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CHECK Berlin/Brandenburg #6

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Community<br />

„Ich will es auch einfach nicht wahrhaben,<br />

dass ich mich so habe behandeln lassen.“<br />

wurde mir gesagt, dass wir Menschen mit HIV<br />

nur am Ende des Tages behandeln könnten,<br />

weil das Equipment eine spezielle Reinigung<br />

benötige. Ich war zwar misstrauisch, dachte<br />

aber dann, dass die Dinge hier wohl so geregelt<br />

werden.“ Als sich erneut ein HIV-Patient<br />

mit einen regulären Termin zu ihm verirrte,<br />

kam die Chefin auf Lorenzo zu: „Sie war sehr<br />

aggressiv und sagte mir, dass es ihre Klinik<br />

sei und ich nicht einfach machen könne, was<br />

ich wollte. Sie sagte, sie sei sicher, dass dies<br />

der richtige Weg sei, um Menschen mit HIV<br />

zu behandeln. Ich bemerkte dann auch eine<br />

Art Homophobie und mangelnde Empathie.<br />

Sie machte wirklich seltsame und unwissenschaftliche<br />

Behauptungen, etwa dass wir den<br />

Stuhl desinfizieren müssen, weil HIV darüber<br />

weitergegeben werden könnte. Wie verrückt!“<br />

Lorenzo bemühte sich zwar um eine Aufklärung<br />

und präsentierte Nachweise, dass<br />

Menschen, die regelmäßig ihre Medikamente<br />

nehmen, auch nicht ansteckend sind. Doch<br />

selbst auf knallharte Fakten ging die Zahnärztin<br />

nicht ein. „Sie sagte dann noch, dass sie es<br />

nicht verantworten könne, wenn etwa ein Kind<br />

auf diesem Stuhl sitzt und dann HIV bekommt.<br />

Im Prinzip sagte sie mir damit, dass Schwule<br />

und HIV-positive eine Bedrohung für Kinder<br />

sind. Danach habe ich meine Kündigung abgegeben<br />

und bin gegangen.“<br />

STRUKTURELLE DISKRIMINIERUNG<br />

LSBTI* und Diskriminierung sind leider immer<br />

untrennbar verbunden. Betroffene können<br />

nicht immer gleich reagieren, teils aus Angst<br />

vor weiteren Schwierigkeiten, teils weil sie<br />

es für normal halten, anders behandelt zu<br />

werden. Diskriminierung ist nichts, was einem<br />

einfach so „passiert“, sondern oft strukturell<br />

bedingt. Dagegen vorzugehen, gehört mit zu<br />

den Aufgaben einer Community, die lange für<br />

ihre Rechte und Akzeptanz kämpfen musste,<br />

und dies immer noch tun muss.<br />

P. überlegt mittlerweile, den Vorfall offiziell<br />

zu melden oder zumindest seine frühere<br />

Arztpraxis über das Erlebte zu informieren.<br />

Lorenzo eröffnet demnächst eine eigene<br />

Zahnarztpraxis in <strong>Berlin</strong>-Schöneberg, in der<br />

solche Diskriminierungen keinen Platz haben<br />

werden. (ts)<br />

www.praxis-florenz.de<br />

In vielen deutschen Städten gibt es<br />

Anlaufstellen für Menschen, denen<br />

Diskriminierung im Gesundheitsbereich<br />

widerfahren ist. Die Antidiskriminierungsstelle<br />

der Bundesregierung<br />

(www.antidiskriminierungsstelle.de)<br />

etwa bietet Online-Formulare zur<br />

Meldung solcher Vorfälle. Auch Beratungsangebote<br />

aus der Community, wie<br />

das <strong>Berlin</strong>er Netzwerk gegen Diskriminierung<br />

(www.lsbti-berlin.de), können<br />

dir weiterhelfen.<br />

<strong>CHECK</strong> BERLIN/BRANDENBURG <strong>#6</strong><br />

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