PT-Magazin 3 2021
Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Bange machen gilt nicht!
Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Bange machen gilt nicht!
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
63<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 3 <strong>2021</strong><br />
Instrument, um den Markt für neue Produkte<br />
vorzubereiten.<br />
Mit drei Methoden und definierten Vorgaben<br />
zum Ziel<br />
Das neue Regelwerk definiert zunächst<br />
drei Methoden. Das Echtzeit-Videointerview,<br />
bei dem ein Bewerber im Live-Video<br />
interviewt wird. Unter einem zeitversetzten<br />
Video-Interview versteht man den<br />
Vorgang, bei dem eine Person eine Videodatei<br />
einschickt, auf der sie zuvor erhaltene<br />
Fragen beantwortet. Anders sieht es<br />
bei der Videobewerbung aus, die Interessierte<br />
in Eigenregie anfertigen und meist<br />
proaktiv einschicken.<br />
Bevor jedoch eine VMP-Software zum<br />
Einsatz kommt, schreiben die neuen Leitlinien<br />
folgende Bedingungen vor: Die<br />
sich bewerbende Person muss die Technik<br />
vorab testen können, um mit ihr vertraut<br />
zu sein. Die Anbieter müssen darauf<br />
achten, dass ihre Lösung auf allen gängigen<br />
Endgeräten läuft. Zudem stehen<br />
die Anbieter in der Pflicht, Features nutzerfreundlich<br />
umzusetzen und sie regelmäßig<br />
zu evaluieren und gegebenenfalls<br />
anzupassen. Ebenso obligatorisch ist es,<br />
dass ein Kandidat dem Mitschnitt sowie<br />
der Datenerhebung und -verarbeitung<br />
zustimmt.<br />
Regelkonform und intelligent bewerten<br />
Einen wesentlichen Aspekt in der DIN<br />
SPEC bildet die Auswertung der Daten,<br />
die regelbasiert zu erfolgen hat. Der<br />
Ansatz soll Entscheidungen, die auf Stereotypen<br />
oder Sympathien beruhen, ausschließen.<br />
Ausführlich haben sich die VMP-<br />
Experten auch mit KI beschäftigt, die<br />
sie als geeignet erachten, Mimik, Gestik<br />
und Stimmlage von Bewerbenden für<br />
eine Eignung zu analysieren. Umgesetzt<br />
wird dies bereits in der Praxis. Allerdings<br />
fordert das Gremium ein, dass die rekrutierende<br />
Firma umfassend informiert<br />
werden muss. Das betrifft vor allem die<br />
Angaben, wie die KI entwickelt wurde<br />
und mit welchen Daten die Entwickler<br />
den Algorithmus trainiert und validiert<br />
haben. Auch muss klar sein, wie die KI-<br />
Anwendung funktioniert. Demnach ist<br />
ein VMP-Anbieter verpflichtet, offenzulegen,<br />
inwieweit er die Input- und Output-Daten<br />
vorurteils- und stereotypfrei<br />
ausgewählt hat. Der geforderte empirische<br />
Beleg stellt eine hohe Hürde dar,<br />
weil neuronale Netze für Deep Learning<br />
Ergebnisse liefern, die nicht reproduzierbar<br />
sind. Umso wichtiger sind solche Qualitätsvorgaben<br />
und -kontrollen, um zu verhindern,<br />
dass ein Programm besonders<br />
schützenswerte Merkmale wie ethnische<br />
Herkunft, Geschlecht, Gewerkschaftszugehörigkeit<br />
oder Schwangerschaft diskriminierend<br />
verwendet.<br />
Wie relevant diese Qualitätsstandards<br />
für KI-gestützte VMP sind, hat in<br />
der Vergangenheit Amazon mit seinem<br />
KI-Tool für die Bewerberanalyse gezeigt.<br />
Der Konzern verabschiedete sich 2018 von<br />
dem System, wovon unter anderem t3n<br />
berichtete. Die verwendeten KI-Modelle<br />
trainierten anhand von Bewerbungen,<br />
die innerhalb von zehn Jahren bei Amazon<br />
eingegangen waren. Die meisten<br />
kamen von Männern, was die Algorithmen<br />
als Muster nahmen und Männer<br />
bevorzugten. Bei Begriffen wie „Frauen-<br />
Schachclub“ oder „Frauenhochschule“ in<br />
den Unterlagen war die Kandidatin aus<br />
dem Rennen.<br />
Innovation und alt-bewährte Grundsätze<br />
als Erfolgskonzept<br />
Unnötig angespannte<br />
Situationen<br />
in Videocalls<br />
können Bewerbern<br />
und Personalmanagern<br />
in Zukunft<br />
erspart bleiben.<br />
Denn den Rahmen,<br />
dass Anbieter qualitativ<br />
hochwertige<br />
VMP-Lösungen<br />
entwickeln, steckt<br />
die DIN SPEC 91426<br />
ab. Deren Leitlinien<br />
bauen einen Innovationsdruck<br />
auf,<br />
ausschließlich auf<br />
ethisch akzeptable<br />
Anwendungen zu<br />
setzen. Wer diese<br />
Vorgaben erfüllt,<br />
verschafft sich als<br />
Arbeitgeber einen<br />
Wettbewerbsvorteil.<br />
Gleichwohl wird KI so schnell nicht im<br />
großen Maßstab dafür sorgen, fundierte<br />
Eindrücke von Bewerbenden aus Videocalls<br />
zu gewinnen. Die Praxisrelevanz der<br />
Algorithmen fokussiert sich weiterhin auf<br />
das Auswerten anderer Bewerberdaten<br />
im Auswahlverfahren und in Chatbots, die<br />
Feedback an die Stellenkandidaten geben<br />
oder Fragen neuer Mitarbeiter beim Einarbeiten<br />
beantworten. An der Stelle helfen<br />
auch Videos beim Einstieg in den neuen<br />
Job. Digitale Technologien verkürzen zwar<br />
die Suche und das Onboarding, dennoch<br />
hängt der Erfolg des Recruiting letztendlich<br />
immer noch von Personalverantwortlichen<br />
ab. Somit ist auch der alt-bewährte<br />
Grundsatz, zuerst in den eigenen Reihen<br />
zu schauen, nach wie vor aktuell. ó<br />
Patrick Brigger<br />
ist Mitgründer und COO von<br />
getAbstr. Das Unternehmen<br />
wurde im Jahr 1999 in Luzern<br />
(CH) gegründet und ist der<br />
führende Onlineanbieter<br />
von komprimiertem Wissen.<br />
Über den Autor<br />
CORONA SCHNELLTESTS<br />
BEI UNS VORRÄTIG!<br />
Laientests & Profitests<br />
AB 2,95€ NETTO<br />
SOFORT VERFÜGBAR!<br />
WWW.MOBIDES.DE<br />
MobiDes GmbH // Großer Kamp 12 // 49692 Cappeln<br />
Tel.: 04478 94 190 41 // info@mobides.de