DER BIEBRICHER, Nr. 356, Juli 2021

Wiesbadens Box-Europameister Arben Shemallari lebt
seinen Traum
ROBIN EISENMANN
Durchs Leben geboxt, dabei allen
Widrigkeiten getrotzt und
noch lange nicht am Ende – die
Karriere von Wiesbadens Box-
Europameister Arben Shemallari
könnte Stoff für einen abendfüllenden
Hollywood-Film sein.
Dass dieses einmalige Drehbuch
allerdings auf einer wahren Geschichte
beruht, davon hätte
selbst Shemallari vor ein paar
Jahren nicht zu träumen gewagt.
Im Juli 2018 raffte sich der damals
30-Jährige auf, um sich den
Traum eines einzigen professionellen
Boxkampfes zu erfüllen.
Bei einer Körpergröße von 1,73
Meter wog er stolze 105 Kilogramm,
erinnert er sich. Er war
kurzatmig, die Knie und der Rücken
haben geschmerzt. Doch
er biss die Zähne zusammen,
nahm dank intensiven Trainings
schnell 35 Kilo ab. Im darauffolgenden
November zog er dann
die Boxhandschuhe über und
gewann seinen ersten Kampf
nach 36 Sekunden, durch technischen
K.O. „Ich war so aufgeregt,
ich habe den Gong gehört
und habe wie ein verrückter
losgeboxt. So richtig konnte ich
mich danach gar nicht daran erinnern,
erst als Schluss war. Ich
wusste, ich habe das Talent aus
meiner Jugend nicht verloren,
aber mit so einem Erfolg habe
ich nicht gerechnet“, erzählt der
sympathische Leistungssportler,
der als Service-Techniker für die
Deutsche Post arbeitet.
Als Jugendlicher lernt „Benni“,
wie ihn seine Freunde nennen,
das Boxen beim ABV Kohlheck.
Er feiert Erfolge bei Hessenmeisterschaften
und träumt
von der großen Karriere. Doch
es kam anders: Ohne deutsche
Staatsbürgerschaft durfte der in
Wiesbaden geborene Shemallari
nicht an nationalen Titelkämpfen
teilnehmen, danach ging es
mit der Motivation stufenweise
bergab. Dann kamen Ausbildung
und Job. Es fehlte die
Zeit für den Leistungssport und
die Kilos häuften sich von Jahr
zu Jahr. „Ich wollte mir nicht
irgendwann sagen: Was wäre
gewesen, wenn ich damals weitergemacht
hätte?“, blickt der
33-Jährige auf den Wendepunkt
2018 zurück.
Nach dem furiosen Comeback,
sage und schreibe 14 Jahre nach
seinem letzten offiziellen Kampf,
folgte eine unglaubliche Serie an
Siegen im Boxring. Unter anderem
siegte er bei einem Box-
Großevent in der Wiesbadener
BRITA-Arena, kletterte auf diese
Weise in der Weltrangliste nach
oben. Und auch Corona konnte
den Heißsporn nicht aufhalten:
Statt mit Sandsack im Sportstudio,
trainierte Shemallari einfach
mit ausgiebigen Treppenläufen
und zahllosen Klimmzügen im
Biebricher Schlosspark. Und das
am liebsten in den Morgen- und
Abendstunden, wie er verrät:
„Während die anderen schlafen,
werde ich besser“.
Box-Europameister Arben „Benni“
Shemallari trainiert täglich in seinem
Trainingsraum nahe dem Amöneburger
Kreisel, den ihm sein Freund und Manager
Alexander Baumgärtner eingerichtet hat.
Fast täglich schuftet Shemallari
in seinem Trainingsraum in
Biebrich. Sein Freund und Manager
Alexander Baumgärtner,
Chef eines Abschlepp-Dienstes
zwischen den Bahnbrücken vor
dem Amöneburger Kreisel, hat
ihm hier Ende des letzten Jahres
extra eine eigene Fläche für
sein Work-out eingerichtet. Vor
Ort bieten die beiden Freunde
in ihrer „AS Sportpromotion“
nebenbei Selbstverteidigungskurse
und Personaltrainings
4 DER BIEBRICHER / JULI 2021