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Das Wirtschaftsmagazin für das Bergische und den Kreis Mettmann

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TITEL INTERVIEW TRANSPORT UND LOGISTIK

tet Geld, was wir alle bezahlen müssen. Jeder Joghurtbecher,

jede Saftflasche wird teurer. Zumal

man der Realität ins Auge sehen muss: Im Moment

haben wir keinerlei Alternative zum Verbrennungsmotor.

Es gibt aktuell kein Fahrzeug auf Elektrobasis,

das die notwendige Reichweite hätte. Auch ist

die Ladeinfrastruktur ja noch gar nicht vorhanden.

Welche Möglichkeiten bietet der kombinierte

Verkehr aus Straße und Schiene? Ist das ein

klares Zukunftsthema?

Wenn wir den Status Quo betrachten, müssen wir

feststellen, dass aktuell über 70 Prozent der Güter

per LKW über die Straßen transportiert werden.

Der Anteil der Binnenschifffahrt liegt bei unter

zehn Prozent und über die Eisenbahn werden ca.

18 bis 19 Prozent der Transporte abgewickelt. Im

unteren einstelligen Bereich liegen Pipelines und

Luftfracht. Ein Frachtanteil von 70 Prozent kann

aber nicht in kurzer Zeit auf die viel „kleinere“

Bahn verlegt werden. Befürworter des kombinierten

Verkehrs vernachlässigen den Blick auf die

unterschiedlichen Gegebenheiten in Stadt und

Land. Wenn Sie als kleines Transportunternehmen

Waren aus dem Bergischen Land unter Einbeziehung

der Schiene nach Verona transportieren

wollen, werden Sie feststellen, dass Ihnen

dort der Nachlaufmarkt fehlt, um die Waren vom

Zielbahnhof zum Endkunden bringen zu können.

Noch ist es so, dass die großen Transportunternehmen

da mehr Möglichkeiten haben. Um hier

aber auch für die kleinen und mittleren Betriebe

Angebote zu machen, haben wir die Buchungsplattform

„Truck2Train“ gegründet, eben um die

Planung des Nachlaufs zu erleichtern und die Lieferpotenziale

der Bahn besser auszuschöpfen.

Ist der Antrieb durch Wasserstoff für Transportfahrzeuge

und schwere LKW eine realistische

Möglichkeit, um zur Klimaneutralität beizutragen?

Absolut, aber noch sind wir nicht so weit, als dass

das Thema konkret umzusetzen wäre. Aktuell wurde

der erste Serien-Wasserstoff-Lkw für 2027 angekündigt.

Außerdem muss es sich dabei um „grünen“

Wasserstoff (d.h. mit „grünem“ Strom erzeugt) handeln.

Mit der „Nationalen Plattform Zukunft der

Mobilität“ (NPM) gibt es ja ein Expertengremium,

das Konzepte für die Verkehrswende entwickelt. Wir

unterstützen hier selbst aktiv, aber beobachten auch

genau. Neben der technologischen Entwicklung

braucht es aber auch hier von der Politik klare Lenkungsbedingungen.

Wir werden erst zum Ende der

Dekade nennenswert andere Fahrzeugtechnologien

nutzen können. Damit ist zu sagen: Ohne den Brummifahrer

geht es nicht. Wenn Sie nämlich sehen,

dass Sie mit einem Lastenfahrrad im Mittel rund 150

Kilogramm transportieren können, ein Supermarkt

in Berlin aber täglich Waren von z.B. 15 Tonnen benötigt,

sehen Sie ganz schnell, dass dies hier und da

eine nette Nischenlösung ist, der große Wurf aber

nicht sein kann.

Wie gehen die deutschen Spediteure generell

mit dem Thema Nachhaltigkeit um. Gibt es

Konzepte, um etwa Verpackungsmaterial zu

reduzieren?

Wie schon gesagt: Die gesamte Branche steht den

Themen Umweltschutz und Klimawende sehr aufgeschlossen

gegenüber und ist seit Jahren bemüht,

Verpackungsmüll zu reduzieren. Dabei geht es

vor allem darum, intelligente Mehrwegsysteme

zu entwickeln und zu nutzen. Das wird im großen

Stil auch schon so gemacht.

Deutschland ist ein exportorientiertes Land, insofern

ist auch Ihre Branche auf ein funktionierendes

Europa angewiesen. Welche Verbesserungen

muss es aus Ihrer Sicht für einen europaweit reibungslos

verlaufenden Transportverkehr geben?

Wir brauchen einen freien europäischen Grenzverkehr.

Schau‘n Sie sich die Corona-Krise an: Es ist

unverständlich, dass es im vereinten Europa zu

Grenzschließungen kam. Dann gab es Testzentren

an den Grenzen, in denen die Fahrer im Pulk zusammenstanden,

um den erforderlichen Corona-

Test durchführen zu lassen. Welches Risiko, sich

genau dort mit dem Virus zu infizieren! Dies ist

nur ein Beispiel für nationale Alleingänge, von denen

es zu viele gibt. Da nimmt sich Deutschland

leider nicht aus. Man muss sagen, dass zu viele

Theoretiker am grünen Tisch entscheiden, die immer

nur Teilaspekte betrachten (können) und damit

die Auswirkungen ihrer Entscheidungen für

die gesamte Branche nicht richtig einschätzen.

Das Gespräch führte Stefanie Bona

Foto: BGL

24 www.bvg-menzel.de

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