Zur Gesundheit 02_2021_Berlin ePaper
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ZUR GESUNDHEIT | ADVERTORIAL<br />
ORTHOPÄDIE<br />
VORWORT<br />
Vom Wesen der Medizin<br />
Heilung darf sich Zeit nehmen.<br />
Dr. med. Martin Ihle<br />
In Zeiten der Digitalisierung und hochtechnisierten Diagnostik möchte ich hier über<br />
das eigentliche Wesen der Medizin nachdenken: Es geht um die Beziehung zwischen<br />
Patient*in (lat. Der Geduldige) und Medicus (lat. Der Heilende) unter Berücksichtigung<br />
ihrer Aufgaben und Bedürfnisse. Diese Begegnung dient nicht nur der<br />
heilenden Einflussnahme von außen, sondern auch dem Erlernen von individuellen<br />
Verhaltensweisen zur Selbstheilung von innen.<br />
Es reicht in der Medizin eben nicht seine „Werte“ von Maschinen bestimmen zu lassen,<br />
um eine vermeintliche Objektivität zu erlangen, auf der eine leitliniengerechte<br />
Therapie fußt. Dazu gehört im Gegenteil die ärztliche Anamnese, in der ein Mensch<br />
seine Geschichte mit eigenen Worten formulieren kann und eine ärztliche Untersuchung,<br />
die individuell den Zustand des Patienten erfassen kann. Daraus kann dann,<br />
im besten Fall, eine maßgeschneiderte Therapie entwickelt werden.<br />
Sehr eindrucksvoll konnte zuletzt die vermeintliche Objektivität der gerätegestützen<br />
Diagnostik relativiert werden. Das Ergebnis einer MRT-Untersuchung hängt laut<br />
einer US-Studie nicht allein von der Einstellung des Gerätes und der Position des<br />
Patienten ab. Entscheidend sind vor allem, wonach der Radiologe sucht, und wie er<br />
die Aufnahmen interpretiert.<br />
Aus diesem Grund gehört zu jedem Labor oder MRT Befund auch ein Arzt, der<br />
den Patienten kennt und ebendiese „objektiven“ Ergebnisse beurteilen kann. Für<br />
mich ist aus diesem Grund die Entwicklung einer vom Arzt abgekoppelten Medizin,<br />
wie es manche Softwarefirmen suggerieren, nämlich, dass man einfach schnell seine<br />
Daten eingibt, einen Tropfen Blut einschickt, ein Messgerät seine Körperfunktionen<br />
auswerten lässt, genau dann eine Illusion, wenn es zur Therapie kommt. Das, was<br />
der Patient eigentlich braucht, nämlich Heilung, findet hier nicht statt.<br />
Eine allgemeine Fragestellung wie „Rückenschmerzen“ kann sogar negative Folgen<br />
für Betroffenen haben: So können zufällige Befunde falsch interpretiert werden und<br />
zu überflüssigen Therapien führen. Bei etwa einem Viertel der Bevölkerung zeigen<br />
sich ab einem gewissen Alter Bandscheibenvorfälle im MRT. Dabei handelt es sich<br />
um altersbedingte Veränderungen, die in der Regel nichts mit den Beschwerden zu<br />
tun haben und die nicht behandelt werden müssen.<br />
In meiner Praxis schätze ich den individuellen Kontakt und die Rückbesinnung zum<br />
Wesen der Medizin. Jeder hat seine Aufgaben: ich als Arzt – führend und behandelnd<br />
– und meine Patient*innen – als Geduldige und Lernende – auf dem gemeinsamen<br />
Weg zur Heilung.<br />
Literaturangaben:<br />
Variability in diagnostic error rates of 10 MRI centers performing lumbar spine MRI examinations on the same patient within<br />
a 3-week period. Richard Herzog, Daniel R.Elgort, Adam E.Flanders, Peter J.Moley. The Spine, Vol 17,4 April 2017, p. 554-561<br />
https://www.patienten-information.de/patientenblaetter/kreuzschmerz-bildgebung<br />
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