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MEINUNG

MEINUNG

WARUM MUSS ICH

EIGENTLICH ZUR STELLUNG?

„WER SCHÖN SEIN WILL, MUSS

LEIDEN“ - ABER WIESO?

WIESO GLAUBEN DIE LEHRER

NICHT AN UNS?

DIE „CORONA MATURA“ –

NICHT GLEICH VIEL WERT?

Der Alptraum ist passiert: Post vom Bundesheer, bald

ist es soweit mit der Stellung. Dabei wollte ich doch

ein Jahr lang vor dem Studium (was soll ich überhaupt

studieren?) die Welt bereisen und überhaupt ist das

jetzt auch schwierig, weil die Erde gerade stillsteht.

Praktikum? Freiwilligenarbeit im Ausland? Wer wird mich

informieren, wie das alles abläuft, und muss ich überhaupt

zur Stellung, wenn ich doch eigentlich gar nicht

will? Wer ist meine Kontaktperson, wenn ich keinen Plan

habe?

Zwar weiß ich jetzt, wie man eine ordentliche Gedichtanalyse

schreibt, aber was nach der Schule passiert, das

wird im Verborgenen gehalten. Außer Mann muss eben

zur Stellung oder hat eine andere Pflicht zu erfüllen.

Rund 60% der Wählenden sprachen sich 2013 für eine

Beibehaltung der Wehrpflicht aus, das sind bei etwa

50% Wahlbeteiligung beinahe ein Drittel der Wahlberechtigten.

Und wegen dem einen Drittel muss jeder

volljährige Österreicher zur Stellung? 2019 wurde in

Wien beinahe jeder Dritte in der Stellung für untauglich

erklärt. Feldwebel erklären sich das durch schlechten

Lebensstil der Jugendlichen, ich erkläre das mit teilweise

beabsichtigter Manipulation: Manche wollen nicht

und finden ihren Weg hinaus. Die Antwort darauf war

die Teiltauglichkeit. Spoiler: Auch das erfreut höchstens

die, die schon lange über der 35-Jahres-Grenze sind.

Immerhin gibt es noch das SFJ. Oder das Umweltjahr.

Dauert auch nur paar Monate länger. Und wo gibt es

dazu Infos? Die eigenen Recherchefähigkeiten sind hier

gefragt, die Infos spärlich, der Aufwand hoch (wenn

man sich nicht für den Easy Life of Bundesheer entscheidet.)

Noch einmal: Wann soll ich studieren? Oder

arbeiten? Oder reisen?

Liebe Schulen, warum erzählt ihr uns nicht einfach, wie

das eigentlich geht? Berufstests sind ja ganz schön,

aber gibt es nicht auch nützlichere Informationen? Und

liebes Österreich: Warum muss ich das eigentlich alles

mitmachen, wenn ich doch was ganz Anderes, anfangen

könnte mit all der kostbaren Zeit?

Ernad Bradarić ist 17 Jahre alt und besucht die

BRG Fadingerstraße in Linz.

Schon immer wurde von Frauen erwartet, dass sie möglichst

„ideal” aussehen. Jede Epoche hatte ihre eigenen Trends

und wir befinden uns in einem Zeitalter, in dem es heißt,

eine Frau muss schlank oder durch Fitness geformt sein, um

wirklich schön zu sein.

Die meisten jungen Frauen kennen es: Man öffnet Social

Media und egal, wo man hinsieht, sind Frauen, die eine

schlanke und/oder trainierte und geformte Figur haben. Wie

soll man sich da schön fühlen, wenn das Einzige, was das

Internet herzeigen will, dasselbe Stereotyp der „perfekten“

Frau ist? Dieses Bild prägt sich bei uns allen ein und so hört

man auch von Freunden, Familie und manchmal auch von

Lehrern Kommentare zum eigenen Körper: zu dick, zu dünn,

zu flach, zu rundlich. So greift man zu verschiedenen Mitteln

wie Sport oder Diäten, um endlich von der Gesellschaft

akzeptiert zu werden. Leider erproben einige junge Menschen

auch Strategien, die am Ende zu einem verletzenden

Umgang mit sich selbst, wie zum Beispiel Essstörungen,

führen können. Laut dem Institut für Suchtprävention sind

vor allem junge Frauen meiner Altersgruppe, also zwischen

16 und 17 Jahren, betroffen. Denn mit diesem Alter ist man

fast erwachsen und der Körper verändert sich stark.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Wenn man einmal

mit Diäten, fraglichen Abnehmmethoden etc. beginnt, führt

dort kein leichter Weg raus. Was außen für einige „ideal“

erscheint, trügt. Der Weg aus dem ungesunden Essverhalten

und Ablehnung des eigenen Körpers spielt sich

vor allem im Kopf ab. Bulimie, Anorexia und Co. bringen

außerdem viele Nebenwirkungen mit sich, einige von ihnen

bleiben sogar ein Leben lang. Auch Rückfälle sind keine

Seltenheit. Es braucht lange, bis man sich entscheidet, aufzuhören

und man schafft es oft nicht alleine raus.

Aber wie kann man andere junge Frauen davon überzeugen,

diese Stereotype loszuwerden und Körper aller Art zu feiern

und zu akzeptieren? Es braucht vor allem ein bestärkendes

Umfeld, mehr Körperdiversität in den Medien und eine Veränderung

darin, wie wir Körper beurteilen, damit sich junge

Frauen wohl in ihrer Haut fühlen. Alle Körper sind schön

und „perfekt“ gibt es nicht. Denn wie schön kann Schönheit

sein, wenn erwartet wird, dass man für diese leidet?

Alina Rachimova ist 16 Jahre alt und besucht

das Döblinger Gymnasium in Wien

© privat, Zoe Opratko

@ Zoe Opratko, Maria Danklmayer

„Man sagt ja, dass ihr alle so arm seid und psychisch belastet“,

machen sich die meisten LehrerInnen zurzeit lustig

und erwarten Höchstleistung von vielen SchülerInnen. Seit

der Corona-Krise hat sich der Alltag von vielen Kindern und

Jugendlichen drastisch verändert. Laut einer Studie der

Medizin-Uni Wien habt sich die psychische Gesundheit von

SchülerInnen massiv verschlechtert. Der Druck von den LehrerInnen

hilft meiner Meinung nach nicht wirklich weiter. Die

meisten LehrerInnen denken wahrscheinlich, dass wir kein

eigenes Leben haben. Viele SchülerInnen fühlen sich von

unseren PädagogInnen missverstanden.

Die Noten haben sich auch sehr verschlechtert, weil die

Jugendlichen keine Hoffnung haben, in deren Traumschule

oder -lehre einen Platz zu bekommen und haben dadurch

jeden Antrieb und jede Motivation verloren, weiter für die

Schule zu arbeiten. Ich bezweifle sehr, dass die Lehrer uns

wirklich weiterhelfen mit dem Ganzen und uns wirklich

Hoffnung geben. „Ausreden und sonst nichts!“, meinen die

Pädagogen und beschuldigen die Schüler, einfach nur faul

zu sein und nichts machen zu wollen. Das sind nicht wirklich

die ermutigenden Worte, die man von einem Lehrer / einer

Lehrerin in dieser Zeit hören möchte. Ich zu meinem Teil

musste auch solche Worte zu hören bekommen. Na klar, die

LehrerInnen machen ja auch ihren Job, aber es gehört doch

nicht dazu, jemanden vor einer ganzen Klasse herunterzumachen,

in manchen Fällen sogar anzuschreien und zu sagen:

„Du wirst es nicht mit der Einstellung schaffen!“ Das kann

einen echt großen Schaden bei SchülerInnen anrichten und

noch mehr Kinder unmotivierter und weniger selbstsicher

machen.

Woran liegt es wohl, dass die Einstellung von Schülern sich

so verschlechtert hat bzw. so negativ ist? Es liegt daran, dass

man alle SchülerInnen in einen Topf wirft und behauptet,

dass es nur an denen liegt und nicht daran denkt, wie sich

die SchülerInnen fühlen. Es kommt am Ende auf die Kommunikation

zwischen den Lehrern und Schülern an. Egal wie

anstrengend und hoffnungslos die Zeit sein mag, man sollte

immer andere ermutigen und helfen, wo es auch nur geht,

und nicht an einer Person zweifeln. Weil wenn nicht die Lehrer

an uns glauben, wer sonst?

Fatima Sarwari ist 16 Jahre alt und besucht die F1 in der

fms Wintzingerodestraße in Wien

„2021 wird die Matura eh nur hergeschenkt.“ „Das ist ja

nicht mal ein richtiger Schulabschluss.“ „Ihr habt’s so ein

Glück, heuer zu maturieren. So einfach wird’s in eurem

Leben nicht mehr.“

Einen dieser Sätze hat man als Maturant:in des Jahrgangs

2021 sicherlich schon mal gehört. Verständlich: Im Vergleich

zu den Jahrgängen davor mussten wir nicht so oft in die

Schule, durften Tests streichen und Deadlines verlängern.

Doch war alles so einfach? Das Leben durch den Bildschirm

zu betrachten, allein zu sein, das Fehlen sozialer Kontakte,

innere Leere und Angst. Man fühlt sich hoffnungslos, haltlos

– nein, die vergangenen zwei Schuljahre waren nicht nur

einfach.

Für mich waren die Erleichterungen für Maturant:innen mehr

als nachvollziehbar: Viele Jugendliche leiden und litten an

psychischen Krankheiten, kämpften mit den Folgen der Einsamkeit

und hatten Existenzängste. Stundenlanges Arbeiten

vor dem Bildschirm und das Selbststudium ganzer Themengebiete

waren keine Seltenheit: Das Arbeitspensum erhöhte

sich, die Selbstmotivation schwand.

Vergangenes Semester hörte ich dann folgenden Satz im

Präsenzunterricht: „Machts jetzt a g‘scheite Matura, macht’s

die Mündliche freiwillig. Strengt euch an, dass ihr einen halbwegs

echten Abschluss bekommt, dann kann euch später

niemand sagen, dass ihr nur die „Corona Matura“ gemacht

habt.“

Ein minderwertiger Schulabschluss, verursacht durch einen

Zustand, der außerhalb meines Einflussbereiches lag und

liegt? Die Schulzeit nichts mehr wert? Nur zu retten, wenn

ich nicht zwingend notwendige Prüfungen doch mache, um

stolz mein „Extrapickerl“ auf dem Zeugnis herzuzeigen? Kein

Maturaball, keine Klassengemeinschaft, wahrscheinlich auch

kein „typischer“ Studienalltag im Herbst – alles halb so wild.

Doch niemand sollte auf das Recht, zukünftig gleich behandelt

zu werden, verzichten müssen. Ist die Matura 2021

genauso viel Wert wie die „Normale“? Ja. In meinen Augen

sogar viel mehr. Mit Stolz werde ich mir den Stempel „Corona

Matura“ aufdrücken, während einer Pandemie maturiert zu

haben und dabei, obwohl mir oft die Luft weggenommen

wurde, nie aufgegeben zu haben.

Bernadette Danklmayer ist 18 Jahre alt und Maturantin

des BG/BRG Stainach in der Steiermark

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