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ONKOLOGIE<br />

VORWORT<br />

Dynamik in den onkologischen<br />

Therapien ist unaufhaltsam!<br />

In den letzten 70 Jahren wurde unter anderem mittels der Chemotherapie, also<br />

mit Zellgiften versucht, Krebserkrankungen zu behandeln. Bei hämato-onkologischen<br />

Erkrankungen (Blutkrebs) konnten mit diesen Therapiearten gute Erfolge<br />

erzielt werden, bei soliden Tumorerkrankungen leider weniger.<br />

Dr. Wilfried Stücker<br />

Geschäftsführer und Leiter des<br />

Immun-Onkologisches Zentrum<br />

Köln (IOZK)<br />

Die zunehmenden molekularbiologischen Erkenntnisse zur Entstehung und zur<br />

Metastasierung von Tumoren sowie der Interaktion zwischen dem Immunsystem<br />

und dem Tumor, eröffnen immer bessere Therapieoptionen. Hier spielt die Erkenntnis<br />

eine entscheidende Rolle, dass kein Tumor mit einem anderen Tumor<br />

vergleichbar ist. So können selbst Tumore bzw. Metastasen, des gleichen Ursprungs<br />

in einem Patienten unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Zudem<br />

zeigen Tumorzellen unterschiedliche Mutationsentwicklungen.<br />

Diese Erkenntnisse erschweren es, Therapiemöglichkeiten weiterhin in den üblichen<br />

randomisierten doppel-blind Studien zu testen, weil mit zunehmendem<br />

Wissen über die Individualität der Tumore die Vergleichbarkeit in diesen Studien<br />

stark eingeschränkt wird. Je größer die Zahl der Tumormerkmale, die die<br />

Wirksamkeit einer Therapie beeinflussen können, desto mehr Kohorten müssen getestet werden. Das macht die<br />

Durchführung der Studien immer teurer und langwieriger. Früher war man der Meinung, dass zum Beispiel eine<br />

Darmkrebserkrankung eines Patienten vergleichbar ist mit einem Darmkrebs bei einem anderen Patienten. Heute<br />

wissen wir auf Grund der molekularbiologischen Diagnostik, dass z. B. Kolonkarzinomzellen im höchsten Maße individuell<br />

sind. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Tumor im Verlauf individuell verändert. Diese Erkenntnisse<br />

gelten für fast alle soliden Tumore und müssten in den therapeutischen Maßnahmen Berücksichtigung finden.<br />

Aus diesem Grund bekommt die personalisierte Therapie solider Tumore eine zunehmende Bedeutung. Personalisierte<br />

Medizin dient der Identifikation einer optimalen Behandlungsoption für den individuellen Patienten, z. B.<br />

anhand bestimmter molekularer Zielstrukturen. Diese sind oft nur bei einem kleinen Anteil der Patienten wirksam,<br />

bei diesen aber außerordentlich effektiv. Individualisierte Therapie muss aber auch die dynamische Interaktion<br />

zwischen Tumor und Immunsystem berücksichtigen: der Tumor verändert sich durch therapeutische Maßnahmen:<br />

Chemo- oder Hormontherapie üben einen Selektionsdruck aus. Deshalb ist zur Therapiesteuerung in gewissen<br />

Abständen eine Verlaufsdiagnostik notwendig, um die Tumoreigenschaften und die immunologische Situation<br />

einschätzen zu können.<br />

In der modernen onkologischen Therapie stehen immer mehr Behandlungsstrategien zur Verfügung, die klug<br />

kombiniert werden müssen, um die jeweils bestmögliche Wirkung zu erzielen. Je gezielter und physiologischer<br />

diese Therapien sind, desto wirksamer und nebenwirkungsärmer sind sie. Nebenwirkungen sind kein Zeichen für<br />

Wirksamkeit, wie früher postuliert wurde, sondern in den meisten Fällen Ausdruck mangelnder Spezifität.<br />

Es bleibt eine große Herausforderung, die heute zur Verfügung stehenden Erkenntnisse zum Vorteil der Patienten<br />

einzusetzen, da sich die Erstattung der Therapiekosten in der Regel auf Substanzen beschränkt, deren wissenschaftlicher<br />

Wirksamkeitsnachweis immer schwieriger wird. Deshalb benötigen wir neue, innovative Konzepte zur<br />

Wirksamkeitstestung, um die Translation neuer Erkenntnisse in die klinische Anwendung zu ermöglichen.<br />

Dr. Wilfried Stücker<br />

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