argus2021_06
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Politik
amerikaner Trayvon Martin erschossen
hatte, freigesprochen worden war), hat die
Bewegung erst 2020 gigantische Ausmaße
angenommen. Bei den vielen Nachrichten aus den
USA möchte man fast meinen, rassistisch motivierte
Polizeigewalt sei bloß ein US-amerikanisches Problem.
Doch weltweit können Betroffene ein Lied von
derartiger Gewalt singen und ergreifen die Chance,
um auch in ihren Ländern die Aufmerksamkeit darauf
zu lenken. Betont wird dabei der systematische
Rassismus, welcher nicht-weißen Menschen schon
von klein auf das Leben schwer macht und dessen
Präsenz man in einer modernen Gesellschaft nicht
ignorieren darf, auch wenn man selber nicht davon
betroffen ist.
Indonesien
Eine Arbeitsmarktreform zwingt hunderttausende Indonesier
im Herbst 2020 zum Demonstrieren. Das
„Gesetz zur Schaffung von Arbeitsplätzen“, auch Omnibus-Gesetz
genannt, könnte vom Namen her positiv
konnotiert werden. Und natürlich preist das Parlament
in Jakarta das Vorhaben an, schließlich wurde
es von ihm am 2. Oktober eingeführt. Von Seiten der
Politik heißt es, das Gesetzespaket würde große Investoren
anlocken und den bürokratischen Aufwand
schmälern. Letzteres betrifft laut Kritikern allerdings
auch die Rechte der Arbeiter. Kurzzeitverträge und
Entlassungen werden leichter gemacht. Wenig überraschend
soll diese Reform auch den Umweltschutz
erheblich schwächen. Bei den Protesten kommt es
häufig zu Gewalt, vor allem von Seiten der Polizei.
Hunderte von Teilnehmern wurden bis jetzt in Gewahrsam
genommen, es gab Schwerverletzte. Ob in
Indonesien die Arbeiter oder die Industrie den Sieg
davontragen werden, bleibt offen.
Corona-Demonstrationen
Seit COVID-19 den Westen erreicht hat und als Pandemie
eingestuft wurde, wissen sich viele Regierungen
nicht anders zu helfen, als strenge Lockdowns
über die Bevölkerung zu verhängen. Das stößt auf
den Widerstand einer kleinen, aber lauten Gruppe,
die sich fortan regelmäßig auf Demonstrationen trifft.
Kritisch gesehen wird dabei zum einen, dass die
„
Die einzige Sache, die
mich ärgert, ist, dass wir
„
so lange mit dem Protest
gewartet haben.
Rosa Parks
Teilnehmenden kaum Maske tragen und Abstand
bewahren, zum anderen die Tatsache, dass unter
den Impfgegnern, Esoterikern und Menschen, die
die Maßnahmen einfach als übertrieben betrachten,
auch so mancher Neonazi mitläuft. In Italien und
Spanien arten viele der Proteste in Gewalt aus.
Polen
Es ist ein Albtraum für viele Feministinnen: das polnische
Abtreibungsverbot, das im Oktober 2020
vom Verfassungsgericht beschlossen wurde. Gänzlich
verboten sind Schwangerschaftsabbrüche zwar
nicht, bei Vergewaltigungen oder gesundheitlichen
Engpässen sollen sie erlaubt sein, doch Zehntausende
von Menschen wollen es nicht auf sich sitzen
lassen, dass, wie sie es formulieren, die Politik über
die Körper von Frauen entscheidet.
Polens Erzkatholiken begrüßen das Gesetz. Obwohl
der offizielle Grund dafür lautet, dass Abtreibungen
gegen den von der Verfassung garantierten Schutz
auf Leben verstoßen, kann man laut den Demonstrierenden
eine religiöse Einmischung in das Geschehen
kaum übersehen. Kritiker weisen darauf hin,
dass die Tatsache, dass illegale Abtreibungen – die
Anzahl derartiger Schwangerschaftsabbrüche wird
erfahrungsgemäß steigen – extrem gefährlich für die
Schwangeren sein können. Mit solchen Gesetzen
werden also nicht nur Leben „gerettet“.
Anna Recla, 4aS
argus
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