argus2021_06
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Alles andere, aber nicht down
Tim strahlt über das ganze Gesicht, als wir seinen 16. Geburtstag feiern. Lachend sitzen
wir beim Mittagstisch und genießen die Zeit miteinander. In diesem Moment kann
seine Familie kurz die vielen Schwierigkeiten vergessen, die seine Beeinträchtigung mit
sich bringt: Denn Tim hat das Down-Syndrom
Familie
(Alltag?
© Pixabay, Greyerbaby
Menschen wie DU
Hände der Vielfalt
Etwa fünfzehn Prozent der Menschen weltweit leben
mit einer Behinderung. Tim ist einer von ihnen. Er hat
einen angeborenen, erblichen Gendefekt: das Down-
Syndrom. Erst kurz vor seiner Geburt erfuhren seine
Eltern von der Diagnose. Ein Bluttest bestätigte den
Verdacht.
Tims Eltern waren sich des Risikos, dass ihr Kind behindert
sein könnte, von vorneherein bewusst. Bei
seiner Geburt war seine Mutter 39 Jahre alt. Mit zunehmendem
Alter der Mutter steigt das Risiko, ein
beeinträchtigtes Baby zu bekommen. Der Grund dafür
ist, dass die Zellteilung der befruchteten Eizelle
anfälliger für Fehler wird. Weltweit leben rund fünf
Millionen Menschen mit Down-Syndrom, das betrifft
schätzungsweise 1 von 800 Neugeborenen. Bei ihnen
liegt das Chromosom 21 in jeder Zelle drei- statt
zweimal vor, deshalb hört man häufig auch den Begriff
„Trisomie 21“. Die betroffenen Menschen leiden
unter geistigen Beeinträchtigungen, teilweise körperlichen
Fehlbildungen, und es besteht ein höheres Risiko
für Herzkrankheiten. Tim hat einen angeborenen
Herzfehler, Schilddrüsenprobleme und Knick-Senkfüße.
„Mitten in der Nacht, wenn Tim in die Küche geht, um
etwas zu trinken, weckt er jemanden aus der Familie,
der ihn begleitet und ihn wieder zurück ins Bett
bringt. Ich sehe das Down-Syndrom nicht als Krankheit
an, aber bei vielen Sachen braucht er ständige
Begleitung und benötigt Hilfe bei Dingen, die für uns
selbstverständlich sind“, so sein Bruder Leo. Ab dem
Moment seiner Geburt brauchte Tim sehr viel Aufmerksamkeit.
Sein Bruder erzählt mir, dass er dies
am Anfang nur schwer verstanden hat: „Ab und zu
fühlte ich mich vernachlässigt, zumal ich als kleines
Kind nicht wirklich nachvollziehen konnte, warum
sich alles um Tim dreht. Mittlerweile habe ich es akzeptiert.“
Tim konnte lange nicht sprechen, erst in den Jahren
der Mittelschule begann er, einzelne Wörter zu lernen.
Sein Bruder weiß, dass die Kommunikation mit
seinen Freunden und Bekannten eingeschränkt ist:
„Innerhalb der Familie verstehen wir uns gegenseitig
relativ gut, aber für Außenstehende ist es etwas
schwieriger zu verstehen, was Tim sagen möchte.
Einzelne Wörter wie danke und bitte versteht man.“
Trotz seiner Beeinträchtigung merkt man Tim an,
dass er sehr glücklich ist und besonders seinen Bruder
Leo gerne neckt. Auch wenn sie anders und eingeschränkt
leben, sind Kinder mit Down-Syndrom
ebenso Kämpfer wie du und ich.
Übel
zur Zeit des
Nationalsozialismus
Vor etwa 500 Jahren wurden die ersten Menschen
mit Down-Syndrom dargestellt. Ein unbekannter
Künstler malte im Jahre 1510 die Leidensgeschichte
von Jesus auf den Aachener Altar. Das Porträt eines
Jungen mit typischen Gesichtszügen gilt als eine der
ersten Darstellungen des Down-Syndroms in der Geschichte.
Der Namensgeber der Krankheit, John Langdon
Down, beschrieb 1866 die Menschen als „mongoloid“,
da ihre Gesichter gewisse Ähnlichkeiten mit den
Merkmalen des Mongolenstamms aufwiesen. Der
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