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Gästeblog
Schon das dritte Mal bewerbe ich mich in
SAugsburg um das Bundestagsmandat. Aber
SRoutine will sich in diesem Wahlkampf nicht
Seinstellen, denn auch im zweiten Sommer
Smit Corona ist alles anders. Wegen der Pandemie
machen wir keine großen Veranstaltungen,
die Begegnungen an Wahlkampfständen
und an den Haustüren sind durch Corona
geprägt. Masken, Abstand und Desinfektionsmittel
sind ständige Begleiter für mich und
mein Team. Und mehr noch: Die Impfungen,
der Impfdruck, Rechte für Geimpfte und Einschränkungen
für Ungeimpfte sind bei allen
Terminen das beherrschende Thema.
Eigentlich wollte ich mit den Augsburgerinnen
und Augsburgern gerne über viele
andere Themen reden: Über meine Bilanz
der letzten Wahlperiode, in der ich als
Berichterstatterin im Familienausschuss mit
viel Einsatz an der Reform des Kinder- und
Jugendhilferechts mitgewirkt habe. Es ist mir
ein großes Anliegen, dass Kinder und Jugendliche,
die es in ihren Familien oder ihrem
Umfeld schwer haben, gute, umfassende und
passgenaue Hilfen bekommen, dass der Kinderschutz
gestärkt wird, dass Eltern und Pflegeeltern
sich auf Beratung und Unterstützung
verlassen können und dass unsere Jugendhilfe
für alle Kinder und ihre Familien da ist, mit
oder ohne Behinderung. Mit den beschlossenen
Reformen haben wir einen großen
Schritt in die richtige Richtung gemacht. Für
viele Eltern und Kinder ist auch der Rechtsanspruch
auf Ganztagsförderung im Grundschulalter
sehr wichtig: Mit einem Ganztagsplatz
ist es für Eltern leichter, Familie und
Beruf unter einen Hut zu bekommen. Kinder,
die zu Hause nicht viel Unterstützung für die
Schule bekommen können, erhalten mehr
Chancen, ihre Talente zu entfalten. Dieses
Gesetz ist im Bundestag bereits beschlossen,
hängt aber noch in der Länderkammer, dem
Bundesrat, fest. Und bekommt leider wenig
Aufmerksamkeit.
Auch das Meister-BaFöG, dessen Reform
ich im Bildungsausschuss für die SPD begleitet
und verhandelt habe, ist mir ein Anliegen:
Bildung ist der Schlüssel zum Aufstieg und
in Zeiten des digitalen Wandels und der
Globalisierung ist lebensbegleitendes Lernen
ein Gebot der Stunde. Es muss gefördert und
so attraktiv wie möglich gestaltet werden,
damit zum Beispiel auch Väter und Mütter,
die nicht wieder von BAFöG-Sätzen leben
können, ihre Chancen ergreifen können. Hier
in Augsburg ist das ein drängendes Thema,
denn schon seit Jahren erleben wir, dass
die etablierten Industrien mit ihren guten
Arbeitsplätzen sich im Wandel befinden,
abbauen, umstrukturieren und manchmal
auch ihre Tore schließen. Über die Konsequenzen
sollten wir reden und nachdenken.
Selbst mit den drängendsten Zukunftsfragen
dringt man kaum durch: Das Hochwasser
im Westen Deutschlands hat dem Thema Klimaschutz
eine kurze Zwischenaufmerksamkeit
beschert. Aber trotz besorgniserregender
Meldungen zu Erderwärmung und Artensterben
und trotz der direkten Auswirkungen
auf unsere Augsburger Wirtschaft und die
Industriearbeitsplätze ist die Aufmerksamkeit
der Öffentlichkeit schnell wieder zum
alles beherrschenden Thema zurückgekehrt:
unserem Umgang mit der Pandemie und der
Frage, wie weitgehend der Staat Impfskeptiker
und Impfgegner zu einer Impfung nötigen
darf. Ich selbst habe mich impfen lassen,
sobald ich an der Reihe war, und fühle mich
damit gut und wesentlich sicherer.
„Ich bin keine
Ärztin, Impfstoff-
Forscherin oder
Virologin, sondern
Lehrerin und
Politikerin.“
Bis Anfang Juli wurde ich noch ständig
darauf angesprochen, dass der Staat bei
der Versorgung mit Impfstoff versagt habe:
„Warum habt ihr auf die EU gewartet? Warum
habt ihr es nicht wie die Briten und die
US-Amerikaner gemacht?“ Inzwischen liegen
wir mit der Impfquote vor den USA und nur
wenig hinter den Briten. Nur wenige Länder,
vor allem wesentlich kleinere wie Israel oder
Singapur oder solche mit hoch motivierter
Bevölkerung wie Spanien, haben einen
deutlichen Vorsprung. Seit August haben
wir mehr als genug Impfstoff – es fehlen die
Impfwilligen. Und fast zeitgleich hat sich die
Diskussion gedreht. Nun höre ich Schimpftiraden
über den steigenden Druck, sich impfen
zu lassen. Viele Bürgerinnen und Bürger
haben auch Angst vor den Impfstoffen und
befürchten Spätfolgen der Impfung. Da kann
ich nur auf die Expertinnen und Experten
des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) verweisen, das
in Deutschland für die Impfstoffsicherheit
zuständig ist. Laut PEI sind lange nach der
Impfung auftretende Schäden bei keinem
Impfstoff bekannt und auch bei den neuen
mRNA-Impfstoffen nicht zu erwarten. Die
Boten-RNA in den Impfstoffen von BioNTech
und Moderna wird im Körper innerhalb von
ca. 50 Stunden abgebaut.
Eigentlich möchte ich das gar nicht so
oft erklären, denn ich bin ja keine Ärztin,
Impfstoff-Forscherin oder Virologin, sondern
Lehrerin und Politikerin. Im Wahlkampf
spüre ich nach einem flauen Beginn jetzt,
Mitte August 2021, endlich Rückenwind für
Olaf Scholz und die SPD. Ich wünsche mir,
dass wir in den letzten Wochen vor der Bundestagswahl
wieder mehr darüber sprechen
können, wie wir mit Schwung und Ideen
aus der Pandemie und der weltweiten Krise
herausfinden und welche Lösungen wir dafür
entwickelt haben. Darauf freue ich mich!