar erschien ihr neues Album „The Best Is<br />
Yet to Come“, das sie 2022 auch live vorstellen<br />
will. Sie macht Musik, weil sie es liebt, beweisen<br />
muss sich Bonnie längst nichts mehr.<br />
Denn dank Hits wie „Total Eclipse of the Heart“,<br />
„Islands“ mit Mike Oldfield, „Lost in France“<br />
sowie „It’s a Heartache“ und „Holding Out for<br />
a Hero“ ist Bonnie eine Legende. Und dank<br />
ihrer unablässigen Tourneen ein<br />
überall populärer Star. Die am<br />
8. <strong>Juni</strong> 1951 in Wales geborene<br />
„Bitter<strong>blu</strong>e“-Sängerin trat 2013<br />
für Großbritannien beim Eurovision<br />
Song Contest an. Dragqueens wie<br />
Brigitte Skrothum sind Fans der<br />
Rock-Röhre.<br />
Funfact: „Kings & Queens“ von Ava Max<br />
basiert auf dem Bonnie-Tyler-Lied „If You<br />
Were a Woman (And I Was a Man)“. *rä
20 STYLE KULTUR<br />
NACHGEFRAGT<br />
MARKUS<br />
PABST:<br />
„Wir sind ja nicht nur<br />
wegen des Geldverdienens<br />
Künstler<br />
geworden“
FOTOS: R. PATER<br />
Der Mann hinter legendären<br />
Artistik-Shows gilt als Punk<br />
und Poet unter den Varieté-<br />
Machern Deutschlands. Seit<br />
über einem Jahr gibt es nun fast keine<br />
Shows mehr, wir fragten nach.<br />
Wie geht es dir in der<br />
Pandemie-Zwangspause?<br />
Mir geht es noch relativ gut, da ich<br />
innerhalb des letzten Jahres ja noch<br />
einige Monate spielen konnte, anfangs<br />
noch im Berliner Wintergarten Varieté,<br />
unter Auflagen und unter Einhaltung<br />
aller Auflagen war dann auch etwa das<br />
GOP (bundesweit gibt es Varietés des<br />
Georgspalasts, Anm. d. Red.) offen. Uns<br />
Künstlern geht es allen schlecht, wir<br />
sind ja nicht nur wegen des Geldverdienens<br />
Künstler geworden … Im Kopf geht<br />
es uns allen schlecht. Wir haben etwas<br />
zu sagen und das nimmt man uns.<br />
Verliert man das Vertrauen in die<br />
Politiker?<br />
Sie wirken ideenlos und beharren auf<br />
dem, was nicht oder nur schlecht<br />
funktioniert. Wir haben eine Pandemie,<br />
wir alle wollen nicht, dass jemand stirbt.<br />
Aber ich finde nicht, dass alle getroffenen<br />
Maßnahmen richtig waren. Wenn<br />
man sagt, man wolle alte Menschen<br />
schützen, dann muss man dafür auch<br />
etwas tun. Und ich denke nicht, dass<br />
das letzten Sommer passiert ist. Wir<br />
müssen uns international austauschen,<br />
es sterben auch viele junge Leute an<br />
den Folgen der Pandemie, die „Dritte<br />
Welt“ etwa leidet massiv.<br />
Hältst du Kontakt zu deinen<br />
Künstlern?<br />
Hauptsächlich über Social Media, aber<br />
ich versuche auch, je einen Freund<br />
zu treffen. Proben sind ja noch unter<br />
Einhaltung der Auflagen erlaubt. Die<br />
Artisten proben in unserer Halle an ihren<br />
Darbietungen und Stücken. Man muss<br />
sich Aufgaben geben, um etwas zu tun<br />
zu haben. Ich habe viel mit Jack Woodhead<br />
zusammengearbeitet, das war<br />
meine Hauptaufgabe, den „Hellen<br />
Wahnsinn“ zu überarbeiten, als Musical,<br />
vor allem die Charaktere der Figuren zu<br />
vertiefen.<br />
Auf Social Media kann man dich<br />
jetzt mehr als früher als Fotograf<br />
wahrnehmen …<br />
Es gibt ja diese zwei Namen für mich,<br />
Markus Pabst und Robert Pater. Die<br />
Presse hat früher meine Stücke<br />
beschrieben und dann stand da über<br />
einer Kritik über ein Stück von Markus<br />
Pabst, „Foto: Markus Pabst“. Das wirkte<br />
auf mich so, als ob ich die Kritik beeinflusst<br />
hätte, das wollte ich nicht. Daher<br />
nannte ich mich als Fotograf Robert<br />
Pater. Jetzt in der Pandemie guckt man<br />
dann, was man so alles gemacht hat.<br />
Meine Fotos waren schon in der „Times“<br />
und anderer internationaler Presse,<br />
auch habe ich vor langer Zeit mal einen<br />
recht erfolgreichen Bildband über die<br />
Ceasar Twins herausgebracht, einer der<br />
Zwillinge ist übrigens mein Partner in<br />
der Firma.<br />
Worauf legst du wert bei einem<br />
Foto?<br />
Meine Fotos dienten immer der Theaterschiene,<br />
waren ein Geschenk an den<br />
Künstler. Es sind immer relativ einfache<br />
Bilder, aber sie haben eine gewisse<br />
Stärke. Mein Gegenüber soll sich so<br />
darstellen können, wie er es will.<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
Alle 11 Minuten 1)<br />
verliebt sich ein<br />
Single mit<br />
1) Hochrechnung aus Nutzerbefragung 2016, Deutschland
22 STYLE<br />
SCHMUCKER<br />
SCHMUCK<br />
auch zur Verteidigung<br />
Kaum eine Woche, in der wir nicht über Gewalt gegen Queers<br />
berichten. Obwohl in den Firmen und in den Medien weitaus mehr<br />
Toleranz und Akzeptanz als vor zwanzig Jahren gelebt wird, steigen<br />
die queerfeindlichen Übergriffe auf den Straßen an. Da gibt es<br />
einem ein Gefühl von Sicherheit, wenn man weiß, dass man sich verteidigen<br />
könnte, wenn es denn sein muss. Hier setzt das von Frauen geführte Startup<br />
„Not Just A Jewel“ an. Es sei „eine umfassende Lösung für persönliche<br />
Sicherheit und umfasst ein smartes Schmuckarmband zur gewaltfreien<br />
Selbstverteidigung mit angeschlossener Schutz- und Community-App“.<br />
Wir fragten nach. *rä<br />
Entwickelt wurde das Schmuckarmband<br />
zur gewaltfreien Selbstverteidigung<br />
für Frauen, aber auch<br />
Dragqueens und Queers können<br />
davon profitieren. Verrate uns doch<br />
mal, wie es genau funktioniert.<br />
Wir haben unser Armband im ersten<br />
Schritt für alle Menschen entwickelt,<br />
die Design und Schmuck lieben und<br />
mit uns gemeinsam ein Zeichen gegen<br />
Gewalt setzen wollen! Polizei und<br />
Selbstverteidigungsexpert*innen empfehlen<br />
das Tragen eines lauten Alarms als<br />
besonders wirksame Methode, potenzielle<br />
Angreifer*innen abzuschrecken, den<br />
Überraschungsmoment zu nutzen und<br />
andere auf sich aufmerksam zu machen,<br />
um Hilfe zu organisieren. Hier gehen wir<br />
einen Schritt weiter. Über unsere App kann<br />
man Freunde und Familie dazu einladen,<br />
zum persönlichen Schutzengel zu werden.<br />
Diese können dann im Notfall schnell<br />
Hilfe organisieren oder die Polizei rufen.<br />
Und so funktioniert das Ganze: Für unser<br />
erstes Produkt integrieren wir einen 120<br />
dB lauten Alarm in ein stylish designtes<br />
und IoT-fähiges Schmuckarmband und<br />
verbinden es mit unserer Schutz- und<br />
Community-App.<br />
IN EINER NOTSITUATION BIETET<br />
UNSERE LÖSUNG EINE MENGE<br />
VORTEILE:<br />
• Mit einem Zwei-Wege-Auslösemechanismus<br />
kann man ganz intuitiv entweder<br />
den lauten oder einen stillen<br />
Alarm mit nur einem Finger auslösen.<br />
• Im Fall einer Alarmaktivierung geht<br />
dann eine SMS mit den GPS-Daten an<br />
die vorab über die App ausgewählten<br />
Notfallkontakte und andere App-<br />
Nutzer*innen im Umfeld für die erste<br />
Hilfe.<br />
• Der Link in der SMS führt zu einer<br />
gesicherten Website, wo dann der Live-<br />
Standort verfolgt werden kann und die<br />
Kontakte entweder schnell selbst vor<br />
Ort sind oder die Polizei zu Hilfe rufen<br />
können.<br />
Uns ist es besonders wichtig, das<br />
Sicherheitsgefühl der Träger*innen zu<br />
stärken, indem sie unser Armband ganz<br />
selbstverständlich in ihren Alltag und auch<br />
ihren Lifestyle integrieren können. Zu wissen,<br />
dass man sich im Fall der Fälle selbst<br />
helfen kann und Hilfe rufen kann, selbst<br />
wenn das Handy aus oder unerreichbar<br />
ist, beruhigt ungemein. Eltern können ihre<br />
Teenager beruhigter ausgehen lassen.<br />
Freund*innen wissen, dass sie informiert<br />
werden, wenn eine Situation außer<br />
Kontrolle gerät, ohne dass ein dauerhaftes<br />
Tracking nötig wird. Um im Notfall helfen<br />
zu können, braucht der Schutzengel<br />
die App nicht selbst runterzuladen – ein<br />
Handy mit SMS-Funktion reicht aus.<br />
Wie kamt ihr auf die Idee?<br />
Ich habe einen Tag nach meinem 40sten<br />
Geburtstag darüber nachgedacht,<br />
wie es wohl sein wird, wenn meine
FOTOS: R. KATER<br />
beiden Töchter als Jugendliche ihre<br />
eigenen Wege gehen und wie meine<br />
Jugend so war. In dieser Überlegung<br />
kamen Ängste auf. Mir war klar, dass<br />
ich meine Kinder beschützen will.<br />
Genauso wichtig ist mir allerdings,<br />
dass sie sich immer und überall frei<br />
und unabhängig bewegen können und<br />
ihre eigenen Erfahrungen sammeln.<br />
Daraus habe ich die Idee zu unserem<br />
Alarm-Armband entwickelt, das ihnen<br />
eine laute Stimme gibt, für den Fall,<br />
dass die eigene versagt. Gleichzeitig<br />
sind sie in einer Notsituation direkt<br />
mit ihren Lieben verbunden, die dann<br />
Hilfe organisieren können. Ohne<br />
dauerhaftes Tracking. Für mich war<br />
klar, dass dieser Alarm etwas sein<br />
muss, was ich meinen Kindern gerne<br />
mitgebe, und vor allem etwas, was<br />
sie als Jugendliche von ihrer Mama<br />
auch zu ihrem eigenen Schutz gerne<br />
annehmen. Im besten Fall sollte es<br />
etwas sein, was sie cool finden und<br />
sogar lieben, weil es ein wertvolles<br />
Geschenk ist. Da ich darüber hinaus<br />
Design studiert habe, lag Schmuck<br />
für mich sehr nahe. Ich selbst liebe<br />
hochwertigen Schmuck und die Kraft,<br />
die ein Statement Piece ausstrahlen<br />
kann. Dadurch, dass wir unsere Technik<br />
in ein Accessoire integrieren, das<br />
man im besten Fall gerne und täglich<br />
trägt, wollen wir ein sichereres Gefühl<br />
im Alltag schaffen. Das Bedürfnis,<br />
das Armband zu tragen, soll nicht aus<br />
Angst entstehen, sondern aus Freude<br />
am Produkt.<br />
Wo wird produziert?<br />
Wir sind gerade mitten in der<br />
Entwicklung der zweiten Prototypen-<br />
Generation und rekrutieren interessierte<br />
Tester*innen, um unser Alarm-Armband<br />
an die wahren Bedürfnisse unserer<br />
zukünftigen Kund*innen anzupassen.<br />
Zeitgleich bauen wir den Produktionsplan<br />
auf und suchen nach passenden<br />
Produktionspartner*innen, die unsere<br />
Ansprüche an Qualität, Material und<br />
Nachhaltigkeit erfüllen. Unser Ziel ist, in<br />
Europa zu produzieren.<br />
Präsentiert habt ihr euer Armband<br />
auf der Fashion Week in Berlin,<br />
wie war das Feedback?<br />
Das Feedback zur Funktionalität und<br />
zum Design war durchweg positiv<br />
und hat uns wahnsinnig gefreut. Da<br />
wir tatsächlich unsere unperfekten<br />
Prototypen präsentiert haben, konnten<br />
wir sehr viel Feedback zu Sitz, Gewicht<br />
und Handhabung einholen, welches wir<br />
jetzt in die Weiterentwicklung integrieren.<br />
So können wir unser Armband<br />
entsprechend verbessern, bevor es<br />
dann wie geplant Ende des Jahres in<br />
den Verkauf geht.<br />
notjustajewel.eu
24 STYLE<br />
„Ganz schön Berlin!“ mit<br />
SVEN REBEL<br />
NACHGEFRAGT<br />
In der ARD-Mediathek und<br />
im TV im rbb gibt es die<br />
„Fortsetzung“ der 2020 angelaufenen<br />
Show „rbb queer 4 you“. Aber<br />
mit neuem Namen und auch mit<br />
neuen Gesichtern. Wir fragten bei<br />
Sven nach.<br />
Was war dir wichtig bei der neuen<br />
Show?<br />
Bei meiner Arbeit, egal ob vor oder<br />
neben der Kamera, geht es mir vor allem<br />
um Authentizität. Die Erfahrung zeigt,<br />
dass „echt“ sein – sowohl in der Praxis<br />
bei meinem Klienten als auch bei den<br />
Menschen, die wir bei „Ganz schön Berlin!“<br />
treffen – der Schlüssel zur Lösung vieler<br />
Probleme ist.<br />
Das macht so eine Sendung allerdings in<br />
der Realisierung nicht unbedingt einfach,<br />
denn echtes Leben, echte Gefühle und<br />
vor allem ein respektvoller Umgang mit<br />
Menschen ist einfach zeitintensiver als<br />
überspitzt zu inszenieren, wie es viele<br />
Formate heutzutage tun. Für mich ist es<br />
der Aufwand allerdings wert, auch wenn<br />
es schmerzhaft ist, dass viele emotionale<br />
Momente letztendlich dem Schnitt zum<br />
Opfer fallen.<br />
Ich habe ehrlich gesagt kein richtiges Wort,<br />
sondern finde es einfach unglaublich,<br />
dass ein Sender, und dann auch noch ein<br />
öffentlich-rechtlicher Sender, so ein Team<br />
zusammenstellt. Vor der Kamera schwule<br />
Männer und eine Hetero-PoC, die sich<br />
beispielsweise mit einer 75-jährigen Frau<br />
über Sex und Einsamkeit unterhalten oder<br />
einem schwulen Rugby-Spieler helfen,<br />
seinen Körper zu akzeptieren. Das Ganze<br />
dann auch noch fast ausschließlich von<br />
Frauen, hetero und lesbisch, produziert –<br />
wir drehen beispielsweise ausschließlich<br />
mit Kamera-Frauen, beim Sender regieren<br />
Frauen usw.<br />
Man vergisst es so schnell im<br />
Arbeitsalltag, doch für mich wird<br />
einfach nicht genug darauf<br />
hingewiesen, wie divers unser<br />
komplettes Team ist, und dass<br />
dieses Team sich nicht gefunden<br />
hat wegen seiner Diversität,<br />
sondern wegen des Könnens jeder<br />
einzelnen Person.<br />
Was magst du besonders an dem<br />
Format?<br />
„Ganz schön Berlin!“ beinhaltet drei meiner<br />
liebsten Tätigkeiten: Geschichten hören,<br />
Menschen helfen und Geschichten erzählen.<br />
Ich bin überzeugt, jeder Zuschauer<br />
wird etwas von sich in den meisten<br />
unserer Geschichten wiederfinden und<br />
hoffentlich mit einem Lächeln, einer<br />
neuen Leichtigkeit und vielleicht auch mit<br />
mehr Offenheit anderen Menschen auf<br />
der Straße begegnen.<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
Warum eigentlich der neue Name?<br />
Wir wollen uns ganz klar neu aufstellen<br />
und neu definieren und nicht schon durch<br />
eine Namensgebung selbst beschränken;<br />
sei es, was die Experten angeht, als auch<br />
die Menschen, die wir treffen. Womit ich<br />
schon wieder beim Thema Authentizität<br />
bin. Auch wir, die gesamte Produktion,<br />
durchläuft natürlich eine Entwicklung und<br />
einen Selbstfindungsprozess.<br />
Jeder Einzelne von uns ist, wer er ist, und<br />
steht für seine Überzeugung, für seine<br />
Philosophie, sein Selbstbild und auch<br />
seine Sexualität. Je größer das Spektrum<br />
der Experten, umso umfangreicher und<br />
einfühlsamer können wir helfen. Berlin,<br />
eine der diversesten Städte der Welt, ist,<br />
was uns alle verbindet – unendlich viele<br />
Geschichten der unterschiedlichsten Menschen.<br />
Wir sind wie Berlin, und wir wollen<br />
all diese Geschichten erzählen – deshalb<br />
„Ganz schön Berlin!“.<br />
Wie ist das neue Team?<br />
Wie soll man sechs vollkommen individuelle,<br />
eigenständige Menschen, jeder ein<br />
Experte auf seinem Gebiet, beschreiben?
UPDATE<br />
Zurück zu den<br />
Wurzeln<br />
STYLE<br />
25<br />
FOTO: M. RÄDEL<br />
Sein Handwerk hat der international<br />
erfolgreiche Schweizer Modedesigner<br />
Julian Zigerli in Berlin gelernt, an der<br />
Universität der Künste, unweit des<br />
berüchtigten Bahnhofs Zoo. Dann ging<br />
er wieder nach Zürich, im Frühling kam<br />
Zigerli zurück nach Berlin.<br />
Zurück zu den Wurzeln – vom Studierenden<br />
zum Gastprofessor. Mit großem Stolz,<br />
Motivation und Elan trete ich ab März<br />
<strong>2021</strong> die Gastprofessur an der Universität<br />
der Künste Berlin für die kommenden drei<br />
Jahre an“, verriet uns der Modedesigner via<br />
E-<strong>Mai</strong>l.<br />
„Vor über 10 Jahren, im Oktober 2010 habe<br />
ich mein Modedesign-Studium an der UdK<br />
abgeschlossen, worauf ich kurzerhand<br />
in die Schweiz zurückkehrte, um mein<br />
Label JULIAN ZIGERLI zu gründen und<br />
seitdem erfolgreich zu führen. Umso<br />
mehr freut es mich, als Gastprofessor<br />
an die Geburtsstätte meiner modischen<br />
Laufbahn zurückzukehren und ein Teil des<br />
UdK-Teams zu werden“, fährt er fort. „Mein<br />
Aufgabenbereich wird die Entwurfslehre<br />
in der Studienrichtung Modedesign sein,<br />
welche aktuell relevante, branchenspezifische,<br />
wie auch interdisziplinäre Themen,<br />
Diskurse und Technologien mit der Lehre<br />
verbindet. Außerdem die Betreuung der<br />
BA- und MA- Abschlüsse.“<br />
Wird der Umzug denn komplett, also privat<br />
und beruflich, erfolgen? Nein, „das Label<br />
JULIAN ZIGERLI bleibt seinem Standort<br />
Zürich treu. Ich werde zwischen den<br />
beiden Städten pendeln und freue mich<br />
darauf, wieder vermehrt in meiner zweiten<br />
Heimat Berlin sein zu dürfen.“ Wir freuen<br />
uns auf einem neuen, alten Wahlberliner<br />
– und wenn es auch „nur“ fifty-fifty ist.<br />
Funfact: Erotik-Model Sam Morris ist Fan<br />
des Designers. *rä<br />
www.julianzigerli.com<br />
GAYBOYS<br />
LIVE AM<br />
TELEFON<br />
RUF AN!<br />
NUR<br />
14<br />
Cent/ Min.<br />
LERNE HEISSE<br />
MÄNNER KENNEN<br />
0180 5 97 00 00*<br />
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26 STYLE<br />
Balletttänzer<br />
in Mode von<br />
MODE<br />
MATTHIAS<br />
MAUS<br />
Der aus der Ukraine stammende<br />
Tänzer Denys Popovych<br />
beweist in der Kleinserie<br />
„Frühlingserwachen“ des<br />
Berliner Modedesigners Matthias<br />
Maus Modelqualitäten.<br />
Und die hier bei uns zu sehende<br />
Fashion-Serie selbst ist wiederum<br />
vom Tanz beeinflusst. Aber nicht<br />
nur. „Die Kleinserie ‚Frühlingserwachen‘<br />
ist inspiriert von der<br />
Baukeramik der Belle Époque<br />
sowie meiner ewigen Inspiration<br />
Nijinsky, der das Ballett in dieser<br />
Epoche geprägt und revolutioniert<br />
hat, um es mehr dem Geschmack<br />
der homosexuellen Zielgruppe anzupassen“,<br />
so Matthias Maus über die hier<br />
zu sehende Mode, die Gedanken dahinter<br />
und die verarbeiteten Einflüsse darin. „Nijinsky<br />
hat mit seinem Tanzstil das Ballett des frühen<br />
20. Jahrhunderts zusammen mit seinem<br />
Mentor Sergei Djagilew revolutioniert [...] Mit<br />
seiner Choreografie und Aufführung ‚L’Aprèsmidi<br />
d’un faune‘ zu der Musik von Claude<br />
Debussy schockierte er Paris 1912, da er am<br />
Ende des Tanzes ‚öffentlich masturbierte‘“, so<br />
der kunstliebende Designer, der vor Corona<br />
immer die Promis auf der Fashion Week um<br />
sich scharte. *rä<br />
www.mbrilliant.com,<br />
www.instagram.com/denyssworld,<br />
www.instagram.com/mausmatthias<br />
FOTOS: M. MAUS
STYLE 27<br />
KOSMETIK<br />
ALLEIN?<br />
Tu dir was Gutes!<br />
FOTO: ISTOCKPHOTO.COM/TXEMA_GERARDO<br />
Die Maßnahmen zur Bekämpfung<br />
der Pandemie sorgen mitunter für<br />
Unmut und Einsamkeit. Ab 21 Uhr soll<br />
man keinen Besuch mehr empfangen,<br />
ohnehin arbeiten viele im Homeoffice, die<br />
Fitnessstudios sind zu, die Klubs und Bars<br />
geschlossen. Das kann natürlich (leider!)<br />
für depressive Verstimmungen sorgen.<br />
Umso wichtiger ist es jetzt, sich selbst<br />
wertzuschätzen (und den etwaigen<br />
Partner). Helfen kann es, sich an einen<br />
festen Tagesablauf zu halten. Wer<br />
einfach im Bett liegen bleibt und denkt,<br />
er schafft die Büroarbeit einfach so, tut<br />
sich letztendlich nichts Gutes. Man wird<br />
träger, lustloser, gestresster und auch<br />
melancholischer. Und dicker, denn wer<br />
liegt und liegt, der neigt dazu, sich mit<br />
Essen abzulenken. Auch dein Partner<br />
freut sich, wenn du Energie und nicht<br />
Lethargie, Lebensfreude statt Melancholie<br />
ausstrahlst. Kleine Freuden, etwa der Kauf<br />
eines Stück Kuchens oder eines Parfüms,<br />
sorgen zudem für bessere Laune bei dir<br />
und deinen Mitmenschen. Einen kleinen<br />
Kosmetik-Tipp haben wir da für dich: „By<br />
the Sea“ vom Hamburger Unternehmen<br />
TOM TAILOR. Der Duft mit salziger<br />
Pfefferminz-Kopfnote und einer Basisnote<br />
mit unter anderem Moschus vertreibt<br />
beim Aufsprühen sofort trübe Gedanken<br />
und lässt zumindest in Gedanken ans<br />
Meer reisen. Wir stehen drauf und duften<br />
danach! *rä<br />
T<br />
EBERSWALDER<br />
K ASTANIEN<br />
S C H Ö N H A U S E R A L L E E<br />
U<br />
PAPPEL<br />
D A N Z I G E R S T R A S S E<br />
T<br />
U2 / TRAM M 10<br />
EBERSWALDER<br />
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28 SZENE<br />
ROMAN<br />
ERINNERUNGEN<br />
ANS NACHTLEBEN<br />
FOTO: C. SOLTANI<br />
Kleine Dramen, wenn der Freund<br />
unauffindbar ist, Diskussionen an<br />
der Tür, Drinks, Flirts und ein stampfender<br />
Beat, der all die unterschiedlichen Charaktere<br />
in Schach und meist auf der Tanzfläche<br />
hält ... Die queere Klubkultur war<br />
zugleich Safe Space und Theaterbühne,<br />
Ort des Tanzes und des Arbeitens. Ja, wir<br />
vermissen das Nachtleben, die Klubwelt.<br />
Schön, dass es Bücher wie dieses gibt.<br />
Das über 280 Seiten starke Buch „Fromme<br />
Wölfe“ von Kevin Junk, das unlängst beim<br />
Berliner Querverlag erschienen ist, spielt<br />
genau in diesem Mikrokosmos mit seinen<br />
ganz eigenen Regeln und Themen. Es<br />
nimmt uns mit auf eine turbulente Reise,<br />
deren Teilnehmer – die fünf Protagonisten<br />
– vom Rausch beseelt durch Berlin<br />
streifen.<br />
Dass der Autor Jahrgang 1989 ist, wirkt<br />
sich äußerst positiv auf die Szenerie<br />
des Episodenromans aus. Es geht in<br />
„Fromme Wölfe“ nicht um die elitären<br />
Disco-Klubs der 1970er und 1980er, nein,<br />
man zofft und liebt sich hier in Klubs<br />
und auf Partys, die eine ausgesuchte<br />
technoide queere Subkultur vereinen.<br />
Zum Beispiel Tom aus dem Hipster-Kiez<br />
Neukölln, okay, eigentlich aus der<br />
westdeutschen Provinz, und seinen<br />
Freund. Oder auch Erik, der für einen<br />
Dealer schwärmt und Speed zieht ... *rä<br />
www.frommewoelfe.de<br />
CHILL-OUT<br />
Zum Runterkommen<br />
Vor einigen Wochen erschien mit „Ambient<br />
Nights“ ein ganz wunderbares<br />
Chill-out-Album ohne musikalische<br />
Peinlichkeiten, aber mit viel entspannenden<br />
Kompositionen.<br />
Die elf Musikstücke faszinieren ab der<br />
ersten Minute. Sphärische Klangteppiche<br />
bereiten eine weiche Grundlage für entspannte<br />
Klaviermelodien und Regentropfen,<br />
an William Orbit erinnernde Synthesizer nehmen<br />
mit auf eine Reise in eine friedliche Welt. Unsere<br />
Anspieltipps auf dem Album „Ambient Nights“ von<br />
Thomas Lemmer sind „The Beauty of the Realm“,<br />
„Sapphire Skies“ sowie „There You’ll Be Free“ und<br />
„Close Your Eyes“. „Ich habe viel Zeit in das Sounddesign<br />
gesteckt und auch Umgebungsgeräusche<br />
aus meiner Umgebung mit meinem Feldrekorder<br />
aufgenommen und verarbeitet“, verrät der Künstler<br />
hinter dem Werk über sein Album. „Das Konzept<br />
des Albums ist eine Reise in die Traumwelt. Nimm<br />
dir am besten Zeit für das Album und schließ beim<br />
Hören die Augen. Wer sich darauf einlässt, erlebt<br />
pure Entspannung.“ Stimmige, aufeinander<br />
abgestimmte Kompositionen, die auch tagsüber<br />
und mit offenen Augen ihre absolute Berechtigung<br />
haben. Wer Robert Miles mochte, aber den<br />
Dance-Beat nervig fand, wer Enigma schätzte,<br />
aber das Melodramatische als „too much“ wahrnahm,<br />
der wird mit „Ambient Nights“ glücklich.<br />
Das Album erschien beim Schwarzwälder Label<br />
SINE MUSIC. *rä<br />
www.thomas-lemmer.com
FOTOGRAFIE<br />
WILLST<br />
DU IHN<br />
HABEN?<br />
SZENE<br />
29<br />
Schwule, queere Kunst in limitierten Auflagen mit<br />
Unterschrift des Künstlers und Echtheitszertifikat,<br />
das sucht man oft. Der französische Künstler<br />
Romain Berger bietet genau das an.<br />
„Mach dir eine Freude mit meiner Kunst“, postete er auf<br />
Social Media und zeigte eine Auswahl seiner großartigen<br />
Fotokunst. Und die ist gar nicht mal teuer! Zwischen 70<br />
und 110 Euro braucht der geneigte Sammler und Kunstliebhaber<br />
nur auszugeben, um sich zu erbauen und einen<br />
tollen Künstler zu unterstützen. Hier geht es zu Romain<br />
Bergers „Online Art Boutique“: www.romainbergerphotography.com.<br />
*rä<br />
Der Anzeigenschluss für die<br />
Juli/August-Ausgabe der <strong>blu</strong> ist am<br />
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19:30 Mann-O-Meter,<br />
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DO 13.5.<br />
20:00 Zum Schmutzigen<br />
Hobby, GNTM <strong>2021</strong><br />
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16:00 Mann-O-Meter,<br />
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jugend@mann-ometer.de,<br />
Bülowstr. 106<br />
21:00 SchwuZ, SchwuZ<br />
TV: Euro Diva (Streaming),<br />
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com/SchwuZ/live,<br />
Rollbergstraße 26<br />
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18:00 Renaissance Theater,<br />
Hedwig and the<br />
Angry Inch, Knesebeckstr.<br />
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MI 26.5.<br />
19:00 Berliner Aids-Hilfe,<br />
Medizinische Reise:<br />
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für Zoom-Meeting:<br />
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Kurfürstenstr.<br />
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DO 27.5.<br />
20:00 Berliner Kriminal<br />
Theater, Der Tatortreiniger,<br />
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Ost Palisadenstr.<br />
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10:00 Buchhandlung<br />
Eisenherz, Ausstellung:<br />
Georg<br />
Weise -Engel der<br />
Geschichte, Mo -<br />
Sa 10 bis 20 Uhr.,<br />
Motzstr. 23<br />
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bis zum 12.06.<strong>2021</strong>,<br />
Di. - Fr.: 11 - 18 Uhr,<br />
Sa: 12 - 18 Uhr,<br />
Auguststraße 61<br />
SO 30.5.<br />
20:00 BKA Theater, Ralf<br />
König: DER KÖNIG<br />
LIEST, DAS VOLK<br />
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19:30 Mann-O-Meter,<br />
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Bülowstr. 106<br />
Wöchentlich<br />
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18:00 Mann-O-Meter,<br />
Tests auf HIV und<br />
andere STIs, bis<br />
21:30 Uhr, anonym<br />
und ohne Voranmeldung,<br />
Bülowstr. 106<br />
DIENSTAG<br />
19:00 AHA, Manoa-<br />
Mano LGBT*QIPA+<br />
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Mutuo Aiuto, italienischsprachige<br />
LGBT*QIPA+ Selbsthilfegruppe.<br />
Treffpunkt<br />
per E-<strong>Mai</strong>l:<br />
manoamanolgbtiq@<br />
riseup.net., Monumentenstraße<br />
13<br />
DONNERSTAG<br />
17:00 Jugendnetzwerk<br />
Lambda Berlin-<br />
Brandenburg e.V.,<br />
Die Trans*formerz,<br />
Trans*Gruppe, Sonnenburger<br />
Str. 69<br />
FOTO: WARNER MUSIC<br />
GEBURTSTAG<br />
20. <strong>Mai</strong> 1946 …<br />
Vor 75 Jahren ist eine der größten<br />
Showbusiness-, Film- und Musik-<br />
Ikonen des 20. und 21. Jahrhunderts<br />
geboren worden: Cherilyn<br />
Sarkisian, Cher.<br />
75, ein stolzes Alter, in dem sie<br />
hoffentlich ein bisschen Stolz auf<br />
Filmerfolge wie „Mondsüchtig“, „Die<br />
Hexen von Eastwick“, „Die Maske“ und<br />
„Meerjungfrauen küssen besser“ sowie<br />
auf Hits wie „Believe“, „If I Could Turn<br />
Back Time“, „The Shoop Shoop Song (It’s<br />
in His Kiss)“, „I Got You Babe“ und „Half<br />
Breed“ zurückblicken kann. Ihre Kunst gab<br />
und gibt Energie und Mut in Momenten,<br />
an dem es einen nicht so gut geht, die<br />
Oscar-Preisträgerin ist eine mutige Queer-<br />
Aktivistin und Frauenrechtlerin. Danke für<br />
alles, du Tolle!<br />
Sorgen muss man sich um Cher übrigens<br />
kaum, ihr Vermögen wird auf 600 Millionen<br />
US-Dollar geschätzt, und nicht nur ihre<br />
Beauty-Docs sind die Besten der Besten. *rä<br />
www.cher.com
SZENE<br />
31<br />
Die Kunst des<br />
19. JAHRHUNDERTS<br />
AUSSTELLUNG<br />
Damals wie heute ist es so: Die einen<br />
werden reicher und freuen sich<br />
wie eine aufgedrehte AMAZONe, dass die<br />
Gesellschaft an ihren Unternehmen nicht<br />
vorbeikommt, die anderen können vor<br />
Angst nicht mehr ruhig schlafen.<br />
Um nicht den Lebensmut zu verlieren,<br />
kann es helfen zu entdecken, dass es<br />
immer wieder Phasen in der Menschheitsgeschichte<br />
gab, die ungerecht waren,<br />
die düster erschienen. Trotzdem und<br />
immer gilt aber: „Hurra, wir leben noch!“<br />
Auf andere Gedanken bringen kann einen<br />
auch der morbide Reiz der Kunst des Fin<br />
de Siècle, des 19. Jahrhunderts zwischen<br />
Pomp, Kolonialmachtspracht und Antike,<br />
die sich dank der Staatlichen Museen zu<br />
Berlin in einer Dauerausstellung entdecken<br />
lassen.<br />
Kunst kann helfen, seelische Wunden zu<br />
heilen. Und wenn auch die Museen (immer<br />
wieder) geschlossen sind, lässt sich trotzdem<br />
großartiges Wirken der Menschheit<br />
in ihnen entdecken, denn viele Museen<br />
bieten digitales Erleben an. Die Staatlichen<br />
Museen zu Berlin zum Beispiel.<br />
„Während der Schließung der Museen<br />
lädt eine fokussierte Videoreihe im<br />
YouTube-Kanal der Staatlichen Museen<br />
zu Berlin zur Erkundung […] ein. Zudem<br />
ist ein Rundgang durch die Ausstellung<br />
auf dem Facebook-Kanal der Alten<br />
Nationalgalerie verfügbar.“ Mehr Informationen<br />
gibt es hier: www.smb.museum/<br />
online-angebote. *rä<br />
FOTO: M. RÄDEL<br />
DVD<br />
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DESIGN 33<br />
FOTOS: KARE<br />
NATUR & LUXUS<br />
In Zeiten steigenden Umwelt- und Klimabewusstseins<br />
wenden sich mehr und mehr<br />
Menschen von billig produzierten Möbeln<br />
ab und entscheiden sich für langlebige,<br />
qualititiv hochwertige Produkte.<br />
Hier punkten die KARE Designstudios<br />
mit Meisterstücken aus Massivholz. Das<br />
Spiel von Farben und Maserung und die<br />
Verarbeitung von Hand durch Schreiner<br />
machen jedes Stück zum Unikat. Möbel<br />
aus Echtholz leben und entfalten über<br />
die Zeit immer mehr Charme und können<br />
nicht zuletzt in den Rohstoff-Kreislauf<br />
zurückfließen und wiederverwertet werden.<br />
ELEGANT WOOD<br />
Neben Qualität und Nachhaltigkeit ist<br />
natürlich die Optik ein entscheidendes<br />
Kriterium. In der Kollektion Ravello treffen<br />
klare Linien auf zierliche Gestelle und<br />
schlanke Griffleisten. Der skandinavische<br />
Top-Möbeldesigner Morten Georgsen lässt<br />
hier der Schönheit des Holzes den Vortritt<br />
und setzt diskret schimmernde Akzente<br />
in Messing.<br />
PINK ELEGANCE<br />
Wer sich mutig und experimentierfreudig<br />
an Farben, Muster und Texturen wagt, ist<br />
hier im Paradies. Der Trend Colour Splash<br />
feiert das Leben: mit einem Sofa in einer<br />
Knallfarbe statt grauen Mäusen in der Sitzecke.<br />
Hier wird fröhlich kombiniert: samtige<br />
Cocktailmöbel in runden Retroformen mit<br />
Accessoires und Tapeten in leuchtenden<br />
Rot-, Orange- und Pinktönen, romantische<br />
Blütendrucke mit geometrischen Beistelltischen.<br />
Traut euch! Das Ergebnis wird sich<br />
sehen lassen. *sk<br />
www.kare.de<br />
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„Wir legen höchsten Wert auf<br />
erstklassige Qualität. Nur Produkte,<br />
die unseren hohen Qualitätsstandards<br />
entsprechen, finden ihren Weg in<br />
den Verkauf“, verrät das Team von<br />
WELCOME interiors über seine Unternehmensphilosophie.<br />
Hier bekommt<br />
man Möbel, die länger halten als zwei<br />
Winter oder einen Sommer. Zum<br />
Beispiel das Elementsofa Reef von<br />
FlexTeam aus Italien. Das trendige<br />
Teil überzeugt mit 13 verschiedenen<br />
Elementen in Breite und Tiefe, ist<br />
komplett abziehbar und mit 100 %<br />
sterilisierten Gänsedaunen (unterteilt<br />
in Kammern, damit diese nicht<br />
ausbrechen) gefüllt. Gönn es dir! *rä<br />
www.welcome-interiors.com,<br />
www.facebook.com/welcome.<br />
interiors.berlin, www.instagram.com/<br />
welcome_interiors_berlin
34 DESIGN<br />
GENTRIFIZIERUNG<br />
kann so schön sein ... Und nicht immer schlecht!<br />
Architekt Alex Nerovnya erlangte dank<br />
dem ungewöhnlichen Einsatz von Glas<br />
und dem Spiel mit geometrischen Formen<br />
Bekanntheit über die Grenzen seiner<br />
russischen Heimat hinaus. Das im letzten<br />
Jahr von ihm konzipierte York House<br />
verbindet seine beiden großen Stärken auf<br />
ungewöhnliche Weise.<br />
„Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung.<br />
Neben dem großartigen Feedback<br />
unserer Kundinnen und Kunden ist es ein<br />
weiterer Beleg dafür, dass wir mit unserem<br />
Konzept richtig liegen und einen Platz<br />
geschaffen haben, der bei den Menschen<br />
richtig gut ankommt“, so Gründer und<br />
Geschäftsführer Tomislav Karajica, der die<br />
„Ding“-Reihe mit seinem Team in weitere<br />
Städte bringen wird. „Hamburg war das<br />
Pilot-Projekt, Kiel und Osnabrück stehen<br />
schon als nächste Standorte fest. Mittelfristig<br />
ist es unser Anspruch, das Konzept<br />
bundesweit auszurollen.“<br />
Und nein, es geht hierbei nicht nur um Büro-<br />
und Barbetrieb. „Wir schaffen zahlreiche<br />
Angebote für unterschiedliche Zielgruppen,<br />
in unserem Gebäude wird nicht allein klassisch<br />
gearbeitet. Das Hamburger Ding setzt<br />
darauf, Menschen über geteilte Interessen<br />
zusammenzubringen, mit Inhalten aus Sport,<br />
E-Sport und Gaming, Gesundheit, Begegnung<br />
und Bildung – eingebettet in einen Mix<br />
aus hochwertigem Interieur und digitalen<br />
Lösungen“, verrät Karajica.*rä<br />
www.homeunited.de<br />
LIFESTYLE<br />
VINTAGE-FLAIR<br />
für jede Art Behausung<br />
Seit Jahren schon und immer noch<br />
kombiniert Mensch gerne Altes<br />
mit Neuem, Erinnerungsstücke mit<br />
modernen Neuanschaffungen. Bei<br />
home24.de entdeckten wir diese äußerst<br />
ansprechenden Design-Objekte,<br />
die man selbstverständlich alle dort<br />
erwerben kann. Klassische Möbelstücke<br />
mit Vintage-Flair, helle Farben<br />
und natürliche Materialien – das passt<br />
in jede Art Behausung, oder? *rä<br />
www.home24.de<br />
GRAFIK<br />
LINE ART für die Wand<br />
Dein Nest ist deine Burg. Und wenn<br />
man sich vor allem in Pandemiezeiten<br />
schon häufiger in den eigenen oder<br />
gemieteten vier Wänden aufhält,<br />
dann sollten sie auch etwas von der<br />
Persönlichkeit des/der Bewohner<br />
transportieren, oder? Besonders gut<br />
gefallen haben uns die Kunstdrucke<br />
von Desenio, die man auch mit eigener<br />
Kunst kombinieren kann. Zudem sind<br />
diese Poster – schwarz-weiß, einfach<br />
gehalten und dennoch ausdrucksstark<br />
– ein vorzügliches Geschenk! *rä<br />
www.desenio.de
DESIGN<br />
BESTES AUS<br />
ARCHITEKTUR<br />
JAPAN<br />
Der japanische Architekt Shigeru Ban ist ein Paradebeispiel dafür, dass man niemals<br />
nur an die unmittelbaren Tätigkeiten des eigenen Berufs gebunden ist. Er hat bewiesen:<br />
Der Blick über den professionellen Tellerrand kann die Karriere sogar vorantreiben.<br />
Seine humanitären Bemühungen auf internationalem Boden haben ihm nicht nur den Ruf<br />
eines engagierten Philanthropen eingebracht, sondern auch den wichtigsten Preis der<br />
Architekturszene.<br />
Shigeru Ban wurde 1957 in Tokio geboren. Er studierte am<br />
Southern California Institute of Architecture in Los Angeles<br />
und später an der Cooper Union’s School of Architecture in<br />
New York. Das Resultat sowohl japanischer als auch westlicher<br />
Stileinflüsse lässt sich heute gut an Bans Arbeiten ablesen.<br />
Bekannt wurde er aber vor allem durch den Einsatz von Papier<br />
und Pappe als Baumaterial. Papier wird aus nachwachsenden<br />
Rohstoffen hergestellt und kann vollständig recycelt werden.<br />
Ban wird deshalb auch zu den Vertretern des sogenannten<br />
Ökologischen Bauens gezählt. So schuf er 2013 eine Kirche<br />
in Neuseeland, die teilweise aus Karton besteht, und zeichnete<br />
bereits im Jahr 2000 für den japanischen Pavillon auf<br />
der Expo in Hannover verantwortlich, für das vornehmlich<br />
die Ban-typischen Pappröhren verwendet wurden. Seit 1995<br />
setzt er sich außerdem für die Katastrophenhilfe ein, für die er<br />
ein eigenes Netzwerk von Architekten (Voluntary Architects’<br />
Network) gründete. Mithilfe von simplen Materialien wie Papier,<br />
Pappe, Bierkästen oder Sandsäcken hat Ban Notunterkünfte<br />
in der ganzen Welt geschaffen, die schnell auf- und abzubauen<br />
sind. Für seine Aktivitäten als Architekt und Wohltäter erhielt<br />
er 2014 den Pritzker Architecture Prize. Der TASCHEN Verlag<br />
hat Shigeru Ban ein Sammelwerk seiner wichtigsten Arbeiten<br />
gewidmet. *fj<br />
www.shigerubanarchitects.com / www.taschen.com<br />
„Shigeru Ban. Das vollständige Werk 1985 – 2015“, Philip<br />
Jodidio, Hardcover, 22,8 x 28,9 cm, 2,90 kg, 568 Seiten
ARCHITEKTUR<br />
THE YORK<br />
DESIGN<br />
HOUSE<br />
Architekt Alex Nerovnya erlangte dank dem ungewöhnlichen Einsatz von Glas und dem Spiel mit<br />
geometrischen Formen Bekanntheit über die Grenzen seiner russischen Heimat hinaus. Das im letzten Jahr<br />
von ihm konzipierte York House verbindet seine beiden großen Stärken auf ungewöhnliche Weise.<br />
Eigentlich könnte das York<br />
House ein ganz normales<br />
Ferienhaus in irgendeinem<br />
Tannenwald in Nordosteuropa<br />
oder Kanada sein, wenn es nicht<br />
mit einer Front daherkäme, die<br />
anmutet, als hätte jemand das<br />
Gebäude in der Mitte schlichtweg<br />
durchgeschnitten und die<br />
andere Hälfte weggeworfen.<br />
Darüber hinaus hat Alex Nerovnya<br />
die klassische Form des<br />
Spitzdachhauses leicht entrückt<br />
und die links und rechts vom<br />
Mittelblock verlaufenden Seiten<br />
einige Meter versetzt angelegt.<br />
Das ausgefallene Design soll<br />
zum einen die Interaktion mit<br />
der natürlichen Umgebung<br />
intensivieren und das Gefühl<br />
aufkommen lassen, Innen- und<br />
Außenbereiche würden verschwimmen.<br />
Zum anderen will<br />
Nerovnyas Entwurf einer bereits<br />
unzähligen Male verwendeten<br />
Form einen modernen Anstrich<br />
verleihen. Insgesamt sollen auf<br />
200 Quadratmetern bis zu acht<br />
Personen in vier Schlafzimmern<br />
Platz haben. *fj<br />
en.alex-nerovnya.com
REISE<br />
SPARTACUS CRUISE<br />
die einzige deutschsprachige<br />
Gay Cruise<br />
Endlich ist es so weit: Die zweite Gay<br />
Cruise der <strong>blu</strong> Mediengruppe sticht in See.<br />
Termin ist der 8. bis 18. Februar 2022 mit<br />
einer Route vor der afrikanischen Küste.<br />
Bei deutlich über 20 Grad im Schatten und<br />
acht Sonnenstunden pro Tag kann man<br />
den Winter hinter sich lassen und Wärme<br />
tanken. Gleichzeitig sind es angenehme<br />
Temperaturen für Ausflüge. Die Cruise wird<br />
ohne Social-Distancing-Maßnahmen und<br />
Maskenpflicht durchgeführt. Daher muss<br />
jeder Gast spätestens 14 Tage vor der<br />
Abfahrt eine abgeschlossene Covid-Impfung<br />
oder Immunitätsbescheinigung nachweisen.<br />
Diese Kreuzfahrt kombiniert die unbekannteren<br />
Inseln der Kanaren mit der<br />
Blumeninsel Madeira. Damit auch Raum<br />
für Erkundungen ohne Zeitdruck bleibt,<br />
ist an mehreren Orten ein Overnight<br />
eingeplant. Geplant ist folgende Route:<br />
Neben diesen Anläufen sind zahlreiche<br />
Highlights, die dem späteren Ausflugsprogramm<br />
entnommen werden können,<br />
geplant. Dazu gehört die kleine Schwester<br />
Madeiras, Porto Santo, wo man wandern<br />
oder edlen Wein verkosten kann.<br />
Zurück auf den Kanaren lernt man<br />
Lanzarotes imposante Vulkanlandschaft<br />
kennen und besucht auch La Graciosa,<br />
die kleinste der Kanarischen Inseln. Auf<br />
Gomera warten in den Nebeln des hoch<br />
gelegenen Nationalparks Garajonay dichte<br />
Wälder aus Farnen und moosbedeckten<br />
Bäumen. La Palma bietet neben engen<br />
Gassen aus Kopfsteinpflaster und<br />
Häusern mit Holzbalkonen in der<br />
Hafenstadt Santa Cruz auch spektakuläre<br />
Sehenswürdigkeiten der Natur wie den<br />
Wasserfall der Farben oder den Idafe Rock<br />
/ Roque Idafe im Nationalpark Caldera<br />
de Taburiente. Wer seine Reise nicht<br />
8. – 18. FEBRUAR 2022<br />
8.2. LAS PALMAS (GRAN CANARIA) Abfahrt um 18 Uhr<br />
9.2. FUNCHAL (MADEIRA) Ankunft um 15 Uhr (Overnight)<br />
10.2. Abfahrt Funchal um 20 Uhr<br />
11.2. At sea<br />
12.2. ARRECIFE (LANZAROTE) Ankunft um 7 Uhr (Overnight)<br />
13.2. Abfahrt Arrecife um 20 Uhr<br />
14.2. At sea<br />
15.2. SANTA CRUZ (LA PALMA) von 8 bis 24 Uhr<br />
16.2. LA GOMERA von 8 bis 21 Uhr<br />
17.2. LAS PALMAS (GRAN CANARIA) Ankunft um 8 Uhr (Overnight)<br />
18.2. Ausschiffung
REISE<br />
verlängern will, hat am vorletzten Tag die<br />
Gelegenheit, die Dünen von Maspalomas<br />
auf Gran Canaria zu besuchen. Zwei Seetage<br />
an Bord der Vasco da Gama schaffen<br />
eine echte Kreuzfahrtatmosphäre, die wir<br />
mit Poolspielen verbringen werden.<br />
DAS BORDPROGRAMM<br />
Zusätzlich zum Bordprogramm des<br />
Schiffes werden auf der Spartacus Cruise<br />
wieder zahlreiche Künstler der Community<br />
auftreten. Auf der Agenda stehen<br />
außerdem zahlreiche Themenpartys am<br />
Pool wie „White“, „Wig“ oder „Kinky“, bei<br />
denen der Kreativität bei den Outfits<br />
keine Grenzen gesetzt sind. Auch die<br />
beliebten Pool Games mit der Wahl<br />
zum „Mr. Cruise“ werden auf keinen Fall<br />
fehlen. Alle Gäste sind natürlich wieder<br />
herzlich eingeladen, ihre Türen individuell<br />
zu gestalten, wobei die verrückteste Idee<br />
prämiert wird. Die Details zu Künstlern<br />
und DJs werden im Laufe der kommenden<br />
Wochen ständig ergänzt. Zu den<br />
Künstlern gehört Joel von Lerber, der die<br />
Tea Times mit seinem Harfenprogramm<br />
von Klassik bis Pop begleiten wird. Für<br />
den fetten Sound sorgt u. a. Star-DJ Chris<br />
Bekker.<br />
SINGLE MATCH<br />
Kreuzfahrten sind leider keine optimale<br />
Reiseform für Singles, da sich die Preise<br />
nach Kabinen in Zweierbelegung berechnen.<br />
Das heißt, für die alleinige Nutzung<br />
einer Kabine ist immer der Preis einer<br />
Zweierbelegung zu entrichten. Auf der<br />
letzten Cruise wurden erfolgreich<br />
vierzig Singles verknüpft, die sich eine<br />
Kabine geteilt haben. Auch dieses Mal<br />
wird es in der Buchungsmaske wieder die<br />
Option „Singlematch“ geben. Wer sich<br />
dafür entscheidet, wird kontaktiert und<br />
kann im persönlichen Gespräch ein paar<br />
Anhaltspunkte zu seinem gewünschten<br />
Match geben. Gesichtspunkte a) ähnliches<br />
Alter, b) ähnlicher Tagesrhythmus<br />
(Morgenmensch versus Nachtmensch),<br />
c) gleiche Kabinenkategorie. Selbstverständlich<br />
können sich auch Zweiermatches<br />
melden, die sich bereits gefunden<br />
haben. Dafür gibt es auf Romeo einen<br />
Club unter dem Namen „mCruise“.<br />
Mehr Infos unter<br />
www.spartacus.cruises
GESELLSCHAFT<br />
ZWEI<br />
REPORT<br />
GESICHTER<br />
EINER STADT<br />
LANGE WIRKTE KRAKAU WIE EIN SICHERER HAFEN DER LGBTIQ*-COMMUNITY IM<br />
FEINDSELIG GESTIMMTEN POLEN. DOCH SEIT DIESEM JAHR MEHREN SICH AUCH<br />
HIER DIE ANGRIFFE AUF DIE QUEERE GEMEINSCHAFT. NUN REGT SICH WIDERSTAND<br />
GEGEN DEN HASS.<br />
Eigentlich wollte Han nur seinen Freund<br />
besuchen. Doch als er eine Straße<br />
überquerte, bemerkte er, dass ein<br />
parkender Autofahrer ihn beobachtete.<br />
„Als er mich gesehen hat, hat er den Motor<br />
angelassen – und ist in mich reingefahren“,<br />
erzählt Han, friemelt eine Zigarette aus der<br />
Packung und steckt sie sich zwischen die<br />
Lippen. Er verharrt einen Moment, bevor<br />
er sie anzündet, und blickt in die Ferne, als<br />
sehe er dort die Situation, in der er vor ein<br />
paar Monaten am Stadtrand von Krakau<br />
war. „Der Typ machte das Fenster runter<br />
und starrte mich böse an. Er sagte nichts,<br />
bis ich weggerannt war.“<br />
Das Auto hatte nicht genug Geschwindigkeit,<br />
um Han ernsthaft zu verletzen.<br />
Trotzdem ging an diesem Tag etwas<br />
kaputt: Krakau ist Hans Heimat, hier<br />
wurde er geboren. Und doch fühlt sich der<br />
21-Jährige nun nicht mehr sicher, denn<br />
Han möchte sich nicht festlegen, welchem<br />
Geschlecht er sich zugehörig und von welchem<br />
er sich angezogen fühlt. Bisexuell,<br />
non-binär, queer – es gibt viele Labels, mit<br />
denen er sich identifiziert. Jedes einzelne<br />
ist gefährlich, wenn es die falsche Person<br />
in der falschen Ecke Krakaus zur falschen<br />
Uhrzeit erkennt – oder sich von seinen<br />
auffälligen roten Haaren provoziert fühlt.<br />
Es sind die zwei Seiten einer Stadt,<br />
die damit ringt, wer sie ist und wer<br />
sie sein möchte. Im Zentrum der<br />
800.000-Einwohner-Metropole gibt es<br />
queere Klubs, Regenbogenfahnen hängen<br />
in den Fenstern. An den Stadträndern, wo<br />
die Häuserblocks abgelöst werden von<br />
Einfamilienhäusern mit Garten und Garage,<br />
ist es für Han, als sei er in einer anderen<br />
Stadt. „Wenn ich an die Stadtgrenze gehe,<br />
bekomme ich seltsame Blicke, ich werde<br />
angeschrien, auf mich wird gezeigt und<br />
ich werde verfolgt“, sagt Han, setzt die<br />
Zigarette an und nimmt einen tiefen Zug.<br />
Krakau bei Nacht ist ein anderer Ort als<br />
Krakau bei Tag. Sich bloß nicht von der<br />
Gruppe trennen, nicht alleine unterwegs<br />
sein, nicht auffallen: Han kennt die Regeln,<br />
er erinnert seine Freunde daran, wenn sie<br />
abends gemeinsam unterwegs sind. Muss<br />
Han alleine los, hat er inzwischen eine<br />
Dose Pfefferspray bei sich, „nur für den<br />
Fall“. Außerdem trainiert er seit einigen<br />
Monaten Selbstverteidigung, „weil viele<br />
meiner Freunde angegriffen worden sind,<br />
vor allem in letzter Zeit.“<br />
MIT MESSERN GEJAGT<br />
In diesem Jahr häufen sich die Angriffe auf<br />
queere Menschen, beobachtet Mateusz<br />
Gędźba. „Die Gewalt von Bürger*innen<br />
gegenüber der LGBTIQ*-Community<br />
wächst. Im Sommer hatten wir einige<br />
besorgniserregende Vorfälle, bei denen<br />
queere Menschen vor Schwulenbars<br />
wie dem „Club Papuga“ mit Messern<br />
gejagt wurden“, sagt er. Mateusz ist<br />
Vorstandsvorsitzender von DOM EQ, einer<br />
Föderation, die verschiedenste LGBTIQ*-<br />
Gruppierungen zusammengebracht hat.<br />
Gemeinsam versuchen sie, die Situation<br />
für queere Menschen in Krakau zu verbessern.<br />
Im vergangenen Jahr eröffnete<br />
das Team ein Gemeinschaftszentrum: ein<br />
altes Einfamilienhaus, mit Glitzer am Zaun<br />
und Regenbogenlichterkette, umfunktioniert<br />
zum queeren Hauptquartier Krakaus.<br />
Hier treffen sich verschiedene Selbsthilfegruppen,<br />
der queere Chor probt in den<br />
Räumen und Literaturliebhaber*innen<br />
organisieren Gedichtlesungen. Für<br />
Mateusz mit am wichtigsten sind die<br />
Beratungsangebote. Sowohl rechtlich<br />
als auch psychologisch können sich
GESELLSCHAFT<br />
LGBTIQ*-Personen hier helfen lassen:<br />
„Wenn jemand selbstmordgefährdet ist,<br />
lädst du ihn nicht auf ein Bier in einer Bar<br />
ein“, sagt der 36-Jährige. Deshalb sei es so<br />
wichtig gewesen, einen sicheren Ort wie<br />
das DOM EQ zu schaffen.<br />
Wie es scheint, ist DOM EQ gerade<br />
zur rechten Zeit entstanden. Mateusz<br />
erschreckt, wie schnell Szenen wie vor der<br />
Schwulenbar Papuga Alltag geworden sind,<br />
wie selbstverständlich die LGBTIQ*-Community<br />
zur Zielscheibe wahlloser Angriffe.<br />
Für ihn ist klar, wer dafür verantwortlich<br />
ist: „Der Ton wird von oben angegeben,<br />
das ist mehr als deutlich. Wenn hohe<br />
Offizielle im Staat nach Aggression rufen,<br />
sie rechtfertigen, die Täter*innen schützen,<br />
dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis alle<br />
anderen glauben, das sei normal.“<br />
Auch Han hat bemerkt, wie sich die<br />
Stimmung in Krakau seit der letzten Wahl<br />
verändert hat. Trotzdem geht er weiter<br />
feiern, Freunde besuchen, versteckt seine<br />
roten Haare nicht unter der Kapuze: „Ich<br />
will nicht so viel Angst haben, dass ich<br />
nicht mehr mein Leben leben kann.“<br />
„MEINE KIRCHE<br />
HASST MICH“<br />
Nicht nur die Politik ist Auslöser für die<br />
wachsende LGBTIQ*-Feindlichkeit. Auch<br />
die katholische Kirche ist eine treibende<br />
Kraft des Hasses. Von einer „Regenbogenpest“<br />
sprach der Erzbischof von Krakau,<br />
Marek Jedraszewski, im Sommer 2019.<br />
Nicht sein erster Kommentar gegen<br />
die queere Community und nicht sein<br />
letzter. Regelmäßig stellt er die LGBTIQ*-<br />
Gemeinschaft als eine Ideologie des<br />
„Wenn ich an die<br />
Stadtgrenze gehe,<br />
bekomme ich seltsame<br />
Blicke, ich werde angeschrien,<br />
auf mich wird<br />
gezeigt und ich werde<br />
verfolgt“<br />
HAN
GESELLSCHAFT<br />
KAROL<br />
„Hier in Polen scheinen die Kirche und die LGBTIQ*-<br />
Community das Gegenteil voneinander zu sein<br />
und klar getrennt. Wir als queere Christ*innen wollen<br />
zeigen, dass es möglich ist, diese beiden Identitäten<br />
miteinander zu verbinden.“<br />
Westens dar, die bekämpft werden müsse.<br />
Was der Erzbischof sagt, hat Gewicht:<br />
Etwa neunzig Prozent der polnischen<br />
Bevölkerung sind katholisch.<br />
„Meine Kirche hasst mich.“ So fasst Karol<br />
Szymonik die aktuelle Situation zusammen.<br />
Der 26-Jährige ist gläubiger Christ<br />
– und schwul. „Ich habe zu Gott gebetet,<br />
dass er das von mir nimmt“, sagt er, wenn<br />
er an seine Schulzeit zurückdenkt. Karol<br />
stammt aus der kleinen Stadt Oświęcim.<br />
Dort kannte er keinen anderen schwulen<br />
Mann. Sich zuzugestehen, homosexuell<br />
zu sein, fiel ihm schwer. „Erst als ich für<br />
mein Studium nach Krakau kam, habe<br />
ich mich freier gefühlt.“ Dort hörte er das<br />
erste Mal von anderen schwulen Männern<br />
und vertraute sich seinen engsten<br />
Freund*innen an. Nach und nach erzählte<br />
er es mehr Kommiliton*innen, ehe er sich<br />
schließlich outete. Am schwersten war<br />
es für Karol, gegenüber seinen streng<br />
katholischen Eltern offen zu sein: „Sie<br />
waren sehr überrascht, sie haben nicht<br />
einmal in Erwägung gezogen, dass so<br />
etwas möglich ist.“ An das Gespräch<br />
mit seiner Mutter kann er sich noch gut<br />
erinnern, obwohl es inzwischen vier Jahre<br />
her ist: „Als ich mich geoutet habe, hat<br />
meine Mutter heftig geweint. Das war<br />
eine schwierige Unterhaltung zwischen<br />
uns. Danach wusste ich nicht, ob das für<br />
sie in Ordnung ist oder nicht.“ Seit dem<br />
Gespräch wird über Karols Sexualität in<br />
der Familie geschwiegen.<br />
Karol arbeitet inzwischen in Krakau als<br />
Tierarzt. „Während meines Studiums<br />
habe ich darüber nachgedacht, aufs<br />
Land zu ziehen und Kühe zu behandeln.<br />
Aber dann habe ich mir gedacht: Ich<br />
bin schwul – so kann ich nicht leben.<br />
Auf dem Land ist es viel gefährlicher für<br />
mich.“ In Krakau fühlt sich Karol wohl,<br />
zumindest bis zu einem gewissen Grad:<br />
„Es gibt Orte, an denen wir uns gemeinsam<br />
treffen können, es gibt Kirchen, in<br />
die wir gehen können, wo wir akzeptiert<br />
sind – es ist sehr viel angenehmer als<br />
in den Dörfern. Aber trotzdem gibt es<br />
überall Zeichen von Homophobie.“ Es<br />
fällt Karol schwer, diese Ambivalenz in<br />
Worte zu fassen. Auf der einen Seite eine<br />
Freiheit, von der er in seinem Heimatdorf<br />
nicht einmal träumen konnte, auf der<br />
anderen Seite die ständige Angst, doch<br />
auf die falschen Leute zu treffen. „Wenn<br />
ich nachts mit meinen Freunden unterwegs<br />
bin, habe ich diesen Gedanken im<br />
Kopf, dass die Leute erkennen, dass wir<br />
schwul sind, und uns deswegen zusammenschlagen<br />
werden.“ Vieles könnte<br />
besser sein in Krakau, „aber es ist gerade<br />
nun einmal, was es ist“, sagt Karol..<br />
ABLENKEN VOM MISS-<br />
BRAUCHSSKANDAL<br />
Karol redet ruhig und konzentriert, nur<br />
wenn er über die Ungerechtigkeiten in<br />
seinem Land spricht, wird er merklich<br />
aufgebrachter, seine Stimme wird<br />
schneller, er fängt an zu gestikulieren.<br />
„Hier in Polen scheinen die Kirche und<br />
die LGBTIQ*-Community das Gegenteil<br />
voneinander zu sein und klar getrennt.“<br />
Um das zu ändern, engagiert sich Karol in<br />
der Initiative „Glaube und Regenbogen“.<br />
„Wir als queere Christ*innen wollen<br />
zeigen, dass es möglich ist, diese beiden<br />
Identitäten miteinander zu verbinden.“<br />
Mit der aktuellen Kirchenführung fällt das<br />
nicht immer leicht, aber Karol hat einen<br />
Weg für sich gefunden: „Die Bischöfe in<br />
Polen sind die eine Sache, mein Glaube ist<br />
etwas anderes. Ich höre nicht so genau hin,<br />
worüber die Priester in ihrer Predigt reden<br />
– denn das tut mir manchmal weh.“<br />
Dass sich die Rhetorik der katholischen<br />
Kirche in den vergangenen Monaten noch<br />
einmal verschärft hat, ist für Karol kein<br />
Zufall. Ähnlich wie in Deutschland erschütterte<br />
auch in Polen ein Missbrauchsskandal
Privat statt Hotel<br />
Jetzt risikoarm übernachten<br />
Tausende<br />
von schwulen<br />
Gastgebern in über<br />
70 Ländern erwarten<br />
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Foto: istockphoto.com/vladorlov<br />
Seit 20 Jahren in der Community bekannt unter ebab
GESELLSCHAFT<br />
der katholischen Kirche die Öffentlichkeit.<br />
Die Enthüllungsdokumentation „Aber<br />
sag es nur keinem“ zeigte 2019, wie<br />
Kirchenoberste missbrauchende Priester<br />
schützten und sie beispielsweise in andere<br />
Gemeinden versetzten, anstatt sie anzuzeigen.<br />
Seitdem kämpft die katholische<br />
Kirche mit Ablenkungsmanövern gegen<br />
den Imageschaden. Weil mehr Jungen<br />
als Mädchen vergewaltigt wurden, müsse<br />
es einen Zusammenhang zwischen<br />
Pädophilie und Homosexualität geben,<br />
so die haltlose Behauptung der Kirche.<br />
„Sie musste irgendetwas angreifen, und<br />
wir als Minderheit in Polen sind leicht zu<br />
fassen“, sagt Karol. Besonders für Teenager<br />
sieht Karol die Rhetorik der Kirche als<br />
große Gefahr. „Jugendliche, die gerade<br />
erst verstehen, wer sie sind, die glauben,<br />
vielleicht bin ich schwul ... Wenn sie Worte<br />
wie ,Regenbogenpest‘ hören, was halten<br />
die dann von sich selbst? Ich mag mir das<br />
gar nicht vorstellen.“<br />
100 „LGBTIQ*-<br />
FREIE“ ZONEN<br />
Besonders schwierig ist die Situation<br />
für queere Jugendliche im ländlichen<br />
Polen, sind sich Karol und Han einig. Dort<br />
gibt es keine Klubs, keine Treffs, keine<br />
Gemeinschaft wie in Krakau. „Wenn du<br />
auf dem Land als LGBTIQ*-Person keine<br />
Unterstützung deiner Familie hast, bist<br />
du ziemlich allein“, sagt Han. Und auch<br />
der Druck der Politik auf die LGBTIQ*-<br />
Gemeinschaft ist stärker. Seit 2019 riefen<br />
sich mehr als 100 Kommunen als frei von<br />
„LGBTIQ*-Ideologie“ aus. „Du kannst doch<br />
nicht einfach ein Gebiet für LGBTIQ*-frei<br />
erklären und dann gibt es dort keine<br />
queeren Menschen mehr“, sagt Han. „Die<br />
Politiker erreichen nur eines: Sie verletzen<br />
diese Personen.“ Rechtlich gesehen<br />
haben die Deklarationen keine Wirkung<br />
– bislang. Aber DOM-EQ-Leiter Mateusz<br />
Gędźba blickt mit Bangen nach Russland,<br />
wo zunächst ähnliche Erklärungen<br />
verabschiedet und dann in einem zweiten<br />
Schritt auch die Gesetze angepasst wurden.<br />
„Wir befinden uns an einem ziemlich<br />
traurigen und empfindlichen Moment,<br />
der für ganz Europa gefährlich ist. Wenn<br />
wir sagen: ‚Ach Werte, was bedeuten die<br />
schon?‘, dann wird das einen Moment<br />
lang funktionieren. Aber bald werden<br />
die Probleme auch in anderen Ländern<br />
losgehen. Es ist wie Krebs: Wenn wir nicht<br />
früh genug dagegen kämpfen, wird es sich<br />
weiter ausbreiten.“<br />
Fünf der 16 polnischen Woiwodschaften,<br />
vergleichbar mit den deutschen Bundesländern,<br />
verabschiedeten inzwischen<br />
eine entsprechende Deklaration. Darunter<br />
auch Kleinpolen, die Woiwodschaft, in der<br />
Krakau liegt. Doch Krakau machte bei der<br />
homophoben Kampagne nicht mit. Stadtpräsident<br />
Jacek Majchrowski betonte in<br />
einem offenen Brief, dass Krakau eine<br />
tolerante und weltoffene Stadt sei: „Alle,<br />
darunter auch Vertreter der LGBTIQ*-<br />
Community, sind hier willkommen. Wir alle<br />
sollen uns in Krakau wie zu Hause fühlen“,<br />
schrieb er darin.<br />
Mateusz sieht Statements wie dieses<br />
kritisch. Er glaubt, hinter der Erklärung<br />
stecke vor allem politisches Kalkül. 2023<br />
sollen in Krakau die Europaspiele stattfinden.<br />
Das bedeutet viel Aufmerksamkeit<br />
und viel Geld für die Stadt. Ausländische<br />
Politiker*innen kritisierten den<br />
Austragungsort aufgrund der Erklärung<br />
Kleinpolens zur LGBTIQ*-freien Zone<br />
und forderten, die Spiele nicht in Krakau<br />
zu veranstalten: „Krakau profitiert enorm<br />
von den europäischen Geldern. Wenn das<br />
Geld zurückgehalten wird, steckt Krakau<br />
in großen Schwierigkeiten. Das haben die<br />
Politiker*innen recht schnell verstanden“,<br />
sagt Mateusz. Mit Blick auf das Ausland<br />
unterstütze man die Community, gehe<br />
„Wenn hohe Offizielle Aggression<br />
rechtfertigen, die Täter*-<br />
innen schützen, dann ist es<br />
nur eine Frage der Zeit,<br />
bis alle anderen glauben,<br />
das sei normal.“<br />
MATEUSZ
GESELLSCHAFT<br />
es aber um echte Bekenntnisse, etwa<br />
finanzielle Unterstützung, halte sich die<br />
Stadt zurück.<br />
Gleichzeitig gehen kirchliche rechtskonservative<br />
Gruppen immer aggressiver vor,<br />
um auch die etwas besser geschützten<br />
LGBTIQ*-Gemeinschaften in den Städten<br />
anzugreifen – wie in Krakau. Regelmäßig<br />
fahren Trucks mit großen Lautsprechern<br />
durch die Städte des Landes und rufen<br />
homophobe Propaganda aus. Damit<br />
schüren sie in den Großstädten den Hass<br />
und verunsichern queere Menschen. Vor<br />
einigen Monaten hatte Han endgültig<br />
genug davon. Mit ein paar anderen<br />
queeren Aktivist*innen Krakaus schloss<br />
er sich zur Bewegung „Der Regenbogen<br />
ist nicht tot“ zusammen. Gemeinsam<br />
starteten sie eine Petition, in der sie den<br />
Stadtrat aufforderten, das Fahren dieser<br />
Trucks durch Krakau zu verbieten. Dafür<br />
sammelten sie Unterschriften, organisierten<br />
Veranstaltungen und versuchten,<br />
bei der Bevölkerung ein Gegengewicht<br />
zur Homophobie von Politik, Kirche und<br />
Medien zu sein: „Das Wichtigste ist, Aufmerksamkeit<br />
zu erzeugen, die Bevölkerung<br />
aufzuklären und ein Bewusstsein für<br />
die LGBTIQ*-Community zu erzeugen“,<br />
sagt Han. Große Erfolgschancen rechnet<br />
sich DOM-EQ-Sprecher Mateusz Gędźba<br />
für die Petition nicht aus: „Um ehrlich zu<br />
sein, bin ich mir ziemlich sicher, dass der<br />
Stadtrat den Bürgervorschlag ablehnen<br />
wird – aber trotzdem hat es etwas Gutes:<br />
Es wird eine Diskussion angestoßen, die<br />
die Stadt weiter unter Druck setzen wird,<br />
etwas gegen die Trucks zu unternehmen.“<br />
OPTIMISTISCH<br />
TROTZ ALLEM<br />
Je stärker der Gegenwind, desto selbstbewusster<br />
wird die Gemeinschaft, meint<br />
Gędźba: „Vor ein paar Jahren waren wir<br />
eine soziale Gruppe hier in Krakau. Aber wir<br />
hatten kein Bewusstsein für unsere verschiedenen<br />
Herkünfte, keine gemeinsame<br />
Identität. Mein Eindruck ist, dass Initiativen<br />
wie DOM EQ dabei geholfen haben, so<br />
eine gemeinsame Identität entstehen zu<br />
lassen.“<br />
Wenn Han an die Zukunft denkt, ist er<br />
vorsichtig optimistisch: „Es gibt viele junge<br />
Personen, die aufstehen, ihre Stimme<br />
erheben und Pride-Proteste organisieren<br />
– mit 15 Jahren. Ich bin so stolz, dass sie<br />
vieles in die eigene Hand nehmen und viel<br />
motivierter sind, als ich es in ihrem Alter<br />
war.“ Und nicht nur die Jugend macht ihm<br />
Hoffnung für die Zukunft: „Ich sehe auch<br />
Menschen über vierzig, die sich auf einmal<br />
outen und sagen: ‚Ich habe genug von dem<br />
Scheiß‘, die protestieren gehen und sich<br />
zeigen.“<br />
Auch Karol will sich nicht länger verstecken:<br />
„Ich versuche, sehr extrovertiert zu<br />
sein. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir<br />
uns als LGBTIQ*-Personen den anderen<br />
Menschen zeigen. Wenn sie uns nicht<br />
sehen, dann denken sie auch nicht über<br />
uns nach.“ Seit diesem Jahr bietet er in<br />
Krakau Tanzkurse für gleichgeschlechtliche<br />
Paare an und ist damit polenweit ein Vorreiter.<br />
„Bei heterosexuellen Paaren ist klar,<br />
der Mann führt. Aber wie ist das bei gleichgeschlechtlichen<br />
Paaren? Das bringe ich<br />
ihnen bei“, sagt er. Bis Karol coronabedingt<br />
pausieren musste, betreute er zwölf Paare.<br />
Das Feedback sei sehr positiv, berichtet<br />
Karol. Wenn er von seinen Tanzkursen<br />
spricht, erzählt er mit einer Freude, dass<br />
man meinen könnte, als schwuler Christ<br />
Tanzkurse für gleichgeschlechtliche Paare<br />
im streng katholischen Krakau anzubieten,<br />
sei das Normalste auf der Welt. Und<br />
vielleicht ist es das bald auch. Aktuell ist in<br />
Polen einiges in Bewegung. Die Menschen<br />
gehen auf die Straße, um gegen das<br />
Abtreibungsverbot zu demonstrieren, und<br />
damit auch gegen die Regierung, gegen<br />
die Einmischung der katholischen Kirche<br />
in die Politik, für Menschenrechte. Karol<br />
macht eine kurze Pause, als müsse er über<br />
die nächsten Worte gut nachdenken. Als er<br />
sich entschieden hat, bringt er diese Sätze<br />
mit einer Überzeugung zum Ausdruck,<br />
dass man ihm am liebsten glauben will:<br />
„In den Köpfen der Leute passiert etwas –<br />
langsam, aber es gibt eine Veränderung.“<br />
*Astrid Benölken und Tobias Zuttmann<br />
„In den Köpfen der Leute<br />
passiert etwas – langsam,<br />
aber es gibt eine<br />
Veränderung.“
ADVERTORIAL<br />
GABLE<br />
das LGBTQ+ Netzwerk von P&G<br />
Bei Procter & Gamble sind<br />
Chancengleichheit, Vielfalt und<br />
Inklusion zentrale Elemente der<br />
Unternehmenskultur.<br />
Procter & Gamble hat es sich zur Aufgabe<br />
gemacht, gleiche und inklusive Arbeitsplätze<br />
für alle Mitarbeitenden zu schaffen.<br />
Dies schließt ganz ausdrücklich auch die<br />
Gruppe der LGBTQ+-Gemeinschaft ein.<br />
Die Unternehmenspolitik von Procter<br />
& Gamble wendet sich sehr klar gegen<br />
Diskriminierungen aufgrund sexueller Orientierung<br />
oder geschlechtlicher Identität.<br />
GABLE (GAY, ALLY, BISEXUAL,<br />
LESBIAN AND TRANSGENDER<br />
EMPLOYEES)<br />
1996 gründete Procter & Gamble<br />
das Netzwerk GABLE für LGBTQ+-<br />
Mitarbeitende und ihre Unterstützer in<br />
den USA. Im Jahr 2014 startete GABLE<br />
in Deutschland und ist seither schnell<br />
gewachsen. Inzwischen ist das Netzwerk<br />
an zehn Standorten in der DACH-<br />
Region, darunter acht in Deutschland,<br />
aktiv – sowohl in städtischen als auch in<br />
ländlichen Gegenden. Ziel des Netzwerks<br />
ist es, eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen,<br />
in der LGBTQ+-Menschen sich vollständig<br />
und ohne Einschränkungen in ihre Arbeit<br />
einbringen können. Ein wesentlicher<br />
Faktor, um dieses Ziel zu erreichen, sind<br />
Unterstützer – sogenannte „Allies“. Sie<br />
sind ausgebildet, Verantwortung für ihr<br />
eigenes Verhalten zu übernehmen und<br />
einzugreifen, wenn sie in der Sprache oder<br />
dem Verhalten anderer eine Diskriminierung<br />
gegen LGBTQ+-Menschen erkennen.<br />
Die Unterstützer erhalten außerdem<br />
Sticker mit denen sie ihre Hilfe für die<br />
LGBTQ+- Gemeinschaft visuell deutlich<br />
machen können.<br />
#WEAREUNIQUEANDUNITED<br />
Jedes Jahr im März feiert Procter<br />
& Gamble seine Equality&Inclusion<br />
Woche – in diesem Jahr wurde daraus<br />
ein ganzer Monat unter dem Motto<br />
#WeAreUniqueAndUnited. Mitarbeitende<br />
aus verschiedenen Netzwerken haben<br />
Workshops, Vorträge und Mitmach-<br />
Aktionen organisiert mit dem Ziel, das<br />
Bewusstsein für Vielfalt zu fördern, für<br />
dieses Thema weiter zu sensibilisieren und<br />
Bias zu reduzieren. GABLE nutzt die Veranstaltungen,<br />
um Informationen zu seinen<br />
Zielen im Unternehmen vorzustellen, um<br />
neue Mitglieder zu finden und als Allies<br />
auszubilden.<br />
CAN’T CANCEL PRIDE<br />
Zusätzlich unterstützt das Netzwerk<br />
Procter & Gamble dabei, sich auch extern<br />
und weltweit gegen die Diskriminierung<br />
der LGBTQ+-Community einzusetzen,<br />
beispielsweise durch die Organisation<br />
der Hilfsaktion „Can’t Cancel Pride“<br />
mit iHeartRadio während der Corona-<br />
Pandemie zur Unterstützung betroffener<br />
LGBTQ+-Gemeinschaften oder durch<br />
verschiedene LGBTQ-zentrischen<br />
Marketing-Kampagnen.<br />
AUSZEICHNUNGEN<br />
Im letzten Jahr war das GABLE-Netzwerk<br />
von P&G einer der Prout At Work-Award-<br />
Gewinner in der Kategorie GLOBAL<br />
LEADER NETWORK. Diese Würdigung<br />
bezog sich auf diverse Aktivitäten, wie<br />
der Produktion einer Film-Trilogie zur<br />
Unternehmensgeschichte im Hinblick<br />
auf LGBTQ+ -Inklusion. Die Filme,<br />
die in Zusammenarbeit mit CNN<br />
entstanden sind, erhielten internationale<br />
Auszeichnungen.<br />
Vor wenigen Wochen hatte P&G einen<br />
weiteren Grund zum Feiern: Das Unternehmen<br />
wurde mit dem PRIDE Champion<br />
Arbeitgebersiegel in Silber ausgezeichnet.<br />
Dieses wird von der UHLALA Group vergeben<br />
und steht für eine offene, inklusive<br />
und wertschätzende Unternehmens- oder<br />
Organisationskultur. Das Siegel ist nicht<br />
käuflich und kann nur durch Nachweise<br />
und eine Prüfung in Form des PRIDE<br />
Audits erhalten werden.<br />
P&G freut sich über viele Bewerber:innen<br />
aus der LGBTQ+-Community. Offene<br />
Stellenangebote sind hier zu finden:<br />
www.pgcareers.com
INTERVIEW<br />
Die Sprache der Liebe entschlüsselt?<br />
GESELLSCHAFT<br />
FOTO: ELITE CONTACTS<br />
Anita G. und ihr Sohn Philipp Schwarzenberg<br />
bezeichnen sich mit einer<br />
angemessenen Portion Stolz als Partnervermittler.<br />
Wir trafen Philipp in Berlin und<br />
hatten viele Fragen – denn er weitete das<br />
Geschäft mit der Partnerschaftsvermittlung<br />
auf die Liebe Homo-sexueller aus.<br />
Wie kam es denn dazu?<br />
Meine ersten Berührungspunkte mit homosexuellen<br />
Paaren waren glückliche Männer in<br />
langfristige Partnerschaften. Für mich war es<br />
damals klar, dass da einfach ein Mann einen<br />
Mann liebt und mit ihm zusammen ist. Erst<br />
heute ist mir vollumfänglich bewusst, dass<br />
das Thema offene Homosexualität damals<br />
nicht so einfach war. In den 2010ern wurde<br />
Liebe zu einem Konsumgut und unzählige<br />
Menschen machten sich auf die Suche<br />
nach einem kurzfristigen (gemeinsamen)<br />
Endorphinrausch. Zurückzuführen ist<br />
dies auf unsere Gesellschaft selbst, dem<br />
menschlichen Streben nach Perfektion<br />
sowie dem Trend der Digitalisierung durch<br />
Smartphones und Apps. Das was wir dort<br />
finden, ist aber etwas völlig anderes als das<br />
sich in einer langfristigen Partnerschaft<br />
entwickelnde Wir-Gefühl. Ich betone das<br />
immer wieder: Egal, wer wen liebt, der<br />
Kern des Ganzen und damit auch unserer<br />
Arbeit, ist die Sprache der Liebe. Die hat mit<br />
Hormonen und Geschlechtern erst einmal<br />
nichts zu tun.<br />
Es gibt moderne Formen von<br />
Partnerschaften jenseits dem<br />
„Standardmodell“ Zweierbeziehung.<br />
Kommen auch zum Beispiel polyamore<br />
Menschen zu euch?<br />
Es ist spannend, wie sich der Mensch in<br />
dieser Beziehung weiterentwickelt hat.<br />
Das Gros unserer Klientel ist jedoch nach<br />
wie vor auf der Suche nach einer stabilen<br />
Zweierbeziehung mit den klassischen<br />
Parametern Treue, Wir-Gefühl, Vertrauen<br />
und emotionaler Identifikation.<br />
Bemerkenswert finde ich, dass sich die<br />
Wünsche und Ziele von heterosexuellen<br />
und homosexuellen<br />
Singles<br />
in vielerlei Hinsicht<br />
gleichen. Was mich auch noch<br />
mal zu dem Satz bringt, dass es nicht<br />
darum geht, wer wen liebt, sondern um<br />
die Sprache der Liebe.<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
www.elite-contacts.com<br />
Das ganze Interview findet ihr auf<br />
www.männer.media.<br />
#Diversity<br />
#Inventingforlove<br />
MSD.PARTNER.HIV.<br />
DE-NON-01778<br />
Auf MSD Gesundheit finden Sie Informationen zu HIV: http://m.msd.de/rwQ<br />
MSD Sharp & Dohme GmbH, Lindenplatz 1, 85540 Haar<br />
www.msd.de
GESUNDHEIT<br />
Welchen Einfluss eine<br />
HIV-Therapie im Alltag hat<br />
Mit HIV kann man heutzutage ein<br />
gesundes und langes Leben führen.<br />
Dennoch kann die Diagnose ein einschneidendes<br />
Ereignis sein und viele neue<br />
Fragen aufwerfen. Eine davon ist, wie man<br />
die HIV-Therapie nun bestmöglich in den<br />
eigenen Alltag integrieren kann.<br />
Das erste, woran viele dabei denken, sind<br />
klassische Einnahmevorschriften – wie<br />
zum Beispiel die Einnahme zum Essen. Bei<br />
der modernen HIV-Therapie sind solche<br />
strikten Vorschriften mittlerweile eher<br />
Ausnahme als Regel.<br />
HERAUSFORDERUNG ARBEITSALLTAG<br />
Es gibt aber auch einige Punkte, die<br />
man vielleicht nicht gleich im Kopf hat.<br />
Beispielsweise spielt der Arbeitsrhythmus<br />
eine wichtige Rolle: Wenn man geregelte<br />
Arbeitszeiten hat, lässt sich die täglich<br />
etwa zeitgleiche Einnahme der Medikamente<br />
deutlich leichter planen, als wenn<br />
man in einem Beruf mit Schichtdienst<br />
arbeitet. Selbst mit geregelten Arbeitszeiten<br />
kann es zu Herausforderungen im<br />
Arbeitsalltag kommen, etwa wenn eine<br />
Dienstreise mit Zeitverschiebung ansteht.<br />
DIE FREIZEIT GESTALTEN<br />
Auf die Wahl der Freizeitaktivitäten hat<br />
eine HIV-Therapie so gut wie keinen<br />
Einfluss. Dennoch gibt es für HIV-positive<br />
Menschen einige Punkte zu beachten,<br />
um eine erfolgreiche Behandlung<br />
sicherzustellen: Natürlich sollte man bei<br />
Ausflügen immer daran denken, seine<br />
Medikamente mit einzupacken, falls<br />
es mal später wird. Aber auch Hobby-<br />
Sportler*innen sollten bei der Einnahme<br />
von Nahrungsergänzungsmitteln, um zum<br />
Beispiel den Muskelaufbau zu fördern,<br />
im Hinterkopf behalten: Nahrungsergänzungsmittel<br />
können Wechselwirkungen<br />
mit HIV-Medikamenten verursachen, die<br />
im ungünstigsten Fall den Therapieerfolg<br />
gefährden.<br />
MUSS MAN SICH ALSO MIT HIV<br />
EINSCHRÄNKEN?<br />
Natürlich ist das jetzt nicht gleich ein<br />
Grund, um mit dem Sport aufhören. Man<br />
sollte allerdings mit seinem/r Ärzt*in<br />
darüber sprechen, was es zu beachten<br />
gilt. Das ist wichtig, um auch mit HIV-<br />
Therapie den bisherigen Lebensrhythmus<br />
beibehalten und vor allem die eigene<br />
Lebensqualität hochhalten zu können.<br />
Nur weil man HIV-positiv ist, muss sich<br />
also nicht gleich der gesamte Alltag<br />
ändern.<br />
VERÄNDERUNGEN IM BLICK BEHALTEN<br />
Viele Dinge im Alltag verändern sich ja<br />
meist nicht über Nacht, sondern Stück für<br />
Stück. Diese oft unbemerkten Veränderungen<br />
sollte man im Blick behalten, denn<br />
sie können zu Reibungspunkten mit der<br />
HIV-Therapie führen. Gerade in solchen<br />
Situationen ist ein offenes Gespräch mit<br />
dem/r Ärzt*in sehr wichtig.<br />
HIV ZU EINEM KLEINEN TEIL IM<br />
LEBEN MACHEN<br />
Es kann manchmal herausfordernd<br />
sein, die eigene HIV-Therapie in den<br />
persönlichen Tagesablauf zu integrieren.<br />
Manchmal liegt das auch daran, dass die<br />
momentan eingenommenen Medikamente<br />
plötzlich nicht mehr in den eigenen<br />
Alltag passen.<br />
Es gibt für jeden Lebensrhythmus eine<br />
geeignete individuelle Therapie. Wenn man<br />
diese gemeinsam mit seinem/r Ärzt*in für<br />
sich findet, wird HIV dadurch zu einem<br />
kleineren Teil im eigenen Leben.<br />
Weitere Infos sowie persönliche Geschichten<br />
zum Leben mit HIV findest<br />
du unter www.livlife.de.<br />
Unterstützt von ViiV Healthcare
SCHLAU ZU HIV<br />
Warum du an der IAS<br />
teilnehmen solltest<br />
Der alle zwei Jahre stattfindende<br />
Kongress der IAS (International<br />
AIDS Society) ist die weltgrößte<br />
offene wissenschaftliche Konferenz<br />
zum Thema HIV/Aids.<br />
Ihre 11. Ausgabe findet vom<br />
18. bis 21. Juli in Berlin und<br />
erstmals auch online statt. Also<br />
ist die Konferenz sogar aus dem<br />
heimischen Wohnzimmer heraus<br />
bequem zu besuchen.<br />
DAS PROGRAMM<br />
Fast alle namhaften Akteure<br />
im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit<br />
werden die<br />
neuesten Erkenntnisse vorstellen<br />
und die dringendsten aktuellen<br />
Themen erörtern. Aufgeteilt in<br />
vier Themenblöcke.<br />
Im Block Grundlagenforschung<br />
wird unter anderem über<br />
den Stand der Forschung zur<br />
Regulierung und Heilung der HIV-<br />
Reservoirs diskutiert. Außerdem<br />
soll über den Einfluss von<br />
Geschlecht und Bevölkerungsdiversität<br />
auf die Bekämpfung des<br />
Virus gesprochen werden.<br />
Der Block klinische Wissenschaft<br />
hält eine für unsere Kernleserschaft<br />
sicher besonders interessanten<br />
Thematik vor: HIV und<br />
sexuell übertragbare Krankheiten.<br />
Es geht aber ausnahmsweise<br />
nicht um die Aufforderung,<br />
regelmäßig zum Test zu gehen,<br />
sondern um das Ausloten von<br />
Möglichkeiten, aus der HIV-<br />
Therapie für den Umgang mit<br />
Antibiotika-Resistenzbildungen<br />
zu lernen.<br />
Mehr Informationen zum<br />
Programm und zur Anmeldung<br />
unter ias<strong>2021</strong>.org!<br />
„<br />
GESUNDHEIT<br />
Die Konferenz der<br />
„International<br />
Aids Society“,<br />
kurz IAS ist<br />
neben der<br />
„Conference<br />
on Retroviruses<br />
and Opportunistic<br />
Infections“<br />
(CROI) die wichtigste<br />
internationale Konferenz zu<br />
HIV, bei der Wissenschaftler<br />
aus aller Welt Ergebnisse aus<br />
Grundlagenforschung und<br />
Studien präsentieren.<br />
Siegfried Schwarze, Aids-Aktivist<br />
und Vorstand Projekt Information e.V.<br />
(www.projektinfo.de)<br />
“<br />
# HIVersity<br />
Weil wir mehr sind als nur HIV-positiv: LiVLife.de<br />
NP-DE-HVU-ADVT-200009-11/2020
FILM<br />
INTERVIEW<br />
JAKOB M.<br />
ERWA:<br />
„Da habe ich<br />
viel von mir und<br />
meiner Welt<br />
hineingepackt“<br />
Panische Menschen, dichter Rauch<br />
und ein Meer an Einsatzkräften:<br />
Was für ein Unglück hat sich am Münchner<br />
Hauptbahnhof ereignet? Diesem Ereignis<br />
geht die brandneue Coming-of-Age-Serie<br />
„Katakomben“ auf den Grund.<br />
Jakob, „Katakomben“ ist Ihr erstes<br />
Projekt seit dem Kinofilm „Die Mitte<br />
der Welt“. Wie kam es dazu?<br />
Nach der Verleihung des Bayerischen<br />
Filmpreises, den ich für „Die Mitte der<br />
Welt“ bekommen habe, haben mich die<br />
Jungs von der Produktionsfirma NEUE-<br />
SUPER angesprochen. Die mochten, was<br />
ich da auf der Bühne gesagt hatte, und<br />
fragten, ob wir nicht einmal zusammen<br />
ein Projekt entwickeln wollen. So habe ich<br />
dann angefangen, mit Florian Kamhuber<br />
an einer Geschichte über moderne Liebe<br />
zu arbeiten, an der wir auch nach wie<br />
vor noch dran sind. Doch irgendwann<br />
kam uns „Katakomben“ in die Quere,<br />
weil Flo einen Zeitungsartikel über das<br />
Tunnelsystem unter München gelesen<br />
hatte und mich fragte, ob wir nicht schnell<br />
mal eine Geschichte dazu pitchen wollen.<br />
Wir haben uns dann drei Tage in Berlin<br />
eingeschlossen, einen groben Plot überlegt<br />
und die Figuren entwickelt.<br />
Entstanden ist jetzt eine spannende<br />
Mischung aus Coming-of-Age-<br />
Geschichte und Sozialdrama mit<br />
Gruselthriller-Elementen ...<br />
Geschichten über junge Menschen finde<br />
ich immer cool, denn über die sogenannte<br />
First-Life-Krise kann man einfach spannende<br />
Sachen erzählen. Aber besonders<br />
interessant an unserer Idee fand ich<br />
tatsächlich die soziale Komponente. Das<br />
ist schließlich schon eine perfide Sache.<br />
München ist einerseits diese schicke,<br />
cleane, teure Stadt, in der es immer heißt,<br />
dass es kein Drogenproblem gibt. Doch<br />
andererseits gibt es eben diese Katakomben,<br />
wo plötzlich eine Grauzone und<br />
all die Leute akzeptiert werden, die oben<br />
das saubere Stadtbild zerstören würden.<br />
Also Drogensüchtige, Obdachlose oder<br />
Sexarbeiter*innen. Das fand ich heftig. Und<br />
ich wollte unbedingt einen Weg finden,<br />
diese beiden Welten aufeinanderknallen zu<br />
lassen und – bei aller Unterhaltung – etwas<br />
Kritisches über unsere Gesellschaft zu<br />
erzählen.<br />
War von Anfang an klar, dass Sie<br />
die Geschichte als Serie erzählen<br />
wollen?<br />
Ja, das war tatsächlich von Anfang an klar.<br />
Da habe ich nie drüber nachgedacht, ob<br />
man auch einen Film draus hätte machen<br />
können. Mich hat diese Art des Erzählens<br />
eh interessiert, und ich habe auch andere<br />
serielle Ideen, an denen ich arbeite. Schon<br />
damals in Österreich habe ich nach meinem<br />
ersten Film „Heile Welt“ eine kleine<br />
Miniserie gemacht: „Tschuschen:Power“.<br />
Ich finde das Format einfach toll, weil man<br />
viel länger und kleinteiliger erzählen und<br />
sich tiefer auf Figuren einlassen kann.<br />
Aber nicht zu früh freuen – ich werde auch<br />
weiterhin Filme drehen. Hahaha.<br />
Gibt es unter den vielen Figuren der<br />
Serie welche, die Ihnen besonders<br />
am Herzen liegen?<br />
Janosch, der queere Influencer und beste<br />
Freund der Protagonistin, ist auf jeden Fall<br />
eine Figur, die mir sehr wichtig und nah<br />
ist. Da habe ich viel von mir und meiner<br />
Welt hineingepackt. Und an ihm Fragen<br />
von Zugehörigkeit, Entwurzelung und dem<br />
Zwiespalt, zwischen mehreren Welten<br />
zu stehen, durchgespielt, die man nicht<br />
zuletzt als queerer Mensch kennt. Mir war<br />
sehr wichtig, dass er nicht nur schillernd<br />
ist, sondern auch eine echte Breite und<br />
Tiefe bekommt. Aus der eher oberflächlichen<br />
Figur am Anfang wird schließlich<br />
eine ganz traurige, feine und suchende.<br />
Mit der ActOut-Aktion und<br />
dem zugehörigen Manifest<br />
hatten kürzlich 185 deutsche<br />
Schauspieler*innen ihr öffentliches<br />
Coming-out. Wie fanden Sie das?<br />
Das war ein ganz großer, längst<br />
überfälliger Schritt. Ich habe darüber<br />
mit vielen Kolleg*innen vor und hinter<br />
der Kamera in den letzten Jahren immer
FILM<br />
FOTOS: JOYN / NEUESUPER / A. UHLIG<br />
wieder gesprochen und mir genau so<br />
etwas gewünscht. Eine breite Front,<br />
die daherkommt und sagt: „Wir sind<br />
hier und wir sind überall.“ Dass man die<br />
Privatleben eines Schauspielers oder einer<br />
Schauspielerin von ihrer Arbeit trennen<br />
kann, sollte eigentlich kein Problem<br />
sein. Aber auch das ist noch lange nicht<br />
selbstverständlich, deswegen muss man<br />
immer mal wieder solche großen Bretter<br />
fahren.<br />
Es geht in diesem Kontext immer<br />
auch darum, wen man für welche<br />
Rollen besetzt. In der neuen Serie<br />
„It’s a Sin“ zum Beispiel werden alle<br />
queeren Rollen auch von queeren<br />
Schauspielern gespielt ...<br />
Ich würde das jedes Mal als Einzelfall<br />
behandeln. Ich arbeite seit Langem an<br />
einem Film mit dem Titel „Valeska“ über<br />
eine trans* Frau, den ich unter anderem<br />
deswegen noch nicht umgesetzt habe,<br />
weil ich einfach noch keine perfekte<br />
trans* Schauspielerin für die sehr herausfordernde<br />
Rolle gefunden habe. Da muss<br />
man sich dann die Frage stellen, ob ein<br />
Projekt gar nicht stattfinden soll, bloß weil<br />
man nicht „politisch korrekt“ besetzen<br />
kann? Ist das sinnvoll, wenn es gleichzeitig<br />
bedeutet, dass die entsprechenden<br />
Themen womöglich gar nicht auf der<br />
Leinwand behandelt werden? Man kann<br />
außerdem nicht unsere Situation hier im<br />
deutschsprachigen Raum mit den USA<br />
oder so vergleichen.<br />
In welcher Hinsicht?<br />
Englischsprachige Produktionen wie<br />
gerade „It’s a Sin“ haben es natürlich<br />
wesentlich leichter, alle queeren Rollen<br />
mit queeren Schauspieler*innen zu<br />
besetzen. Schon einfach, weil der Markt<br />
riesig ist – und es gleichzeitig sehr viel<br />
früher Role Models gab und sich das<br />
Selbstbewusstsein entwickelt hat,<br />
dass man queer sein und trotzdem als<br />
Schauspieler*in zum Star werden kann. So<br />
weit sind wir noch nicht. Weswegen eben<br />
ActOut auch so ein Meilenstein war. Allein<br />
um zu zeigen, was für einen großen Pool<br />
an queeren Schauspieler*innen es gibt,<br />
der einem zur Verfügung steht, wenn man<br />
bewusst so besetzen und die Community<br />
stärken will.<br />
Kurz noch ein Blick zurück zu<br />
Ihrem Film „Die Mitte der Welt“,<br />
der in diesem Jahr seinen fünften<br />
Geburtstag feiert. Wie haben Sie es<br />
damals erlebt, dass der ganz große<br />
Erfolg an der Kinokasse ausblieb?<br />
Angesichts der wahnsinnig langen<br />
Entstehungsgeschichte und der Tatsache,<br />
dass die Vorlage ein Bestseller war, war ich<br />
im ersten Moment schon sehr ernüchtert<br />
und enttäuscht, dass die Sache nicht so<br />
aufgegangen ist, wie ich es erhofft hatte.<br />
Und war auch eifersüchtig auf Filme<br />
wie „Love, Simon“ und „Call Me By Your<br />
Name“, die als queere Filme groß und<br />
aufwendig vermarktet wurden und stolz<br />
riesige Banner gedruckt bekamen. Während<br />
bei unserem Film die Thematik eher<br />
versteckt wurde und man nicht wusste,<br />
wie man damit umgehen soll. Das hat<br />
mich schon sehr frustriert. Aber natürlich<br />
freue ich mich auch, dass der Film dann<br />
trotzdem noch ein kleines Eigenleben<br />
entwickelt hat. Es gibt sehr viele Leute,<br />
die den Film kennen, und denen er – so<br />
wie mir damals das Buch – irgendwie<br />
geholfen hat.<br />
Würde er heute besser laufen?<br />
Vielleicht. Gerade durch Streamer wie<br />
Netflix ist die queere Community im<br />
Moment ja wieder stärker vertreten in<br />
den Geschichten, die erzählt werden.<br />
Dadurch kommen diese Themen und<br />
Figuren in der Gesellschaft stärker an<br />
und werden selbstverständlicher. Und die<br />
Leute wollen das scheinbar sehen. Es ist<br />
traurig, das sagen zu müssen, aber wenn<br />
ich im Moment einen queeren Stoff hätte,<br />
würde ich damit vermutlich eher bei<br />
einem Streamingdienst anklopfen als bei<br />
einem Kinoverleih.<br />
*Interview: Patrick Heidmann
FILM<br />
FOTO: WARNER / HBO<br />
STREAMING<br />
SIE KOMMEN ZURÜCK<br />
Seit Ende der 1990er war die US-Serie „Sex and the<br />
City“ ein Muss für Frauen und Queers, wenn man sich<br />
auch über die zum Teil klischeehafte Darstellung der<br />
(queeren) Charaktere ärgern konnte. Trotzdem waren<br />
die Serie und die beiden Kinofilme extrem lustig und sorgten<br />
auch für den ein oder anderen Denkanstoß. Jetzt wird an der auf<br />
der Original-TV-Serie und dem Buch basierenden Nachfolgeserie<br />
„And Just Like That“ gearbeitet, so HBO Max, der Streamingdienst<br />
von Warner.<br />
Die in der weißen oberen Mittelschicht New Yorks angesiedelte<br />
Glamour-Soap ließ uns teilhaben am geselligen Leben einer<br />
Frauenclique und ihren Liebschaften. Lange bevor es Social Media<br />
gab, wurde hier kommentiert, polarisiert und gelacht. Vor allem<br />
Schauspielerin Sarah Jessica Parker wurde in Sachen Mode zur<br />
Influencerin, die auch bestens mithalten konnte, als Social Media<br />
dann den Ton angab. Waren die vier Freundinnen –Lifestyle- und<br />
Modefachfrau Carrie Bradshaw (Sarah Jessica Parker), Heimchen<br />
Charlotte York (Kristin Davis), Vamp Samantha Jones (Kim Cattrall)<br />
und Anwältin Miranda Hobbes (Cynthia Nixon) – zu Beginn<br />
der Serie in ihren 30ern, Samantha schon damals wesentlich älter,<br />
so können wir uns jetzt auf Damen freuen, die auf die sechzig<br />
zugehen. Ein wichtiger und sicherlich unterhaltsamer Kontrapunkt<br />
zum überall herrschenden Jugendwahn. Nicht mehr dabei sein<br />
wird allerdings Kim Cattrall, die vor allem in den letzten Jahren ihre<br />
Abneigung gegenüber Sarah Jessica Parker betonte.<br />
In „Sex an the City“ ging es eigentlich immer um die Suche nach<br />
der wahren Liebe in der hektischen und so extrem hippen Großstadt.<br />
Darum, den einen Mann zu finden, für intensive Stunden<br />
oder für immer. Aufs Amüsanteste unterbrochen wurde dieser,<br />
bei aller etwaigen Melancholie immer lebensfroh umgesetzte,<br />
rote Faden durch Episoden und Szenen, die mal ironisch, mal<br />
traurig das Leben in seiner manchmal abstrusen Art abbildeten.<br />
Gaststars waren unter anderem Bradley Cooper, Liza Minnelli,<br />
Matthew McConaughey, Heidi Klum, Alanis Morissette und auch<br />
David Duchovny. Und Dido sang im Soundtrack. *rä<br />
Funfact: Donald Trump hatte ebenfalls einen Cameo-Auftritt in<br />
„Sex and the City“. Gottlob nur kurz. Aber wo war er nicht?<br />
FOTOS: ITV STUDIOS<br />
SERIE<br />
Ausgezeichneter Serienspaß:<br />
„Schitt’s Creek“<br />
Die kanadische Serienproduktion „Schitt’s Creek“ ist nicht nur extrem erfolgreich,<br />
diese humorvolle Gesellschaftssatire zeigt auch, wie man queere Charaktere<br />
sinnvoll und nicht nur als „skurrile Minderheit“ einsetzen kann. Dafür gab es zum<br />
Beispiel den „GLAAD Media Award für herausragende Comedy-Serien“.<br />
Autor, Regisseur und Schauspieler Daniel Levy, der gemeinsam mit seinem Vater<br />
Eugene die Idee zur Serie hatte und auch als David und Johnny Rose zum Hauptcast<br />
gehören, war dann auch sehr gerührt: „Ich möchte unseren Fans danken, die eine<br />
Bewegung für das Gute geschaffen haben [...] Wir lieben euch alle. Ich kann mir keine bessere<br />
Fanbase vorstellen – Menschen, die für die Botschaft unserer Serie einstehen, für Liebe, für<br />
Akzeptanz und dafür, füreinander da zu sein. Die queeren Charaktere zu kreieren, war die größte<br />
Freude meines Lebens [...] Diese Serie zu machen, war sechs Jahre lang mein absolutes Glück.“<br />
Die Serie erzählt von einer einst reichen, dann verarmten Familie, die dorthin ziehen muss, wo sie noch<br />
Besitz hat: in ein Motel nach Schitt’s Creek. Die exzentrische Großstadtfamilie Rose muss sich fortan<br />
mit Rednecks und Dorfturbulenzen rumschlagen. Schreiend komisch! *rä
meine<br />
gay<br />
cruise<br />
Gran Canaria - Madeira -<br />
Lanzarote - La Palma - Gomera -<br />
Gran Canaria FEBRUAR 2022<br />
Alle neuen Infos im Newsletter unter<br />
www.mcruise.de/newsletter
MUSIK<br />
INTERVIEW<br />
MARCELLA<br />
ROCKEFELLER<br />
Seit über zehn Jahren ist Marcella in<br />
der Szene und auch in den Medien<br />
eine feste Größe. Was sie so besonders<br />
macht, ist, dass sie eine Sängerin ist. Wir<br />
sprachen mit La Rockefeller über ihr erstes<br />
Album, Céline Dion, Rosenstolz und Drag.<br />
Ein großer Einfluss war Rosenstolz.<br />
Ja, ich fand das schon immer extrem<br />
verblüffend, wie diese Texte mein Leben<br />
repräsentiert haben. Zum Beispiel „Wenn<br />
Du jetzt aufgibst“, was habe ich dieses<br />
Lied nächtelang gehört, weil ich dachte,<br />
es geht nicht mehr! Aber die Botschaft<br />
ist: Du hast schon einen Riesenberg hinter<br />
dir, du schaffst es. Diese Ehrlichkeit der<br />
Texte!<br />
Ein gutes Stichwort. Ist Ehrlichkeit<br />
in der Musik wichtiger als Glamour<br />
und Show?<br />
Nun, ich sage mal so: Showbusiness ist<br />
eben Show. Aber ich bin einfach eine<br />
sensible Seele, die sehr viel Wert darauf<br />
legt, dass Texte etwas ausdrücken, womit<br />
man sich identifizieren kann. Oft hatte<br />
ich etwas „Angst“, Stars kennenzulernen,<br />
weil sich mitunter rausstellte, dass die gar<br />
nicht so cool sind, dass da mehr Show<br />
als Sein war … Und bei Peter und Ulf (von<br />
Rosenstolz, Anm. d. Red.) ist das genau<br />
das Gegenteil, da steht SO viel mehr<br />
hinter der Musik.<br />
Glaubst du, dass deine perfekte<br />
Optik deiner „handgemachten“<br />
Musik im Weg steht? Oder dass du<br />
eine Dragqueen bist?<br />
Ich mache mir aus der Erscheinung<br />
überhaupt nichts. Aber ich habe<br />
schon vor zwölf Jahren gemerkt, dass<br />
Marcella ein viel größeres Sprachrohr<br />
für mich ist, als wenn ich als Marcel<br />
stehe und singe. Ich habe diesen Weg<br />
und dass ich dieses Album machen<br />
konnte, Marcella zu verdanken! Wenn<br />
eine Dragqueen singt oder auf der Bühne<br />
steht, dann schauen die Leute … Es ist<br />
einfach schön, bei jungen Leuten, bei<br />
Kindern, dieses Leuchten in den Augen<br />
zu sehen. Ich bin es aber auch gewohnt,<br />
von manchen Menschen Abneigung zu<br />
erfahren. Authentischer als Marcella<br />
kann ich nicht sein.<br />
Glaubst du, es ist heute einfacher als<br />
vor zehn Jahren, als Dragqueen ernst<br />
genommen zu werden?<br />
Ich muss sagen, dass ich selbst immer<br />
wieder überrascht bin, wie ernst ich<br />
genommen werde. Aber dafür kämpft<br />
man ja als Musiker. Das macht mich<br />
unendlich glücklich. Ich bin ja kein<br />
Clown, der Stimmung macht! Meine<br />
Musik ist auch nicht Drag-typisch, ich<br />
breche die Erwartungen der Leute, die<br />
Elektronisches oder Lady Gaga erwarten.<br />
Ich mache melancholische Musik, aber<br />
keine depressive …<br />
Wie ist das Album entstanden?<br />
Warst du in Drag?<br />
Nein, ich habe die Lieder als ungeschminkter<br />
Mann aufgenommen. (lacht)<br />
Wobei, manchmal hatte ich tatsächlich
„Das hätten<br />
noch 100<br />
mehr werden<br />
können“<br />
MUSIK<br />
eine Perücke auf, wenn wir danach noch<br />
etwas gedreht haben. Entstanden ist<br />
es mit Elias Kunz in Hannover, der zwar<br />
etwas jünger als ich, aber auch eine<br />
„alte Seele“ ist. Wir haben einige Songs<br />
von Rosenstolz und von Peter Plates<br />
Soloplatte überarbeitet. 2020 hatten wir<br />
„Der größte Trick“ rausgebracht, eigentlich<br />
war das nur ein Projekt, nachdem mich<br />
Peter Plate zuvor auf Instagram mit<br />
Sarah Connors „Vincent“ entdeckt hatte.<br />
Dann kam „Der blaue Sonntag“ … Das hat<br />
alles so Spaß gemacht, dass Peter mir<br />
vorschlug, ein ganzes Album zu machen.<br />
Wir hatten so viele Ideen … Das hätten<br />
noch 100 Lieder mehr werden können.<br />
Verzeih mir das Wort: „Verstellst“ du<br />
deine Stimme beim Singen?<br />
Alles gut, ich weiß, was du meinst. Heute<br />
mache ich das nicht mehr. Tatsächlich<br />
habe ich aber früher gedacht: „Ich muss<br />
die Höhen von Céline Dion treffen, egal,<br />
wie beschissen das nachher klingt.“ Ich<br />
habe lange versucht, meine Stimme<br />
zu verstellen, heute bin ich bei meiner<br />
Stimme angekommen und fühle mich<br />
sehr wohl so, wie ich singe.<br />
Welches Lied sollte ein hektischer<br />
Spotify-Hörer mal anhören, um<br />
einen guten Eindruck vom Album zu<br />
erhalten?<br />
Hm, ich würde „Die Liebe kennt mich<br />
nicht“ empfehlen, jeder hatte schon mal<br />
das Gefühl, dass man an den Falschen<br />
geraten ist, der es nicht gut mit einem<br />
meint. Einfach eine wunderschöne<br />
Nummer, und „Lass sie reden“, im Original<br />
von Rosenstolz.<br />
FOTOS: MIRKO PLENGEMEYER<br />
Findest du deine Version besser?<br />
Ich würde mich nie mit AnNa R. oder<br />
Rosenstolz messen. Ich kann es nicht<br />
vergleichen, ich möchte es auch nicht.<br />
Meine Follower kennen die Lieder im<br />
Original nicht, sie folgen mir, weil ich bin,<br />
wie ich bin. Und ich freue mich, dass ich<br />
einer neuen Generation die Message<br />
von Rosenstolz, von Peter, AnNa und Ulf,<br />
weitergeben kann.<br />
Du bist ein sensibler Mensch. Ist<br />
dann der Beruf im Showbusiness<br />
eine Mutprobe?<br />
Ich habe schon viel Schlimmes gelesen,<br />
vor allem damals beim „Supertalent“, die<br />
Kommentare kann man ja heute noch<br />
lesen. Es ist mir eigentlich relativ egal.<br />
Was mich damals getroffen hat, ist, dass<br />
es meine Mutter getroffen hat, sie hatte<br />
mich auf Facebook verteidigt … Ich habe<br />
einen extrem festen und lieben Inner<br />
Circle im Freundeskreis, auch Peter und<br />
Ulf stehen voll und ganz hinter mir. Diese<br />
Unterstützung stärkt. Aber ich war zwölf<br />
Jahre lang Dragqueen, ich habe eine harte<br />
Schule hinter mir! (lacht)<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
www.facebook.com/<br />
MarcellaRockefellerOfficial
MUSIK<br />
NACHGEFRAGT<br />
OWEN<br />
FOTO: YUULA BENIVOLSKI<br />
PALLETT<br />
„Es ist so wichtig,<br />
mit Fremden zu<br />
reden“<br />
Es hat lange gedauert, bis Owen<br />
Palletts neustes Album „Island“<br />
erscheinen konnte – der Vorgänger „In<br />
Conflict“ stammt immerhin schon aus<br />
dem Jahr 2014. Woran es lag? Zum Großteil<br />
an ihm selbst.<br />
Der Kanadier, der seine ersten Schritte<br />
unter dem Namen Final Fantasy gemacht<br />
hat und mittlerweile für seine Arbeit mit<br />
Arcade Fire mit einem Grammy ausgezeichnet<br />
wurde, hat einfach viel zu tun.<br />
Ob Arrangements für Frank Ocean und<br />
Christine and The Queens, Taylor Swift<br />
oder die Pet Shop Boys oder die zahlreichen<br />
Aufträge für Filmmusik. Es dauerte<br />
einfach. „Dabei habe ich gar nicht hart<br />
an dem Album arbeiten müssen, es kam<br />
schnell zusammen. Sehr schnell. Es hat<br />
sich nur lange hingezogen aufgrund all der<br />
anderen Projekte.“ Selbst die Aufnahmen<br />
mit dem London Contemporary Orchestra<br />
in den Abbey Road Studios waren kein<br />
Drama. „Das war ein symbiotisches<br />
Verhältnis. Und es ist auch einfach meine<br />
Aufgabe als Arrangeur, so zu schreiben,<br />
dass man mich versteht.“<br />
Zu seiner eigenen Überraschung setzt<br />
Owen auf „Islands“ eine Geschichte fort,<br />
die er mit seinem Solodebüt „Heartland“<br />
2010 begonnen hat, und die von einem<br />
Mann namens Lewis und seinem Ringen<br />
mit einem Gott namens Owen handelt –<br />
und die am Ende des neuen Albums dazu<br />
führt, dass Lewis in den Weltraum gefickt<br />
wird („Lewis Gets Fucked Into Space“<br />
heißt dieses Lied dann auch bestechend<br />
direkt). Erst als Owen mit dem Album<br />
fast durch war, spürte er, wie gut er mit<br />
diesen dunklen, intensiven Liedern Lewis’<br />
Story fortsetzen konnte. „Ich hatte die<br />
meisten Lyrics fertig, als mir auffiel, dass<br />
es Sinn ergibt, wenn die Songs in sein<br />
Narrativ eingepasst werden.“ Jetzt weiß<br />
Owen auch, dass es irgendwann ein drittes<br />
Album um diesen eigenartigen Charakter<br />
geben wird, selbst wenn es unsicher ist,<br />
wann es kommt. Bis dahin schwebt Lewis<br />
einfach weiter im Weltraum umher.<br />
Doch selbst so eine eigenartige Handlung<br />
wie diese hat es schwer, mit unserer<br />
Realität zu konkurrieren, denn es waren<br />
auch für Owen Pallett sehr eigenartige<br />
zwölf Monate. „Dabei hat sich mein<br />
Leben weniger als das Leben anderer<br />
Menschen geändert. Ich habe wie immer<br />
zu Hause gearbeitet, mein Studio ist ja<br />
auch hier. Irgendwo war es zwar schon<br />
enttäuschend, nicht auf Tour zu sein –<br />
andererseits war ich aber auch seit 2017<br />
nicht mehr unterwegs.“ Was Owen am<br />
meisten berührt, ist, wie sich die Pandemie<br />
auf seine Freunde, Familie und Liebhaber<br />
auswirkt: „Sie sind so gestresst, so einsam.“<br />
Owen selbst fehlt es vor allem, neue<br />
Menschen zu treffen. „Es ist so wichtig,<br />
mit Fremden zu reden, für dich, für dein<br />
Gehirn. Bei mir in Toronto begegne ich<br />
normalerweise immer neuen Leuten.“<br />
Inwieweit sich das alles auch auf ihn<br />
auswirkt, kann er kaum sagen, er weiß nur,<br />
dass er in diesen Monaten nichts Neues<br />
geschrieben hat, „ich fühlte mich nicht<br />
so. Aber ich habe Aufträge gesucht und<br />
viele gefunden.“ Doch vor allem hat er die<br />
Zeit genutzt, um an seinem Instrument<br />
zu üben, der Violine. „Ich bin richtig gut<br />
geworden!“, sagt er, obwohl er sie bereits<br />
seit dem dritten Lebensjahr spielt und<br />
am Anfang seiner Karriere gerade für sein<br />
Geigen berühmt wurde. Doch jetzt habe er<br />
ein ganz neues Niveau erreicht, berichtet<br />
er stolz. „Wenn ich wieder auf der Bühne<br />
bin, werde ich richtig spektakulär sein.<br />
Diese Wochen waren wie musikalische<br />
Push-ups für mich. Allerdings“, lacht er,<br />
„habe ich dafür keine echten gemacht.<br />
Ich bin in einer schlechteren körperlichen<br />
Verfassung als jemals zuvor in meinem<br />
Leben!“ Und er klingt dabei nicht, als würde<br />
ihm das Sorgen bereiten. *fis
MUSIK<br />
TIPP<br />
Ungewöhnlich:<br />
Charlotte Cardin<br />
Hier ist es also, das Debütalbum der kanadischen Sängerin:<br />
„Phoenix“. Für sie sei das stimmige Werk eine Befreiung<br />
gewesen, „und wenn andere sich damit ebenfalls von Druck<br />
und Erwartungen befreien können“, habe es seinen Zweck<br />
erfüllt. Ganz wunderbarer Pop mit Kanten, Ecken und<br />
Melodien einer großen<br />
Singer-Songwriterin mit<br />
starker und wandlungsfähiger<br />
Stimme. Unsere<br />
Anspieltipps sind<br />
„XOXO“, „Meaningless“<br />
sowie „Je quitte“ und<br />
„Passive Aggressive“. *rä<br />
JAZZ<br />
ERIK LEUTHÄUSER:<br />
„Gegen jede Art von<br />
Depression hilft ja<br />
bekanntlich Lachen“<br />
Der queere Sänger ist einer DER Geheimtipps der Jazz-<br />
Welt. Sein kommendes Album nimmt sich des Œuvre<br />
eines weniger bekannten US-Songwriters an: Kent<br />
Carlson.<br />
Über sein neues Album „In The Land of Kent Carlson“<br />
verrät der Künstler: „Kents Song-Lyrics erinnern mich<br />
manchmal an die Direktheit und den Witz eines Dave<br />
Frishberg oder Bob Dorough.“ In der Tat: Doppeldeutige<br />
oder ungewöhnliche Geschichten scheinen in den Texten<br />
immer durch. Etwa bei „The Obsessing-on-my-Baby<br />
Blues“, darüber verrät Erik Leuthäuser: „Er erzählt von<br />
einer Zeit, in der man die besessene Verrücktheit nach<br />
einer Person noch durchaus poetisch als Krankheit<br />
bezeichnen konnte, die einem den ,Blues‘ gibt. Aber<br />
gegen jede Art von Depression hilft ja bekanntlich<br />
Lachen. Und lachen musste ich zahlreich beim Lernen<br />
dieses fast schon absurden Textes.“ „Alle Songs von Kent<br />
haben die Zeitlosigkeit von Jazzstandards gemischt mit<br />
tollen authentischen Texten. Bei ,You Never Have to Say<br />
(I Love You)‘ speziell schätze ich sehr die Message: Liebe<br />
braucht keine vielen Worte. Love is action!“ Das Album,<br />
übrigens eingespielt<br />
mit dem Pianisten<br />
Wolfgang Köhler, soll<br />
am 11. <strong>Juni</strong> erscheinen.<br />
*rä<br />
www.facebook.com/<br />
erikleuthaeuserpage,<br />
erik-leuthaeuser.de<br />
IM NAMEN DER LIEBE TOUR 2022<br />
MIT<br />
NEUEN HITS<br />
UND<br />
GROSSEN<br />
KLASSIKERN<br />
NACHHOLTERMIN<br />
22.04. NÜRNBERG<br />
26.04. MÜNCHEN<br />
27.04. KÖLN<br />
29.04. BERLIN<br />
30.04. FRANKFURT<br />
AM MAIN<br />
DAS NEUE ALBUM „IM NAMEN DER LIEBE“ JETZT ÜBERALL!<br />
TICKETS unter:<br />
www.eventim.de<br />
09.05. DRESDEN<br />
11.05. LEIPZIG<br />
12.05. HANNOVER<br />
13.05. HAMBURG<br />
15.05. BOCHUM
MUSIK<br />
INTERVIEW<br />
JENDRIK:<br />
Auf einmal ist er da: Jendrik Sigwart,<br />
26 Jahre alt, Hamburger und von<br />
Beruf Musicaldarsteller, war ein komplett<br />
unbeschriebenes Blatt, als er im Februar<br />
von der zuständigen Jury zum deutschen<br />
Teilnehmer am diesjährigen Eurovision<br />
Song Contest am 22. <strong>Mai</strong> in Rotterdam<br />
auserkoren wurde. Sein federleicht<br />
klingender Popsong „I Don’t Feel Hate“<br />
geht ohne Umwege in die Ohren, hat eine<br />
sinnvolle Botschaft und eine Ukulele. Aber<br />
wer ist dieser Typ überhaupt? Am Telefon<br />
erlebten wir einen aufgeweckten, quirligen<br />
und komplett sympathischen Jendrik.<br />
Der Name Jendrik ist ziemlich<br />
ungewöhnlich. Gibt es dazu eine<br />
Geschichte?<br />
Es ist einfach so, dass meine Eltern Namen<br />
mögen, die ein bisschen besonders sind.<br />
Oder sie haben herkömmlichere Namen<br />
genommen und einfach einen Buchstaben<br />
ausgetauscht. So wie bei mir. Oder bei<br />
meinem älteren Bruder Marten. Tatsächlich<br />
habe ich in meinem gesamten Leben<br />
bisher nur einen einzigen anderen Jendrik<br />
kennengelernt.<br />
Wie viele Geschwister hast du?<br />
Vier. Die fiebern jetzt natürlich alle mit<br />
mir mit. Aber ich bin definitiv der einzige<br />
richtige Mega-ESC-Fan in der Familie.<br />
Wie sehr bestimmt die Teilnahme am<br />
Eurovision Song Contest momentan<br />
dein Leben?<br />
Tatsächlich ist mein Leben aktuell noch<br />
recht entspannt. Vorhin hatte ich sogar<br />
noch Zeit zum Playstation-Spielen.<br />
Was hast du gespielt?<br />
„Dead by Daylight“. Das ist ein Horrorspiel,<br />
das man online mit mehreren Leuten spielt.<br />
So eine Art virtuelles Versteckspiel. Mir<br />
macht das sehr viel Spaß, obwohl ich mir<br />
Horrorfilme absolut nicht angucken kann.<br />
Warum das nicht?<br />
Weil ich vor ihnen Angst habe. (lacht) Ich<br />
bin sehr schreckhaft, und einmal musste<br />
ich während eines Gruselfilms im Kino laut<br />
schreien. Ich konnte es nicht unterdrücken<br />
und habe mich ein bisschen geschämt.<br />
Obwohl du keine Horrorfilme guckst,<br />
hast du dir also doch einen angeschaut.<br />
Zwei Freunde und ich. Wir sind immer zu<br />
einer ganz bestimmten Uhrzeit ins Kino<br />
gegangen und haben dann grundsätzlich<br />
den Film ausgesucht, der als Nächstes lief.<br />
Warst du beliebt in der Schule?<br />
Innerhalb unserer Klasse war ich einer von<br />
den „coolen“ Kids, aber nach außen galten<br />
wir komplett als die Loser- und Opferklasse.<br />
Also ja und nein. Ich selbst war auch beides:<br />
der Mobber und der Gemobbte.<br />
Die Aussage deines ESC-Songs ist ja,<br />
dass du auf Hass nicht mit Gegenhass,<br />
sondern mit Gelassenheit und<br />
Mitleid reagierst. Erinnerst du dich,<br />
wann und warum du dieses Lied<br />
geschrieben hast?<br />
Als wäre es gestern gewesen! Das war im<br />
Frühsommer 2019, nachdem mich eine<br />
andere Person respektlos und von oben<br />
herab behandelt hat. Ich dachte „Was<br />
bist du für ein übler Mensch“, aber dann<br />
beschloss ich, eben nicht aggressiv auf<br />
diesen Angriff zu reagieren. Denn dadurch<br />
lernt die oder der andere nichts. Stattdessen<br />
habe ich der Person ganz ruhig gesagt,<br />
dass ich ihr Verhalten respektlos finde.<br />
Daraus ist dieser Song entstanden.<br />
Funktioniert dieses Konzept?<br />
Sehr häufig ja. Wobei es, grob gesagt, zwei<br />
Arten von Anfeindungen gibt: Auf oberflächliche<br />
Sprüche wie „Deine Frisur finde<br />
ich scheiße“ reagiere ich überhaupt nicht.<br />
So was ist mir echt egal, denn ich mag<br />
meine Frisur ja. Bei wirklich diskriminierenden<br />
Beleidigungen, bei Homophobie oder<br />
Rassismus sollte man aber etwas sagen.<br />
Man sollte dem anderen klarmachen, dass<br />
das, was er sagt, absolut falsch ist. Diesen<br />
Weg versuche ich in dem Song aufzuzeigen.<br />
Auf eine sehr unterhaltsame Weise.<br />
Klar. Ich habe „I Don’t Feel Hate“ ja auch<br />
geschrieben, um gute Laune zu verbreiten<br />
und negative Gefühle in etwas Positives zu<br />
verwandeln.<br />
Hast du persönlich Erfahrungen mit<br />
Diskriminierung gemacht?<br />
Natürlich. In letzter Zeit vor allem online.<br />
Kommentare wie „Du Schwuchtel“ gibt es<br />
immer wieder. Ich reagiere sachlich darauf<br />
und antworte: „Das verletzt mich.“<br />
*Interview: Steffen Rüth<br />
Das ganze Interview findet ihr auf<br />
männer.media. Mehr Features dieser Art<br />
gibt es auf Instagram/<strong>blu</strong>mediengruppe.
www.männer.media<br />
immer aktuell<br />
informiert
MUSIK<br />
FOTO: WARNER MUSIC<br />
NACHGEFRAGT<br />
MARINA<br />
Zoom-Interview mit Katze<br />
Marina Diamandis plagen gleich<br />
mehrere Allergien. Dauernd muss<br />
sie niesen und schniefen, sie unterbricht<br />
sogar kurzfristig das Gespräch, um sich<br />
neue Taschentücher zu holen. Weil sie<br />
nicht in Bestform ist, möchte die Sängerin<br />
während des Zoom-Interviews die Kamera<br />
lieber ausgeschaltet lassen.<br />
Auch ohne Bildübertragung kriegt man<br />
allerdings einiges von ihrem Leben in Los<br />
Angeles mit. Eigentlich wollte sie dort<br />
lediglich ihr fünftes Album „Ancient Dreams<br />
in a Modern Land“ aufnehmen und dann<br />
wieder nach London zurückkehren, doch<br />
während des ersten Lockdowns beschloss<br />
die Waliserin, ganz nach Kalifornien zu<br />
ziehen. Mit ihrer schwarzen Katze, die sich<br />
lautstark bemerkbar macht, nachdem sie<br />
aufgewacht ist. Daran ist die 35-Jährige<br />
gewöhnt, somit bringt sie das Miauen nicht<br />
gleich aus der Fassung. Sie redet völlig<br />
gelassen weiter über das Konzept ihres<br />
jüngsten Langspielers. Im Grunde sei er in<br />
zwei Teile geteilt, sagt sie: „Die erste Hälfte<br />
fokussiert sich mehr auf das Sozialkritische,<br />
dann kommen die Trennungssongs.“<br />
Zu ihnen zählt zum Beispiel „I Love You,<br />
But I Love Me More“. Mit diesem Lied<br />
verabschiedet sich Marina, die ihren<br />
Künstlernamen Marina and the Diamonds<br />
schon mit ihrer letzten Platte „Love + Fear“<br />
abgelegt hat, endgültig von ihrem Exfreund.<br />
Es knüpft musikalisch zweifellos mit seinem<br />
eingängigen Indie-Pop an das Debüt<br />
„The Family Jewels“ an – was im Übrigen für<br />
die meisten Nummern gilt. Eine bewusste<br />
Entscheidung sei das aber nicht gewesen,<br />
hält Marina dagegen: „Wahrscheinlich stellt<br />
sich dieser Sound einfach ein, wenn ich<br />
alleine schreibe.“<br />
So entstanden Ohrwürmer wie „Purge<br />
the Poison“. In dieser Powerpop-<br />
Nummer bringt Marina allerlei Themen<br />
von Rassismus über Frauenhass, #MeToo,<br />
Quarantäne und Mutter Natur bis zu<br />
Menschlichkeit aufs Tableau. „Es hat 91<br />
Botschaften“, witzelt sie. „Im Ernst: Dieser<br />
Track entstand zu Beginn der Pandemie,<br />
also in einer äußerst verwirrenden Zeit.<br />
Mein Ziel war es, Schnappschüsse des 21.<br />
Jahrhunderts einzufangen.“ Mal erinnert<br />
sie daran, wie sich Britney Spears 2007 ihre<br />
Haare abrasiert hat. Mal beschwört sie den<br />
Harvey-Weinstein-Missbrauchsskandal<br />
herauf: „Letztlich wirft dieser Song die Frage<br />
auf: Was ist eigentlich Weiblichkeit?“<br />
Die Bedürfnisse der Frauen treiben<br />
Marina auch in dem Stück „Man‘s World“,<br />
für dessen Produktion sie sich ein rein<br />
weibliches Team zur Seite stellte, um. Da<br />
spricht sie mit der Zeile „I don‘t wanna live<br />
in a man‘s world anymore“ Klartext. „Ich<br />
kämpfe jeden Tag gegen das Patriarchat“,<br />
erklärt sie. „Meiner Ansicht nach profitieren<br />
Männer von Gleichberechtigung nicht<br />
weniger als wir Frauen.“ Ginge es nach ihr,<br />
dann dürfte sich niemand über andere<br />
erheben. Insbesondere die Diskriminierung<br />
von Minderheiten wie LGBTIQ*-Bewegung<br />
geht ihr gegen den Strich. Nicht umsonst<br />
spielt sie in „Man‘s World“ auf einen Sultan<br />
an, der in seinem Land die Todesstrafe für<br />
Homosexuelle eingeführt hat. Gemeint<br />
ist Hassanal Bolkiah, ihm gehört das<br />
„Beverly Hills Hotel“ in Los Angeles. „Wie<br />
kann jemand auf der einen Seite ein<br />
wunderschönes Hotel besitzen, das bei<br />
der queeren Community extrem angesagt<br />
ist und auf der anderen Seite homophob<br />
sein“, empört sich Marina. „Ich habe gehört,<br />
dass dieser Mann in seiner Heimat Schwule<br />
zu Tode steinigen lässt.“ Nicht nur für die<br />
Künstlerin ist das ein Verstoß gegen die<br />
Menschenrechte: „Keiner sollte aufgrund<br />
seiner Sexualität verurteilt werden.“<br />
*Dagmar Leischow
POP<br />
Lana Del Rey<br />
Seit etwa zehn Jahren lässt die Sängerin uns<br />
melancholisch werden – und das auch noch<br />
genießen. Unlängst erschien ihr neues Album:<br />
„Chemtrails over the Country Club“, das einmal<br />
mehr chillen und träumen lässt. „Vielleicht war ich<br />
mit meiner Geschichte und meinen Erlebnissen,<br />
die ich in die Songs einfließen ließ, zu ehrlich? Komplexität im Pop ist immer noch verwirrend<br />
für manche Menschen. Ich habe tatsächlich aus meinem Leben berichtet, und<br />
nicht nur nichtssagende, freundliche Sommerliedchen geträllert.“ Vertonte Sehnsucht,<br />
großer Pop. Lana Del Rey (geboren am 21. <strong>Juni</strong> 1985) haucht, singt und flüstert und<br />
macht auch ihr siebtes Studioalbum „Chemtrails over the Country Club“ – erhältlich als<br />
CD, Kassette, Download und auf Vinyl – zum großen Wurf. *rä<br />
COMEBACK<br />
KLEE trotz alledem<br />
Das Kölner Pop-Duo KLEE meldet sich zurück!<br />
<strong>2021</strong> starten Suzie und Sten mit neuen Hits und<br />
dem Album „TROTZALLEDEM“ wieder durch.<br />
Gerade jetzt in der Pandemie machen sie Mut<br />
und lenken ab von den alltäglich gewordenen<br />
(Corona-)Hiobsbotschaften aus aller Welt.<br />
Über KLEE: 2002 begann die Karriere der Band mit dem Klub-Hit „Erinner dich“,<br />
einem melancholischen Rückblick auf eine Beziehung, umschmeichelt von sanften<br />
Elektrobeats. 2005 gelang KLEE dann mit dem poppigen „Gold“ der erste richtige<br />
Hit und 2008 mit „Zwei Herzen“ aus dem Album „Berge versetzen“ dann der bisher<br />
größte Wurf in Sachen Vielfalt. 2011 folgte das bis dato erfolgreichste Album „Aus<br />
lauter Liebe“. Musiziert hat die Band bereits schon ab 1997, damals nannte man sich<br />
aber noch Ralley. 2015 erschien ihr letztes Album „Hello Again“ – Platz 23 war für die<br />
neuinterpretierten Schlager drin. Unsere Anspieltipps auf „TROTZALLEDEM“ sind<br />
„Kopfüber“, „Glitzer drauf“ und „Septembernebel“. *rä<br />
www.kleemusik.de<br />
EURODANCE<br />
Retro-Freuden<br />
auf Platte<br />
In den 1990ern gab es unzählige Musikprojekte,<br />
die mit wechselnden Sängerinnen sowie von Techno,<br />
Trance und House inspirierten Beats und nicht mehr<br />
als vier Sätzen pro Lied weltweit Hits landeten.<br />
Nicht alle waren schlecht.<br />
Zu den Guten gehört zum Beispiel Odyssey (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen<br />
Soul-Disco-Formation). Dieses deutsche Eurodance-Projekt landete zwischen<br />
1993 und 1998 diverse Hits und veröffentlichte zwei Alben – das eine gibt es jetzt<br />
erstmals auf Vinyl: „Love Train“. Unsere Anspieltipps sind die Chart-Erfolge „Move<br />
Your Body“, „Into The Light“ und „Riding on a Train“. Mit involviert bei Odyssey waren<br />
unter anderem DJs wie Quicksilver und Projekte wie U.S.U.R.A., gesungen hat immer<br />
die großartige Lisa Cash, die auch heute noch Erfolg hat – etwa mit und bei Nina<br />
Hagen, den Brothers Keepers/Sisters Keepers oder Samy Deluxe. *rä<br />
www.maschinarecords.com<br />
CD, 2xLP & DIGITAL<br />
“Unter all den großen<br />
Werken, die uns Pallett in<br />
den letzten anderthalb<br />
Jahrzehnten geschenkt<br />
hat, ist dies das größte,<br />
berührendste - und<br />
das verstörendste.“<br />
ROLLING STONE GERMANY<br />
JULY 2020
KUNST<br />
FOTOGRAFIE<br />
MÄNNER<br />
AUS STOCKHOLM<br />
Der Fotograf Jonas Norén war gerade einmal vier<br />
Jahre alt, als er das erste Mal eine Kamera in den<br />
Händen hielt.<br />
Mittlerweile ist der Skandinavier einer der ganz<br />
Populären in der queeren und homoerotischen<br />
Fotografenszene. Wir haben einige seiner besten<br />
Bilder für dich versammelt. „Ich finde meine Models<br />
im Fitnessstudio, auf Facebook und auf Instagram.<br />
Und manchmal finden sie mich ...“, verriet uns<br />
Jonas Norén im Chat. Wer von dem schwedischen<br />
Künstler abgelichtet werden will, der kann sich via<br />
Social Media bei ihm melden. Vor Kurzem erschien<br />
auch ein Buch von Jonas Norén (wir berichteten):<br />
„Human Behind the Penis“. Schwule Kunst, die<br />
durch das Können des Machers und ihre innewohnende<br />
Erotik überzeugt. *rä<br />
www.jonasnoren.se,<br />
www.facebook.com/jonasnoren.se,<br />
www.instagram.com/jonasnoren.se,<br />
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<strong>blu</strong>mediengruppe
MALEREI<br />
ROSS<br />
WATSON<br />
Oft widmete sich der australische<br />
Künstler Ross Watson der malerischen<br />
Neuinterpretation von Stilen<br />
und Werken alter Meister, momentan<br />
erfreut er mit nackten Ansichten<br />
und Uniformen.<br />
KUNST<br />
Unbekleidete Trainierte neben den<br />
Wachen der Königshäuser! Das mag<br />
den einen oder anderen sicher vor<br />
den Kopf stoßen, schafft aber auch<br />
eine Intensität, die sonst selten so<br />
schnell beim Betrachter hervorgerufen<br />
wird. Denn so verbindet sich<br />
der erotische Muskelmann mit dem<br />
ehrwürdigen Traditionellen, was ja<br />
auch schon fast wieder etwas Sakrales<br />
hat. Der 1962 geborene australische<br />
Maler Ross Watson stellte<br />
schon erfolgreich in London, Berlin<br />
und Los Angeles aus und nahm an<br />
Gruppenausstellungen zeitgenössischer<br />
internationaler Künstler in<br />
der australischen Nationalgalerie<br />
und auf der Kunstmesse Toronto<br />
teil. Weltstar Sir Ian McKellen ist Fan<br />
und unser aller Piano-Meister Sir<br />
Elton John hat auch schon Watsons<br />
Kunst gekauft. *rä<br />
www.rosswatson.com,<br />
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BUCH<br />
ROMAN<br />
Noch immer erleben Trans* Gewalt, werden umgebracht, verjagt, verspottet<br />
und zur Prostitution gezwungen. Harter Tobak, thematisiert in<br />
einem wunderbaren Buch.<br />
Die 1982 in Argentinien geborene Autorin und Schauspielerin Camila Sosa Villada<br />
erzählt in ihrem unlängst beim Berliner Suhrkamp Verlag erschienenen Roman „Im<br />
Park der prächtigen Schwestern“ (im Original erschienen als „Las Malas (Tusquets<br />
Editores, Planeta de Libros, Buenos Aires“) vom Zusammenhalt und dem Leid<br />
einer Gruppe von Trans*-Prostituierten in einem Park in Córdoba, der nachts „zur<br />
Wildnis“ wird. Hierher, in den Sarmiento, verschlägt es die junge Camila, als sie vor<br />
familiärem Hass in die angebliche Anonymität der Stadt flüchten muss ... Hier<br />
erlebt sie Fürsorge, Freundschaft und Akzeptanz. Sie alle wollen keine Opfer sein,<br />
sie wollen leben. *rä<br />
KINDER<br />
ELIAS<br />
LIEBT EINEN MÄRCHENPRINZEN<br />
Gleichgeschlechtliche Liebe<br />
kommt in den allermeisten<br />
Geschichten nicht, kaum oder<br />
nur am Rand vor. Schön, dass es<br />
Bücher wie diese gibt: „Elias und<br />
die Märchenrevolution“ und „Elias<br />
und die Konferenz der Gefühle“.<br />
Beide Bücher stammen aus der<br />
Feder des in Bayern geborenen<br />
Wahl-Wieners Harald Buresch,<br />
der als Musical-Darsteller<br />
tätig war und jetzt hinter den<br />
Bühnenkulissen in der Kinder- und<br />
Jugendpädagogik wirkt. Und<br />
eben als Buchautor in diesen<br />
belastenden Zeiten von Krisen-,<br />
Pandemie- und Internet-Hass-<br />
News ganz wunderbar ablenkt.<br />
„ELIAS, ein moderner Held in Märchengeschichten,<br />
die Klein und<br />
Groß gleichermaßen begeistern.<br />
Nicht zuletzt die Liebesgeschichte<br />
zwischen ELIAS und dem<br />
Märchenprinzen sowie viel Humor<br />
machen die ELIAS-Bücher zu<br />
etwas ganz Besonderem“, verrät<br />
uns der Autor via E-<strong>Mai</strong>l.<br />
„Die altbekannten Märchen von<br />
Rotkäppchen bis Aschenputtel<br />
haben ausgedient: Kinder von<br />
heute interessieren sich nicht<br />
mehr für sie. Es herrscht Welt-<br />
Märchen-Krise! Elias gibt ihnen<br />
neue Botschaften und verhilft<br />
den märchenhaften Held*innen<br />
zu einem modernen und<br />
zeitgemäßen Neuanfang“, so der<br />
Wiener Queer. In seinen Büchern<br />
treffen wir auch alte Bekannte,<br />
doch Queerness scheint in dieser<br />
Märchenwelt keine neue Erscheinung:<br />
„Selbst Rotkäppchens<br />
** Großmutter hat darüber die<br />
ein oder andere Story parat“, so<br />
Harald Buresch. *rä<br />
www.maerchenheld.com<br />
** Es gibt viel ältere Versionen als die der<br />
Gebrüder Grimm. Nicht in allen hilft ein Jäger,<br />
mitunter befreit sich Rotkäppchen selbst. Immer<br />
schwingt aber mit, dass sich Mädchen nicht<br />
auf fremde Männer einlassen, „nicht vom Weg<br />
abkommen“ sollen.
DATES. FREUNDE. LIEBE.<br />
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und Transgender. Lade die App herunter oder logge dich in unsere Webseite ein.<br />
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BUCH<br />
BILDBAND<br />
ZWANZIG NACKEDEIS<br />
IN DER NATUR<br />
Und im Pool! Diese Jungs hatten dabei viel Spaß – und lassen dich dank<br />
Salzgeber an ihren Erinnerungen teilhaben.<br />
Die Macher der Vollerotikseite CockyBoys, Jake Jaxson und RJ Sebastian,<br />
veröffentlichten gerade zusammen mit Salzgeber diesen äußerst<br />
erotischen, aber nicht peinlichen, Bildband. „SUMMER BOYS“ bietet auf 160<br />
Seiten farbenfrohe, schwule und vom Sommer geküsste Fotografie(-Erotik)<br />
in Buchform. Entstanden seien diese Bilder in einem Camp im Wald samt<br />
Ferienhütte und Pool ... Dort war der Sommer dann doch schöner als in<br />
den überhitzten deutschen Großstädten mit zu wenigen Straßenbäumen,<br />
oder? Zwanzig Models der Vollerotik-Seite CockyBoys waren dabei, hundert<br />
Fotografien sind herausgekommen. Schwul! *rä<br />
FOTOS: SALZGEBER
PrEP<br />
LIEBE, WEN DU WILLST &<br />
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du einen sicheren Raum für deine Fragen. Wir freuen uns auf dich!<br />
Wir verstehen jesundes Leben anders.<br />
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Vogel checkt: Liefern die auch das beste Klimapaket?<br />
„Post und DHL setzen nicht nur auf eine umweltfreundliche Flotte – mit 15.000 E-Transportern und 16.000 E-Bikes<br />
und -Trikes die grünste der Branche. Die versenden auch seit 10 Jahren unsere privaten Pakete komplett CO₂-neutral.<br />
Und durch die bald über 12.000 Packstationen können wir alle dabei helfen, CO₂ zu sparen.“<br />
LÄUFT.<br />
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