argus2021_06
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Politik
Wie der Sexismus seinen
Menschliche Gesellschaften waren nicht immer männerdominiert. Historisch
gesehen kam die Wende erst, als wir zu Bauern wurden, durch die
Sesshaftigkeit. Doch auch antike Geistesgrößen wie Platon, Hippokrates und
Aristoteles legten das Fundament, auf dem jahrhundertelang der Sexismus
aufgebaut wurde
Die überwiegende Mehrheit der Kulturen sind Patriarchate,
in denen Männer mit größerer Wahrscheinlichkeit
als Frauen soziale, wirtschaftliche und politische
Machtpositionen erlangen können. Es ist also
verlockend anzunehmen, dass dies der natürliche
Zustand der Dinge ist, vielleicht weil Männer biologisch
gesehen stärker sind als Frauen.
Vielleicht hilft ein Blick auf unsere Vorfahren, die
Schimpansen. Diese sind keine Stellvertreter für
unsere Vorfahren – sie haben sich weiterentwickelt,
seit sich unsere Stammbäume getrennt haben – aber
ihre sozialen Strukturen können uns etwas über die
Bedingungen sagen, unter denen männliche Dominanz
gedeiht. Gewöhnliche Schimpansen-Gruppen
sind offenkundig patriarchalisch organisiert. Die
Männchen sind bösartig gegenüber den Weibchen,
sie nehmen ihnen das Futter weg, töten sie sogar,
nur weil sie sich von der Gruppe entfernt haben. Liegt
Frauenfeindlichkeit also in der Natur der Menschen?
Nein, meinen Anthropologen mit Blick auf die Hinterlassenschaften
des frühen Homo sapiens und die
heute noch existierenden Jäger-und-Sammler-Gesellschaften.
Doch vor etwa 12.000 Jahren änderten sich die Dinge:
Mit dem Aufkommen von Ackerbau und Viehzucht
begannen die Menschen sesshaft zu werden.
Sie erwarben Ressourcen, die sie verteidigen mussten,
und die Macht verlagerte sich auf die biologisch
stärker gebauten Männer. Väter, Söhne, Onkel und
Großväter begannen, nahe beieinander zu leben,
Eigentum wurde in der männlichen Linie weiter gegeben,
und die weibliche Autonomie wurde ausgehöhlt.
Infolgedessen entstand das Patriarchat.
Auf philosophischer Ebene wurde das Fundament für
Diskriminierung bereits im antiken Griechenland gelegt.
Obwohl die griechischen Autoren den Sexismus
nicht erfunden haben, enthielten ihre Schriften Ideen
und Argumente, die zur Rechtfertigung der Frauenfeindlichkeit
verwendet wurden. Sobald diese antiken
Trendsetter Argumente für die Unterwerfung der Frau
im Namen eines göttlichen Bildes entwickelt hatten,
wurden Frauen wie selbstverständlich als von Natur
aus minderwertiger als Männer angesehen, von
Geburt an anders behandelt und dazu erzogen, sich
selbst zu unterwerfen, was wiederum die Ansichten
über die weibliche Unvollkommenheit und die daraus
folgende Entmachtung weiter unterstützte.
Der Begriff der Teleologie hilft dabei, die Geschichte
der Frauenfeindlichkeit besser zu verstehen. Die
Teleologie sagt aus, dass einige Dinge um anderer
Dinge willen geschehen oder existieren. Von Platon
bis Aristoteles, aber auch bei weiteren Philosophen,
waren die Zeugungskräfte der Frauen das einzige
Mittel, um zum Guten beizutragen, woraus folgte,
dass diese Kräfte von Männern mit Einsicht in die
„
„Eine Frau muss still und mit
völliger Unterwürfigkeit die
Unterweisung empfangen", denn
„ich erlaube einer Frau nicht, zu
lehren oder Autorität über einen
Mann auszuüben, sondern still zu
sein."
„
Paulus (2. Timotheus 2,12)
argus
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