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Leben aus: Studium, Lehre, Arbeit – wer soll dich mit so einer

Vergangenheit nehmen?“ Er selbst hatte Schwierigkeiten,

aufgrund seines Leumundszeugnisses und seiner Vorstrafen,

einen Job zu finden.

„Du musst wie der ärgste Bettler herumlaufen, bis dich

jemand nimmt.“ Navid sieht das genauso: „Dieser Kindergarten,

den wir da aufgeführt haben, bereitet uns bis heute

Probleme. Es zahlt sich einfach nicht aus. Dazu kommt noch,

dass die meisten Afghanen hier nur subsidiär schutzberechtigt

sind – es ist ja jedem klar, was das heißt.“ Ein Fehltritt führt

zurück in die Heimat. Die rivalisierenden Jugendlichen sind

sich ähnlicher, als sie glauben: Beiden Gruppen droht in so

einem Fall die Abschiebung. Dort erwartet sie Krieg, Terror,

Elend und Aussichtslosigkeit – Kabul und Grozny sind nicht

vergleichbar mit dem, was hier in Wien als „Krieg“ betitelt wird.

Abschiebungen nach Tschetschenien und Afghanistan stehen

in Österreich an der Tagesordnung. Sitzblockaden und Solidaritätsdemos

nützen dann auch herzlich wenig. Dazu kommt,

dass die rivalisierenden Gruppen beiden Communities in Wien

das Leben schwer machen, indem sie Vorurteile bestätigen

und nicht mit sich reden lassen. Das führt wiederum dazu, dass

immer neue Jugendliche in diesen Konflikt hineingezogen werden.

Auseinandersetzungen werden sich häufen und mit ihnen

negative Schlagzeilen, Asylanträge werden abgelehnt werden,

die Wut der Jugendlichen und der Unmut in den Communities

wird steigen.

„DIE SOLLEN MIT UNS REDEN,

ANSTATT IMMER NUR ÜBER UNS“

Deshalb wollen Magomed und Navid in den eigenen Reihen für

Ordnung sorgen. Wenn Jugendliche nicht auf die Erwachsenen

hören oder sich nicht an Gesetze halten wollen, kommen

sie als „große Brüder“ ins Spiel. „Die beiden versuchen heute

gemeinsam mit Sozialarbeitern Jüngere aufzuklären, damit

diese nicht dieselben Fehler machen, wie sie. „Ich frage mich

dann, was so einem Jugendlichen fehlt. Fehlt es ihm an Adrenalin?

Dann sage ich ihm: „Passt, dann geh ins Gym und zeig,

was du drauf hast. Fehlt es dir an Geld? Dann frag ältere Leute,

ob du ihnen im Garten aushelfen darfst. Es gibt immer einen

Weg“, sagt Magomed selbstbewusst.

Damit es aber funktioniert, braucht es doch noch die Hilfe

von Außen.

Magomed hat deshalb einen klaren Appell an die österreichische

Politik. Denn das Verhalten der Jugendlichen ist seiner

Ansicht nach eine Reaktion auf die Aktionen von oben. „Anstatt

gegen bestimmte Ethnien zu arbeiten, würde es viel mehr

bringen, mit ihnen zusammen zu arbeiten.“ Nach Magomed

bräuchte es Experten aus den Communities, die mit der Politik

und der Polizei kooperieren und „denen mal erklären, wie

manche Dinge in den Communities wahrgenommen werden.

Anstatt dass die noch mehr in Abschiebeflugzeuge investieren“,

wie er resümiert.

„Die sollen einfach mit uns reden, anstatt immer nur über

uns“, fügt Navid leise und zustimmend hinzu. Solange es aber

zu keinem Austausch kommt, versuchen sie das Versagen der

Politik auf eigene Faust wieder wettzumachen. Wenn keiner

genau hinschaut, dann eben alleine. „Wir regeln das unter

uns“, meint Magomed, blickt kurz rüber zu Navid, der ihm

zustimmend zunickt. Aber diesmal bedeutet dieser Satz nicht,

gegeneinander zu kämpfen, sondern als geschlossene Front

zusammenzuwirken und zu appellieren, dass diese sinnlosen

Machtkämpfe aufhören müssen. Denn schlussendlich gehen

beide Seiten als Verlierer aus diesem ewigen, nutzlosen Straßenkampf

hervor. ●

* Namen von der Redaktion geändert

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„Uns unterscheidet heute nichts mehr. Wir sind beide Muslime.

Wir haben dieselbe Vergangenheit und wissen jetzt, dass das

alles einfach nur kompletter Blödsinn gewesen ist.“

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