gab Mai / Juni 2021
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FILM<br />
INTERVIEW<br />
JAKOB M.<br />
ERWA:<br />
„Da habe ich<br />
viel von mir und<br />
meiner Welt<br />
hineingepackt“<br />
Panische Menschen, dichter Rauch<br />
und ein Meer an Einsatzkräften:<br />
Was für ein Unglück hat sich am Münchner<br />
Hauptbahnhof ereignet? Diesem Ereignis<br />
geht die brandneue Coming-of-Age-Serie<br />
„Katakomben“ auf den Grund.<br />
Jakob, „Katakomben“ ist Ihr erstes<br />
Projekt seit dem Kinofilm „Die Mitte<br />
der Welt“. Wie kam es dazu?<br />
Nach der Verleihung des Bayerischen<br />
Filmpreises, den ich für „Die Mitte der<br />
Welt“ bekommen habe, haben mich die<br />
Jungs von der Produktionsfirma NEUE-<br />
SUPER angesprochen. Die mochten, was<br />
ich da auf der Bühne gesagt hatte, und<br />
fragten, ob wir nicht einmal zusammen<br />
ein Projekt entwickeln wollen. So habe ich<br />
dann angefangen, mit Florian Kamhuber<br />
an einer Geschichte über moderne Liebe<br />
zu arbeiten, an der wir auch nach wie<br />
vor noch dran sind. Doch irgendwann<br />
kam uns „Katakomben“ in die Quere,<br />
weil Flo einen Zeitungsartikel über das<br />
Tunnelsystem unter München gelesen<br />
hatte und mich fragte, ob wir nicht schnell<br />
mal eine Geschichte dazu pitchen wollen.<br />
Wir haben uns dann drei Tage in Berlin<br />
eingeschlossen, einen groben Plot überlegt<br />
und die Figuren entwickelt.<br />
Entstanden ist jetzt eine spannende<br />
Mischung aus Coming-of-Age-<br />
Geschichte und Sozialdrama mit<br />
Gruselthriller-Elementen ...<br />
Geschichten über junge Menschen finde<br />
ich immer cool, denn über die sogenannte<br />
First-Life-Krise kann man einfach spannende<br />
Sachen erzählen. Aber besonders<br />
interessant an unserer Idee fand ich<br />
tatsächlich die soziale Komponente. Das<br />
ist schließlich schon eine perfide Sache.<br />
München ist einerseits diese schicke,<br />
cleane, teure Stadt, in der es immer heißt,<br />
dass es kein Drogenproblem gibt. Doch<br />
andererseits gibt es eben diese Katakomben,<br />
wo plötzlich eine Grauzone und<br />
all die Leute akzeptiert werden, die oben<br />
das saubere Stadtbild zerstören würden.<br />
Also Drogensüchtige, Obdachlose oder<br />
Sexarbeiter*innen. Das fand ich heftig. Und<br />
ich wollte unbedingt einen Weg finden,<br />
diese beiden Welten aufeinanderknallen zu<br />
lassen und – bei aller Unterhaltung – etwas<br />
Kritisches über unsere Gesellschaft zu<br />
erzählen.<br />
War von Anfang an klar, dass Sie<br />
die Geschichte als Serie erzählen<br />
wollen?<br />
Ja, das war tatsächlich von Anfang an klar.<br />
Da habe ich nie drüber nachgedacht, ob<br />
man auch einen Film draus hätte machen<br />
können. Mich hat diese Art des Erzählens<br />
eh interessiert, und ich habe auch andere<br />
serielle Ideen, an denen ich arbeite. Schon<br />
damals in Österreich habe ich nach meinem<br />
ersten Film „Heile Welt“ eine kleine<br />
Miniserie gemacht: „Tschuschen:Power“.<br />
Ich finde das Format einfach toll, weil man<br />
viel länger und kleinteiliger erzählen und<br />
sich tiefer auf Figuren einlassen kann.<br />
Aber nicht zu früh freuen – ich werde auch<br />
weiterhin Filme drehen. Hahaha.<br />
Gibt es unter den vielen Figuren der<br />
Serie welche, die Ihnen besonders<br />
am Herzen liegen?<br />
Janosch, der queere Influencer und beste<br />
Freund der Protagonistin, ist auf jeden Fall<br />
eine Figur, die mir sehr wichtig und nah<br />
ist. Da habe ich viel von mir und meiner<br />
Welt hineingepackt. Und an ihm Fragen<br />
von Zugehörigkeit, Entwurzelung und dem<br />
Zwiespalt, zwischen mehreren Welten<br />
zu stehen, durchgespielt, die man nicht<br />
zuletzt als queerer Mensch kennt. Mir war<br />
sehr wichtig, dass er nicht nur schillernd<br />
ist, sondern auch eine echte Breite und<br />
Tiefe bekommt. Aus der eher oberflächlichen<br />
Figur am Anfang wird schließlich<br />
eine ganz traurige, feine und suchende.<br />
Mit der ActOut-Aktion und<br />
dem zugehörigen Manifest<br />
hatten kürzlich 185 deutsche<br />
Schauspieler*innen ihr öffentliches<br />
Coming-out. Wie fanden Sie das?<br />
Das war ein ganz großer, längst<br />
überfälliger Schritt. Ich habe darüber<br />
mit vielen Kolleg*innen vor und hinter<br />
der Kamera in den letzten Jahren immer