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Politik

Das Unwort

Gedenktag des Novemberpogroms

niedergelegte Kränze mit

„Sieg-Heil-Rufen“ angezündet.

Auch in Schulen sind Vorfälle gegen jüdische Mitschüler

bis heute keine Seltenheit. Sie werden ausgegrenzt,

beschimpft oder sogar Opfer von Gewalt. Einen solchen

– zwar fiktiven – Fall zeigt auch der Film „Das Unwort“. Ein

reales, bekannt gewordenes Beispiel hingegen ereignete

sich 2006 in Sachsen-Anhalt, als ein jüdischer Mitschüler

gezwungen wurde, mit einem Schild samt Aufschrift „Ich

bin am Ort das größte Schwein, ich lass mich nur mit Juden

ein“ über den Schulhof zu laufen. Oftmals werden auch

sogenannte „Judenwitze“ erzählt oder das Wort „Jude“

an sich als Schimpfwort benutzt. In diesem Fall wäre die

Anfangsfrage im anfangs erwähnten Filmzitat „[...] Ja, ich

gebe zu, er wurde Jude genannt. Ist das schon Antisemitismus?[...]“

mit „Ja“ zu beantworten.

Neben religiösen Barrieren sind die Gründe für Antisemitismus

eine Reihe von Stereotypen, Klischees und Ressentiments,

die sich im Lauf der Geschichte herausgebildet

haben. Diese Vielzahl an entstandenen Bildern von „dem

Juden“ weisen erstaunliche Konstanz und Kontinuität auf,

sodass sie die Jahrhunderte überdauert haben und das

Klischee des „geldliebenden Juden“ bis heute bekannt ist.

Der Schriftsteller Max Frisch beschäftigt sich im Drama

„Andorra“ mit diesem Prozess der Ausgrenzung und beschreibt

darin die Beweggründe der Judenfeindlichkeit

bzw. die Bildung von Stereotypen als psychologisches

Bedürfnis nach Abwehr und Ausschaltung eigener, unerwünschter

Verhaltensweisen oder Eigenschaften durch

Projektion auf andere, die dadurch zu einem Sündenbock

werden. So wird etwa die Geldgier der Andorraner auf

den vermeintlichen Juden Andri übertragen. Dabei ist er

eher das Gegenteil eines „geldgierigen Juden“ und die Andorraner

selbst sind geizig und habsüchtig.

Blick in die Geschichte

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Juden immer

wieder als Sündenbock missbraucht und für sämtliche

Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht wurden, so

etwa auch für den Anschlag des 11. Septembers 2001.

Dies tritt oft in Verbindung mit dem Stereotyp der „jüdischen

Weltverschwörung“ auf, welches ebenfalls bis heute

erhalten geblieben ist. Aktuelle Exempel sind hier die

Verschwörungstheorien rund um Corona, von denen eine

die Pandemie als von den Juden verursacht hält.

In der späten Neuzeit entwickelte sich mit biologischen

und pseudowissenschaftlichen Begründungen die Vorstellung,

dass Juden ein „Fremdkörper“ seien und darum

aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden müssten.

© Pixabay, Tom Gordon

Jude beim Studium der Heiligen Schrift

argus

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