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40 Jahre Frauenmuseum Bonn<br />

„Göttinnen im Rheinland“ und „Langeweile im Paradies“<br />

Ich weiß nicht mehr, in welcher Zeitung ich die Anzeige<br />

gelesen habe, aber sofort war der Wunsch geweckt: Da<br />

will ich hin, und zwar mit meiner Freundin Gabi!<br />

Es ist über 20 Jahre her, dass wir beide das erste Mal das<br />

Frauenmuseum in Bonn besucht haben. Auch damals war es<br />

das Thema einer Ausstellung, das uns gelockt hat: Schwellenübergänge,<br />

oder so ähnlich. Das entsprach unserer Lebenssituation<br />

und der damit verbundenen Unsicherheit durch<br />

Scheidung, Einstieg in einen neuen Beruf und was damit so<br />

zusammenhängt. Wir waren damals tief beeindruckt vom<br />

Konzept des Museums und angerührt von den Darstellungen<br />

der ausstellenden Künstlerinnen und ihrer Botschaft: Keine<br />

Angst, nur Mut, ihr schafft das, und ihr gewinnt neue Kraft.<br />

Meine Freundin war sofort bereit: Ein „Mädels Tag“ in<br />

Bonn, Kunstgenuss, Bummeln, einmal wieder raus aus der<br />

gleichförmigen Einerlei, super Idee! Am vereinbarten Tag<br />

geht es morgens los. Da das Museum aber erst um 14.00<br />

Uhr öffnet, starten wir unsere Tour zunächst im Zentrum<br />

von Bonn. Unser vorwiegendes Interesse gilt hier der Atmosphäre<br />

in den belebten Straßen und natürlich den Auslagen in<br />

den Schaufenstern der Geschäfte, vor allem der Boutiquen.<br />

Hier finden wir noch Originalität und ein reichhaltigeres<br />

Angebot als in unseren Siegener Läden, die fast ausschließlich<br />

von Ketten betrieben werden. Ja, wir sind auch fündig<br />

geworden und haben uns was gegönnt. Das Mittagsessen<br />

im Freien auf dem Platz vor dem alten Bonner Rathaus, ein<br />

Kultur<br />

Beeindruckende Papiermatronen von Marianne Pitzen. Die Künstlerin und gleichzeitig auch<br />

Direktorin des Frauenmuseums zieht die Blicke auf sich.<br />

weiteres Highlight, macht uns fit für den Museumsbesuch.<br />

Das Frauenmuseum in Bonn hat sich vor 40 Jahren gegründet,<br />

um Künstlerinnen einen Ort zu geben, wo sie ihre<br />

Kunst öffentlich machen können. Dahinter steht die Erfahrung,<br />

dass in unserer westlichen Welt die Kunst männlich dominiert<br />

ist und Frauen kaum ein Forum haben, sich mit ihren<br />

weiblichen Ausdrucksweisen zu präsentieren.<br />

So hat das Frauenmuseum auch sein ganz eigenes, sehr<br />

feminines Flair. Ein freundlicher Empfang, im Eingangsbereich<br />

verteilte Tische mit Stühlen und einem Angebot zum<br />

Verzehr von Kaffee und Kuchen, dazu ein Verkaufsbereich,<br />

wo es neben entsprechender Literatur auch wunderschönen<br />

Schmuck und auserlesene Kleidung zu kaufen gibt. Da lacht<br />

das Frauenherz!<br />

Und dann stößt man direkt auf die erste Gruppe der beeindruckenden<br />

Papiermatronen von Marianne Pitzen, der Direktorin<br />

des Museums. Frau Pitzen selbst ist anwesend und<br />

zieht sofort unsere Blicke auf sich: Eine große, elegante Frau<br />

im langen schwarzen Kleid mit einem Haaraufbau, wie ihn<br />

ihre papierenen Matronen auch tragen. In einer Beschreibung<br />

wird erklärt, wie dieser mächtige Aufbau der Haare zustande<br />

kommt und wer ihn tragen darf, denn er ist das Kennzeichen<br />

einer Matrone.<br />

Laut der Museumsinfo wurden die Matronen als Muttergöttinnen<br />

verehrt, ihnen wurden Steinstelen gewidmet, von<br />

denen man über 800 im Bereich des Niederrheinischen Römi-<br />

Foto: Frauenmuseum Bonn<br />

schen Reiches gefunden hat.<br />

Sie waren zuständig für die<br />

Fruchtbarkeit, aber auch für<br />

den Tod und stehen wohl in<br />

der Tradition von Frau Holle<br />

und Hel. Laut der Beschreibung<br />

waren sie ein Symbol<br />

für Nachhaltigkeit, weiblichen<br />

Geist und Weisheit.<br />

Wir finden sie überall<br />

verteilt, die Gruppen würdevoller<br />

Matronen, die laut<br />

Information vom ersten<br />

bis zum dritten Jahrhundert<br />

nach Christus verehrt<br />

wurden und großen gesellschaftlichen<br />

Einfluss<br />

hatten. Alle diese Papiermatronen<br />

sind sehr individuell<br />

gestaltet, wirken ausgesprochen<br />

lebendig und<br />

als Gruppe sehr machtvoll.<br />

Man, bzw. frau kann nicht<br />

anders als sie schmunzelnd<br />

und erheitert zu betrachten. Sie dominieren die Ausstellung<br />

neben all den anderen sehenswerten Objekten anderer<br />

Künstlerinnen.<br />

Die zweite Ausstellung, „Langeweile im Paradies“, ist<br />

etwas komplexer und unterteilt in Unterthemen. Unter dem<br />

Thema „Die Gärten der Göttinnen“ beginnt sie mit heiteren,<br />

üppigen paradiesischen Darstellungen in Form von Gemälden,<br />

Plastiken und Installationen verschiedenster Künstlerinnen.<br />

Dann folgt unter dem Thema „Forschung und Kulturvergleich“<br />

auch ein Beitrag der Siegener Künstlerin Dr. Marlies<br />

Obier zu bekannten und auch weniger bekannten Botanikerinnen<br />

wie zum Beispiel Hildegard von Bingen u.a. Ihre<br />

Tochter Eve D’Obier ist beteiligt mit drei Collagen. Sie beschäftigt<br />

sich mit dem alten Schöpfungsmythos, nachdem die<br />

Neugier Evas angeblich die Ursache für alles Leid der Welt<br />

sein soll, was die zukünftige Geschlechterrolle bestimmen<br />

sollte. D‘Obier setzt dagegen, dass es doch das Streben nach<br />

neuen Erkenntnissen und schöpferische Kreativität ist, das<br />

uns vorwärtsbringt, das nicht zerstört, sondern schafft.<br />

Weitere Unterthemen sind „Urmütter, Erde und Gold“<br />

mit wunderschönen, üppigen Darstellungen und „Paradiesverlust<br />

und Tod“. Sehr beeindruckend, wie nach all den bunten<br />

und lebendigen Bilder langsam die Farbe verschwindet,<br />

beispielhaft gezeigt an einer Installation zu den Ergebnissen<br />

des Braunkohle Tagebaus. Und am Ende der Reihe bleibt<br />

da ein farbloser Baum, die Fläche davor mit farblosen Steinen<br />

bedeckt und darauf eine farb- und leblose Schlange. Der<br />

Kommentar dazu: „Selbst die Schlange verlässt das Paradies“.<br />

Langeweile im Paradies.<br />

Korrespondierend zur „Langeweile im Paradies“ befindet<br />

sich im zweiten Stock das „Männer-Museum“. Hier<br />

Kultur<br />

Üppige Darstellungen aus den „Gärten der Göttinnen“.<br />

Fotos: Anne Alhäuser<br />

werden, auf einem umlaufenden Bord aneinandergereiht,<br />

„auslaufende Männer-Modelle“ gezeigt, allesamt Flohmarkt-<br />

Fundstücke aus der Sammlung Michael Fehrs. Geht es dem<br />

alten Adam, dem Patriachat an dem Kragen?<br />

Auf der Website des Frauenmuseums in Bonn gibt es zur<br />

Ausstellung Informationen und verschiedene sehr informative<br />

Videos. Hier kommen auch Dr. Marlies Obier und ihre<br />

Tochter Eve D’Obier zu Wort. Anschauen lohnt sich.<br />

Das war ein wunderbarer Tag für uns! Der Besuch im Bonner<br />

Frauenmuseum ist eine wahre Energiespritze und nur zu<br />

empfehlen. Fahren Sie einfach mal hin. Anne Alhäuser<br />

VdK Soziale Sicherheit in einer<br />

großen Gemeinschaft<br />

Kreisverband<br />

Siegen-Olpe-Wittgenstein<br />

57072 Siegen Morleystr.15-17<br />

Tel.: 02 71 / 30 38 29-0<br />

Fax: 02 71 / 30 38 29-18<br />

e-mail: kv-siegen@vdk.de<br />

www.vdk.de/kv-siegen-olpe-wittgenstein<br />

Falls Sie mehr über den VdK wissen möchten,<br />

wenden Sie sich an den Kreisverband oder direkt<br />

an den für Sie zuständigen Ortsverband<br />

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