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Gesellschaft

Adoption im Überblick

Wird das Kind uns annehmen oder wird

es uns immer fremd bleiben? Können wir

seinen Bedürfnissen gerecht werden und ihm die

erforderliche Unterstützung geben? Diese Fragen

plagen die meisten werdenden Adoptiveltern. Adoption

ist ein besonderer Vorgang zur Gründung einer

Familie, der viel Einfühlungsvermögen, Toleranz,

Liebe sowie Geduld erfordert. Das aufgenommene

Kind nimmt die Stellung eines leiblichen Kindes

ein und wird dementsprechend behandelt. Es erhält

Name und Staatsbürgerschaft der Adoptiveltern sowie

Erbansprüche gegenüber deren Verwandten.

Es gibt mehrere Formen von Adoption. Am häufigsten

ist die „Stiefkinderadoption“, bei der ein Ehepartner das

leibliche Kind seines Partners als sein eigenes anerkennt,

mit allen verbundenen Rechten und Pflichten.

Bei der „Fremdenadoption“ hingegen hat die Herkunftsfamilie

kein verwandtschaftliches Verhältnis

zum Adoptivkind. Einerseits kann sie eine Chance

für das aufgenommene Kind sein, andererseits wird

der Kinderwunsch von Paaren, die beispielsweise

keine eigenen Kinder bekommen können, erfüllt.

Die Voraussetzung für ein gelungenes Familienleben

ist, dass sich Ehepaare nicht von vornherein ein

Wunschkind ausmalen und die Erwartungen nicht zu

hoch ansetzen. Stattdessen müssen sie das Kind mit

all seinen Makeln akzeptieren und ihm helfen, seine

besondere Vorgeschichte zu verarbeiten. Sein neues

Leben muss in Einklang mit seiner ethnischen und kulturellen

Herkunft gebracht werden. Bei der nationalen

Fremdenadoption kommt das Kind aus dem eigenen

Staatsgebiet, bei der internationalen Fremdenadoption

stammt es aus dem Ausland, wie es bei Amelia

und Lorin der Fall ist. In Südtirol werden jährlich durchschnittlich

fünfundzwanzig Kinder fremdenadoptiert.

Die Zahl der Fremdenadoptionen verzeichnet in Italien,

sowie in vielen weiteren EU-Ländern, in den letzten

Jahren einen starken Rückgang. Ausschlaggebend

dafür sind viele verschiedene Gründe. Momentan

werden in europäischen Staaten weniger Kinder abgegeben,

da Frauen eher verhüten, also seltener ungewollt

schwanger werden, und Familien finanziell

mehr unterstützt werden als in der Vergangenheit. In

gewissen Ländern wie Äthiopien, das eine hohe Ad-

optionsrate hatte, wurde die internationale Adoption

infolge eines Politikwechsels „zum Wohl der Kinder“

verboten. Beim Thema Adoption kollidieren nämlich

die Kinderrechte. Einerseits wird in das kulturelle, psychische

und soziale Leben der Kinder eingegriffen,

andererseits wird ihr Anspruch auf eine Familie erfüllt.

Während 2015 italienweit noch 2.216 Kinder aufgenommen

wurden, waren es 2019 nur mehr 1.205

Kinder. Davon stammen 222 Minderjährige aus Kolumbien,

159 aus Russland, 129 aus Ungarn, 104

aus Indien und 81 aus Bulgarien. Der Großteil der

Adoptivkinder war zwei bis sieben Jahre alt. Momentan

gibt es mehr Adoptionsbewerber als zur Adoption

freigegebene Kinder. Viele Paare sind bereit, viel

Geld für ein Kind zu bezahlen. Die Folgen: Kinderhändler

nützen das „Geschäft“ für sich. Kinder werden

entführt oder ihren leiblichen Eltern abgekauft.

Ein weiter Weg

Jedes Land hat in Bezug auf Adoptionen eigene

Vorgehensweisen. In Südtirol ist das „Landesamt

für Kinder- und Jugendschutz und soziale Inklusion“

dafür zuständig. Für Paare beginnt das Verfahren

mit einem Informationsgespräch und anschließendem

Vorbereitungskurs. Der nächste

Schritt ist die Einreichung der Bereitschaftserklärung

beim Jugendgericht Bozen. Parallel dazu findet

die Überprüfung der nötigen Voraussetzungen

statt. Adoptionsbewerber werden genauestens unter

die Lupe genommen: Das Einkommen, der Wohnraum

und sogar Arztvisiten werden begutachtet.

Grundsätzlich muss das adoptionsbereite Paar mindestens

drei Jahre lang verheiratet sein oder in einer

Partnerschaft zusammenleben. Die Altersspanne

zwischen einem Elternteil und dem Adoptivkind muss

zwischen 18 und 45 Jahren liegen, der Altersunterschied

zum anderen Elternteil kann bis zu 55 Jahre

betragen. Im Falle der internationalen Kinderaufnahme

wird schließlich vom Jugendgericht die Eignung

für die Aufnahme erlassen und eine Adoptionsvermittlungsstelle

kontaktiert. Begleitet werden Adoptionsfamilien

von der „Dienststelle Adoption Südtirol“.

Nach der Aufnahme beginnt ein langer Weg für

die neuen Familien. Die Trennung von den leiblichen

Eltern, die Einsamkeit im Heimleben, körperliche

oder seelische Misshandlungen – Adoptivargus

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