24.12.2012 Aufrufe

Verbundprojekt TAMIC Entwicklung eines taktilen - Experimentelle ...

Verbundprojekt TAMIC Entwicklung eines taktilen - Experimentelle ...

Verbundprojekt TAMIC Entwicklung eines taktilen - Experimentelle ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Sektion für Minimal Invasive Chirurgie Tübingen<br />

Chirurgische Klinik<br />

Eberhard-Karls-Universität<br />

Tübingen<br />

Schlußbericht<br />

<strong>Verbundprojekt</strong> <strong>TAMIC</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>eines</strong> <strong>taktilen</strong> Mikrosensorsystems<br />

für die Minimal Invasive Chirurgie


Inhalt<br />

I. Einleitung 3<br />

1. Problemstellung 3<br />

2. Zielsetzung 4<br />

3. Voraussetzungen 5<br />

4. Planung und Ablauf 6<br />

5. Stand der Wissenschaft und Technik vor Projektbeginn 9<br />

II. Ablauf und Ergebnisse 10<br />

Arbeitspaket 1 10<br />

Arbeitspaket 2 14<br />

Arbeitspaket 3 30<br />

Arbeitspaket 4 43<br />

Arbeitspakete 5 und 8 44<br />

Arbeitspaket 6 55<br />

Arbeitspaket 7 68<br />

Arbeitspaket 9 72<br />

Arbeitspaket 10 73<br />

Arbeitspaket 11 74<br />

III. Zusammenfassung und Ausblick 77<br />

IV. Veröffentlichungen aus dem Projekt 79<br />

V. Literatur 79<br />

VI. Erfolgskontrollbericht 80<br />

Danksagung 82<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 2


I Einleitung<br />

In der Minimal Invasiven Chirurgie (MIC) werden Operationen in der Regel unter endoskopischer<br />

Kontrolle mit verlängerten starren Instrumenten durchgeführt, die durch kleine<br />

Einschnitte oder über natürliche Öffnungen in den Körper eingebracht werden. Der Verzicht<br />

auf die weiträumige Eröffnung von Körperhöhlen reduziert das operative Trauma, vermindert<br />

die postoperativen Schmerzen signifikant und verkürzt die erforderlichen Klinikaufenthalte<br />

sowie Rehabilitationszeiten erheblich.<br />

Die minimal invasive Technik hat sich innerhalb der letzten 30 Jahre entwickelt und<br />

insbesondere seit Beginn des laufenden Jahrzehnts nach ihrer Einführung in der Thorakoskopie<br />

(Wittmoser) und Laparoskopie (Semm) weite Bereiche der unterschiedlichen<br />

chirurgischen Disziplinen wesentlich beeinflußt. Die laparoskopische Entfernung der Gallenblase<br />

und des Appendix haben sich in den Industrieländern als Standardoperationen<br />

durchgesetzt. Das Feld chirurgischer Aufgaben, die endoskopisch gelöst werden können,<br />

erweitert sich ständig.<br />

Die Durchführung einzelner Schritte in der MIC ist jedoch durch grundlegende Einschränkungen,<br />

die sich aus einem noch unzureichend entwickelten Instrumentarium ergeben,<br />

deutlich erschwert und oft zeitaufwendig. Diese Einschränkungen betreffen neben der reduzierten<br />

Bewegungsfreiheit der Instrumente auch den Verlust wichtiger Informationsquellen<br />

wie der optimalen Sichtschärfe, des räumliches Sehens und des weiträumigen Überblicks über<br />

das Operationsgebiet sowie den Wegfall der Tastinformation.<br />

1. Problemstellung<br />

Während der Chirurg bei konventionellen - offenen - chirurgischen Eingriffen seinen<br />

Tastsinn häufig und intensiv zum Auffinden, Eingrenzen und Beurteilen pathologischer,<br />

insbesondere karzinomatöser Gewebeveränderungen oder zur Erkennung größerer Blutgefäße<br />

nutzt, ist die diagnostische Palpation endoskopisch nicht anwendbar.<br />

Durch die Aufhebung der funktionellen Einheit zwischen den Händen des Chirurgen und den<br />

Instrumenten geht die sensorische Kontrolle der chirurgischen Manipulation nahezu<br />

vollständig verloren. So kann wegen der hohen Reibung in den verlängerten Instrumentenschäften<br />

eine traumatische Einwirkung beim Greifen von Gewebe nicht in jedem Fall sicher<br />

erkannt werden.<br />

Werden dem minimal invasiv arbeitenden Chirurgen Tast- und Kraftinformationen wieder<br />

verfügbar gemacht, so kann die Qualität und Sicherheit der Eingriffe erheblich verbessert, die<br />

Belastung für den Patienten weiter verringert und die Rate an Komplikationen, die teilweise<br />

intraoperativ den Umstieg auf die offene Technik erzwingen, gesenkt werden. Durch<br />

höchstmögliche Schonung des Patienten, verringerte Liege- und Ausfallszeiten sowie<br />

maximale Effizienz der Arbeit des Chirurgen kann trotz erhöhten technischen Aufwands<br />

insgesamt eine deutliche Senkung von Krankheitskosten erzielt werden.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 3


2. Zielsetzung<br />

2.1. Ermöglichung der intraoperativen Palpation in der MIC<br />

Vorrangiges <strong>Entwicklung</strong>sziel war es, die intraoperative Befunderhebung durch Palpation<br />

wieder zu ermöglichen und die Kontrolle der im Körperinneren an den Effektoren auftretenden<br />

Kräfte wiederherzustellen.<br />

Um dem minimal invasiv operierenden Chirurgen Tast- und Kraftinformationen wieder<br />

verfügbar zu machen, waren geeignete Sensoren und sensorische Instrumente zu konzipieren<br />

und zu entwickeln. Diese mußten mit einer sinnvollen Signalaufbereitung, günstigerweise<br />

einer Aktorik, ausgestattet werden, um dem Operateur die möglichst intuitive Nutzung der<br />

gewonnenen <strong>taktilen</strong> Information zu ermöglichen.<br />

Zur Festlegung der notwendigen und sinnvollen Spezifikationen dieses zu entwickelnden<br />

sensorischen und aktorischen Instrumentariums waren zunächst die folgenden Grundlagen zu<br />

untersuchen.<br />

• Die mechanoelastischen, pulsatilen und sonstigen taktil erfaßbaren<br />

Eigenschaften der zu untersuchenden Gewebe.<br />

• Die Mechanismen und Leistungsmerkmale der <strong>taktilen</strong> Reizaufnahme und<br />

-verarbeitung beim Menschen.<br />

• die Techniken der chirurgischen Palpation, um sensorische Instrumente so auszulegen,<br />

daß sie ähnliche Bewegungen ausführen können.<br />

Mit Blick auf die grundlegenden Differenzierungsmerkmale für die palpatorische Erkennung<br />

und Klassifizierung pathologischer Gewebetypen einerseits - der Härte bzw. Elastizität, der<br />

Oberflächenrauhigkeit und der Verschieblichkeit gegenüber dem umgebenden Gewebe -<br />

sowie andererseits der Detektion von Blutgefäßen durch palpable Pulsation wurden die<br />

folgenden Aufgaben definiert:<br />

• <strong>Entwicklung</strong> einer Faßzange, deren Mechanik eine Simulation der Daumen-Zeigefinger-<br />

Palpation erlaubt.<br />

• <strong>Entwicklung</strong> <strong>eines</strong> pulsatilen Taststabs zur Erfassung von Druckschwankungen der<br />

Gefäßpulsation.<br />

• <strong>Entwicklung</strong> <strong>eines</strong> vibro<strong>taktilen</strong> Taststabs zur punktuellen Messung von Gewebeimpedanzen,<br />

die mit dem palpatorischen Härteeindruck korrelieren.<br />

• <strong>Entwicklung</strong> <strong>eines</strong> Taststabs mit taktilem Sensorarray zur Aufnahme von Druckkräften<br />

und ortsaufgelösten Härtedetektion.<br />

Angestrebt wurde die Integrierbarkeit aller drei Taststäbe in die Faßzange (taktiles Sensorsystem),<br />

wobei die Faßzange als Routineinstrument auch nichtsensorisch gut nutzbar sein<br />

sollte.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 4


2.2. Datenbasis standardisierter Gewebe- und Tastparameter<br />

Weiteres Ziel war die Bereitstellung einer Datenbasis standardisierter Gewebe- und Tastparameter<br />

als Grundlage für die Weiterentwicklung des Instrumentariums sowie für die<br />

Modellierung von Trainingsaufbauten und elektronischen Medien, um Chirurgen in der<br />

Anwendung der neuen sensorischen und aktorischen Techniken zu schulen. Darüberhinaus<br />

wurde eine Standardisierung von Tastbefunden mit dem Ziel angestrebt, ein Feld diagnostischer<br />

Möglichkeiten zu erschließen, das bislang aufgrund fehlender Objektivierbarkeit nicht<br />

nutzbar war.<br />

3. Voraussetzungen<br />

Aufgrund ihrer engen klinischen Anbindung und des interdisziplinären Ansatzes verfügt die<br />

Forschungs- und <strong>Entwicklung</strong>sgruppe der Sektion für Minimal Invasive Chirurgie an der<br />

Chirurgischen Universitätsklinik Tübingen über besonders günstige Voraussetzungen für eine<br />

am klinischen Bedarf orientierte, anwendernahe Konzeption und Evaluation von Prototypen<br />

innovativer medizintechnischer Instrumente und Verfahren. Die Gruppe besteht aus<br />

Chirurgen, Naturwissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern und ist seit 17 Jahren in der<br />

<strong>Entwicklung</strong> und klinischen Einführung neuer operativer Verfahren in der endoskopischen<br />

Chirurgie tätig, etwa der Transanalen Endoskopischen Mikrochirurgie (TEM) und der<br />

Endoskopisch Mediastinalen Dissektion des Ösophagus (EMDE). Weiter wurden neue<br />

Methoden der Behandlung des Gallensteinleidens und der laparoskopischen Dickdarmchirurgie<br />

erarbeitet. Innerhalb der Gruppe wurden im Bereich Technologie- und Systementwicklung<br />

neue Instrumentarien prototypisch entwickelt, erprobt und gemeinsam mit<br />

Industriepartnern realisiert.<br />

Aus der Analyse des technologischen Bedarfs für die MIC hat die Sektion im Jahr 1988 die<br />

folgende Trias der <strong>Entwicklung</strong>sziele definiert:<br />

• Wiedererlangung der räumlichen Sicht,<br />

• Wiedererlangung der Freiheitsgrade der Bewegung und<br />

• Wiederherstellung des Tastsinns.<br />

Seit 1990 besteht eine intensive <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit mit dem Forschungszentrum<br />

Karlsruhe. In diesem Rahmen war unter anderem bereits eine taktile Zange entstanden, mit<br />

der erste experimentelle Erfahrungen in der Anwendung sensorischer Instrumente gesammelt<br />

werden konnten.<br />

In der hauseigenen Prototypenwerkstatt konnten für das vorliegende Projekt kleinere technische<br />

Arbeiten wie die Anfertigung von Handgriff-Funktionsmustern und Komponenten für<br />

taktile Prüfvorrichtungen und Phantomaufbauten durchgeführt werden.<br />

Für die Erprobung der bei den technischen Partnern entwickelten Funktionsmuster in Tierversuchen<br />

stand der Tier-Operationssaal des Bereichs <strong>Experimentelle</strong> Chirurgie der Universität<br />

Tübingen zur Verfügung. Erprobungen an frischem, intraoperativ entfernten<br />

menschlichen Tumorgewebe konnten in der Chirurgischen Universitätsklinik Tübingen sowie<br />

aufgrund guter bestehender Kontakte an anderen Kliniken durchgeführt werden.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 5


Das Verbundvorhaben wurde gemeinsam mit den folgenden technischen Partnern realisiert:<br />

Adolf Bausch GmbH, Medizintechnik, 80337 München<br />

Daimler-Benz AG, Forschung und Technik, 81663 München<br />

Daum GmbH, 19061 Schwerin<br />

Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (FhG-IBMT), 66386 St. Ingbert<br />

ViewPoint Bildverarbeitung GmbH, 82205 Gilching.<br />

4. Planung und Ablauf<br />

Für das Verbundvorhaben wurde der folgende Arbeitsplan definiert:<br />

Arbeitspaket 1<br />

Untersuchung der Sensorik des menschlichen Hand-Arm-Systems/ Spezifikation<br />

physiologischer Anforderungen<br />

an technische Tastverfahren für die MIC<br />

Zeitraum Aufwand<br />

01.01.95-01.06.95 3 Personenmonate wiss. Personal BAT IIa<br />

2 Personenmonate tech. Personal BAT IVb<br />

Arbeitspaket 2<br />

Mechanische Eigenschaften pathologischer Humangewebe<br />

Zeitraum Aufwand<br />

01.01.95-01.06.95 3 Personenmonate wiss. Personal BAT IIa<br />

1 Personenmonat tech. Personal BAT IVb<br />

1 Personenmonat wiss. Hilfskraft<br />

Arbeitspaket 3<br />

Medizinische Konzeption taktiler Instrumente für die endoskopische Chirurgie<br />

Zeitraum Aufwand<br />

01.06.95-01.09.95 1 Personenmonat wiss. Personal BAT IIa<br />

1 Personenmonat wiss. Hilfskraft<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 6


Arbeitspaket 4<br />

<strong>Entwicklung</strong> einer experimentellen Testumgebung für die Grundlagenerprobung<br />

taktiler Instrumentensysteme<br />

einschließlich <strong>eines</strong> standardisierten Validierungsprotokolls<br />

Zeitraum Aufwand<br />

01.06.95-01.09.95 1 Personenmonat wiss. Personal BAT IIa<br />

3 Personenmonate tech. Personal BAT IVb<br />

3 Personenmonate wiss. Hilfskraft<br />

Arbeitspaket 5<br />

Grundlagenerprobung Funktionsmuster FM A1/A2 - makroskopisch<br />

(Vibrotaktiler Sensor, Pulsatiler Sensor)<br />

Zeitraum Aufwand<br />

01.09.95-01.11.95 2 Personenmonate wiss. Personal BAT IIa<br />

3 Personenmonate wiss. Hilfskraft<br />

Arbeitspaket 6<br />

Grundlagenerprobung FM B1/B2<br />

(Faßzange / Taststab mit taktilem Mikrosensorarray)<br />

Zeitraum Aufwand<br />

15.10.95-01.01.96 2 Personenmonate wiss. Personal BAT IIa<br />

3 Personenmonate wiss. Hilfskraft<br />

Arbeitspaket 7<br />

Überarbeitung und Detaillierung der medizinischen Konzeption für taktile<br />

Sensorsysteme / Erarbeitung <strong>eines</strong> klinischen Erprobungsplans<br />

Zeitraum Aufwand<br />

01.01.96-31.03.96 2 Personenmonate wiss. Personal BAT IIa<br />

2 Personenmonate wiss. Hilfskraft<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 7


Arbeitspaket 8<br />

Grundlagenerprobung Funktionsmuster FM A1/A2 - miniaturisiert<br />

(Vibrotaktiler Sensor, Pulsatiler Sensor)<br />

Zeitraum Aufwand<br />

31.03.96-31.05.96 2 Personenmonate wiss. Personal BAT IIa<br />

2 Personenmonate wiss. Hilfskraft<br />

Arbeitspaket 9<br />

Grundlagenerprobung Funktionsmuster FM H<br />

(Matching von taktiler Information und Videosignal)<br />

Zeitraum Aufwand<br />

01.05.96-31.06.96 2 Personenmonate wiss. Personal BAT IIa<br />

2 Personenmonate wiss. Hilfskraft<br />

Arbeitspaket 10<br />

Grundlagenerprobung Funktionsmuster FM C1/C2<br />

(Faßzange / Taststab mit taktilem elektrorheologischen Aktorarray)<br />

Zeitraum Aufwand<br />

31.08.96-31.11.96 2 Personenmonate wiss. Personal BAT IIa<br />

2 Personenmonate wiss. Hilfskraft<br />

Arbeitspaket 11<br />

Grundlagenerprobung Funktionsmuster FM G<br />

(Taktiler Manipulator)<br />

Zeitraum Aufwand<br />

01.10.96-31.12.96 2 Personenmonate wiss. Personal BAT IIa<br />

2 Personenmonate wiss. Hilfskraft<br />

Arbeitspaket 12<br />

Erarbeitung <strong>eines</strong> Trainings- und Demonstrationskonzepts<br />

Zeitraum Aufwand<br />

01.08.96-31.12.96 2 Personenmonate wiss. Personal BAT IIa<br />

2 Personenmonate wiss. Hilfskraft<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 8


5. Stand der Wissenschaft und Technik vor Projektbeginn<br />

Die Minimal Invasive Chirurgie hatte in den vorausgegangenen Jahren weite Bereiche der<br />

verschiedenen chirurgischen Fachrichtungen beeinflußt. Unter Nutzung moderner Technologie<br />

kann auf die breite Öffnung von Körperhöhlen verzichtet werden. Die Sicht wird über<br />

Endoskope und Videosysteme gewährleistet, der chirurgische Eingriff mit Instrumenten<br />

vorgenommen, die über kleine Zugänge in die Körperhöhle eingeführt werden. Grundsätzlich<br />

wird durch diese Vorgehensweise das operative Trauma vermindert, die postoperativen<br />

Schmerzen werden signifikant gesenkt und die Zeit des Klinikaufenthaltes kann deutlich<br />

reduziert werden, so daß in der Regel zwar ein größerer operativer Aufwand erforderlich ist,<br />

wegen der kurzen Liege- und Rehabilitationszeiten aber trotzdem Krankheitskosten gesenkt<br />

werden können. Die typische Operation, bei der die Vorteile der MIC erstmals in größerem<br />

Rahmen dargestellt werden konnten, ist die laparoskopische Cholezystektomie.<br />

Zunehmende Erfahrung und technischer Fortschritt erlauben heute auch die Ausführung<br />

größerer Eingriffe auf endoskopischem Wege, so daß mit einer weiteren Ausweitung<br />

endoskopischer Operationsverfahren zu rechnen ist.<br />

Für den endoskopisch arbeitenden Chirurgen ist im allgemeinen das zweidimensionale<br />

Videobild die einzige Quelle von Informationen über das Operationsgebiet. Die Lokalisation<br />

von Tumorgrenzen und Beurteilung der Dignität ist damit erheblich erschwert. Intraoperativ<br />

verwendbare technische Hilfsmittel zur Gewinnung taktiler Gewebe- oder Greifkraftinformation<br />

stehen nicht zur Verfügung.<br />

Bereits seit längerem existieren detaillierte theoretische und experimentelle Arbeiten zum<br />

Vibrationsverhalten und der Messung vibroelastischer Eigenschaften biologischer Gewebe<br />

[1]-[3]. Die Ausrichtung auf konkrete medizinische Anwendungen ist verstärkt in den letzten<br />

Jahren zu beobachten [4]. Große <strong>Entwicklung</strong>sanstrengungen in der Nutzung vibrotaktiler<br />

Sensorik für endoskopische Disziplinen der Chirurgie werden derzeit in Japan unternommen,<br />

z.B. am Nihon University College of Engineering, der Hirosaki University School of<br />

Medicine und dem University of Tokyo Dept. of Cardiothoracic Surgery.<br />

Die <strong>Entwicklung</strong> ortsauflösender kapazitiver Tastsensorarrays speziell für die Minimal<br />

Invasive Chirurgie wird insbesondere von Gruppen in den USA vorangetrieben, beispielsweise<br />

an der Division of Applied Sciences der Harvard University, Cambridge, Mass.. Hier<br />

wird auch auf dem Gebiet der Pulsdetektion [5] sowie der Aktorik gearbeitet. In Deutschland<br />

laufen Arbeiten im Bereich der kapazitiven Tastsensorik beispielsweise an der Universität<br />

Duisburg in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen<br />

und Systeme.<br />

Laseroptische Methoden für taktile Anwendungen werden in Japan mit Unterstützung der<br />

Olympus Optical Co. erprobt.<br />

Ein optisches Tastsensorarray einschließlich einer vibrationsbasierten Aktorik wurde in<br />

Zusammenarbeit mit unserer Gruppe bereits am Forschungszentrum Karlsruhe entwickelt.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 9


II. Ablauf und Ergebnisse<br />

Arbeitspaket 1: Untersuchung der Sensorik des menschlichen Hand-Arm-<br />

Systems/ Spezifikation physiologischer Anforderungen an technische<br />

Tastverfahren für die MIC.<br />

1.1 Die Physiologie des menschlichen Tastsinns<br />

Die Physiologie des menschlichen Tastsinns sowie die Palpationsmanöver, die in der Chirurgie<br />

intraoperativ zur Anwendung kommen, wurden hinsichtlich Tastergonomie und Palpationstechnik<br />

untersucht. Dies geschah in enger Abstimmung zwischen Physikern unserer<br />

Gruppe sowie des FhG-IBMT und Chirurgen unterschiedlicher Disziplinen.<br />

In Zusammenarbeit mit Einrichtungen für Sehbehinderte konnten grundlegende Leistungsmerkmale<br />

des menschlichen Tastsinns wie das maximale Auflösungsvermögen, Techniken<br />

des hochauflösenden Tastens und die zugeordneten physikalischen Daten erhoben werden.<br />

Der Sinneseindruck der Palpation entsteht durch die Reizung der exterozeptiven Sensoren, die<br />

sich in der Haut befinden in Verbindung mit den Reizen der propriozeptiven Sensoren in den<br />

Gelenken. Die propriozeptiven Sensoren geben die Anpreßkraft der Hand wieder. Untersuchungen<br />

der Haptik Sehbehinderter zeigten, daß die propriozeptive Sensorik ohne visuelle<br />

Unterstützung nur eine sehr ungenaue Orts- und Positionsbestimmung der Hand erlauben. Die<br />

Positionsbestimmung der Taststelle im Raum wird hauptsächlich visuell geleistet, während<br />

die räumliche Struktur des Tastobjektes durch die exterozeptive Sensorik erfaßt wird. Um<br />

dem Chirurgen einen natürlichen takilen Eindruck zu vermitteln, müssen sowohl die propriozeptive<br />

Sensorik als auch die exterozeptive Sensorik stimuliert werden. Die Anpreßkraft sollte<br />

durch Stimulation der propriozeptiven Sensorik und die räumliche Erfassung des Tastbjektes<br />

durch Stimulation der exterozeptiven Sensorik vermittelt werden.<br />

Die exterozeptive Sensorik reagiert auf Druck, seine Änderung sowie auf Vibration und<br />

Beschleunigung der Hautoberfläche.<br />

Der taktile Sinneseindruck durch die exterozeptive Sensorik entsteht durch eine Kombination<br />

dieser Einflüsse. Die höchste räumliche Auflösung der <strong>taktilen</strong> Information durch den<br />

Tastsinn in der Fingerbeere ist 0.5 mm [1] und wird durch den gemeinsamen Reiz des Drucks<br />

auf die Fingerbeere und der Vibration der Hautoberfläche durch Abtasten des Objekts<br />

erreicht. Weder eine alleinige vibrotaktile Reizung noch eine reine Druckreizung führt zu dieser<br />

Empfindlichkeit. Die alleinige Reizung <strong>eines</strong> Sensortyps führt zu einem deutlich geringeren<br />

räumlichen Auflösungsvermögen von 3 mm im Vergleich zu 0.5 mm bei kombinierter<br />

Stimulation der Sinnesreize.<br />

Die taktile Erfassung einer größeren Struktur erfolgt normalerweise iterativ. Nach Gewinn<br />

<strong>eines</strong> groben Überblicks durch grobes Abtasten der Struktur werden die interessantesten<br />

Stellen der Struktur wiederholt und fein abgetastet. Dieses Vorgehen ermöglicht schnelles und<br />

effizientes Erfassen einer Struktur sowie schnelles Auffinden von morphologisch interessanten<br />

Bereichen der ertasteten Struktur.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 10


Im Ergebnis konnten aus physiologischer Sicht die folgenden Spezifikationen definiert werden,<br />

die bei der technischen Nachbildung der menschlichen Wahrnehmung durch taktile<br />

Instrumentarien zu fordern sind. Diese Ergebnisse sind als Anforderungen, Konzepte und<br />

Realisierungsvorschläge in alle weiteren Arbeitspakete eingeflossen<br />

Das Auflösungsvermögen der Fingerkuppe wurde in Abhängigkeit von Art und Intensität der<br />

Impulse untersucht. Die maximale Kraft, die die Fingerbeere beim aktiven Ertasten von<br />

Oberflächenstrukturen ausübt, wurde für monopolares Tasten zu 50 bis 100 cN bestimmt.<br />

Diese Kraft entspricht bezogen auf die Fläche der Fingerbeere von etwa 0,5 cm² einem Druck<br />

von 200 mbar. Untersuchungen an Gewebeproben zeigten, daß ein höherer Anpreßdruck das<br />

Gewebe verletzen kann. Die maximale laterale Auflösung des menschlichen Tastsinns beim<br />

Überstreichen von Strukturen mit mehreren Fingern beträgt etwa 500 µm; dies wird<br />

beispielweise durch die von geübten sehbehinderten Personen verwendete Technik des Lesens<br />

von Braille-Texten illustriert, vergleiche hierzu [6]. Geringfügig höhere Punktauflösungen<br />

können beim Reiben z.B. zwischen Daumen und Zeigefinger erreicht werden, vgl. dazu [7].<br />

Die differentielle Auflösung der Fingerkuppe beträgt etwa 1 mbar mit nur geringfügigen<br />

Abweichungen zwischen den einzelnen Fingern.<br />

Die Verwendung anderer Hautareale als taktile Empfänger wurde geprüft, jedoch von chirurgischer<br />

Seite für klinisch nicht praktikabel erachtet.<br />

Die Mechanismen der sensorischen Reizaufnahme über die Rezeptoren der Haut und die Propriozeption<br />

in Gelenken, Muskeln und Sehnen wurden einander gegenübergestellt und die<br />

Bedeutung der visuellen Unterstützung für die Positionsbestimmung der tastenden Hand untersucht.<br />

1.2 Operatives Umfeld<br />

Das taktile Instrument soll in ein endoskopisches operatives Umfeld integriert werden, in dem<br />

das Personal hohen Belastungen ausgesetzt ist. Die Kosten zum Betrieb <strong>eines</strong> Operationssaals<br />

sind hoch und das Personal ist knapp. Schon beim Aufbau der Geräte und beim sterilen Herrichten<br />

der Instrumente herrscht oft Zeitdruck. Die Organisation des sterilen Instrumentariums,<br />

Einleitung des Patienten, des kompletten Operationsteams und eventuell hinzuzuziehender<br />

Experten muß zeitlich optimal abgestimmt werden, um Kosten und Narkosezeit zu minimieren.<br />

Die Operation erfordert bestmögliche Präzision und oft schnellstmögliches richtiges Handeln.<br />

Deshalb steht insbesondere der verantwortliche Operateur, der eine Vielzahl von chirurgischen,<br />

anästhesiologischen, medizintechnischen und organisatorischen Bedingungen einhalten<br />

muß, unter hoher Belastung. Das sterile Personal hat nur begrenzte Bewegungsfreiheit und<br />

unterliegt teilweise erheblichen ergonomischen Belastungen. Deshalb müssen Instrumente<br />

und Geräte, die in einer solchen endoskopischen Operation verwendet werden, einfach,<br />

schnell montierbar, zuverlässig und dennoch wirkungsvoll sein.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 11


1.3 Anforderungen an den Sensor<br />

Das Sensorarray sollte eine realistische chirurgische Palpation ermöglichen. Aus diesem<br />

Grund muß es mindestens die physiologische Auflösung und Empfindlichkeit wiedergeben.<br />

So ergibt sich für den Sensor eine zu fordernde räumliche Auflösung von<br />

0,5 mm - 1 mm. Das Sensorarray sollte im Betrieb als taktiler Sensor einem Anpreßdruck von<br />

mindestens 200 mbar standhalten<br />

Die realistische Palpation von Strukturen erfordert eine Kraft- bzw. Druckauflösung jedes<br />

einzelnen Sensorelements von mindestens 1 mbar differentieller Auflösung bei einer absoluten<br />

Genauigkeit von 10 mbar.<br />

Die Temperatur des Gewebes wird in der minimal-invasiven Chirurgie wie in der offenen<br />

Chirurgie bisher nicht gemessen. Es ist sicher von Interesse, die Temperatur des Gewebes zu<br />

bestimmen, um eventuell zusätzliche Aussagen über das Gewebe erhalten zu können. Temperaturmessungen<br />

können vorab vom MIC Tübingen mit einem Thermoelement im Tierversuch<br />

vorgenommen werden.<br />

1.4 Anwendungszenarien<br />

Die in <strong>TAMIC</strong> geplante taktile Faßzange sollte dem Chirurgen bei einem minimal-invasiven<br />

chirurgischen Eingriff ein Abtasten des Gewebes ermöglichen. Dieses Abtasten ermöglicht<br />

sowohl die Unterscheidung von gesundem und pathologischem Gewebe als auch die<br />

Erkennung von Gefäßen.<br />

Die taktile Faßzange soll durch die Bestimmung von Härte, Oberflächenrauhigkeit und Verschieblichkeit<br />

des Gewebes bzw. von Strukturen im Gewebe einen <strong>taktilen</strong> Eindruck des ertasteten<br />

Gewebes ermöglichen. Dieser taktile Eindruck sollte dem Chirurgen in der minimalinvasiven<br />

Chirurgie die Identifikation von pathologischem Gewebe ermöglichen. In der<br />

minimal-invasiven Chirurgie sind pathologische Veränderungen des Gewebes z. B. in Form<br />

von<br />

• Gallengangssteinen,<br />

• endoluminalen Tumoren ( Rektumtumor, Magenkarzinom),<br />

• oberflächennahen Tumoren im Parenchymgewebe,<br />

• Lebermetastasen und<br />

• Morbus Crohn im Dünndarm (endzündliche Verhärtungen)<br />

interessant. Eine Identifikation von Gefäßen durch die taktile Faßzange ist in der minimalinvasiven<br />

Chirurgie sehr wünschenswert, um Verletzungen dieser Gefäße zu vermeiden. Die<br />

Faßzange sollte die Pulsation von Arterien digital detektieren können. Die digitale Erkennung<br />

von Venen wäre wünschenswert, ist aber vermutlich schwer zu realisieren. Die taktile Faßzange<br />

soll sowohl zur Palpation als auch zum Fassen von Gewebe in der laparoskopischen<br />

MIC eingesetzt werden. Die Kombination von Greif- und taktilem Instrument kann die taktile<br />

Faßzange zu einem Routineinstrument des Chirurgen in der minmalinvasiven Chirurgie<br />

machen.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 12


In einigen Fällen konnte den Partnern die Anwesenheit bei chirurgischen Operationen ermöglicht<br />

werden. Die diagnostischen und therapeutischen Bedingungen, die Anforderungen an<br />

Reinigbarkeit und Sterilisierbarkeit sowie an die elektrische und mechanische Sicherheit der<br />

Instrumente wurden spezifiziert. In Ergänzung wird auch hier auf die Ergebisse von Arbeitspaket<br />

3 verwiesen, weiter auf die Ergebnisse in Arbeitspaket 7.<br />

Das Arbeitspaket wurde im Zeitplan abgeschlossen.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 13


Arbeitspaket 2: Mechanische Eigenschaften pathologischer Humangewebe<br />

2.1 Messungen mit dem Kraft-Weg-Aufnehmer<br />

Inhalt des Arbeitspakets war die Bestimmung mechanischer Eigenschaften, wie Elastizität,<br />

Härte, Rauhigkeit oder Verschieblichkeit, pathologischer und gesunder Gewebe. Sowohl die<br />

statisch <strong>taktilen</strong> als auch die mechanische Impedanz - das heißt die vibro<strong>taktilen</strong> Eigenschaften<br />

pathologisch veränderter Gewebetypen in Bezug auf das umgebende gesunde Gewebe -<br />

wurden untersucht.<br />

Zur Messung statisch taktiler Gewebeeigenschaften wurde eine standardisierte Testumgebung<br />

aufgebaut, die auf statischer Kraft-Weg-Messung beim Zusammendrücken von Resektatgeweben<br />

gegen eine feste Unterlage basiert. Es konnten somit Elastizitästmodule fester Proben<br />

aufgenommen werden.<br />

Weg [mm]<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

-2 0 2 4 6 8 10 12 14 16<br />

Zeit [s]<br />

Abb. 1. Messung des Weges bei Auf- und Zubewegung des Maulteils.<br />

Hauptergebnis dieser Messungen war, daß das undurchblutete Resektatgewebe bei langsamen<br />

Bewegungen schlecht durch ein elastisches Modell beschrieben werden kann. Vielmehr<br />

überwiegt der plastische Charakter des Gewebes. Außerdem hingen die Meßwerte stark vom<br />

Zustand des Resektats ab (Alter, Autolysegrad).<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 14


Kraft [mN]<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

-10 -8 -6 -4<br />

Weg [mm]<br />

Abb. 2. Hysterese bei der Kraftmessung der Auf- und Zubewegung von Abb. 1.<br />

2.2 Messungen mit dem vibro<strong>taktilen</strong> Referenzmeßsystem<br />

Weiter wurden mit einem vibro<strong>taktilen</strong> Referenzmeßsystem des FhG-IBMT Impedanzeigenschaften<br />

verschiedener Proben vermessen. Die Funktionsweise des Referenzsystems ist ausführlich<br />

im Bericht der FhG-IBMT beschrieben.<br />

Die vibro<strong>taktilen</strong> Eigenschaften von Gewebe können durch eine Anregung des Gewebes zu<br />

einer erzwungenen Schwingung ermittelt werden. Für die Messung der Impedanz des schwingenden<br />

Systems wird sowohl die Anpreßkraft als auch die Schwingungsamplitude zeitabhängig<br />

detektiert. Durch Variation der Frequenz des anregenden schwingenden Stößels kann die<br />

Eigenresonanz des schwingenden Systems bestimmt werden. Ziel der Bestimmung der Impedanz<br />

des Gewebes ist ein vibrotaktiles Instrument, mit dessen Hilfe Aussagen über die Härte<br />

(Scher- und Kompressionsmodule) des Gewebes getroffen werden können.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 15


Im Dezember 1995 wurden mit dem vom FhI-IBMT zur Verfügung gestellten Referenzsystem<br />

von Brüel & Kjaer die vibro<strong>taktilen</strong> Eigenschaften folgender Humanresektate gemessen.<br />

• Lebermetastasen,<br />

• gesundes Lebergewebe,<br />

• Dickdarm-Adenom,<br />

sowie aus der Hals-Nasen-Ohren-Klinik:<br />

• Polyp,<br />

• Schleimhaut,<br />

• Schleimhaut mit Schwellkörper,<br />

• Lymphknoten,<br />

• glandula submandibularis (Unterkiefer-Speicheldrüse),<br />

• Plattenepithelkarzinom,<br />

• Knorpel,<br />

• Gesichtsknochenfragmente,<br />

• Unterkieferknochen.<br />

Für die Messungen wurde mit einer Waage eine konstante Anpreßkraft des schwingenden<br />

Stößels von 2 cN eingestellt. Die Gewebeproben lagen für die Messungen auf einer harten<br />

Unterlage. Die Leberresektate hatten eine Dicke von 7 mm. Bei den anderen Resektaten war<br />

die Größe von der natürlichen Ausdehnung der Gewebeproben abhängig. In den beiliegenden<br />

Schaubildern sind die Einzelmessungen dargestellt. Die Resonanzfrequenzen variieren für die<br />

verschiedenen Gewebe zwischen 18 Hz und 110 Hz. Die Schwankungen innerhalb einer<br />

Gewebeprobe waren wie die durch die Meßungenauigkeit des Systems bedingten<br />

Schwankungen gering. Eine Unterscheidung der unterschiedlichen Gewebeproben läßt sich<br />

eher durch eine Bestimmung der Eigenresonanz des schwingenden Systems bewerkstelligen,<br />

als durch eine Messung der Kraft oder Amplitude bei definierter Frequenz. Die<br />

Resonanzfrequenz von gesundem und pathologisch verändertem Gewebe unterscheidet sich in<br />

diesem Laborexperiment um etwa einen Faktor zwei. Die einzelnen Messungen werden im<br />

folgenden kurz diskutiert.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 16


• Lebermetastasen im Vergleich zu gesundem Gewebe (siehe Abb. 3): Die Resonanzfrequenz<br />

von gesundem Gewebe war bei zwei Präparaten zwischen 21 Hz und 24 Hz während<br />

sie für das pathologisch veränderte Gewebe zwischen 28 Hz und 35 Hz war. Eine<br />

vibrotaktile Unterscheidung zwischen gesundem und pathologisch verändertem Gewebe<br />

scheint demnach möglich.<br />

Abb. 3: Vibrotaktile Messungen von Lebermetastasen im Vergleich zu gesundem Gewebe.<br />

Es wurde auch nach einem zweiten Prinzip gemessen. Es wurde die Schwingungsamplitude<br />

konstant gehalten und die zur Erzielung dieser Auslenkung notwendige Kraft ermittelt. Die<br />

zur Anregung notwendige Kraft bei konstanter Schwingungsamplitude und einer Frequenz<br />

von 15 Hz lag bei gesundem Gewebe zwischen 20 mN und 25 mN und bei dem pathologisch<br />

veränderten Gewebe zwischen 40 mN und 60 mN.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 17


• Bei den Messungen des Kolon-Adenoms war die Resonanzfrequenz des Adenoms mit 21-<br />

26 Hz geringer als die Frequenz der gesunden Darmwand mit 30-50 Hz (Abb. 4, 5). Dies<br />

entspricht dem <strong>taktilen</strong> Eindruck des gegenüber der Darmwand weicheren Adenoms. Die<br />

Schwankungen der Resonanzfrequenz der Darmwand liegen im verwendeten Meßaufbau<br />

begründet, da die dünne Darmwand direkt auf einer harten Korkauflage plaziert war und<br />

nicht frei schwingen konnte. Dies wird in der folgenden Messung korrigiert werden. Eine<br />

Unterscheidung der Gewebesorte aufgrund der Kraft ist hier nicht möglich.<br />

Abb. 4: Vibrotaktile Messungen von Kolon im Vergleich zu gesundem Gewebe.<br />

Abb. 5: Streuung der vibro<strong>taktilen</strong> Messungen bei verschiedenen Organen.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 18


• Die Messung an Lymphknoten im Hals-Bereich offenbarte keine Unterschiede zwischen<br />

Lymphknoten und umgebendem Bindegewebe (Abb. 6). Dies entspricht dem <strong>taktilen</strong> Eindruck,<br />

da die Härte der Gewebe taktil nicht zu unterscheiden ist. In der chirurgischen<br />

Praxis ist dies jedoch durch Messung der Verschieblichkeit der Lymphknoten möglich.<br />

Abb. 6: Vibrotaktile Messungen an Lymphknoten im Hals-Bereich im Vergleich zum umliegenden<br />

Bindegewebe.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 19


• Die Resonanzfrequenzen des Plattenepithelkarzinoms waren mit 25-30 Hz deutlich größer<br />

als die Resonanzfrequenzen der umgebenden Schleimhaut mit 21-22 Hz (Abb. 7). Eine<br />

taktile Lokalisation ist demnach bei einer Bestimmung der Resonanzfrequenz möglich,<br />

nicht jedoch bei Bestimmung der Kraft oder Amplitude. Besonders hervorzuheben ist hier<br />

die Detektion des karzinomatösen Gewebes im Hintergrund von gesunder Schleimhaut.<br />

Abb. 7: Vibrotaktile Messungen an Plattenepithelkarzinom im Vergleich zur umgebenden<br />

Schleimhaut.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 20


• Nasenschleimhaut kann ebenso von Gesichtsknochen durch eine Bestimmung der<br />

Resonanzfrequenz unterschieden werden (Abb. 8). Die Messungen der Resonanzfrequenz<br />

größerer Knochenfragmente ist jedoch noch ungenau, da der Knochen mechanisch nicht<br />

fixiert war und so bei einer vibro<strong>taktilen</strong> Anregung bezüglich der Unterfläche zu<br />

Schwingungen angeregt wurde. Diese Ungenauigkeit wird in der nächsten Messung durch<br />

eine mechanische Fixierung, die auch in vivo vorhanden ist, korrigiert.<br />

Abb. 8: Vibrotaktile Messungen an Nasenschleimhaut im Vergleich zum Gesichtsknochen.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 21


• Die Resonanzfrequenz von Nasen-Polypen (Abb. 9) war bedingt durch die<br />

unterschiedliche Größe der Polypen mit 15-30 Hz großen Schwankungen unterworfen.<br />

Dennoch ist eine vibrotaktile Unterscheidung zwischen Polyp und Knochen möglich.<br />

Abb. 9: Vibrotaktile Messungen an Nasenpolypen im Vergleich zum Gesichtsknochen.<br />

Aufgrund dieser Ergebnisse scheint eine vibrotaktile Messung zur Bestimmung von Gewebehärten<br />

und damit auch zur Unterscheidung der verschiedenen Gewebetypen grundsätzlich<br />

möglich (Abb. 10). So ist z. B. mit dem verwendeten Referenzsystem eine Differenzierung<br />

zwischen Lebermetastasen und gesundem Umgebungsgewebe bei Bestimmung der<br />

Resonanzfrequenz des Gewebes möglich. Diese Differenzierung ist auch in gewissen Grenzen<br />

für verdeckte Strukturen möglich. Einschränkend ist anzumerken, daß die hier vorgestellten<br />

Messungen mit einem Labor-Meßsystem für vibrotaktile Sensorik durchgeführt wurden. Bei<br />

Verwendung <strong>eines</strong> natürlicherweise ungenaueren miniaturisierten vibro<strong>taktilen</strong> Sensors<br />

könnten die Unterschiede in der Resonanzfrequenz von maximal einem Faktor zwei geringer<br />

als die Meßungenauigkeit sein. Die Anpreßkraft ist intraoperativ größeren Schwankungen<br />

unterworfen, die zusätzlich die Ungenauigkeit der Meßmethode vergrößern. Da das Signal<br />

<strong>eines</strong> vibro<strong>taktilen</strong> Sensors bei kleineren Strukturen (


waren zu ungenau, da bei diesen Präparaten bedingt durch den Meßaufbau die gesamten Präparate<br />

zu Schwingungen angeregt wurden. Diese Schwingungen verfälschten die Messung<br />

stark, weshalb hier die Meßfehler am größten waren. Es wird vorgeschlagen, daß die Präparate<br />

in einem nachfolgenden Experiment fixiert werden, so daß sie nicht mehr schwingen<br />

können. Des weiteren ist die Schwingungsamplitude von gegenwärtig 50 µm wesentlich zu<br />

verringern, um einen ständigen Kontakt des Stößels mit dem Präparat zu gewährleisten.<br />

Resonanzfrequenz /Hz<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Polyp<br />

Lymph.<br />

Schwellk.<br />

Schleimhaut<br />

PE-Karzinom<br />

Knorpel<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 23<br />

Ges.-knochen<br />

Abb. 10: Unterscheidung von Gewebearten in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde nach den<br />

vibro<strong>taktilen</strong> Messungen.<br />

Die Lokalisation von karzinomatösem Gewebe wie einem Plattenepithelkarzinom in der umgebenden<br />

Schleimhaut ist ebenfalls in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde von großem Interesse,<br />

da die Tumoren häufig verdeckt sind. Die grundsätzliche Möglichkeit dieser Lokalisation<br />

wurde mit dem Referenzsystem an einem Resektat gezeigt.<br />

Abschließend läßt sich sagen, daß eine Unterscheidung der einzelnen Gewebetypen durch<br />

vibrotaktile Sensorik grundsätzlich möglich ist. Die hier gewonnenen Ergebnisse müssen<br />

jedoch weiter vertieft werden, bevor sich abschließende Aussagen treffen lassen.<br />

2.3 Messungen mit dem vibro<strong>taktilen</strong> Versuchsaufbaus in Tübingen<br />

2.3.1 Einleitung und Problemstellung<br />

Schon vor Beginn des <strong>TAMIC</strong>-Projekt war von MICT mit der <strong>Entwicklung</strong> zweier Vorstudien<br />

<strong>eines</strong> vibrotaktiler Sensoren begonnen worden. Begleitend zum <strong>TAMIC</strong>-Projekt wurde die<br />

<strong>Entwicklung</strong> im Rahmen einer Diplomarbeit, die gemeinsam mit Prof. Dipl.-Ing. Fritz Seutter<br />

bei der FHTE in Esslingen betreut wurde, fortgeführt.<br />

Unterkiefer<br />

gl.sub.


Die Problemstellung war grundsätzlich die gleiche, wie für die <strong>Entwicklung</strong> des vibro<strong>taktilen</strong><br />

Sensors bei der FhG IBMT. Allerdings sollte nicht die Resonanzfrequenz des Gewebes<br />

gemessen werden, sondern die Dämpfung des schwingenden Taststößels durch den Gewebekontakt.<br />

Dieser Ansatz erschien technisch wesentlich einfacher und damit kostengünstiger<br />

realisierbar. Der Vergleich mit der ganz ähnlichen und erfolgreichen <strong>Entwicklung</strong> von<br />

AXIOM [4, 8, 9] zeigt die Richtigkeit dieses Gedanken.<br />

Dafür sollte eine Geometrie angestrebt werden, die endoskopisch einsetzbar sein sollte. Der<br />

Grundgedanke war ein zylindrisches vibro-taktiles Sensorinstrument mit einem Außendurchmesser<br />

von 10mm, 12mm oder höchstens 15mm, so daß es durch die handelsüblichen Trokare<br />

eingesetzt werden kann. Dieses Instrument soll in Berührung, vergleichbar einem Kugelschreiber<br />

auf Papier, über das suspektes Gewebe bewegt werden und in Echtzeit die Gewebehärte<br />

messen und anzeigen können. Die Übermittlung der Tastinformation kann visuell in<br />

Form <strong>eines</strong> Graphen und / oder akustisch (z. B. als Tonhöhe) geschehen. Eine optische Anzeige<br />

wäre für den Chirurgen eine Ablenkung, da er zur Beurteilung des Tastens die Tastbewegung<br />

im endoskopischen Bild verfolgen muß. Daher sollte eine akustische Übermittlung<br />

der Tastinformation angestrebt werden.<br />

Das Anwendungsszenario für ein späteres Produkt war ein batteriebetriebenes, kabellos und<br />

sterilisierbares vibrotaktiles Sensorinstrument.<br />

2.3.2 Funktionsweise des optimierten vibro<strong>taktilen</strong> Versuchsaufbaus<br />

Das Abtasten geschieht mit Hilfe <strong>eines</strong> schwingenden Taststößels der über das zu prüfende<br />

Gewebe geführt wird. Die Gewebehärte und die mitschwingende Gewebemasse bestimmt die<br />

Dämpfung der resultierenden Schwingung. Im Tastkopf befindet sich ein Stabmagnet der<br />

axial magnetisiert ist. Dieser wird in einer Meßspule hin und her bewegt und induziert dort<br />

eine Spannung die von dem Verfahrweg der Prüfspitze abhängt. Die Induktionsspannung wird<br />

mit dem Ziel elektronisch weiterverarbeitet, daraus die mechanische Dämpfung des abgetasteten<br />

Gewebes zu ermitteln.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 24


1 mm Hub<br />

Taststößel<br />

Magnet<br />

Steckbuchse 6-Polig<br />

Spule 2:<br />

Drahtdurchmesser = 0,25 mm<br />

N = 2100 Windungen<br />

R = 19 Ohm<br />

L = 50 mH<br />

Abb. 11 Gesamtansicht des vibro<strong>taktilen</strong><br />

Versuchsaufbaus im Schnitt<br />

Der Versuchsaufbau verwendet drei<br />

koaxial übereinander liegende Spulen.<br />

Die mittlere Erregerspule 1 wird von<br />

einem Gleich-, die obere Erregerspule<br />

2 von einem Wechselstrom einstellbarer<br />

Frequenz durchflossen (Abb. 11).<br />

Dadurch entsteht in Spule 1 ein festes<br />

in Spule 2 ein wechselndes Magnetfeld.<br />

Spule 2 ist auf einen festen Eisendorn<br />

gewickelt. Spule 1 umhüllt den in<br />

achsialer Richtung beweglichen Taststößel.<br />

Der Taststößel wird abwechselnd<br />

vom Eisendorn angezogen und<br />

abgestoßen. So wird die Schwingung<br />

angeregt, die dann durch Gewebekontakt<br />

des Stößels gedämpft wird.<br />

Zur Erfassung der gedämpften Schwingung<br />

ist in den Taststößel zusätzlich<br />

Spule 1:<br />

ein Permanentmagnet integriert, der<br />

Drahtdurchmesser = 0,25 mm<br />

von der unten liegenden Spule 3<br />

N = 2100 Windungen<br />

R = 19,7 Ohm<br />

(Meßspule) umhüllt ist. Durch die<br />

L = 35,5 mH<br />

Bewegung wird in Spule 3 eine<br />

Spannung induziert.<br />

Für den Anschluß der Versorgungsund<br />

Meßleitungen wurde ein Stecker<br />

angebracht und um die empfindlichen<br />

Spulendrähtchen zu schützen, wurde<br />

die ganze Anordnung mit einem<br />

Schrumpfschlauch umschlossen.<br />

Spule 3:<br />

Dieser Versuchsaufbau erreichte einen<br />

Drahtdurchmesser = 0,09 mm Hub von 1mm mit ausreichender Kraft,<br />

N = 2600 Windungen um Gewebe auszulenken. In der Meß-<br />

R = 199 Ohm<br />

spule wurde eine ausreichend hohe zu<br />

messende Spannung induziert. Nur die<br />

mit Gleichstrom bestromte Spule<br />

wurde noch etwas warm. Dies konnte<br />

durch Bestromung mit pulsierendem<br />

Gleichstrom behoben werden.<br />

Mßtb1 1<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 25


Um eine bessere Signalauswertung zu erlangen, wurde parallel zu dem ungefilterten Signal<br />

ein RC-Glied als Tiefpaß geschaltet, welches die hochfrequenten Spannungsspitzen ausfiltert.<br />

Durch einen Meßgleichrichter wird das verbleibende Wechselspannungssignal gleichgerichtet<br />

und als proportionaler Gleichspannungswert über ein LCD-Display dargestellt. Die Anzeige<br />

auf dem Display ist somit ein Maß für den Flächeninhalt zwischen Spannungsverlauf und<br />

Zeitachse (Abb. 12).<br />

Abb. 12 Blockschaltbild der Elektronik des vibro<strong>taktilen</strong> Versuchsaufbaus<br />

2.3.3 Ausgangssignale<br />

Die folgenden drei Diagramme zeigen drei typische ungefilterte Ausgangssignale des Versuchsaufbaus,<br />

abgegriffen direkt am Stecker.<br />

2.3.3.1 Ungedämpfter Signalverlauf<br />

Der Stift kann frei schwingen. Es wird die maximale Spannung induziert.<br />

Ordinate: 50 mV /[Div]<br />

Abszisse: 0,2 s /[Div]<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 26


2.3.3.2 Schwach gedämpfter Signalverlauf<br />

Der Stift wird durch ein beliebiges Objekt in seinem Schwingungsweg begrenzt, es wird nur<br />

ein Teil der maximalen Spannung induziert.<br />

Ordinate: 50 mV/[Div]<br />

2.3.3.3 Vollständig gedämpfter Signalverlauf<br />

Abszisse: 0,2 s /[Div]<br />

Der Stift kann nicht mehr schwingen, es wird die minimale Spannung (durch Streufelder) induziert.<br />

Ordinate: 50 mV /[Div]<br />

Abszisse: 0,2 s /[Div]<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 27


2.3.4 Erprobung des vibro<strong>taktilen</strong> Versuchsaufbaus an Tastphantomen<br />

Versuchsziel und -aufbau<br />

Gefragt war der Zusammenhang zwischen subjektiver Gewebehärte (manueller Tastbefund)<br />

und Meßwert des vibro<strong>taktilen</strong> Versuchsaufbaus. Dazu wurden vorbereitete Tastphantome<br />

verschiedener Größe aus Einweghandschuhen, gefüllt mit Ultraschallgel und Schaumstoffkügelchen<br />

(Modelle 1b, 1c, 1d, 1e) mit dem vibro<strong>taktilen</strong> Sensorsystem abgetastet. Die Phantome<br />

wurden zur Kraftmessung auf eine Briefwaage gelegt.<br />

Es wurde stets die maximale Erregerspannung verwendet, damit der Taststößel bei Berührung<br />

in Bewegung blieb. Je härter das Gewebe war, desto höher war der erforderliche Betrag der<br />

Erregerspannung, um ein Verklemmen des Taststößels zu verhinden. Als anregende Frequenz<br />

wurden 26 Hz verwendet, da dieser Versuchsaufbau bei dieser Frequenz die maximale<br />

Auslenkung erreichte.<br />

Über die Spitze des vibro<strong>taktilen</strong> Sensor wurde ein Fingerling (OP-Handschuh) gestülpt, um<br />

das Eindringen von Flüssigkeiten zu verhindern. Gleichzeitig sollte die Funktionalität des<br />

Sensors mit Fingerling geprüft werden, um die Möglichkeit zu erproben, ihn mit Hilfe <strong>eines</strong><br />

Überzugs steril zu halten und so die Sterilisation des gesamten Sensors zu vermeiden.<br />

Versuchsreihe 1<br />

Da durch das Eigengewicht des Schwingers die Induktionsspannung nicht lageunabhängig ist,<br />

wurde der Sensor in aufrechter, kopfstehender, horizontaler und diagonaler Stellung im Leerlauf<br />

(F = 0N) gemessen.<br />

Bedingungen: Frequenz f = 26 Hz, Auflagekraft F = 0<br />

Meßreihe 1<br />

ohne Fingerling<br />

2<br />

ohne Fingerling<br />

3<br />

mit Fingerling<br />

Vertikal, nach unten getastet 68 65 63<br />

Vertikal, nach oben getastet 31 29 33<br />

Horizontal getastet 46 46 43<br />

45° nach unten getastet 58 61 52<br />

45° nach oben getastet 27 29 32<br />

Interpretation:<br />

• Die Lageabhängigkeit der Messung war bei Neigungen bis 45° gegen die Vertikale gering.<br />

• Horizontales oder gar nach oben gerichtetes Messen waren nicht sinnvoll.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 28


Im folgenden wurden alle Messungen vertikal nach unten tastend durchgeführt.<br />

Versuchsreihe 2<br />

Bedingungen: Frequenz f = 26 Hz, mit Fingerling, Modell 1e im weichen Bereich getastet.<br />

Auflagekraft F / N 1 1,5 2 2,5 3<br />

Phantom ohne Schaumstoff und ohne Fingerling 62 56 52 55 54<br />

Phantom ohne Schaumstoff und mit Fingerling 52 50 50 49 49<br />

Phantom mit Schaumstoff und mit Fingerling 53 52 51 50 50<br />

Interpretation:<br />

• Die Induktionsspannung war von der Auflagekraft abhängig.<br />

• Je höher die Auflagekraft gewählt wurde, desto geringer war die Eigeninduktion.<br />

• Wurde der Taststößel durch einen starren Körper festgehalten, wurde lageunabhängig ein<br />

Meßwert von 26 angezeigt. Diese Induktion wurde offenbar durch dieStreufelder der Erregerspulen<br />

verursacht.<br />

Versuchsreihe 3<br />

Bedingungen: Frequenz f = 26 Hz, Amplitude maximal, Fingerling übergestülpt,<br />

Lage senkrecht, mehrere Schaumstoffplatten (Dicke 5mm) übereinander<br />

auf eine harte Unterlage gelegt.<br />

Anzahl der Schaumstoffplatten<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Meßwert bei 150 cN 30 39/40 44 44 44 44 44 44<br />

Meßwert bei 280 cN 29 29 40/34 43/40 43/40 41 41 41<br />

Meßwert bei 410 cN 27 27 27 30 37 35 35 35<br />

Interpretation:<br />

• Sowohl die Auflagekraft als auch die Dicke der gesamten Schaumstoffschicht gingen in<br />

den Meßwert ein.<br />

• Bei zu geringer Schaumstoffdicke wurde der Schaumstoff so stark komprimiert, daß die<br />

harte Unterlage gemessen wurde. War jedoch die Schaumstoffschicht dicker, hatte ihre<br />

Dicke keinen Einfluß mehr auf die Messung und ein konstanter Wert wurde angezeigt.<br />

Messung des Schaumstoffs<br />

Messung der harten Unterlage<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 29


Versuchsreihe 4<br />

Bedingungen: Aufsetzen des Applikators mit Aufklagekraft F = 0,8 N (Eigengewicht)<br />

Probe<br />

Reihe 1 b 1 c 1 d 1 e<br />

weich hart weich hart weich hart weich hart<br />

1 54 50 50 42 51 43 53 55<br />

2 53 48 49 46 53 47 54 55<br />

3 53 40 51 46 50 46 54 55<br />

weich = Ultraschallgel hart = Schaumstoffkügelchen im Ultraschallgel<br />

Interpretation:<br />

• Die harten Schaumstoffkügelchen erzeugten eine geringere Induktionsspannung als das<br />

weichere Ultraschallgel.<br />

Versuchsreihe 5<br />

Bedingungen: Aufsetzen des Applikators mit Aufklagekraft F = 2,84 N<br />

(Eigengewicht und Zusatzgewicht)<br />

Probe<br />

Reihe 1 b 1 c 1 d 1 e<br />

weich hart weich hart weich hart weich hart<br />

1 50 44 52 33 49 35 53 41<br />

2 49 39 48 31 48 38 52 45<br />

3 49 40 52 37 51 42 55 46<br />

Interpretation:<br />

• Mit dem Sensor ließen sich grundsätzlich Härteunterschiede messen. Jedoch waren nur<br />

unter standardisierten Bedingungen reproduzierbare Ergebnisse erreichbar.<br />

• Der Sensor müßte für chirurgische Anwendungen so modifiziert werden, daß er lageunabhängig,<br />

mit Kompensation der Meßkraft und mit stärkerer Anregung mißt.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 30


2.3.4 Verbesserungsvorschläge<br />

2.3.5.1 Mechanik<br />

• Lagerung des Stiftes, zur Verringerung der Reibung.<br />

• Kleinere Abmessungen ⇒ kleinere Massenträgheit ⇒ höhere Frequenzen.<br />

• Spulen vergießen.<br />

• Parallele Druckmessung (Differenzmessung) ⇒ Unabhängiger Anpreßdruck.<br />

• Spitze abwinkelbar.<br />

• Magnetische Abschirmung der Spulen.<br />

• Stärkeren Magnet für die Meßspule.<br />

• Kleinerer Luftspalt zwischen Spule und Magnet.<br />

• Abdichtung gegen Flüssigkeiten an der Spitze.<br />

• Eine Erregerspule durch Permanentmagnet ersetzen.<br />

• Dämpfungselement, zur Minimierung des Geräuschpegels.<br />

• Tastende Auflagefäche kann kleiner sein (∅1 mm bis ∅2 mm sind vermutlich ausreichend)<br />

• Steilerer Kegel an der Spitze, für eine bessere endoskopische Sicht auf den Tastbereich.<br />

2.3.5.1 Elektronik<br />

• Verbesserung der Abschirmung der Signalleitungen.<br />

• Zusätzliche akustische Signalauswertung.<br />

• Höhere Verstärkerleistung.<br />

• Zusätzliche Differenz-Meßschaltung für parallele Druckmessung.<br />

• Frequenzanzeige.<br />

• Beschränkung der Auswertung auf den relevanten Teil des analogen Meßsignals.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 31


Arbeitspaket 3: Medizinische Konzeption taktiler Instrumente<br />

für die endoskopische Chirurgie<br />

3.1 Zusammenfassung<br />

Aus dem klinischen Umfeld, den erhobenen Daten und gewonnenen Erkenntnissen zum<br />

menschlichen Tastsinn, den chirurgischen Palpationstechniken sowie den <strong>taktilen</strong> Gewebeeigenschaften<br />

wurden klinische Anwendungsszenarien für taktile Instrumente erarbeitet.<br />

Aus diesen Anwendungsszenarien wurden Konzepte und Anforderungsprofile für eine taktile<br />

Faßzange, ein vibrotaktiles Instrument und ein Instrument zur Pulsdetektion abgeleitet. Das<br />

chirurgisch Wünschenswerte wurde in Form von <strong>Entwicklung</strong>szielen für die einzelne Instrumente<br />

wie folgt formuliert.<br />

Den technischen Partnern wurde von unserer Seite eine Beschreibung des Operationsfeldes<br />

(Körperinneres und Operationssaal-Systemumfeld) für unterschiedliche Anwendungsszenarien<br />

an die Hand gegeben, um eine von Anfang an anwendungsnahe <strong>Entwicklung</strong> zu gewährleisten.<br />

Hervorzuheben ist, daß in Zusammenarbeit mit Chirurgen unterschiedlicher Disziplinen, darunter<br />

Gynäkologie, Urologie, Thoraxchirurgie und Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Anwendungsmöglichkeiten<br />

taktiler Sensorik und Aktorik über die Minimal Invasive Chirurgie hinaus<br />

in weiten Bereichen der Medizin aufgezeigt werden konnten. So konnten über den vorgesehenen<br />

Projektumfang hinaus bereits Lösungsansätze für die <strong>Entwicklung</strong> <strong>eines</strong> speziellen<br />

vibro<strong>taktilen</strong> HNO-Sensors für endonasale Eingriffe erarbeitet werden. Die Erstellung<br />

weiterer Anwendungsszenarien wurde parallel zu den Erprobungsarbeiten während der<br />

gesamten Projektlaufzeit fortgesetzt.<br />

Das Arbeitspaket wurde für die im Rahmen des vorliegenden <strong>Verbundprojekt</strong>s zu entwickelnden<br />

MIC-Instrumente im Zeitplan abgeschlossen.<br />

3.2 Anforderungen an die Sensorzange<br />

Die taktile Faßzange sollte die exterozeptive Daumen-Zeige- und Mittelfinger-Palpation<br />

ermöglichen. Dies schließt die freie Beweglichkeit zweier Finger mit ein. Diese tridigitale<br />

Palpation ermöglicht ein vollständiges Erfassen der untersuchten Strukturen einschließlich der<br />

Verschieblichkeit. Somit wären drei frei bewegliche Maulteile ideal. Dieses Instrument sollte<br />

idealerweise an allen Maulteilen mit Sensoren ausgestattet sein, um den vollen exterozeptiven<br />

Sinneseindruck zu vermitteln. Dennoch scheint eine Faßzange mit einem sensorisch empfindlichen<br />

Maulteil und nicht sensorischen Anpreßmaulteilen vorerst in der minimal-invasiven<br />

Chirurgie ausreichend zu sein.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 32


Für den vollständigen haptischen Sinneseindruck muß dem Chirurgen zusätzlich die Anpreßkraft<br />

der Zange durch Kraftreflexion an die propriozeptive Sensorik als Schließkraft der Hand<br />

vermittelt werden. Die Anpreßkraft kann mechanisch vom Maulteil an den Handgriff transformiert<br />

werden. Falls die mechanische Reibung durch Verunreinigungen zu stark ist, wäre<br />

eine elektronisch unterstützte Kraftreflexion sinnvoll.<br />

Die taktil zu erfassenden Strukturen befinden sich teilweise nicht am Geweberand sondern im<br />

Hintergrund. Eine Erfassung dieser Strukturen wären durch mit einer Hohlkehle ausgestattete<br />

Maulteile möglich. Große Strukturen wie z.B. die Leber können nur monodigital ohne Verwendung<br />

<strong>eines</strong> Anpreßmaulteils erfaßt werden. Für diese monodigitale Messung sollte entweder<br />

das Sensormaulteil drehbar ausgestaltet sein oder sich die Anpreßmaulteile im Schaft<br />

der Faßzange befinden.<br />

Die Anforderungen an eine taktile Faßzange umfassen außerdem<br />

•• Kompatibilität zu 5 mm oder maximal 10 mm Trokar,<br />

•• HF-Festigkeit gegenüber Einstreuung elektromagnetischer Felder,<br />

•• HF-Festigkeit gegenüber versehentlichem direktem elektrischem Kontakt mit HF-führendem<br />

Instrument,<br />

•• Ultraschallverträglichkeit für endoskopischen US,<br />

•• Zerlegbarkeit der Zange für Reinigungszwecke,<br />

•• Dampfsterilisierbarkeit der gesamten Zange, alternativ Gassterilisierbarkeit,<br />

•• Verzicht auf Kabelzuführung.<br />

Die Sensorzange sollte sowohl zur Palpation als auch zur atraumatischen Manipulation geeignet<br />

sein. Die Palpation sollte sowohl mit Anpreßmaulteil als auch ohne dieses möglich sein,<br />

um Oberflächenstrukturen erfassen und Organe abtasten zu können. Zusätzlich muß die Verschieblichkeit<br />

von Verhärtungen im Gewebe meßbar sein.<br />

Dies kann durch Bewegung der Sensorzange entlang der Struktur mit seitlicher Detektion<br />

geschehen.<br />

Um Strukturen, die sich nicht am Geweberand befinden, abtasten zu können, ist eine Hohlkehle<br />

am Anpreßmaulteil erforderlich (Abb. 13). Bei diesen Strukturen handelt es sich z. B.<br />

um Dickdarm, der auch monodigital, d. h. ohne Anpreßmaulteil mit einer klassisch geformten<br />

Faßzange schwer zu ertasten ist. Die Hohlkehle im Anpreßmaulteil sollte mit 1-2 cm Länge<br />

und mit einer maximalen Öffnung von 1 cm ausgestaltet sein.<br />

Abb. 13 Hohlkehle des Maulteils<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 33


Das Sensormaulteil sollte eine glatte Oberfläche haben, um ein Gleiten entlang von Strukturen<br />

zu ermöglichen. Dieses Maulteil sollte um seine Längsachse um mindestens 90° drehbar sein,<br />

um monodigitales Tasten und Messung von Verschieblichkeit zu ermöglichen. Die Anpreßmaulteile<br />

sollten das Gewebe atraumatisch fixieren, um es gegenüber dem Sensormaulteil<br />

verschieben zu können. Es sollte parallel und eventuell auch orthogonal zum Sensorarray<br />

verschoben werden können, um die gefaßte Struktur optimal durch das Sensorarray erfassen<br />

zu können.<br />

Da diese klinischen Anforderungen sehr komplex sind, sollte die <strong>Entwicklung</strong> einer <strong>taktilen</strong><br />

Faßzange in drei Stufen erfolgen.<br />

1. Stufe<br />

Fehler! Textmarke nicht definiert.<br />

Abb. 14 1. <strong>Entwicklung</strong>sstufe der <strong>taktilen</strong> Faßzange<br />

Die erste <strong>Entwicklung</strong>sstufe der <strong>taktilen</strong> Faßzange ist die Integration des Sensorarrays in eine<br />

Faßzange, die mit einem Anpreßmaulteil und einem Sensormaulteil ausgestattet ist<br />

(Abb. 14). K<strong>eines</strong> der Maulteile ist in dieser Stufe mit einer Hohlkehle ausgestattet. Das Sensormaulteil<br />

sollte um seine Längsachse frei rotierbar sein. Die Rotation ermöglicht eine taktile<br />

Messung mit und ohne Anpreßmaulteil sowie eine Messung der Verschieblichkeit.<br />

2. Stufe<br />

In dieser Realisierungsstufe sollte die Erfassung von Strukturen im Hintergrund ermöglicht<br />

werden. Dies kann durch eine Hohlkehle am Sensormaulteil mit einer Länge von 1-2 cm und<br />

einer maximalen Öffnung von 1 cm realisiert werden. Das Sensormaulteil sollte wie in der 1.<br />

Stufe rotierbar gestaltet sein.<br />

3. Stufe<br />

Diese Faßzange sollte dem Chirurgen tridigitales Tasten ermöglichen. Auch in dieser Realisierungsstufe<br />

soll das Sensormaulteil rotierbar sein. Das tridigitale Tasten ermöglicht eine<br />

vollständige Erfassung der Struktur, da auch ungleichmäßige Verhärtungen meßbar sind.<br />

Realisierungsvorschlag 1: Integration des Sensors in das starre Maulteil des "Endo-Fingers",<br />

wobei die rotierbare Ausgestaltung dieses Maulteils wünschenswert wäre, um monopolare<br />

Palpation zu ermöglichen. Dieser "Endo-Finger" sollte zur Manipulation geeignet sein.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 34


Realisierungsvorschlag 2: Konstruktion einer eher klassischen Faßzange, in der das Sensorarray<br />

integriert ist. Das Sensormaulteil sollte starr sein, jedoch um die eigene Achse rotierbar.<br />

Eine Rotation des Sensormaulteils von mindestens 90 o ermöglicht sowohl die Messung der<br />

Verschieblichkeit als auch Palpation ohne Verwendung des Anpreßmaulteils.<br />

Das Anpreßmauteil hat eine Hohlkehle um auch weiter vom Geweberand entfernte Strukturen<br />

tasten zu können.<br />

3.3 Anforderungen an den Handgriff<br />

Das Instrument soll sowohl als taktiles Instrument als auch zur atraumatischen Manipulation<br />

von Gewebe geeignet sein. Ein abgewinkelter Handgriff hat sich bei den auf dem Markt befindlichen<br />

Faßzangen bewährt, so daß diese Form auch für die taktile Faßzange vorgeschlagen<br />

wird.<br />

Die Faßzange wird während des Einsatzes als taktiles Instrument nur von der rechten Hand<br />

des Chirurgen bedient werden. Für den Einsatz als Faß- und Haltezange sollte es jedoch von<br />

beiden Händen gehalten werden können. Die Greifzange sollte verriegelbar sein.<br />

Wenn der Handgriff über einen Aktor zur Vermittlung der Tastinformation verfügt, sollten<br />

außerdem ein oder zwei Druckknöpfe integriert werden, um zwischen visueller und/oder taktiler<br />

Vermittlung der Tastinformation wählen zu können.<br />

3.4 Darstellung der <strong>taktilen</strong> Information<br />

Die Darstellung kann sowohl visuell als auch durch einen Aktor erfolgen, der die taktile<br />

Information dem Chirurgen wiederum taktil vermittelt.<br />

Der Aktor in Funktionsmodell B2/C2 sollte die Tastinformation als statisches Höhenrelief<br />

darstellen, das mit der Fingerbeere wiederholt abgetastet werden kann. Die volle physiologische<br />

räumliche Auflösung wird erst durch mehrmaliges Abtasten des Aktors ausgeschöpft.<br />

Die taktile Erfassung einer größeren Struktur benötigt einen Aktor, der sich dynamisch den<br />

Kraftmeßwerten des Sensors anpaßt. Dieses statische Höhenprofil soll sich dynamisch den<br />

Meßwerten des Sensorarrays anpassen, um ein kontinuierliches Abtasten entlang der Gewebestrukturen<br />

zu ermöglichen. Mit solch einem Aktor kann sich der Chirurg schnell und effizient<br />

einen Überblick über die Gewebestruktur verschaffen.<br />

Die taktile Information sollte optional visuell in das endoskopische Videobild in Falschfarbendarstellung<br />

eingeblendet werden können. Diese Visualisierung dient der Weitergabe der<br />

<strong>taktilen</strong> Information an das gesamte Operationsteam wie auch der Dokumentation, da das<br />

Videobild i. a. archiviert wird. Die Position und Richtung der Sensorzange im endoskopischen<br />

Videobild kann durch Sensoren, die sich am Handgriff der Faßzange und an der Optik befinden,<br />

ermittelt werden. An dieser Position wäre die Tastinformation optional einzublenden.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 35


Diese Visualisierung soll eine Vergrößerungsoption beinhalten, da das taktile Array durch<br />

Projektion mitunter zu klein sein kann, um die Information sinnvoll darzustellen. Die visuelle<br />

Darstellung kann alternativ zur Falschfarbendarstellung als Balkendiagramm in einer Ecke des<br />

endoskopischen Videobildes oder US-Bildes erfolgen. Ein zusätzlicher Monitor zur Visualisierung<br />

der <strong>taktilen</strong> Information ist nicht erwünscht. Im Funktionsmodell B1/C1 sollte die<br />

taktile Information als erster Schritt in einem Balkendiagramm auf einem externen Monitor<br />

dargestellt werden.<br />

3.5 Anforderungen an den vibro<strong>taktilen</strong> Sensor<br />

3.5.1 Anforderungen für den Einsatz in Bauch- und Brustraum<br />

Mit einem vibro<strong>taktilen</strong> Sensor ist eine Oberflächenstruktur wohl kaum so detailliert wie mit<br />

einem Kraftsensor zu erfassen, so daß der vibrotaktile Sensor speziell zur Erfassung der Tiefenstruktur<br />

optimiert werden sollte.<br />

Der vibrotaktile Sensor sollte deshalb als Taststab ähnlich einer endoskopischen Ultraschallsonde<br />

konzipiert werden, mit dem man die interessierenden Strukturen kontinuierlich abfahren<br />

kann. Dieser Taststab wäre idealerweise flexibel zu gestalten, um auch verdeckte Strukturen<br />

erfassen zu können. Als Prototyp und preiswertere Lösung kann ein starrer Taststab ausreichend<br />

sein.<br />

Die Anforderungen umfassen außerdem<br />

• Kompatibilität zu 5 mm oder maximal 10 mm Trokar<br />

• HF -Festigkeit gegenüber Einstreuung elektromagnetischer Felder<br />

• Ultraschallverträglichkeit für endoskopischen US<br />

• Zerlegbarkeit für Reinigungszwecke<br />

• Dampfsterilisierbarkeit der gesamten Zange, alternativ Gassterilisierbarkeit<br />

• Verzicht auf Kabelzuführung<br />

3.5.2 Anforderungen für den endonasalen Einsatz<br />

Die räumliche Enge bei den Eingriffen bedingt einen maximalen Durchmesser des Instruments<br />

von 4 mm. Für die Sensorqualität ist eine sichere Unterscheidung zwischen Knochen<br />

und Knorpelgewebe auch im Hintergrund von Schleimhaut zu fordern. Ein räumlich auflösendes<br />

Instrument wird nicht gefordert.<br />

3.5.3 Darstellung<br />

Die taktile Information dieses vibro<strong>taktilen</strong> Taststabs kann analog zur <strong>taktilen</strong> Faßzange in das<br />

endoskopische oder Ultraschallbild eingeblendet werden. Auch hier wird eine genaue Ortung<br />

des Taststabs im Bild durch Positionssensoren benötigt. Die Information könnte alternativ<br />

akustisch durch Variation der Tonhöhe vermittelt werden. Diese Vermittlung könnte in einem<br />

netzunabhängigen Taststab realisiert werden.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 36


3.6 Anwendungsszenarien<br />

3.6.1 Anwendungsszenarien in der Urologie<br />

In der Urologie gibt es noch keinen Standardeingriff im Abdomen mit hohen Fallzahlen, der<br />

routinemäßig endoskopisch operiert wird. Die endoskopischen Operationen der Urologie<br />

verlaufen retroperitoneal oder seltener transperitoneal.<br />

Nieren- und Urethersteine<br />

Die Behandlung ist konventionell so gut, daß kein Bedarf an taktiler Sensorik besteht.<br />

Benigne Nierenerkrankungen<br />

Verschiedene Formen von hydronephrotischer Schrumpfniere können endoskopisch angegangen<br />

werden. Dabei kommt sowohl die retroperitoneale als auch die transperitoneale Methode<br />

in Frage. Nach der Freipräparierung wird das Organ in mehrere Teile getrennt und entfernt.<br />

Bei der Präparation im Bereich des Nierenhilus könnte der Pulssensor hilfreich sein.<br />

Die Organerkrankung selbst ist unter dem CT leicht zu diagnostizieren.<br />

Tumorerkrankte Niere<br />

Die Frage der endoskopischen Operation beim Nierenzellkarzinom wird noch kontrovers diskutiert.<br />

Falls die Operation endoskopisch vorgenommen wird, wäre der Pulssensor während<br />

der Präparation interessant.<br />

Nierenzysten<br />

Bei Beschwerden können Nierenzysten retroperitoneoskopisch oder transperitoneal angegangen<br />

werden. Zur Abgrenzung der Zyste vom normalen Nierengewebe ist der vibrotaktile Sensor<br />

interessant.<br />

Lymphknotenausräumung RLA<br />

Zur Auffinden verbliebener Lymphknoten und zur Feststellung deren lokaler Ausbreitung<br />

könnte eine taktile Sensorzeile nützlich sein.<br />

Die Unterscheidung von entzündlich reaktiven und tumorösen Lymphknoten wäre wichtig,<br />

scheint jedoch auch mit einem sehr guten Sensor schwer erreichbar.<br />

Radikale Prostatektomie<br />

Diese Operation wird nicht endoskopisch durchgeführt. Vene und Arterie sind visuell unterscheidbar.<br />

Lap. extraperitoneale Penisrevaskularisation<br />

Mögliche Anwendung des Pulssensors bei Präparation und Nähen.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 37


Lap. extraperitoneale Kolpossuspensionsplastiken<br />

Mögliche Anwendung des Pulssensors bei Präparation und Nähen.<br />

Wanderniere<br />

Bei der Nephropexie wird eine Wanderniere fixiert.<br />

Mögliche Anwendung des Pulssensors bei Präparation und Nähen.<br />

Pyeloplastik<br />

Plastische Umformung am Nierenkelchsystem.<br />

Mögliche Anwendung des Pulssensors bei Präparation und Nähen.<br />

Ureterolysen<br />

Mögliche Anwendung des Pulssensors bei der Präparation.<br />

Morbus Ormond<br />

Für den Morbus Ormond kommt der Einsatz des vibro<strong>taktilen</strong> Sensors in Frage, um die Konsistenzvermehrung<br />

des retroperitonealen Bindegewebes zu beurteilen.<br />

Varikozele<br />

Die Varikozele ist eine laparoskopische Standardoperation zur Unterbindung von Venen im<br />

Samenstrang. Mögliche Anwendung des Pulssensors zur Detektion von Arterien und Unterscheidung<br />

von Venen und Arterien.<br />

3.6.2 Anwendungsszenarien für den vibro<strong>taktilen</strong> Sensor<br />

Mit einem Druck- oder Kraftsensor kann die Oberfläche von Gewebe gut untersucht werden.<br />

Ein solcher Sensor erlaubt auch die Erfassung von Gewebehärte und insbesondere von Gewebeverhärtungen.<br />

Die Verschieblichkeit bezüglich des umgebenden Gewebes kann zusätzlich<br />

erfaßt werden. Ein Kraftsensor kann jedoch kaum die Tiefenstruktur <strong>eines</strong> Organs erfassen.<br />

Lebermetastasen zum Beispiel befinden sich teilweise nicht an der Oberfläche sondern in<br />

tieferen Gewebeschichten. Diese verhärteten Tiefenstrukturen könnten in der minimalinvasiven<br />

Chirurgie durch einen vibro<strong>taktilen</strong> Sensor taktil erfaßt werden.<br />

Für den vibro<strong>taktilen</strong> Taststab sind dieselben Anwendungsszenarien zur Detektion pathologischer<br />

Veränderungen wie für die taktile Faßzange möglich. Der Einsatzbereich <strong>eines</strong> vibro<strong>taktilen</strong><br />

Taststabs ist jedoch vermutlich auf größere Strukturen wie Leber oder Magen begrenzt.<br />

Bei endonasalen Eingriffen ist eine Unterscheidung von Knorpel-, Knochen- und Weichteilgewebe<br />

von großem Interesse, da bei solchen Eingriffen häufig Knorpelstrukturen zerstoßen<br />

werden müssen, ein Durchstoßen der Schädelbasis jedoch verhindert werden muß.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 38


3.6.3 Anwendungsszenarien für die Früherkennung von Mammatumoren<br />

Eine objektive nicht-invasive Tastsensorik zur Früherkennung von Mammatumoren ist sehr<br />

wichtig, da oft Fernmetasatsierung droht. Hauptziel ist die Unterscheidung von gut- und bösartigen<br />

Strukturveränderungen.<br />

gutartig bösartig<br />

Mastopathie:<br />

oft fibrosiert, mit Bindegewebe umlagert<br />

mit zystischen Einlagerungen.<br />

Infizierte und entzündete Mastopathie:<br />

zunehmende Verhärtung und abnehmende<br />

Verschieblichkeit.<br />

Mammakarzinom: fein verteilte tumoröse<br />

Verkalkungen, sternförmige Infiltration,<br />

ist eine Neoplasie, die Mikrokalifikationen<br />

bildet, unscharf begrenzete Verhärtung, keine<br />

Bindegewebekapsel, häufig zentrale<br />

Einschmelzungen, Regression sowie<br />

Dysplasie Schrumpfung und Einziehung umliegender<br />

Fiboadenom:<br />

Gewebe, derbe feste Knoten.<br />

ähnlich Mastopathie<br />

• ductales Karzinom (häufig):<br />

Strukturveränderungen des Drüsengewebe geht von Milchgängen aus<br />

im Monatszyklus (Hormonänderungen) • lobuläres Karzinom (selten):<br />

geht von Drüsenendstücken aus<br />

Feine verteilte tumoröse Verkalkungen sind oft nicht mit der Hand tastbar. Deshalb kann die<br />

Tumorklassifizierung nach morphologischen Kriterien schwierig sein. Tastbare Karzinome<br />

haben häufig schon in die drainierenden Lymphknoten metastasiert. Radiologisch gibt es bei<br />

Karzinomen oft schon Anzeichen, wenn sie noch nicht tastbar sind. Ein Sensor für die Mammadiagnostik<br />

müßte also dem menschlichen Tastsinn überlegen sein. Das wäre mit Hilfe <strong>eines</strong><br />

vibro<strong>taktilen</strong> Sensors denkbar, da Kalzifikationen deutlich weniger elastisch sind als<br />

umgebendes Gewebe. Da maligene Tumoren oft umliegendes Gewebe regional infiltrieren,<br />

könnte dies zu einer unterschiedlichen Elastizität (biomorphiologisches E-Modul) führen.<br />

Eine taktile Sensorik könnte deshalb dienen zur<br />

• Unterscheidung von gut- und bösartigen Tumoren (Dignität) und zur<br />

• zuverlässigen Bestimmung der Tumorgrenzen.<br />

Dazu scheinen statische Drucksensoren in einer Faßzange (bimanuelle Palpation) sowie vibrotaktile<br />

Sensoren denkbar.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 39


3.6.4 Übersicht Anwendungsszenarien<br />

Disziplin Zweck des Tastsinns Alternativen Anz. Art*) Chancen<br />

Viszeralchirurgie<br />

Gallenblase Erkennung Choledocholithiasis<br />

(2-3% der Fälle; Therapie: auch<br />

ERCP möglich;<br />

Letalität 0,5-1,0%)<br />

Gallenblase Erkennung anatom.<br />

Besonderheiten<br />

Gallenblase Erkennung<br />

Gallenblasenkarzinom<br />

Kolon Lokalisat. von Karzinom /<br />

Adenom (bis 4% Portmetas. bei<br />

Lap.; USA/ F: häufiger als in D<br />

lap. operiert)<br />

Kolon Erkennung von Lymphnotenmetastasen<br />

(lokale Ausbreitung)<br />

Kolon Gefäßlokalisation im<br />

Mesenterium<br />

Oesophagus/ Erkennung von Lymphknoten-<br />

Thorax<br />

metastasen<br />

60<br />

USA:<br />

500<br />

A mittel<br />

end. Doppler-<br />

US<br />

P mittel<br />

endoskop. US A/V gering<br />

endoskop. US,<br />

farbl.<br />

Markierung<br />

15<br />

- 20<br />

A/V hoch<br />

US? A/V sehr<br />

hoch<br />

end. Doppler- P/A sehr<br />

US<br />

hoch<br />

A/V gering<br />

Leber Lokalisation von Rundherden endoskop. US V gering<br />

Dünndarm Eingrenzung von Morbus Crohn endoskop. US? A/V sehr<br />

Dünndarm Differenzierung zwischen<br />

Colitis ulcerosa und« Morbus<br />

Crohn<br />

Retroperitoneum Alle Eingriffe mit Lymphknotendiagnostik,<br />

Erkennung von<br />

Lymphknotenmetastasen<br />

endoskop. US? A<br />

hoch<br />

gering<br />

endoskop. US?,<br />

CT, Biopsie<br />

A/V sehr<br />

hoch<br />

Pankreas Frühdiagnose von Tumoren - V ?<br />

Pankreas Operabilität V<br />

Pankreas Lokalisation von Tumoren<br />

(endokrine/ exokrine)<br />

V/A<br />

Pankreas Pankreasgangsteine endoskop. US? A<br />

Magen Erkennung von neoplastischen endoskop. US A/V Markt<br />

Veränderungen / Operabilität<br />

v.a.<br />

(Markt v.a. Japan)<br />

Japan<br />

Leistenhernie Erkennung von Gefäßpulsation end. Doppler-<br />

US<br />

120 P/A<br />

Leistenhernie Erkenn. Samenstrang /<br />

Samenleiter<br />

Sonde? A<br />

*) A = Sensorzeile, P = Pulssensor, V = vibrotaktiler Sensor<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 40


Übersicht Anwendungsszenarien (Fortsetzung)<br />

Disziplin<br />

Urologie<br />

Zweck des Tastsinns Alternativen Anz. Art*) Chancen<br />

Pelvine / periaortaleLymphadenektomie<br />

A<br />

allgemein<br />

Gynäkologie<br />

retroperitoneale Eingriffe A/P/<br />

V<br />

Mamma- Unterscheidung von gut- und US V/A gering<br />

diagnostik<br />

HNO<br />

bösartigen Tumoren,<br />

Bestimmung von Tumorgrenzen<br />

Siebbein- Unterscheidung von Knorpel-, - V sehr<br />

Polypektomie Knochen- und Weichteilgewebe<br />

hoch<br />

Plattenepithelkarzinom<br />

Thorakoskopie<br />

US V/A hoch<br />

allgemein Lokalisation von Rundherden (z.<br />

Z. bei kollabierter Lunge schwer<br />

erkennbar - oft Umstieg auf<br />

offene OP nötig)<br />

endoskop. US V hoch<br />

*) A = Sensorzeile, P = Pulssensor, V = vibrotaktiler Sensor<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 41


Arbeitspaket 4: <strong>Entwicklung</strong> einer experimentellen Testumgebung für die<br />

Grundlagenerprobung taktiler Instrumentensysteme einschließlich <strong>eines</strong><br />

standardisierten Validierungsprotokolls<br />

Es wurde eine standardisierte Testumgebung für die Erprobung taktiler Instrumente<br />

(Faßzangen-Referenzsystem) aufgebaut, die auf statischer Kraft-Weg-Messung beim Zusammendrücken<br />

von Gewebe gegen eine feste Unterlage basiert. Es können somit Elastizitästsmodule<br />

fester Proben aufgenommen werden.<br />

Am IBMT wurde ein Wirbelstrommeßsystem zur Detektion taktiler Gewebeeigenschaften<br />

entwickelt, das im Abschlußbericht des FhG-IBMT zum vorliegenden <strong>Verbundprojekt</strong> im<br />

Detail beschrieben wird.<br />

Es kamen dort Tastphantome aus sehr weichem Silikonkautschuk zur Verwendung, in die<br />

Scheiben von festerem Silikonkautschuk unterschiedlicher Härte, Abmessungen und Einbett-<br />

Tiefen eingelassen waren. Diese Phantome wurden von Chirurgen als gutes taktiles Modell<br />

bewertet. Die Detektierbarkeit von Knoten in weichem Umgebungsgewebe konnte damit realistisch<br />

simuliert werden.<br />

Die <strong>Entwicklung</strong> einer Testumgebung für pulssensorische Instrumente zeigte sich komplexer<br />

als angenommen, so daß diese Aufgabe als Unterauftrag an die Gesellschaft für<br />

Interventionelle Radiologie, Mühlheim, ausgegliedert wurde. Das dort konzipierte und<br />

gebaute Pulsphantom ermöglicht die Simulation <strong>eines</strong> Spektrums von Pulsationsamplituden<br />

und -frequenzen unter mehreren verschiedenen Deckgewebestärken. Die zu untersuchenden<br />

Blutgefäße werden durch Silikonschläuche unterschiedlicher Wandstärke repräsentiert. Eine<br />

Integration resezierter Blutgefäße unterschiedlichen Kalibers in den flexibel gestalteten<br />

Aufbau ist möglich, so daß ein Pulssensor etwa auch realistisch mit dem konkurrierenden<br />

Verfahren der Doppler-Endosonographie verglichen werden kann, für welches das<br />

Silikonmaterial aufgrund seiner hohen Ultraschallabsorption ein Hindernis darstellt.<br />

Ein standardisiertes Testprotokoll für die Erprobung der Funktionsmuster wurde in Zusammenarbeit<br />

mit der Fa. Dornier Medizintechnik erstellt und liegt den Erprobungsberichten<br />

zugrunde.<br />

Das Arbeitspaket wurde mit Ausnahme der <strong>Entwicklung</strong> des Pulsphantoms innerhalb des<br />

vorgesehenen Zeitrahmens abgeschlossen. Das Pulsphantom stand ab dem 18.03.97 für<br />

Messungen und qualitative Erprobungen zur Verfügung.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 42


Arbeitspaket 5: Grundlagenerprobung des Funktionsmuster FM A1/A2 -<br />

makroskopisch (Vibrotaktiler Sensor, Pulssensor) und<br />

Arbeitspaket 8: Grundlagenerprobung Funktionsmuster FM A1/A2 -<br />

miniaturisiert (Vibrotaktiler Sensor, Pulssensor).<br />

5.1 Pulssensor<br />

5.1.1 Zusammenfassung<br />

Kernstück des am FhG-IBMT entwickelten und gebauten Pulssensors ist eine auf Druckschwankungen<br />

empfindliche piezoelektrische Folie, die in konvexer Verwölbung am Frontende<br />

des Sensorstabs angebracht ist.<br />

Versuche mit einem makroskopischen Labormuster des Pulssensors wurden am FhG-IBMT<br />

durchgeführt, es wird hierzu auf den Abschlußbericht des FhG-IBMT verwiesen.<br />

Das erste mikrosensorische Funktionsmuster konnte von uns zunächst nicht in vivo erprobt<br />

werden, da wegen technischer Schwierigkeiten noch unzureichende Flüssigkeitsdichtigkeit<br />

und Sterilisierbarkeit bestand.<br />

Aufgrund der Ergebnisse von 10 Kaltsterilisationszyklen in Ethylenoxid wurde die piezoelektrische<br />

PVDF-Sensorfolie künftig als Disposal definiert und für die Versuche mit dem<br />

nachfolgenden Funktionsmuster regelmäßig ausgetauscht.<br />

Das flüssigkeitsdichte zweite Funktionsmuster wurde bis zum 14.05.97 in einer Reihe von<br />

Final-Tierversuchen erprobt. Der Pulstaststab erfüllt die mechanischen Voraussetzungen für<br />

eine Integration in die Sensorzange, die im Zusammenhang mit der <strong>Entwicklung</strong> des ortsauflösenden<br />

Sensorarrays in Mikrosystemtechnik (MST) entwickelt wurde. Die Zielvorstellung<br />

<strong>eines</strong> mehrkomponentigen <strong>taktilen</strong> Systems konnte damit bereits teilweise realisiert werden.<br />

In den Tierversuchen konnten mehrere für den Einsatz in der MIC interessante Arterien zweifelsfrei<br />

auch hinter Bindegewebe identifiziert werden, insbesondere die Arteria hepatica und<br />

die Arteria cystica, die bei der Cholezystektomie (Entfernung der Gallenblase) von Bedeutung<br />

sind.<br />

Der Sensor wurde darüberhinaus am Phantom und in Eigenpulsversuchen mit einer Ultraschall-Dopplersonde<br />

(EndoDop) hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und Handhabbarkeit<br />

verglichen.<br />

Der Pulssensor ist bei geeigneter technischer Modifikation für die Anwendung in der Minimal<br />

Invasiven Chirurgie gleichwertig mit der Dopplersonde und in der Herstellung erheblich<br />

günstiger. Der Preis für den zum Produkt weiterentwickelten Sensor wird auf lediglich 20 %<br />

des derzeitigen Kaufpreises endosonographischer Dopplersonden geschätzt.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 43


Der Sensor zeigte eine deutliche Empfindlichkeit auf Bewegungs-, Anpreßdruck- und andere<br />

Artefakte. Die noch vorhandenen technischen Probleme sind jedoch nicht konzeptioneller Art<br />

und können in einem weiteren Technologiedurchlauf für diesen Sensor gelöst werden.<br />

Technische Lösungsmöglichkeiten wurden gemeinsam mit dem FhG-IBMT erarbeitet.<br />

5.1.2 Versuchsprotokoll vom 22.02.96<br />

Der Pulssensor wurde MICT in 10/95 für einige Tierversuche zur Verfügung gestellt. Das<br />

Signal des PVDF-Sensors wurde nach Vorverstärkung und Tiefpaß auf einem Oszilloskop<br />

angezeigt. Das so verarbeitete Signal des Pulssensors sollte idealerweise den Druckverlauf in<br />

der Arterie wiedergeben.<br />

Der Sensor wurde während der Tierversuche bei der Lokalisation der arteria cystica und arteria<br />

hepathica erprobt. Neben diesen für den Einsatz als minimal-invasives Instrument interessanten<br />

Arterien wurde der Puls der Aorta detektiert. Die Erprobung wurde sowohl laparoskopisch<br />

als auch nach einer Laparotomie durchgeführt.<br />

Eine Bewegung des Sensors wurde direkt auf dem Pulssignal angezeigt, so daß der Puls einer<br />

Arterie nur bei ruhiger Stellung des Sensors zu sehen war. Der Puls der interessierenden<br />

Arterien konnte nach Freipräparierung dieser Strukturen nachgewiesen werden. Der Puls der<br />

verdeckten Arterien konnte nicht in jedem Fall eindeutig neben dem Rauschen des Detektors<br />

dargestellt werden.<br />

Die gegenüber der arteria cystica stärker pulsierende arteria hepathica wurde jedoch auch hinter<br />

dem Fett-Bindegewebe nachgewiesen.<br />

Leider konnten keine weiteren ausgedehnten Messungen durchgeführt werden, da Blut in den<br />

Sensorkopf eindrang und die dort positionierte Elektronik zerstörte.<br />

In einem Vorversuch wurde ein Pulssensor 10-fach mit EO gassterilisiert. Die für das Signal<br />

verantwortliche PVDF-Folie nahm bei diesem Sterilisationsverfahren keinen Schaden, die<br />

elektronischen Kontakte waren jedoch beschädigt. Grundsätzlich ist der aus PVDF aufgebaute<br />

Pulssensor somit wiederverwendbar, da gassterilisierbar.<br />

Unserer Ansicht nach sind für den Pulssensor folgende Verbesserungen durchzuführen:<br />

• Abdichtung des Sensorkopfes<br />

• Der Durchmesser der Sensorkopfes sollte 5 mm betragen.<br />

• Adaptation der Elektronik im Sensorkopf auf Sterilisierbarkeit<br />

• Implantierung einer Elektronik, die den Puls der Arterie eindeutig auch bei kleineren<br />

Bewegungen des Sensors erkennt. Die Elektronik kann u. U. auf das Signal <strong>eines</strong> extern<br />

am Patienten angebrachten Pulssensors zurückgreifen. Eine eindeutige Erkennung des<br />

Pulses nach 3-5 Herzschlägen wäre hierfür ausreichend.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 44


5.1.3 Erprobungsbericht der Tierversuche vom 25.01.97 - 14.05.97<br />

Das erste Funktionsmodell des pulsatilen Sensors wurde zwischen dem 22.1.97 und dem<br />

14.5.97 in vier Tierversuchen (Schwein) am eröffneten Abdomen sowie mehrfach im Phantomversuch<br />

(Pulsatiles Phantom, G.I.T.) und im Eigenpulsversuch erprobt. In einem der<br />

Tierversuche und einem Phantomversuch sowie einigen Handgelenkspulsversuchen wurde ein<br />

Vergleich mit dem Prototyp einer Ultraschall-Dopplersonde (EndoDop) angestellt.<br />

Im Tierversuch wurden die freiprapärierten Arterien A. gastroepiploica und A. lienalis sowie<br />

einige Mesenterialarterien nachgewiesen. Die zur Detektion von Druckschwankungen verwendete<br />

PVDF-Sensorfolie reagierte hochsensitiv auf geringfügige Bewegungen des Bedieners,<br />

Atmungsbewegungen des Tieres, Luftzug sowie Schalldruck. Es konnten daher lediglich<br />

Arterien mit einem Gefäßdurchmesser von mindestens 2,5 mm unter maximal 1 mm starkem<br />

Deckgewebe akustisch detektiert werden, wobei die Detektion häufig lediglich über 3 bis 5<br />

Pulsperioden und nicht reproduzierbar erfolgte. Demgegenüber konnten mit der Dopplersonde<br />

noch Mesenterialgefäße von weniger als einem Millimeter Durchmesser sicher detektiert<br />

werden.<br />

Die Darstellung des Ausgangssignals auf einem Speicheroszilloskop zeigte, daß beim Pulssensor<br />

der Untergrund aus Bewegungen und Luftdruckschwankungen das zu messende Pulssignal<br />

bei Arterienkalibern von etwa 3 mm meist um einen Faktor 4 bis 5 übertrifft. Hervorzuheben<br />

ist, daß durch Erneuern der PVDF-Folie mehrmals eine erhebliche Verringerung der<br />

Störsignale erreicht wurde.<br />

Bei Eigenpuls- und Phantommessungen, wo der Sensor sehr ruhig gehalten werden kann,<br />

wurde ein klares, detailliertes und reproduzierbares Oszilloskopsignal beobachtet. Das Oszilloskopsignal<br />

ließ in allen Versuchen eine schnellere und eindeutigere Pulserkennung zu als<br />

die akustische Anzeige der Amplitudenspitzen.<br />

Eine akustische Darstellung der Pulsinformation ist im Prinzip ideal. Die Möglichkeit einer<br />

Lautstärkeregelung, insbesondere jedoch eine detailreichere Signaldarstellung - ähnlich wie in<br />

Ultraschall-Doppler-Geräten realisiert - ist wünschenswert. Die Regelung der Ansprechschwelle<br />

für das akustische Signal solIte ohne Zerlegen des Handgriffs zugänglich sein. Die<br />

Integration der Spannungsversorgung sowie der Elektronik in den Handgriff erwies sich als<br />

zweckmäßig, ebenso die Abdichtung der Piezopolymerfolie gegen das Edelstahlgehäuse durch<br />

einen O-Ring. Für die Verbindung des Dichtungsrings mit der Sensorfolie sollte ein<br />

Klebermaterial gewählt werden, das von den gängigen Reinigungsmitteln nicht angelöst wird.<br />

Die Aluminium-Kontaktschicht der Folie muß durch eine sterilisierbare Überbeschichtung<br />

oder Deckfolie vor dem Abtrag durch Kontakt mit Blut und Gewebe geschützt werden. Beim<br />

Wechseln der Folie konnte der lose einliegende leitende Silikonschaum nur schwer neu eingelegt<br />

werden. Das Schaummaterial sollte an der Folie oder am Spannungsabgriff befestigt, oder<br />

die konvexe Wölbung der Sensorfolie sollte auf andere Weise erreicht werden.<br />

Die Änderungen der Sensitivitat auf Störsignale nach Einlegen einer neuen PVDF-Folie<br />

können entweder durch eine unterschiedliche Qualität der Folien oder durch Schwierigkeiten<br />

bei der Klemmung der Folie gegenüber dem Gehäuse bzw. beim Kontakt mit dem leitenden<br />

Silikonschaum verursacht sein. In der vorliegenden Version müssen Folie und Silikonschaum<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 45


lose auf das Frontende des Sensorstabs aufgelegt und durch das Überrohr hindurch nach vorn<br />

geschoben werden, wobei eine Positionskontrolle nicht möglich ist. Ein korrektes Einspannen<br />

der Folie sollte durch Anbringen einer Folienaufnahme am Sensorstab oder durch eine<br />

spezielle Einführhilfe sichergestelIt werden. Die Sensorfolie solIte wie im Laboraufbau streng<br />

frontbündig angebracht werden, um den Gewebekontakt zu verbessern.<br />

Für eine klinische Anwendbarkeit des Pulssensors ist neben einer erheblichen Dämpfung der<br />

Folie gegen äußere Translationsbewegungen eine Nachbearbeitung des Ausgangssignals oder<br />

Triggerung mit einem extern aufgenommenen Pulssignal zur gezielten Erkennung der Pulsanteile<br />

zu erwägen. Die hohe Empfindlichkeit der PVDF-Folie erlaubt grundsätzlich auch die<br />

Aufnahme <strong>eines</strong> differenzierten Pulssignals. Dies läßt den Sensor über die qualitative Pulsdetektion<br />

hinaus für Anwendungen geeignet erscheinen, die eine quantitative Kenntnis des<br />

Pulsverlaufs erfordern, sofern eine weitgehende Ausschaltung der Störsignale gelingt.<br />

5.1.4 Erprobungsbericht vom Tierversuch am 25.03.97<br />

Versuchsaufbau<br />

Sensorstab zur piezoelektrischen Detektion von Druckänderungen; akustische Anzeige von<br />

Druckspitzen sowie Darstellung des Ausgangssignals auf handelsüblichem Speicheroszilloskop<br />

Ziel<br />

Es sollte untersucht werden, ab welchem minimalen Gefäßdurchmesser und bis zu welcher<br />

maximalen Dicke der Deckgewebsschicht eine Detektion der Gefäßpulsation möglich ist.<br />

Die vorgesehene Anwendung ist dabei die Gefäßdetektion zur Vermeidung der versehentlichen<br />

Durchtrennung von Gefäßen in endoskopischen Disziplinen der Chirurgie.<br />

Versuchsdurchführung<br />

Am offenen Tier wurden die Arteria lienalis, A. gastroepiploica und mehrere Mesenterialarterien<br />

bis zu einem minimalen Durchmesser von 2,5 mm untersucht.<br />

Beteiligt waren B. Mentges, O. Weiss und S. Oberkirsch<br />

Ergebnis<br />

Pulsdetektion gelang bei allen untersuchten Gefäßen; bei einem Gefäßdurchmesser von 2,5<br />

mm unter 1 mm Deckgewebe war die Detektion nur kurzzeitig möglich. Gefäße höheren Kalibers<br />

wurden bei senkrechtem Aufsetzen des Sensorstabs sicher und reproduzierbar detektiert.<br />

Weiteres Vorgehen: Vergleich mit Ultraschall-Dopplersonde; evtl. Triggerung des Pulssignals<br />

mit dem EKG-Signal, um durch Bewegungen des Bedieners und Atembewegungen des Patienten<br />

verursachte Störsignale zu unterdrücken.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 46


5.1.5 Erprobungsbericht der Relaparotomie des Schw<strong>eines</strong><br />

vom Tierversuchs am 26.03.97<br />

Versuchsaufbau und -durchführung<br />

Beteiligt waren B. Mentges, O. Weiss und S. Oberkirsch<br />

Es wurde in offener Operationstechnik operiert.<br />

Modifikationen am Pulssensor seit dem letzten Versuch:<br />

• Die PVDF-Folie war ausgetauscht worden.<br />

• Die Stellschraube war auf akustisches Ansprechen bei geringerem Signal eingestellt.<br />

Ergebnisse<br />

Gefäß Ø / mm Deckgewebe<br />

/ mm<br />

Meßergebnis<br />

A. lienalis 4 0 mehrfach kurzzeitig über etwa drei<br />

Pulsperioden detektiert, sonst durch<br />

Störsignale (Bedienerbewegung) zu stark<br />

verrauscht<br />

A. gastroepiploica 5 0 sicher, dauerhaft und reproduzierbar<br />

detektiert; sehr schönes, detailliertes<br />

Oszilloskopsignal<br />

Mesenterialarterie 2,5 1 mehrfach ca. 10s bis 20s lang detektiert,<br />

sonst zu stark verrauscht<br />

Mesenterialarterie 3 0 dauerhafte Detektion, sehr schönes Oszi-<br />

Signal<br />

• Die Folie sollte bei Redesign ganz frontbündig angebracht werden - bei der vorliegenden<br />

Version gelang die Pulsdetektion nur, wenn Sensorstab senkrecht auf Arterie gedrückt<br />

wurde.<br />

• Der Sensor erzeugte bei Gewebekontakt häufig hochfrequente Oszillation, die die Pulsdetektion<br />

jedoch nicht beeinträchtigt.<br />

• Die Al-Beschichtung der PVDF-Folie war nach Versuchsende (makroskopisch) intakt<br />

(beim letzten Versuch: fast vollständiger Abrieb der Beschichtung).<br />

• Bewegliche Arterien (lienalis) sind sehr viel schwieriger zu detektieren als festliegende<br />

(gastroepiploica).<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 47


5.1.6 Vergleich des Pulssensors (IBMT)<br />

mit der Ultraschall-Dopplersonde Endo-Dop (DWL) vom 26.03.97<br />

5.1.6.1 Vergleichende Messungen am Pulsphantom (MRI) (B. Mentges, S. Oberkirsch)<br />

Versuchsaufbau<br />

Der Pulssensor und die US-Sonde werden je ca. 20 mal an unterschiedlichen Stellen senkrecht<br />

unter leichtem Druck gegen den pulsstärksten der drei Zweige des Pulsphantoms gehalten. Für<br />

Endo-Dop wird US-Gel verwendet. Simultane Darstellung und Beobachtung der Signale<br />

beider Geräte (Pulssensor: Speicheroszilloskop; Endo-Dop: Videomonitor).<br />

Ergebnisse<br />

Mit beiden Geräten kann die Pulsation ohne Gegenhalt detektiert werden.<br />

Am Phantom ist der Pulssensor im grafischen wie im akustischen Signal der Dopplersonde<br />

deutlich überlegen.<br />

Endo-Dop ist nicht in der Lage, den zeitlichen Druckverlauf wiederzugeben. Lediglich die<br />

amplitudenstärkste Pulsspitze jeder Periode erscheint im grafischen und akustischen Signal.<br />

Der Pulssensor liefert eine differenzierte grafische Wiedergabe des Druckverlaufs (u. a. zwei<br />

deutlich unterschiedene Druckspitzen je Periode) sowie ein akustisches Signal, das die Pulsation<br />

klar erkennen läßt.<br />

5.1.6.2 Vergleichende Detektion des Pulses am Handgelenk<br />

(B. Mentges, S. Gillner, S. Oberkirsch)<br />

Versuchsaufbau<br />

Mit beiden Geräten wird der Puls jeweils mehrfach bis zur erfolgten Detektion gesucht. Für<br />

Endo-Dop wird Ultraschallgel verwendet. Keine simultane Messung.<br />

Ergebnisse<br />

Die Pulsdetektion mit dem Pulssensor gelingt bei ruhig gehaltenem Sensor, wobei ein Aufstützen<br />

auf eine feste Unterlage nicht erforderlich ist. Im Vergleich mit früheren Messungen<br />

(Eigenpuls und Tierversuch) muß bemerkt werden, daß die Sensitivität auf Bewegungen des<br />

Bedieners von der Qualität der PVDF-Folie bzw. dem Einspannen der Folie abhängt. Die hier<br />

verwendete Folie zeigt vergleichsweise geringe Störsignale.<br />

Nach Aufsetzen auf das zu untersuchende Gewebe ist die US-Dopplersonde weniger sensitiv<br />

auf kleine Bewegungen des Bedieners als der Pulssensor. Ein Entlangführen der Sonde längs<br />

des Gewebes führt jedoch ebenfalls zu Störsignalen, die in ihrer Amplitude das zu messende<br />

Signal um den Faktor 3 bis 4 (Schätzung) übertreffen.<br />

Der Pulssensor liefert bei der Eigenpulsmessung ein deutlich differenzierteres, jedoch stärker<br />

von Störgeräuschen überlagertes grafisches Signal als die US-Dopplersonde. Hinsichtlich des<br />

akustischen Signals ist die Dopplersonde bei der Detektion des Handgelenkpulses dem Pulssensor<br />

in der vorliegenden Version überlegen. Während Endo-Dop akustisch ein an- und<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 48


abschwellendes Signal darstellen kann, verfügt der Pulssensor über nur eine Lautstärke und<br />

Frequenz.<br />

5.1.6.3 Für beide Versuchsteile<br />

Bei beiden Geräten gelingt die Pulsdetektion nur mit einiger Erfahrung. Sowohl der Pulssensor<br />

als auch die US-Sonde müssen senkrecht zum zu untersuchenden Gefäß stehen, um die<br />

Pulsation detektieren zu können. Eine Translation der sensorischen Enden führt sowohl beim<br />

Pulssensor als auch bei Endo-Dop zu Störsignalen, die das zu messende Signal um ein Mehrfaches<br />

übertreffen. Beim Pulssensor tritt ein hohes Untergrundsignal jedoch bereits bei<br />

erheblich geringeren Bewegungen auf als bei Endo-Dop.<br />

5.2 Vibrotaktiler Sensor<br />

5.2.1 Zusammenfassung<br />

Beim Vibro<strong>taktilen</strong> Sensor des FhG-IBMT regt ein vibrierender permanentmagnetischer Stößel<br />

das zu untersuchende Gewebe zu erzwungenen Schwingungen an. Die resultierende Phase<br />

des Sensorstößels läßt Rückschlüsse auf die niederfrequente Gewebeimpedanz zu.<br />

Die erste Erprobung <strong>eines</strong> vibro<strong>taktilen</strong> Aufbaus erfolgte mit einem vom FhG-IBMT zur Verfügung<br />

gestellten makroskopischen Meßsystem an verschiedenen resezierten Gewebeproben<br />

aus der Allgemeinchirurgie und Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (siehe 5.2.2).<br />

Das Spektrum der Gewebe-Resonanzfrequenzen erstreckte sich von 18 Hz bis 110 Hz.<br />

Eine Unterscheidung zwischen gesundem und pathologischem Gewebe mit diesem Meßaufbau<br />

war für Lebermetastasen, Kolonadenome und insbesondere Plattenepithelkarzinome<br />

möglich, ebenso konnte zwischen Nasenschleimhaut und Gesichtsknochen sowie zwischen<br />

Nasenpolypen und Knochen differenziert werden.<br />

Der fertiggestellte vibrotaktile Taststab mit modifizierter Regelung stand der Sektion für<br />

Minimal Invasive Chirurgie ab November 1996 zur Verfügung.<br />

Er wurde an Silikonphantomen, in mehreren Tierversuchen sowie an intraoperativ entfernten<br />

frischen und nicht fixierten Humanresektaten erprobt. Bei den Resektaten handelte es sich um<br />

mehrere Tonsillen und karzinomatöse HNO-Resektate, darunter Zungentumoren, teils unter<br />

gesundem Gewebe, weiter um zwei inguinale Lymphknotenmetastasen, einen Lungenlappen<br />

mit Tumor sowie zwei Rektumtumoren.<br />

Die Differenzierung zwischen gesundem und pathologischem Gewebe war in den meisten<br />

Fällen möglich, variierte jedoch in ihrer Signifikanz stark. Für Zungentumoren und Lungentumor<br />

war eine sehr gute Unterscheidbarkeit und Abgrenzung des Tumorrands sowie eine<br />

gute Beurteilbarkeit der Einbettungstiefe des Tumors gegeben.<br />

Die gemessenen Resonanzfrequenzen korrelierten meist mit dem subjektiven Härteeindruck.<br />

In einigen Fällen trug vermutlich eine hohe mitoszillierende Tumormasse zu einer Verringerung<br />

der gemessenen Resonanzfrequenzen bei. Teilweise behinderte die noch häufige Verkantung<br />

des Stößels die Messungen.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 49


Der Sensor liefert bereits sehr aussagekräftige Daten und wird von Chirurgen aus den Bereichen<br />

Urologie, Thoraxchirurgie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Allgemeinchirurgie als<br />

sehr hilfreiches Instrument beurteilt. Auch hier ist ein weiterer Technologiedurchlauf zur<br />

Behebung noch bestehender Schwierigkeiten notwendig, um anschließend mit einer klinischen<br />

Studie die Voraussetzungen für eine Markteinführung zu schaffen.<br />

Die beiden Arbeitspakete konnten nur teilweise innerhalb des Zeitplans abgeschlossen werden,<br />

da sich durch den höheren <strong>Entwicklung</strong>s- und Korrekturaufwand die Bereitstellung der<br />

Sensoren verzögerte und die Erprobungen mehrfach unterbrochen werden mußten. Die Arbeiten<br />

wurden parallel zu den übrigen Arbeitspaketen bis Juni 1997 forgesetzt.<br />

5.2.2 Bericht der Messung vibrotaktiler Eigenschaften von Humangewebe<br />

in der HNO vom Dez. 1995<br />

Die vibro<strong>taktilen</strong> Eigenschaften von Gewebe können durch eine Anregung des Gewebes zu<br />

einer erzwungenen Schwingung ermittelt werden. Diese erzwungene Schwingung wird durch<br />

einen schwingenden Stößel angeregt, der ständig in direktem Kontakt mit dem Gewebe sein<br />

muß. Bei diesen Messungen werden die Anpreßkraft des Stößels sowie die Schwingungsamplitude<br />

des schwingenden Stößels zeitabhängig detektiert. Durch Variation der Frequenz<br />

des anregenden schwingenden Stößels kann die Eigenresonanz des schwingenden Systems<br />

bestimmt werden. Die Eigenresonanz des Systems ist durch ein Maximum der Amplitude<br />

oder durch ein Minimum der zur Erreichung einer konstanten Auslenkung notwendigen Kraft<br />

charakterisiert. Durch die zeitabhängige Detektion der Meßwerte kann zur Bestimmung der<br />

Resonanzfrequenz einfacherweise die Phasendifferenz zwischen der anregenden Kraft des<br />

Stößels und der Schwingungsamplitude des Stößels detektiert werden. Diese Phasendifferenz<br />

ist im Resonanzfall 90°. Diese Detektionmechanismen der Eigenresonanz bei einer erzwungenen<br />

Schwingung sind in der Physik wohlbekannt.<br />

Ziel der Bestimmung der Eigenresonanz des schwingenden Stößel-Gewebe-Systems ist ein<br />

vibrotaktiles Instrument, mit dessen Hilfe Aussagen über die Härte (Scher- und Kompressionsmodule)<br />

des Gewebes getroffen werden können. Die Eigenresonanz des Gewebes ist von<br />

der Härte des Gewebes abhängig. Je härter das untersuchte Gewebe ist, desto größer ist die<br />

Resonanzfrequenz. So können durch eine vibrotaktile Bestimmung der Resonanzfrequenz<br />

Aussagen über die Härte getroffen werden.<br />

Die Resonanzfrequenz des schwingenden Systems ist jedoch neben der Härte noch von anderen<br />

Faktoren abhängig. Dies sind<br />

• Masse des anregenden Stößels,<br />

• Größe und<br />

• Masse des untersuchten Gewebestücks,<br />

• Hintergrund des Gewebestücks,<br />

• Anpreßkraft des Stößels auf das Gewebe und<br />

• Auslenkungsamplitude des schwingenden Stößels.<br />

Dies zeigt die außerordentliche Schwierigkeiten, in einem klinischen Einsatz standardisierbare<br />

Bedingungen und somit verläßliche Meßergebnisse zu erzielen.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 50


Die Resonanzfrequenz hängt in komplexer Weise von den geometrischen und mechanischen<br />

Eigenschaften des untersuchten Gewebes ab. Diese Abhängigkeit wird zur Zeit am Fraunhofer<br />

Institut für Biomedizinische Technik in St. Ingbert ermittelt und in wenigen Wochen vorliegen.<br />

Die Abhängigkeit der Resonanz von der Anpreßkraft kann durch Messung der Resonanzfrequenz<br />

bei wohldefinierter Anpreßkraft berücksichtigt werden. Die Abhängigkeit von der<br />

Größe des Gewebestücks kann nicht korrigiert werden, hat jedoch geringeren Einfluß auf die<br />

Resonanzfrequenz.<br />

Neben der Eigenresonanz des Gewebes könnte die Schwingungsamplitude sowie die Anregungskraft<br />

des Stößels zur Bestimmung der Härte des Gewebes herangezogen werden.<br />

Im Dezember 1995 wurden Messungen zur Bestimmung der vibro<strong>taktilen</strong> Eigenschaften folgender<br />

Humanresektate aus der HNO- Universitätsklinik durchgeführt: Polyp, Schleimhaut,<br />

Schleimhaut mit Schwellkörper, Lymphknoten, glandula submandibularis (Unterkiefer-Speicheldrüse),<br />

Plattenepithelkarzinom, Knorpel, Gesichtsknochenfragmente und Unterkieferknochen.<br />

Die vibro<strong>taktilen</strong> Eigenschaften dieser Resektate wurde mit einem Referenzsystem, das vom<br />

FhI-IBMT für diese Messungen zur Verfügung gestellt wurde, bestimmt.<br />

Abb. 15 Resonanzfrequenz<br />

verschiedener<br />

Humanresektate<br />

aus der HNO,<br />

gemessen mit dem<br />

Referenzsystem.<br />

Legende:<br />

SK<br />

SKnoch<br />

Submand<br />

LK-Meta<br />

ZuTuG<br />

ZuTuGTU<br />

ZuTuTu<br />

Septumknochen<br />

Tonsille<br />

Gl. Submandibularis<br />

Lymphknotenmetastase<br />

Zungentumor-Resektat: gesundes Gewebe<br />

Zungentumor-Resektat:<br />

Tumor unter gesundem Gewebe<br />

Zungentumor-Resektat: Tumor<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 51


Die Resonanzfrequenzen variierten für die verschiedenen Gewebe zwischen 18 Hz und<br />

110 Hz (Abb. 15). Die Schwankungen innerhalb einer Gewebeprobe waren wie die Schwankungen,<br />

bedingt durch die Meßungenauigkeit, gering. Dies galt jedoch nicht für die Messungen<br />

an Knorpel und Knochen, da bei diesen Präparaten bedingt durch den Meßaufbau die<br />

gesamten Präparate zu Schwingungen angeregt worden waren. Diese Schwingungen verfälschten<br />

die Messung stark, weshalb hier die Meßfehler am größten waren. Es wurde vorgeschlagen,<br />

die Präparate in einem nachfolgenden Experiment zu fixieren, so daß sie nicht<br />

mehr schwingen können. Des weiteren sollte die Schwingungsamplitude von gegenwärtig<br />

50 µm wesentlich verringert werden, um einen ständigen Kontakt des Stößels mit dem Präparat<br />

zu gewährleisten.<br />

Eine Unterscheidung der einzelnen Gewebetypen scheint mit einem vibro<strong>taktilen</strong> Instrument<br />

aufgrund dieser Ergebnisse möglich zu sein.<br />

5.2.3 Messungen an Silikonphantomen und im Tierversuch<br />

mit dem ersten Funktionsmuster des vibro<strong>taktilen</strong> Sensors (17.12.1996)<br />

Die Messungen an den Silikonphantomen zeigten, daß die Handhabung des Instruments durch<br />

eventuelle Verkantung des Stößels erschwert werden kann. Die Resonanzfrequenz war auch<br />

von der Schwingungsamplitude abhängig, da das Schwingungsverhalten vermutlich nichtlinear<br />

ist. Bei einer der Amplitude, die einer Spannung von mindestens 20 mV entsprach, war<br />

die Abhängigkeit vernachlässigbar, so daß diese Messungen zuverlässig waren (Abb. 16).<br />

Abb. 16. Resonanzfrequenz <strong>eines</strong> Silikonphantoms in Abhängigkeit von der<br />

Induktionsspannung (~Schwingungsamplitude des Stößels).<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 52


Die Abhängigkeit der Resonanzfrequenz von der Anpreßkraft war bei diesem Funktionsmuster<br />

gegenüber den Messungen mit dem Laboraufbau geringer geworden, so daß bei Messungen<br />

mit einem DC-Offset, der ein Maß für die Anpreßkraft ist, zwischen 40 mV und<br />

150 mV keine deutliche Abhängigkeit festgestellt werden konnte (Abb. 17). Zu beachten war,<br />

daß die zur Abschirmung verwendete Latex-Membran für eine unverfälschte Messung nicht<br />

unter Spannung stehen durfte.<br />

Abb. 17. Resonanzfrequenz <strong>eines</strong> Silikonphantoms in Abhängigkeit vom DC-Offset<br />

des Stößels, der ein Maß für die Anpreßkraft ist.<br />

Die Regelung auf die Resonanzfrequenz war völlig unzureichend. Die Regelzeiten waren<br />

deutlich zu lang und teilweise konnte keine Resonanzfrequenz gefunden werden. Die Abschirmung<br />

des Stößels mit Hilfe einer Latexmembran war ideal, wenn auch die derzeitige Form<br />

nicht ausgereift war. Es wurde vorgeschlagen für den nächsten Prototyp auf vorhandene,<br />

sterilisierbare Latex-Fingerlinge zurückzugreifen.<br />

Die Messungen im Tierversuch zeigten (Abb. 18), daß bei homogenen Organen die statistische<br />

Streuung gering war, wie z.B. bei Messungen an der Leber mit Werten zwischen 95 Hz<br />

und 100 Hz. Die Varianz war bei Hohlorganen wie dem Magen oder dem Darm bedingt durch<br />

die teilweise härtere Füllung deutlich größer. Insgesamt erscheint das gesunde Bindegewebe<br />

bei den vibro<strong>taktilen</strong> Messungen recht homogen, was bereits bei den Laborversuchen<br />

beobachtet worden war. Lediglich die Darmwand war mit einer Resonanzfrequenz von<br />

110 Hz deutlich härter als die Leber.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 53


Abb. 18. Resonanzfrequenzen verschiedener Organe im Versuch am lebenden Schwein.<br />

5.2.4 Messung vibrotaktiler Eigenschaften am Lungenlappen (Humangewebe)<br />

am 18.02.1997.<br />

In Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Linder am Stuttgarter Klinikum für Thorakoskopie und<br />

Pneumologie, Schillerhöhe wurden mit dem vibro<strong>taktilen</strong> Sensor an Humanresektaten der<br />

Lunge die vibro<strong>taktilen</strong> Eingenschaften, insbesondere die Resonanzfrequenzen ermittelt.<br />

Abb. 19. Resonanzfrequenzen des Lungenresektats.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 54


Außer am kollabierten Resektat konnte auch am beatmeten, befeuchteten und über einen<br />

Katheter mit einer Zytostatika-Lösung perfundierten Lungenlappen gemessen werden, da Dr.<br />

Linder derzeit unterschiedliche Zytostatika an frischen Resektaten erprobt.<br />

Während sich beim kollabierten Resektat die Resonanzwerte für gesundes und tumorunterlegtes<br />

Gewebe nicht überscheiden, führen die Druckschwankungen bei der beatmeten Lunge<br />

erwartungsgemäß zu einer breiteren Streuung der Härtewerte (Abb. 19).<br />

Der von gesundem Gewebe bedeckte Tumor unterschied sich vibrotaktil deutlich vom umgebenden<br />

gesunden Lungengewebe. Es wurden jedoch für das härtere tumorunterlegte Gewebe<br />

niedrigere Resonanzfrequenzen (um 85-90 Hz) ermittelt als für das direktpalpatorisch extrem<br />

weiche gesunde Lungengewebe (um 110 Hz). Damit entsprachen die Werte des tumorunterlegten<br />

Gewebes in etwa den HNO-Werten für Tonsillen, was vom subjektiven Härteeindruck<br />

bestätigt werden konnte. Nicht erklärlich waren die homogen höheren Resonanzfrequenzen<br />

für die gesunde Lungenoberfläche.<br />

Arbeitspaket 6: Grundlagenerprobung FM B1/B2<br />

(Faßzange / Taststab mit taktilem Mikrosensorarray)<br />

6.1 Zusammenfassung<br />

Die Fa. Bausch hat anhand der Ergebnisse der Arbeitspakete 1 und 3 eine Faßzangenmechanik<br />

entwickelt, bei der das sensorische untere Maulteil rotierbar ist, so daß eine Palpationsbewegung,<br />

Prüfung der Scherelastizität und Verschieblichkeit des Gewebes sowie ein monopolares<br />

Tasten - ohne Greifen des Gewebes - möglich sind. Das obere Maulteil führt entsprechend den<br />

üblichen Faßzangenmechaniken die Öffnen/Schließen-Bewegung aus und ist bestimmend für<br />

dieAnpreßkraft des Gewebes auf die sensorische Unterlage.<br />

Um die Erfassung hinreichend großer Gewebeportionen zu ermöglichen, wurde das obere<br />

Maulteil in einem zweiten <strong>Entwicklung</strong>sdurchlauf auf unseren Vorschlag hin mit einer Hohlkehle<br />

ausgestattet. Zugleich wurde das Zangendesign nach Diskussion mit mehreren Chirurgen<br />

ergonomisch optimiert, wobei das später zu integrierende Aktorarray bereits Berücksichtigung<br />

fand. Eine Beschreibung des Zangendesigns findet sich im Abschlußbericht der<br />

Firma Bausch zum vorliegenden <strong>Verbundprojekt</strong>.<br />

Bei der Daimler-Benz AG wurde ein Taststab entwickelt, der am Frontende über ein Mikrosystemtechnik-Array<br />

aus 8 linear angeordneten Drucksensoren verfügt und in die Faßzange<br />

integriert werden kann. Es wurde eine Software entwickelt, die zunächst die optische Anzeige<br />

auf einem Notebook mittels Balkendiagrammen ermöglicht. Die technischen Spezifikationen<br />

und Leistungsdaten des Taststabs und der Software sind im Abschlußbericht der Daimler-<br />

Benz AG zum vorliegenden Projekt im Detail beschrieben.<br />

In ersten Erprobungen im Phantom- und Tierversuch zeigte sich, daß im Prinzip eine gute<br />

Härtedifferenzierung und Pulsdetektion mit der sensorischen Faßzange möglich war und das<br />

Zangendesign einen sinnvollen Einsatz als Routineinstrument der rechten Hand zuließ. Zange<br />

und Taststab konnten autoklavierbar gestaltet werden.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 55


Es konnte jedoch während der Projektlaufzeit kein vollständig funktionsfähiges Sensorarray<br />

bereitgestellt werden. Unter den funktionierenden Einzelsensoren waren die Empfindlichkeitsabweichungen<br />

in den meisten Fällen in nicht reproduzierbarer Weise unterschiedlich, so<br />

daß beispielsweise ein exaktes Abtasten der Randbereiche von Gewebeverhärtungen nicht<br />

möglich war.<br />

Weiter ließ die Empfindlichkeitsregelung der Sensoren eine Tastbefundung nur bei traumatisch<br />

hohem Anpreßdruck zu. Die Sensorkomponente erwies sich als mechanisch noch sehr<br />

empfindlich.<br />

In der Meßwertanzeige bestand noch eine für den klinischen Einsatz zu hohe Hysterese (siehe<br />

6.2).<br />

In diesem Arbeitspaket war umfangreiche Grundlagenarbeit in Konzeption und Realisierung<br />

zu leisten. Es mußten zahlreiche technische Schwierigkeiten überwunden werden, die vorab<br />

nicht absehbar waren. Aus diesen Gründen wurden Erprobungen und Weiterentwicklung der<br />

Funktionsmuster während der gesamten Projektlaufzeit fortgeführt.<br />

Neben den Arbeiten innerhalb des <strong>Verbundprojekt</strong>s wurde in unserer Arbeitsgruppe im Rahmen<br />

einer Design-Diplomarbeit ein zusätzlicher Designvorschlag für eine ergonomische sensorische<br />

Faßzange entwickelt.<br />

6.2 Erste vorklinische Erprobungen der <strong>taktilen</strong> Faßzange / Taststab<br />

(03.04.96-17.04.96)<br />

Durchführende waren G. Bueß, B. Mentges, O. Weiß, E. Flemming, K. Roth, W. Kunert<br />

Die taktile Faßzange wurde in diesem Zeitraum während zweier Tierversuche eingesetzt. In<br />

diesen Tierversuchen zeigte sich, daß mit einer Faßzange im derzeitigen Design in der<br />

Laparoskopie kaum taktile Information gewonnen werden kann. Es war keine Sensorzeile mit<br />

8 funktionstüchigen Sensorzellen verfügbar. Ein Greifen der für die Faßzange interessanten<br />

Strukturen wie Dickdarm war aufgrund des zu kurzen und zu gering öffnenden Maulteils<br />

kaum möglich. Eine Erfassung von Strukturen im Hintergrund ist durch die fehlende Hohlkehle<br />

nicht möglich. Die zur Detektion der <strong>taktilen</strong> Information notwendigen Kräfte sind zu<br />

groß. Die Detektion der Härte <strong>eines</strong> Leberlappens oder von Darm ist nicht atraumatisch möglich,<br />

da die aufzubringenden Kräfte zu Verletzungen führen würden. Die Verwendung der<br />

<strong>taktilen</strong> Faßzange als Taststab war nicht möglich, da selbst bei unüblich großer Anpreßkraft<br />

kein Signal detektiert werden konnte. Eine Detektion von Gefäßpulsation war ebenfalls nicht<br />

möglich, da hierfür eine Darstellung des differenzierten Signals notwendig ist. Nach Beendigung<br />

der ersten Erprobung befand sich Blut in der gesamten Faßzange einschließlich der Sensorelektronik.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 56


Zur Behebung der genannten Schwierigkeiten wurden von der MICT folgenden<br />

Modifikationen vorgeschlagen.<br />

Faßzangendesign<br />

• Redesign der Maulteilmechanik.<br />

• Integration einer Hohlkehle.<br />

• Maulteile bei einem Abstand von 3 mm parallel schließend.<br />

• Sinusriffelung (0.6 mm Höhe) des Anpreßmauteils. Die Periode sollte dem Abstand der<br />

Sensoren angepaßt sein.<br />

• Abdichtung der Faßzange, insbesondere der Sensorelektronik.<br />

• Optimierung der Kraftreflexion bei linearer Skalierung.<br />

• Minimierung der Haftreibung der Maulteilbewegung.<br />

Integration des Sensors in das Maulteil.<br />

• Die empfindliche Fläche des Sensorarrays sollte gegenüber der Gesamtfläche vergrößert<br />

werden. Dies kann vermutlich durch eine veränderte Integration einschließlich des Vergusses<br />

bei gleichzeitiger Reduktion der gesamten Auflagefläche realisiert werden.<br />

• Die Sensoroberfläche sollte gegenüber dem Sensormaulteil erhöht montiert werden oder<br />

die Ecken des Sensormaulteils abgerundet sein. Alternativ könnte das Sensormaulteil elliptisch<br />

oder rund ausgestaltet werden.<br />

• Kein Spalt zwischen Vergußmasse und Sensormaulteil.<br />

Software<br />

• Kalibrierung der Empfindlichkeit der Sensoren einschließlich Nullabgleich.<br />

• Integration einer optionalen Visualisierung des Pulssignals durch Darstellung des differenzierten<br />

Signals.<br />

• Optionale Abspeicherung der Sensorsignale in definierbaren Zeitabständen für die Testphase.<br />

• Integration der Anzeige des Summenbalkens zur Visualisierung der Anpreßkraft.<br />

• Integration einer optionalen Vergrößerungsoption der Empfindlichkeit um die Faktoren 2<br />

und 4.<br />

• Optionale logarithmische Darstellung des Sensorsignals in der Testphase.<br />

Die Modifikationen der Software sind bereits durchgeführt. Eine neue Maulteilmechanik<br />

wurde von der DLR in Zusammenarbeit mit der MICT konstruiert. Ein erster Prototyp wurde<br />

dann zur Evaluation der MICT zur Verfügung gestellt. Die Implementierung des Sensorarrays<br />

in das Sensormaulteil sollten wie das Design des Sensormaulteils in Kürze modifiziert werden.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 57


6.2 Zweite vorklinische Erprobungen der <strong>taktilen</strong> Faßzange / Taststab<br />

am 16.07.97<br />

Die taktile Faßzange wurde anhand von Silikontastphantomen und am Pulsphantom erprobt.<br />

Dabei wurden folgendes festgestellt.<br />

• Die Empfindlichkeit hatte sich im Vergleich zum Sensorarray vom Mai 1996 nicht merklich<br />

verbessert. Nach wie vor war die Anpreßkraft zur Erreichung <strong>eines</strong> Sensorsignals so<br />

groß, daß atraumatisches Greifen nicht möglich war.<br />

• Die Sensoren maßen nicht zuverlässig reproduzierbar und waren somit nicht eichbar. Für<br />

das Auffinden von beispielsweise tumorösen Gewebeverhärtungen, Gallengangssteinen<br />

oder Lymphknoten müssen die acht Balken im gleichen Maßstab anzeigen.<br />

• Die Anzeige war träge. Das System brauchte ca. 10 Sekunden um zwischen Minimal- und<br />

Maximalauschlag zu wechseln. Damit war Pulsdektektion zur Ortung von Arterien ausgeschlossen.<br />

Auch für die Warnfunktion bei zu kräftigem Zugreifen ist eine Echtzeitanzeige<br />

notwendig.<br />

• Die Abdeckfolie war sehr empfindlich. Schon mit dem Fingernagel konnte sie verkratzt<br />

werden. Dies wäre solange die Folie wasserdicht bleibt unproblematisch, nicht jedoch,<br />

wenn dadurch die Kennlinie des Sensors verändert wird.<br />

• Die Einzelsensoren waren unzuverlässig. Bei Sensorarray #4 zeigten die Einzelsensoren 2<br />

und 3 kein Signal. Einzelsensor 3 zeigte oft Maximum und nur einmal kraftabhängige<br />

Meßwerte. Sensorarray #2 zeigte nur sehr geringe Anzeigewerte. Als mit der flachen Fingerkuppe<br />

kräftiger gedrückt wurde, sprangen plötzlich der Einzelsensor 8 auf Maximum<br />

und die Einzelsensoren 1-7 auf Minumum. Dieser Ausfall konnte später auf Kontaktprobleme<br />

der elektrischen Zuleitungen zurückgeführt werden.<br />

• Die Dichtigkeit des Sensors insbesondere an den Rändern der Sensorfolie wurde nicht geprüft,<br />

da die Abdichtung mit Einkomponentenklebstoff nicht sterilisierbar und nur für den<br />

Prototyp gedacht war.<br />

• Die Riffelung an der Sensorunterseite ermöglichte bei 180°-Drehung des Sensorstabs griffigeres<br />

Greifen ohne Sensorfunktion und schaffte damit die Grundlage zum Einsatz der<br />

Tastzange auch als Routineinstrument.<br />

Zum Design der Faßzange konnte wie folgt Stellung genommen werden.<br />

• Der Handgriff hatte sich gegenüber der ursprünglichen Form verbessert.<br />

• Der Sensorstab konnte mit einer Hand gedreht werden.<br />

• Das Maulteil war mit der Riffelung und dem Spitzgriff jetzt wesentlich verbessert gegenüber<br />

dem letzten Prototyp.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 58


• Durch die Geometrie des beweglichen Maulteils berührte es nicht die Sensoren und verhindert<br />

somit punktförmige Überlastung <strong>eines</strong> Einzelsensors.<br />

• Das Einrasten in den zwei Extremdrehstellungen erfolgte mit der richtigen Kraft.<br />

• Der Durchschub von verschiedenen Sensorstäben mit 5mm Außendurchmesser funktionierte<br />

gut.<br />

Fazit<br />

Die Mechanik der Faßzange war schon sehr nahe an den Erfordernissen des Chirurgen.<br />

Das Tastsensorarraysystem war in der derzeitigen Form noch zu unempfindlich, zu langsam<br />

und nicht geeicht, so daß eine Testung am vorliegenden Pulsphantom oder an (weichen) Geweben<br />

nicht sinnvoll war.<br />

6.3 Dritte vorklinische Erprobungen der <strong>taktilen</strong> Faßzange / Taststab<br />

am 11.11.1997<br />

Es wurden zwei neue Sensoren sowie ein Software-Update verwendet. Die Ergebnisse waren<br />

grundsätzlich kaum besser als bei der zweiten vorklinischen Erprobung.<br />

• Durch das Update der Software war der Effekt der Trägheit der Anzeige behoben.<br />

• Durch manipulierten "Nullabgleich" unter gleichförmiger Last auf alle Einzelsensoren<br />

konnte die Anzeige so manipuliert werden, daß die Schwankungen der Empfindlichkeit<br />

der Einzelsensoren reduziert waren. Dieses Vorgehen sollte mit Vorsicht gewählt werden,<br />

da dann höhere Kräfte auf die Sensoren wirken, als die Anzeige glauben macht. Dies<br />

zeigt, daß durch Software-Abgleich nicht nur des Offsets (Einstellung aller Balken auf<br />

Null ohne Krafteinwirkung) sondern zusätzlich der Empfindlichkeit (Einstellung aller Balken<br />

auf Maximum bei Einwirkung einer konstanten Maximalkraft auf alle Einzelsensoren)<br />

die Anzeige verbessert werden könnte.<br />

6.4 Erprobungen der <strong>taktilen</strong> Faßzange / Taststab im Tierversuch<br />

am 19.11.1997<br />

Beteiligt waren A. Arezzo, C. Fleisch, J. Knittel, W. Kunert, B. Mentges.<br />

Aufbau<br />

Die Faßzange mit Außendurchmesser 10mm hat anstatt <strong>eines</strong> unteren Maulteiles einen 5mm<br />

durchmessenden Arbeitskanal, durch den verschiedene Sensorstäbe eingeschoben werden<br />

können. Für den beschriebenen Versuch wurde ein Sensorstab mit 8 in einer Reihe liegenden<br />

seitlich messenden Drucksensorelementen eingeführt. Die Faßzange mit dem Sensorstab<br />

wurde über die mitgelieferte Elektronik an das PC-Notebook angeschlossen.<br />

Zur Dokumentation wurden ein endoskopisches Videosystem und eine BETACAM-Schulterkamera<br />

aufgebaut.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 59


Versuchsdurchführung<br />

Die Faßzange wurde vor Gebrauch ohne Belastung elektronisch auf Null zurückgesetzt.<br />

Zuerst wurde die Faßzange am Schwein (ca. 50kg) laparoskopisch eingesetzt. Es wurden<br />

damit verschiedene Organoberflächen sowie das Ligamentum umbilicalis abgetastet. Dabei<br />

wurde die Anzeige auf dem LCD des Notebooks beobachtet. Der Tastvorgang wurde auf<br />

Video aufgezeichnet.<br />

Danach wurde das Schwein medial laparotomiert und die Faßzange wurde konventionell eingesetzt.<br />

Es wurde der Dünndarm eröffnet und es wurde ein Tupfer hineingeschoben. Dann<br />

wurde von einer Person mit der Faßzange getastet während eine zweite Person, die den Darm<br />

nicht sehen konnte nur die Anzeige verfolgte.<br />

Versuchsergebnis<br />

Es konnte im Ligamentum umbilicalis keine Gefäßpulsation gefunden werden. Über die<br />

Anzeige war bestenfalls erkennbar, welche Einzelsensoren gerade auf das Gewebe gedrückt<br />

waren und welche nicht.<br />

Beim Tasten des Darmes zeigte sich, daß ein Druckverlauf relativ zwischen den Einzelsensoren<br />

keine Aussagen erlaubt, weil die Einzelsensoren unterschiedlich empfindlich sind, so daß<br />

z. B. bei Beaufschlagung mit konstanter Kraft über alle Sensoren teils sehr unterschiedliche<br />

Ausschläge resultieren. Defekte Einzelsensoren irritieren zusätzlich.<br />

Bewertung<br />

Die Anwendbarkeit zur örtlichen Auflösung von Verhärtungen ließe sich wesentlich<br />

verbessern, wenn zumindest alle Einzelsensoren ähnliche Kennlinien hätten. Es bleibt die<br />

Problematik, daß ein erhöhter Ausschlag <strong>eines</strong> Einzelsensors nicht Zeichen für eine<br />

Gewebeverhärtung sein muß, sondern genausogut durch örtlich dickere Gewebemengen verursacht<br />

sein kann.<br />

Die Mechanik der Faßzange hat einen sehr guten Eindruck dadurch gemacht, daß sie sehr reibungsarm<br />

öffnet und schließt und somit dem Operateur eine gute direkte Kraftempfindung<br />

über den Handgriff ermöglicht.<br />

6.5 Vierte vorklinische Erprobung der <strong>taktilen</strong> Faßzange / Taststab<br />

im Tierversuch am 19.11.1997<br />

Um das Auflösungsvermögen der MST-Sensoren zu messen, wurde von der Daimler-Benz-<br />

Forschung das Ausgangssignal <strong>eines</strong> ausgewählten Einzelsensor so stark verstärkt, bis die<br />

Rauschgrenze erreicht wurde. Es wurde außerdem wie von MICT vorgeschlagen durch eine<br />

neue Software eine logarithmische Anzeige erprobt.<br />

Die Meßwerte wurden in Ottobrunn erhoben, sie sind im folgenden der Vollständigkeit halber<br />

angefügt.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 60


6.5.1 Aufgabe<br />

Gesamtziel der Untersuchung war die Erhöhung der Empfindlichkeit der OP-Zange, um den<br />

Nachweis von Pulsen zu ermöglichen.<br />

Ausgehend von der linearen Empfindlichkeit des OPZ-Sensors (Abb. 20) sollte eine logarithmische<br />

Kennlinie entwickelt werden, mit der Eigenschaft, im Bereich des ersten Skalenteiles<br />

(A) des Balkendiagrammes (Abb. 21) eine hohe und entsprechend darüber (B) eine<br />

geringere Empfindlichkeit meßbar zu machen.<br />

Kraft in p<br />

Skalenteile<br />

15<br />

14,8<br />

14,6<br />

14,4<br />

14,2<br />

14<br />

13,8<br />

13,6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

80 80,5 81 81,5 82 82,5 83 83,5<br />

Meßweg in µm<br />

0<br />

80 80,5 81 81,5 82 82,5 83 83,5<br />

Abb. 20: Lineare Sensorkennlinie<br />

Meßweg in µm<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 61


Abb.21: Balkendiagramm mit Zuordnung der verschiedenen Empfindlichkeitsbereiche A/B<br />

6.5.2 Vorgehensweise<br />

Die logarithmische Kennlinie des Sensors erreicht man, indem dem Signalverstärker des Sensors<br />

ein logarithmisches Verhalten verliehen wird. Dies geschieht durch Dioden in der Rückkopplung<br />

des Verstärkers. Dioden haben eine logarithmische Kennlinie - dadurch wird die<br />

Verstärkerkennlinie von Ausgang- zu Eingangsspannung logarithmisch.<br />

Mit Hilfe einer Simulation (Abb. 22) - die später eine hardwaremäßige Veränderung der Leiterplatte<br />

zur Folge hat - wird die entsprechend logarithmische Kennlinie (Abb. 23) dargestellt.<br />

Abb. 22: Simulation der log. Kennlinie<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 62


Abb. 23: Logarithmische Kennlinie der Verstärkung von Abb. 22<br />

Nach praktischer Erprobung der Elektronik, die nach der Simulation aufgebaut wurde, erhielt<br />

man folgende Kennlinie (Abb. 23 und 24).<br />

K ra ft [p ] b zw . M a ss e [g ]<br />

29<br />

28<br />

27<br />

26<br />

25<br />

24<br />

23<br />

22<br />

21<br />

20<br />

19<br />

18<br />

17<br />

16<br />

15<br />

14<br />

13<br />

12<br />

1<br />

Kennlinie OPZ-Em pfindlichkeit<br />

10<br />

2 , 2 2 , 3 2 ,4 2, 5 2 , 6 2, 7 2 , 8 2 ,9 3 3, 1 3 , 2 3 ,3<br />

S p annung [V ]<br />

Abb. 24: Sensorkennlinie nach Simulation<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 63


6.5.3 Empfehlungen<br />

Da man den hohen Empfindlichkeitsbereich nur sehr schwer “handeln” kann, wird es dem<br />

Operateur kaum möglich sein, eine Zange mit logarithmischer Kennlinie bedienen zu können,<br />

da es besonderen Verständnisses bedarf - die elektronischen Abläufe (während der Anwendung)<br />

bei Erzeugung der Kennlinie nachzuvollziehen. Bei Nichtbeachtung der verschieden<br />

empfindlichen Bereiche kann es dazu führen, daß das Meßergebnis falsch interpretiert wird.<br />

Aus dieser Betrachtung heraus entschloß man sich für die Realisierung von OP-Zangen mit<br />

linearer Kennlinie, jedoch verschiedenen Empfindlichkeiten. So können mit der einen Variante<br />

Pulse gemessen und mit der anderen widerum Härteunterschiede von Geweben mit Ortsauflösung<br />

erfaßt werden. Bei der Pulsmessung kann man auf die Ortsauflösung der 8 Sensoren in<br />

einer Reihe verzichten. In Absprache mit den Projektpartnern möchte wir weiterhin jenes<br />

Konzept verfolgen, welches vom Aufbau zwei verschiedenartiger OP-Zangen mit unterschiedlicher<br />

Empfindlichkeit ausgeht.<br />

6.5.4 Ergebnisse<br />

Mit entsprechend hoher (linearer) Empfindlichkeit der Zange ist es nachweisbar möglich, den<br />

menschlichen Puls mittels der Tastsensorik zu messen. Durch Abgreifen der Ausgangssignale<br />

an der Leiterplatte können die Pulse neben der Anzeige des Kontrollmonitors unter Verwendung<br />

<strong>eines</strong> Oszilloskopes mit Drucker dokumentiert werden (Abb. 25).<br />

Abb. 25: Dokumentation <strong>eines</strong> Pulszuges (mittels Oszilloskop)<br />

->Zeit<br />

Durch die software- und hardwareseitige Verstärkung können sehr hohe Empfindlichkeiten<br />

(Faktor >>100) erreicht werden, die jedoch in der operativen Anwendung wenig Sinn finden.<br />

Schon bei geringsten Belastungen des Sensors unter 11 cN kommt es zur maximalen Auslenkung<br />

der Balken, so daß man die wesentlichen Signale sehr schwer erfassen und erkennen<br />

kann.<br />

Aufgrund dessen sollte man Varianten entwickeln, deren Empfindlichkeit für den jeweiligen<br />

Anwendungsfall angemessen ist.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 64


6.6. Diplomarbeit zum Design <strong>eines</strong> ergonomischen Handgriffs<br />

Außerhalb des Arbeitsprogramms des <strong>TAMIC</strong>-Projekts wurde in Zusammenarbeit mit Prof.<br />

H. J. Lannoch von der Fachhochschule für Gestaltung in Pforzheim eine Diplomarbeit zur<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>eines</strong> ergonomischen Handgriffs für endoskopische Tastinstrumente betreut.<br />

6.6.1 Ziel der Diplomarbeit<br />

Die endoskopische Operation erfordert bestmögliche Präzision und oft schnellstmögliches<br />

richtiges Handeln. Deshalb steht insbesondere der verantwortliche Operateur, der eine Vielzahl<br />

von chirurgischen, anästhesiologischen, medizintechnischen und organisatorischen<br />

Bedingungen einhalten muß, unter hoher Belastung. Instrumente und Geräte, die in einer solchen<br />

endoskopischen Operation verwendet werden, müssen daher einfach, sicher, ergonomisch<br />

und intuitiv zu bedienen sein.<br />

Ziel dieser Arbeit war einerseits die Sicherheit und Effizienz des operativen Verlaufs durch<br />

Berücksichtigung ergonomischer Gesetzmäßigkeiten zu verbessern. Hauptsächlich jedoch soll<br />

ein taktiles OP -Instrument dem Operateur die verlorengegangenen Fähigkeiten des Kraft- und<br />

Tastempfindens wiederbringen, die beim Umstieg von der offenen zur endoskopischen<br />

Operationstechnik verlorengegangen sind. In dieser, noch sehr jungen, medizinischen Disziplin,<br />

kann insbesondere die Möglichkeit des <strong>taktilen</strong> Erfahrens eine enorme Erweiterung bzw.<br />

Neuerschließung des operativen Einsatzbereichs bedeuten.<br />

In diesem Zusammenhang ist die Sektion für MIC der Chirurgischen Universitätsklinik<br />

Tübingen im Rahmen des <strong>Verbundprojekt</strong>s <strong>TAMIC</strong> an der <strong>Entwicklung</strong> <strong>eines</strong> <strong>taktilen</strong> endoskopischen-Instruments<br />

beteiligt.<br />

Als Ergebnis der Diplomarbeit wurde ein Demonstrationsmodell des Handgriffs für das taktile<br />

endoskopische Instrument konzipiert, der sich dadurch auszeichnet, daß das Instrument um<br />

180° geschwenkt werden kann, ohne es mir Daumen und Zeigefinger loslassen zu müssen.<br />

Dadurch wird das für ergonomisches Arbeiten in verschiedenen Arbeitspositionen erforderliche<br />

Umgreifen so vereinfacht, daß es ohne Hinzunahme der zweiten Hand möglich ist. In<br />

den Handgriff sind zwei Bedienelemente integriert. Ersteres ermöglicht die Betätigung der<br />

Öffnen-Schließen-Bewegung, letzteres soll das seitliche zweidimensionale Schwenken für die<br />

Tastbewegung nach links-rechts-hinten-vorn ermöglichen.<br />

6.6.2 Konstruktiver Lösungsvorschlag<br />

Aufbau<br />

Das Demonstrationsmodell besteht aus einem zylindrischen langen Schaft, zwei kugeligen<br />

Griffelementen zur Ablage des Handballens in den zwei Griffpositionen, einem Verstellmechanismus<br />

für die Griffelemente, einem Greifzylinder mit Bügelelement für die Öffnen-<br />

Schließen-Bewegung des Maulteils, einem Bügelelement zur Betätigung des Greifzylinders<br />

und einem Steuerelement zur Betätigung der zweidimensionalen Tastbewegung (Abb. 26).<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 65


Abb. 26 Ergonomischer Handgriff für endoskopische Tastinstrumente<br />

Verstellmechanismus der Griffelemente<br />

Die zwei kugeligen Griffelemente aus APEX oder PEEK sind jeweils mit einer Bohrung,<br />

rechtwinklig zur Instrumentenlängsachse versehen. Zur einmaligen Einstellung des geeigneten<br />

Druckes können Standardteile verwendet werden. Ein Kugelkopf wird über Druckfeder und<br />

Schraube in einer Hülse geführt. Ist das Element montiert, greift die federnd gelagerte Kugel<br />

in Stufen von 2,5 mm rastend in die kegelförmigen Vertiefungen auf der Instrumentenachse<br />

ein. Nach Montage wird die Schraubenbohrung formschlüssig mit einem Käppchen<br />

(Standardteil) abgedeckt. Im chirurgischen Einsatz ist die Längenverstellung durch einfaches<br />

Drücken oder Ziehen mit vorzuwählender Kraft zu realisieren. Die in Stufen rastende Verstellung<br />

der Instrumentenlänge bietet dem Operateur, der täglichen Umgang mit einer Vielzahl<br />

von chirurgischem Instrumentarium pflegt, Orientierung.<br />

Greifzylinder für die Öffnen - Schließen - Bewegung des Maulteils<br />

Der polierte Zylinder aus dem üblicherweise in der Medizintechnik verwendeten Edelstahl<br />

X5CrNi18 9 ist möglichst reibungsarm in der Führungshülse gelagert. Dazu wird die Innenfläche<br />

der Hülse durch PVD (Plasma - Vakuum - Dispersionsverfahren) mit einer sehr gut<br />

gleitfähigen verschleißfesten Schicht aus PFA (Perfluor - Alkoxy - Polymer) bedampft.<br />

Bügelelement<br />

Das Bügelelement, das ebenfalls aus APEX oder PEEK als Kunststoffspritzgußteil herzustellen<br />

ist, wird drehbar als Gleitlagersitz ausgeführt auf den Greifzylinder aufgesteckt. Durch<br />

einen Bund ist unter Gewährleistung der Drehbarkeit in der achsrotatorischen Ebene das Teil<br />

in Richtung der Längsachse fixiert. Durch einfache Demontage durch Abziehen ist das einer<br />

großen Beanspruchung ausgesetzte Teil leicht austauschbar.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 66


Steuerelement für die Steuermechanik der Tastbewegung<br />

Die starre, am maulteilseitigen Instrumentenende tastende Achse wird direkt über einen starren<br />

Hebel in Form <strong>eines</strong> einfachen zylindrischen Stifts vom Daumen bewegt. Der Steuerhebel<br />

ist innerhalb einem hochflexiblen kreisförmigen Faltenbalg eingebettet, der aufgrund der<br />

Dauerhaftigkeit aus Silikon gefertigt wird. Diese Materialien werden im sterilen Bereich im<br />

OP für Schlauchverbindungen verwendet.<br />

Reparatur, Wartung<br />

Die einzelnen an der Instrumentenlängsachse ansetzenden Hülsen sind schraubend, durch<br />

Feingewinde verbunden und damit zur Wartung bzw. Reparatur demontierbar.<br />

Reinigung und sterile Aufbereitung<br />

Zur Aufbereitung werden medizinische Instrumente gereinigt, desinfiziert und anschließend<br />

sterilisiert, wobei sich die Dampfsterilisation mit Sattdampf bei 134°C und 3 bar am besten<br />

eignet. Für die Reinigung ist aus konstruktiver Sicht die Anbringung <strong>eines</strong> genormten Spülkanalanschlußes<br />

(Luer-Lock-Anschluß mit ∅2,3 mm) zu berücksichtigen, der sich möglichst<br />

über die gesamte Instrumentenlängsachse erstrecken soll.<br />

Material, Gewicht, Temperatur<br />

Alle Griffteile sind aufgrund der verschiedenen klinischen Anforderungen aus den Kunststoffen<br />

PEEK oder APEX als Spritzgußteile herzustellen. Aus Gewichtsgründen, aber auch auf<br />

aufgrund der Temperatur, die innerhalb des operativen Umfelds eine nicht unbedeutende<br />

Rolle spielt, werden die Griffelemente als Hohlkörper gespritzt. Der Hohlraum weist bezüglich<br />

der Wärmeableitung günstigere Eigenschaften im Vergleich zu einem massiven Körper<br />

des gleichen Werkstoffs auf. Das Instrumentengewicht ist der praktischen Anwendung gemäß<br />

möglichst gering zu halten.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 67


Arbeitspaket 7: Überarbeitung und Detaillierung der<br />

medizinischen Konzeption für taktile Sensorsysteme /<br />

Erarbeitung <strong>eines</strong> klinischen Erprobungsplans<br />

7.1 Zusammenfassung<br />

Parallel zu den Erprobungen der Funktionsmuster wurden die Anwendungsszenarien für artefizielle<br />

Tastsensorik in verschiedenen medizinischen Bereichen erweitert und detailliert (siehe<br />

3.6.5). Modifikationsvorschläge für die einzelnen Funktionsmuster wurden erarbeitet und in<br />

deren Weiterentwicklung eingebracht. Die Voraussetzungen für klinische Erprobungen der<br />

entwickelten Instrumentarien wurden geprüft, und es wurden in Zusammenarbeit mit den<br />

jeweiligen technischen Partnern Vorbereitungen zu klinischen Studien getroffen.<br />

Der folgende Studienplan zum vorklinischen Test der Faßzange wurde in Kooperation mit<br />

Herrn Grözinger von der DBAG aufgestellt.<br />

7.2 Studienplan zum vorklinischen Test der Faßzange<br />

7.2.1 Einleitung<br />

7.2.1.1 Systemumfeld<br />

In der MIC werden Operationen in der Regel unter endoskopischer Kontrolle mit verlängerten<br />

starren Instrumenten durchgeführt, wobei die sensorische und propriozeptive Kontrolle der<br />

Manipulationen nicht vorhanden ist.<br />

Um die Operation nach allen medizinischen Regeln durchzuführen, braucht der Chirurg neben<br />

allen Freiheitsgraden der Bewegung die Kontrolle der im Körperinneren an den Instrumenten<br />

auftretenden Kräfte und die Möglichkeit des Tastbefundes von Objekten durch Palpation zur<br />

Unterscheidung von gesundem und pathologischem Gewebe wie auch zur Erkennung von<br />

Gefäßen.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 68


7.2.1.2 Klinische Anwendungszenarien für eine taktile Faßzange<br />

Die im Projekt <strong>TAMIC</strong> geplante Faßzange B1 soll dem Chirurgen bei einem minimal-invasiven<br />

chirurgischen Eingriff ein Abtasten des Gewebes ermöglichen. Dieses Abtasten ermöglicht<br />

die Unterscheidung von gesundem und pathologischem Gewebe wie auch die Erkennung<br />

von Gefäßen. Dies beinhaltet die Bestimmung von Härte, Oberflächenrauhigkeit und Verschieblichkeit<br />

des Gewebes bzw. von Strukturen im Gewebe. In der MIC ist neben der<br />

Identifikation der Gefäßpulsationen die Erkennung folgender pathologischer Veränderungen<br />

interessant.<br />

• Gallengangsteine,<br />

• Endoluminale Tumoren (Rektumtumor, Magenkarzinom),<br />

• Oberflächennahe Tumore im Parenchymgewebe (z. B. Lebermetastasen),<br />

• Morbus Crohn im Dünndarm (entzündliche Verhärtungen).<br />

7.2.2 Ziel der Erprobung<br />

Bei dem Test der Faßzange B 1 werden in einer ersten Stufe die grundsätzlichen Funktionen<br />

und die Eignung für den klinischen Einsatz geprüft. Schwerpunkt ist die Untersuchung der<br />

Tauglichkeit des Funktionsmusters fiir die Befunderhebung in der MIC. Diese Tauglichkeitsprüfung<br />

wird sowohl durch Phantonversuche als auch im Tierversuch anhand der in<br />

7.2.1.2 dargestellten Anwendungsbereiche durchgeführt. Aus dem Ergebnis der Erprobung<br />

ergeben sich Modifikationsvorschläge für die Konstruktion des Prototyps des <strong>taktilen</strong> Instruments,<br />

der in einer breiten Verteilung zur klinischen Erprobung für in-vivo-Anwendungen<br />

eingesezt werden kann. Ergänzend soll mit Hilfe der Testergebnisse eine Testumgebung zur<br />

standardisierten Prüfung taktiler Instrumente konzipiert werden. Dieser Teststand soll die<br />

Validierung der <strong>Entwicklung</strong>en unter reproduzierberen Testbedingungen ermöglichen.<br />

7.2.3 Untersuchungskriterien der Erprobung<br />

Das Funktionsmuster wird anhand der Spezifikation zur Durchführbarkeit der Produktvorgaben<br />

geprüft. Die Tests beinhalten die Überprüfung der funktionalen Anforderungen und der<br />

technischen Leistungsdaten des Funktionsmusters zur <strong>Entwicklung</strong> der Komponenten für die<br />

Seriengeräte. Die Testparameter sind in den Abschnitten 7.2.5 - 7.2.12 genannt. Sämtliche<br />

Tests werden unter Berücksichtigung der detaillierten Anwendungszenarien durchgeführt.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 69


7.2.4 Methodik<br />

Dauer der Tests von KW 49/95 bis KW 04/96<br />

Anwesend waren G. Bueß, E. Flemming, W. Kunert, und zeitweise R. Grötzinger (DMT).<br />

Orte der Testdurchführung:<br />

Zentrum für medizinische Forschung Dornier Medizintechnik GmbH<br />

Abt. für Allgemeine Chirurgie und Poliklinik Industriestr. 15<br />

Sektion für Minimal Invasive Chirurgie 821 10 Germering<br />

Waldhörnlestr. 22<br />

72072 Tübingen<br />

7.2.5 Leistungsdaten des Sensorarrays<br />

Empfindlichkeit der Kraft / Druckmessung ausreichend<br />

Meßbereich der Kraft / Druckmessung ausreichend<br />

Kraft/Druckauflösung ausreichend<br />

Räumliche Auflösung der Kraft / Druckmessung voraussichtlich ausreichend<br />

Reproduzierbarkeit der Kraft / Druckmessung k. A. möglich<br />

Genauigkeit und Meßbereich<br />

der Temperaturmessung entfällt<br />

7.2.6 Leistungsdaten der Faßzange<br />

Maximale Anpreßkraft der Zange ausreichend<br />

Gleit- und Haftreibung in der Faßzange sehr gering<br />

Spiel der Schließfunktion gering<br />

Elastizität in der Faßzange gering<br />

Hebelwirkung beim Schließen ausreichend zur Aufbringung der<br />

Greifkraft<br />

Arretierfunktion fehlt<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 70


7.2.7 Reinigungs- und Sterilisierbarkeit<br />

Reinigbarkeit von Sensorarray: gut,<br />

sonst keine Aussagen möglich<br />

Zerlegbarkeit gut<br />

Funktion des Spülkanals nicht vorhanden<br />

Sterilisierbarkeit von Sensorarray: gut,<br />

sonst keine Aussagen möglich<br />

7.2.8 Technische Prüfung<br />

Kompatibilität zu 5 mm oder 10 mm Trokar i. O.<br />

Hochfrequenzfestigkeit (EMV, direkter Kontakt<br />

mit HF-Instrument) i. O. auch bei kurzem direktem Kontakt<br />

Ultraschallverträglichkeit i. O.<br />

Biokompatibilität keine Aussagen möglich<br />

Elektrische Sicherheit keine Aussagen möglich<br />

Mechanische Sicherheit und Stabilität keine Aussagen möglich<br />

7.2.9 Anwendungsmöglichkeiten<br />

Erreichbarkeit der laut Anwendungsmatrix<br />

genannten Strukturen in der Peritonealhöhle gut<br />

Greifbarkeit dieser Strukturen noch nicht ausreichend, bei größeren<br />

Strukturen Abrutschen häufig<br />

Detektierbarkeit der pathologischen Veränderungen keine Aussagen möglich,<br />

da keine voll funktionstüchtige Faßzange<br />

Kraftreflexion k.A.<br />

Pulsation bisher nur mit einem Einzelsensor<br />

im Laboraufbau möglich<br />

7.2.10 Manipulationsfunktion<br />

Greif- und Haltefunktion Kaufmann: Maulteile zu glatt, sonst gut<br />

Kraftreflexion Kaufmann: ausreichend<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 71


7.2.11 Bedienergonomie<br />

Intuitivität ausreichend<br />

Eindeutigkeit k. A.<br />

Flexibilität ausreichend<br />

Funktionalität ausreichend<br />

Griffdesign Handgriff nicht ausreichend<br />

Instrumentendesign gut<br />

7.2.12 Visualisierung<br />

Genauigkeit der Darstellung<br />

(Druck, Temperatur, Pulsation) nicht ausreichend<br />

Positionsgenauigkeit nur in Bildschirmecken realisiert<br />

Arbeitspaket 9: Grundlagenerprobung Funktionsmuster FM H<br />

(Matching von taktiler Information und Videosignal)<br />

9.1 Zusammenfassung<br />

Von der Firma ViewPoint wurde ein Visualisierungsprogramm für die Tastinformation der<br />

Sensorzange konzipiert und entwickelt. Zwei alternative Programme wurden uns zur Erprobung<br />

zur Verfügung gestellt, die die Einblendung des Balkendiagramms am Rand des endoskopischen<br />

Videobildes bzw. die farblich differenzierte Darstellung am Ort des Zangenmauls<br />

vorsehen.<br />

Die Visualisierung der Sensorinformation am Ort des Zangenmauls setzte die technisch aufwendige<br />

Ortung des Instruments mit Methoden der Bildverarbeitung voraus. Hierfür wurde an<br />

der Faßzange eine leuchtend-grüne Markierung angebracht.<br />

Sowohl die Ortung des Instruments als auch die Überlagerung der Tastinformation in Echtzeit<br />

waren mit erheblichen technischen Problemen behaftet, so daß die Darstellung als Balkendiagramm<br />

am Bildschirmrand als sinnvollste Möglichkeit erscheint.<br />

Bei den ersten Tests konnte die Überlagerung auf einem Bildschirm nur auf einem Computermonitor<br />

realisiert werden. Nachdem die Qualitätseinbuße bezüglich Helligkeit und Kontrast<br />

des endoskopischen Bildes chirurgisch als unvertretbar bewertet worden war, wurde von der<br />

DBAG eine Elektronik entwickelt, die die Einblendung auf einen Videomonitor erlaubt.<br />

Eine Weiterentwicklung des Instrumentenortungs-("Tracing"-) Programms ist jedoch angesichts<br />

des wachsenden medizinischen Anwendungsfeldes, insbesondere im Bereich der Robotik,<br />

vielversprechend. So kann für die nähere Zukunft mit einer weiten Verbreitung von<br />

automatisierten Kamerasteuerungs- und Instrumentenführungssystemen in der endoskopischen<br />

Chirurgie gerechnet werden.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 72


Über den Umfang der Arbeitspakete des <strong>TAMIC</strong>-Projektes hinausgehend wurde die Software<br />

zusätzlich für die OP-Protokollierung entwickelt.<br />

9.2 Visualisierung<br />

• Die Darstellung der Tastinformation als Balkendiagramm an der Seite schien am sinnvollsten,<br />

der Linienplot war nicht übersichtlich.<br />

• Die Ortung der farblichen Markierung war sehr kritisch, es war nicht möglich, sie zuverlässig<br />

einzustellen.<br />

• Eine Überlagerung der <strong>taktilen</strong> Information war nur dann wirklich sinnvoll, wenn die<br />

Information wirklich am Ort des Zangenmauls dargestellt wurde. Eine Darstellung in der<br />

Nähe verdeckte unter Umständen wichtige Strukturen. Da die direkte Überlagerung der<br />

Tastinformation zu aufwendig schien, ist wohl die Beschränkung auf die Darstellung der<br />

Information an der Seite des Bildschirms notwendig. Trotzdem ist die Ortung <strong>eines</strong><br />

Instruments sehr interessant für die Verbesserung von Kamerasteuerungssystemen, die<br />

inzwischen auf dem Markt vordringen (z B. AESOP, FIPS).<br />

9.3 OP-Protokollierung<br />

• Die Bediener-Oberfläche war optisch sehr ansprechend gestaltet.<br />

• Eine Anpassung der Benutzerführung an übliche Windows-Standards wäre sinnvoll. Z.B.<br />

sollte jedes Fenster einen Schließen- und Abbrechen-button haben und nicht durch einen<br />

Doppelklick auf die freie Fläche des Fensters zu schließen sein.<br />

• Der Text des Protokolls sollte ständig sichtbar sein.<br />

• Für die Eingabe sollte es sowohl Pflicht- als auch optionale Eingabefelder geben.<br />

• Eine logische Verzweigung der Eingabe ist sinnvoll, z. B. "Auffälligkeiten im Abdomen",<br />

wobei bei pos. Beantwortung ein entsprechendes Submenü erscheint.<br />

• Es wird eine weitere Automatisierung gewünscht, d.h. mehr Text, der automatisch im<br />

Vor- und Nachspann erscheint.<br />

• Für das operative Vorgehen kann ebenfalls ein automatischer Text erscheinen, wenn der<br />

Operateur ein Feld mit "Übliche Vorgehensweise" markiert.<br />

• Die gesamte Menüoberfläche sollte zumindest im Evaluationsstadium in ini-files editierbar<br />

sein, um einfache Anpassungen vor Ort durchführen zu können.<br />

Arbeitspaket 10: Grundlagenerprobung Funktionsmuster FM C1/C2<br />

(Faßzange / Taststab mit taktilem elektrorheologischen Aktorarray)<br />

Das Aktorarray auf der Basis elektrorheologischer Flüssigkeiten stand bis zum Projektende<br />

noch nicht zur Verfügung. Das Design der bei der Fa. Bausch entwickelten Sensorzange sieht<br />

jedoch den Einbau des Aktorarrays bereits vor.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 73


Arbeitspaket 11: Grundlagenerprobung Funktionsmuster FM G<br />

(Taktiler Manipulator)<br />

11.1 Zusammenfassung<br />

Die Daum GmbH enwickelte Funktionsmuster zweier Gelenk-Faßzangen ("Endo-Finger"),<br />

die eine Simulation der Daumen-Zeigefinger-Palpationsbewegung ermöglichen und zusätzliche<br />

Freiheitsgrade der Bewegung bieten.<br />

Beide Faßzangen verfügen über ein starres einteiliges unteres Maulteil und ein bewegliches<br />

oberes Maulteil aus zwei gegeneinander anwinkelbaren Gliedern ("Fingergelenk"). Eine<br />

Version der Faßzange ist zusätzlich mit einem "Handgelenk" ausgestattet, das in einer Ebene<br />

angewinkelt werden kann.<br />

Diese Faßzangen ermöglichen durch ihre mechanische Auslegung eine Kraftreflexion, die<br />

eine Abschätzung der Dicke und Härte des untersuchten Gewebes erlaubt.<br />

Die Zangen wurden im Tierversuch erprobt und zeigten sich als vielversprechende atraumatische<br />

Greifinstrumente, deren untere Maulteile zusätzlich mit einem Sensorarray bestückt werden<br />

könnten.<br />

Bis zum Projektende stand uns keine sensorische Version des Endo-Fingers zur Verfügung.<br />

11.2 Beschreibung des Funktionsmusters<br />

Die Faßzange besteht aus einem starren Maulteil und einem zweiten Maulteil aus zwei<br />

beweglichen Gliedern. Beide Maulteile sind unsensitiv und haben einen Überzug aus Latex.<br />

Zusätzlich besitzt die Faßzange ein Gelenk zur Abwinkelung beider Maulteile. Die Faßzange<br />

ist analog zu einem festen Daumen und einem beweglichen Zeigefinger mit zwei Gelenken<br />

geformt.<br />

Das bewegliche Maulteil wird vom Zeigefinger der rechten Hand betätigt, der durch zwei<br />

Klemmen an den Handgriff fixiert wird. Der Handgiff wird von den restlichen Fingern fixiert.<br />

Die Bewegung des zusätzlichen Gelenks wird durch die Lage des Handgriffs relativ zur Führungsstange<br />

und damit zum Trokar bestimmt.<br />

11.3 Testumgebung im Tierversuch<br />

1. Magen <strong>eines</strong> Schweins nach Laparotomie: Untersuchung der Magenwand des Schweins<br />

mit dem Endo-Finger.<br />

2. Dünndarm <strong>eines</strong> Schweins. In diesem Dünndarm sind zur Simulation pathologischen<br />

Gewebes drei Mulltupfer eingenäht, ein Tupfer (5 mm), der frei beweglich war, ein im<br />

Darm fixierter Tupfer (5 mm) und ein dritter mit 15 mm Durchmesser, der sich lose im<br />

Darm befand.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 74


11.4 Ziel des Experiments<br />

Evaluierung des Funktionsmusters bezüglich der Kraftreflexion hinsichtlich der <strong>Entwicklung</strong><br />

einer <strong>taktilen</strong> Faßzange.<br />

11.5 Ergebnis der Evaluierung<br />

Der "Endo-Finger" ermöglichte durch die Kraftreflexion nach einem kurzen Training die<br />

grobe Abschätzung von Dicke und Härte des untersuchten Gewebes. Insbesondere Änderungen<br />

der Dicke und Härte konnten beim Abfahren entlang Strukturen wie zum Beispiel der<br />

Magenwand gut detektiert werden. Die Elastizität der Bowdenzüge ist hierbei nicht störend.<br />

Zum Abtasten größerer Strukturen, wie dem größeren Tupfer im Dünndarm war die Maulteilöffnung<br />

jedoch nicht groß genug. Eine Messung der Verschieblichkeit von Strukturen im<br />

Gewebe war nicht möglich, da der bewegliche Finger nicht entlang des starren Fingers bewegt<br />

werden konnte. Die Fixation von Gewebe ist mit diesem Endo-Finger möglich. Der Latex-<br />

Überzug über die Maulteile war nach kurzer Zeit defekt, so daß dieser Punkt noch deutlich<br />

verbessert werden muß.<br />

Die Hand ermüdete schnell durch unergonomische Haltung des Griffes. Die unergonomische<br />

Griffgestaltung erschwerte vermutlich den <strong>taktilen</strong> Sinneseindruck, so daß durch einen modifizierten<br />

Handgriff der taktile Eindruck verbessert werden könnte. Für Bediener mit kleinen<br />

Händen war der Handgriff zudem etwas zu groß.<br />

11.6 Verbesserungsvorschläge<br />

Ein "Handgelenk" am Endo-Finger wäre aus chirurgischer Sicht ideal. Bei einer Zange ohne<br />

"Handgelenk" können jedoch die interessierenden Strukturen in Richtung des Maulteils ausgerichtet<br />

werden, so daß zur Integration des <strong>taktilen</strong> Sensorarrays in den Endo-Finger das<br />

"Handgelenk" der Zange nicht zwingend notwendig ist. Eventuell wäre eine starre Winkelung<br />

sinnvoll. Ein solches Instrument könnte dann jedoch nur durch flexible Trokare eingeführt<br />

werden.<br />

Das starre Maulteil, in das der Tastsensor integiert wird, sollte deutlich um ca. 2 cm verlängert<br />

werden. Das bewegliche Maulteil sollte ebenfalls entsprechend verlängert werden. Mit der<br />

"Fingerspitze" der zweiten Balance sollte die gesamte Fläche des Sensors abgefahren werden<br />

können, um eine Messung der Verschieblichkeit zu ermöglichen.<br />

Der Handgriff sollte dergestalt modifiziert werden, daß zwischen dem Betätigungsmechanismus<br />

für den Endo-Finger und dem Griff ein Winkel von ca. 120° besteht. Der Handgiff sollte<br />

demnach Pistolenform besitzen. Die Klammer, mit der die erste Balance des Endo-Fingers<br />

betätigt wird, sollte näher am Fingergelenk positioniert sein, um diese Balance besser betätigen<br />

zu können.<br />

Auch wenn die Reibungsarmut des Instruments bereits die Beurteilung unterschiedlicher<br />

Härte von Gewebe durch Kraftreflexion ermöglicht, ist eine weitere Reduktion der Reibung<br />

wünschenswert.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 75


Die Reinigungs- und Sterilisationsaspekte des Endo-Fingers sind insbesondere bei Verwendung<br />

<strong>eines</strong> Latex-Überzugs genauer zu untersuchen.<br />

Der taktile Endo-Finger sollte als Routineinstrument in der MIC Verwendung finden. Dazu<br />

müssen von der MIC Tübingen detaillierte Anwendungszenarien entwickelt werden, die klären<br />

sollen, welche zusätzlichen Funktionen einen Einsatz als Routineinstrument ermöglichen<br />

können.<br />

11.7 Hygieneuntersuchungen<br />

Sowohl der MST-Taststab als auch der Endofinger wurden in Kooperation mit dem<br />

Prüfzentrum für Medizinprodukte (PMP) einer standardisierten Hygieneuntersuchung<br />

unterzogen.<br />

Die Kontamination erfolgte mit radioaktiv markiertem, frischem Humanblut. (Wert ca. 57<br />

Counts /[s]). Nach einer Stunde Antrocknungszeit, wurde der Reinigungsprozeß gestartet.<br />

Programmablauf der Spülmaschine war wie folgt.<br />

• 2 min. Vorspülen mit kaltem Wasser.<br />

• 5 min Spülen bei 60°C mit 3% Zusatz von Neodisher FA; während der Aufheizzeit wurde<br />

ständig durchspült, so daß die gesamte Spülzeit circa 15 min betrug.<br />

• 5 min Außenreinigung bei 60°C mit 3% Zusatz von Neodisher FA.<br />

• 10 min. Ultraschall mit 3% Zusatz von Neodisher FA.<br />

• Neutralisieren mit phosphorsaurem Wasser.<br />

• Nachspülen mit demineralisiertem Wasser.<br />

• Spüldruck 4,4 bar.<br />

Die Messungen der Restkontamination erfolgten nach der Radionuklidmethode.<br />

Das Ergebnis war, daß sowohl der MST-Taststab als auch der Endofinger reinig- und sterilisierbar<br />

waren. Insbesondere war die Abdichtung der Sensoroberfläche mit der aufgeschweißten<br />

Metallfolie dicht und sogar die Bowdenzüge des Endofingers konnten durch die gezielte<br />

Spülung hinreichend gereinigt werden.<br />

Arbeitspaket 12:<br />

Erarbeitung <strong>eines</strong> Trainings- und Demonstrationskonzepts<br />

Im Rahmen des Projektes kam es nicht zu einem serienmäßigen klinisch einsetzbaren Produkt.<br />

Es ist auch noch nicht absehbar, welche Art von Sensor - Tastsensorarray oder vibrotaktiler<br />

Sensor - zukünftig den Durchbruch in der minimal-invasiven Chirurgie haben wird.<br />

Deshalb war es nicht sinnvoll, ein produktspezifisch maßgeschneidertes medizintechnisches<br />

Ausbildungs- und Trainingsprogramm für den Chirurgen aufzustellen. Gleichfalls war es leider<br />

auch nicht möglich, das taktile System in den allgemeinen Trainingskursen für MIC einzusetzen.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 76


Im Arbeitspaket 12 wurde stattdessen ein Demonstrationsvideo mit Ton gedreht und geschnitten,<br />

in dem Hintergrund, Funktion und Arbeitsweise der <strong>taktilen</strong> Faßzange (FM B1/B2) allgemeinverständlich<br />

und anschaulich dargestellt und erklärt werden. Das Video wurde in Betacamtechnik<br />

aufgezeichnet und geschnitten, ist 4'30" lang und wurde am 14.04.1996 in der<br />

Sendung "Sonde" des SW3 im Fernsehen ausgestrahlt.<br />

Es wurden eine Reihe von Trainingsphantomen aus 4 verschieden harten Mischungen von<br />

Silikon hergestellt. Die Tastphantome wurden in Kugel- und Würfelform mit Durchmessern<br />

bzw. Kantenlängen von 4 mm, 6 mm, 8 mm und 10 mm gefertigt. Zur Erprobung können sie<br />

mit verschiedenen Unterlagen aus Silikon (Dicke 3 mm / 10 mm) und Schaumstoff (Dicke<br />

14 mm bzw. 30 mm), sowie mit Schläuchen verschiedener Härten, Durchmesser und Wandungsstärken<br />

kombiniert werden. Mit diesen Materialien können verschiedene chirurgische<br />

Anwendungsszenarien, z. B. Uretersteine, Gallengangssteine, Leberverhärtungen oder Tumore<br />

nachempfunden werden.<br />

Weiter wurde im Rahmen von <strong>TAMIC</strong> als Auftragsarbeit durch das G.I.T. Mühlheim ein<br />

Pulsphantom erstellt, daß in Silikonschläuchen einen pulsierenden Flüssigkeitsstrom erzeugt,<br />

der dem physiologischen Blutstrom nachempfunden ist. Die Frequenz und der Druck sind<br />

einstellbar. Verschiedene Gefäßkaliber sind einfach durch Austausch der Schläuche simulierbar.<br />

Darüberhinaus wurden in Zusammenarbeit mit dem MIC-Trainingszentrum der Universität<br />

Tübingen und in Zusammenhang mit dem Projekt VIRTUS weitere Arbeiten zur Ausbildung<br />

in der endoskopischen Chirurgie mit Hilfe virtueller Realität durchgeführt, die ebenso zur<br />

Simulation des Gebrauchs von Tastinstrumenten geeignet sind.<br />

III. Zusammenfassung und Ausblick<br />

Die Konzeption und <strong>Entwicklung</strong> taktiler Instrumentarien für die endoskopische Chirurgie<br />

war mit sehr hohen Innovationsanforderungen von der Erarbeitung von Grundlagen bis zur<br />

technischen Realisierung verbunden.<br />

Die enge Zusammenarbeit zwischen technischen und klinischen Partnern war für den guten<br />

Erfolg der Projekts grundlegend.<br />

Im Bereich der vibro<strong>taktilen</strong> Sensorik konnten bereits gute Ergebnisse erzielt werden. Für<br />

speziell ausgelegte Versionen des vibro<strong>taktilen</strong> Sensors ist bereits mittelfristig mit guten<br />

Marktaussichten zu rechnen. Auch für die taktile Faßzange und den Pulssensor konnten vielversprechende<br />

Funktionsmuster vorgelegt werden, die zu einem <strong>taktilen</strong> System kombinierbar<br />

sind.<br />

Die erarbeiteten Anwendungsszenarien für taktile Sensorik, die Ergebnisse der Grundlagenuntersuchungen<br />

von <strong>taktilen</strong> Eigenschaften menschlicher Gewebe und die im Rahmen des<br />

Projekts entstandenen Phantom- und Prüfvorrichtungen sind auf weiten Gebieten der diagnostischen<br />

und therapeutischen Medizin sowie der medizinischen Ausbildung und Schulung<br />

verwertbar.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 77


Gemeinsam mit der DLR in Köln wurde die Maulteilmechanik der <strong>taktilen</strong> Faßzange zum<br />

Patent angemeldet (Abb. 27). Sie läßt genug Raum für den Sensorstab und zeichnet sich durch<br />

durch geringe Reibung und somit gute Erhaltung der Empfindung der Schließkraft des<br />

Maulteils aus.<br />

Abb. 27<br />

Einzelteile der patentierten<br />

Maulteilmechanik<br />

Während der Projektlaufzeit veröffentlichte Arbeiten zahlreicher universitärer und industrieller<br />

Gruppen vor allem in Japan und den USA auf dem Gebiet der <strong>taktilen</strong> Sensorik für<br />

endoskopische Disziplinen belegen, daß eine breite Palette taktiler Instrumentarien in naher<br />

Zukunft dem medizintechnischen Markt zur Verfügung stehen wird (z.B. "Axiom Biosensor",<br />

S. Omata et al., Japan, in [4, 8, 9]).<br />

Es ist zu wünschen, daß mit dem vorliegenden <strong>Verbundprojekt</strong> ein wesentlicher Beitrag zur<br />

Konkurrenzfähigkeit deutscher Produkte in diesem Marktsegment geleistet werden konnte.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 78


IV. Veröffentlichungen aus dem Projekt<br />

H. Hermeking, K.V. Hechtenberg, W. Kunert: Ziele und Status der verbundprojekte<br />

'<strong>Entwicklung</strong> <strong>eines</strong> <strong>taktilen</strong> Mikrosystems für die MIC' und 'Sichtsysteme für die MIC',<br />

VDI/VDE-IT Tagungsbericht (1995) 41-46.<br />

P.K. Plinkert, M.O. Schurr, W. Kunert, E. Flemming, G. Buess, H.P. Zenner: Minimally Invasive<br />

Ear, Nose and Throat surgery. Advances through modern technologies. HNO 44 (1996)<br />

288-301.<br />

P.K. Plinkert, E. Flemming, I. Baumann, E. Petter, M. Biehl, G. Bueß: Tactile Differentiation<br />

of Tissues in Minimally Invasive Head and Neck surgery. Archives of Otolaryngology.<br />

E. Flemming: Tactile Sense in Minimal Invasive Surgery: The <strong>TAMIC</strong>-Project. mst news<br />

19/97 13.<br />

V. Literatur<br />

[1] E. v. Gierke et al.: Physics of Vibrations in Living Tissues. Journal of Applied Physiology<br />

4 (1952) 886-900.<br />

[2] O. Russel et al.: The Dynamic Mechanical Properties of Human Skin in Vivo, Biomechanics<br />

16 (1981) 365-372.<br />

[3] H. Oka, T. Yamamoto: Dependence of Biomedical Impedance Upon Living Body<br />

Structure. Medical and Biological Engineering and Computing 25 (1987) 631-637.<br />

[4] S. Omata et al.: New Tactile Sensor Like The Human Hand and its Applications, Sensors<br />

and Actuators A, 35 (1992) 9-15.<br />

[5] W. Peine, J.S. Son, R.D. Howe: A Palpation System for Artery Localization in Laparoscopic<br />

Surgery, Philadelphia Meeting (1994).<br />

[6] E. Foulke , Braille in M.A. Heller, W. Schiff: The Physiology of Touch, Erlbauch, Hillsdale<br />

NJ (1991) 291-133.<br />

[7] J.C. Stevens, M.Q. Patterson: Dimensions of Spatial Acuity in the Touch Sense: Changes<br />

over the Life Span. Somatosensory and Motor Research 12 (1) (1995) 29-47.<br />

[8] T. Ohtsuka et al.: New Tactile Sensor Techniques for Localization of Pulmonary Nodules,<br />

International Surgery 82 (1997) 12-14.<br />

[9] S. Kaneko, M. Mizunaga, S. Yachiku, O. Yamaguchi, S. Omata: Clinical applicability of<br />

a new tactile sensor for evaluating rigidity of the penis: a comparative study with<br />

Rigiscan, Int-J-Urol. 1996 Sep; 3(5): 379-82.<br />

[10] A.Z. Hajian, R. D. Howe-RD: Identification of the mechanical impedance at the human<br />

finger tip. J-Biomech-Eng. 1997 Feb; 119(1): 109-14<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 79


VI. Erfolgskontrollbericht<br />

1. Beitrag zu den förderpolitischen Zielen von<br />

"Mikrosystemtechnik 1994 - 1999"<br />

Die Meßergebnisse mit den drei unterschiedlichen endoskopisch einsetzbaren Tastsensoren<br />

konnten zeigen, daß sensorisch erhobene Gewebeeigenschaften wichtige bisher unzugängliche<br />

Informationen über Anatomie und Pathologie aus dem Körperinneren des Patienten geben<br />

können. Grundlage für den routinemäßigen endoskopischen Einsatz von Tastsensoren ist die<br />

Integration in ein Standardinstrument, i. a. eine Faßzange. Dies fordert Dimensionen im Millimeterbereich.<br />

Eine weitere sehr wichtige Forderung ergibt sich aus der Handhabung <strong>eines</strong><br />

Tastinstruments. Wenn eine Verbindung des Instruments zu einem Versorgungsgerät notwendig<br />

ist, das unsteril nahe dem Operationstisch stehen muß, führt das zu Handhabungsproblemen,<br />

Einschränkung der Bewegungsfreiheit, "Kabelsalat" und unklaren Grenzen des<br />

Sterilbereichs. Mit dem in <strong>TAMIC</strong> entwickelten Pulssensor konnte ein Tastinstrument realisiert<br />

werden, das autark, d. h. ohne externes Versorgungsgerät arbeitet. Es ist batteriebetrieben<br />

und gibt die Tastinformation akkustisch. Ein solches Tastinstrument vereint auf kleinstem<br />

Raum Sensorik, Signalverarbeitung und Aktorik (hier Informationsausgabe). Die drei im<br />

<strong>TAMIC</strong>-Projekt realisierten Tastinstrumente zeigen eine <strong>Entwicklung</strong> an. Mit fortschreitender<br />

Optimierung der Sensoren und weiterer Minituarisierung des gesamten Mikrosystems werden<br />

neue Anwendungsmöglichkeiten erschlossen. Dadurch kann ein Markt entstehen, der dann<br />

den weiteren <strong>Entwicklung</strong>sgang trägt.<br />

2. Einhaltung des Finanzierung- und Zeitplans<br />

Der Finanzierungsrahmen konnte eingehalten werden.<br />

Die Projektdauer wurde kostenneutral bis zum 30.06.97 verlängert, um die Projektziele zu<br />

erreichen. Durch technische Schwierigkeiten und aufgrund des unerwartet hohen <strong>Entwicklung</strong>saufwandes<br />

bei einigen Arbeitspaketen, insbesondere bei der Fertigstellung der Funktionsmuster<br />

B 2 und C 2 des <strong>taktilen</strong> Sensorstabs durch die Daimler-Benz AG, war es zur Verzögerung<br />

der Arbeitspakete 4, 6, 7, 8 sowie 10 bis 12 gekommen (<strong>Entwicklung</strong> einer experimentellen<br />

Testumgebung für die standardisierte Grundlagenerprobung taktiler Instrumentensysteme,<br />

Grundlagenerprobung Funktionsmuster FM B1/B2, Detaillierung der medizinischen<br />

Konzeption und Erarbeitung <strong>eines</strong> klinischen Erprobungsplans, Grundlagenerprobung FM<br />

A1/A2, Grundlagenerprobung des aktorbestückten Funktionsmusters C1/C2, Trainings- und<br />

Demonstrationskonzept).<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 80


3. Verwertbarkeit der Ergebnisse<br />

Die erarbeiteten Anwendungsszenarien für taktile Sensorik, die Ergebnisse der Grundlagenuntersuchungen<br />

von <strong>taktilen</strong> Eigenschaften menschlicher Gewebe und die im Rahmen des<br />

Projekts entstandenen Phantom- und Prüfvorrichtungen sind auf weiten Gebieten der diagnostischen<br />

und therapeutischen Medizin sowie der medizinischen Ausbildung und Schulung<br />

verwertbar.<br />

Die Vermaktung der Projektergebnisse liegt in der Hand der am Projekt <strong>TAMIC</strong> beteiligten<br />

Industiepartner.<br />

4. Erfindungen und Schutzrechte<br />

Die Schutzrechte für die Maulteilmechanik liegen bei der DLR, Köln.<br />

5. Arbeiten, die zu keiner Lösung geführt haben<br />

Das Aktorarray auf der Basis elektrorheologischer Flüssigkeiten stand erst nach Projektende<br />

zur Verfügung. Deshalb konnte das Arbeitspaket 10 (Grundlagenerprobung Funktionsmuster<br />

FM C1/C2, Faßzange / Taststab mit taktilem elektrorheologischen Aktorarray) nicht von<br />

MICT erprobt werden.<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 81


Danksagung<br />

Mitverantwortlich für den Erfolg des Projektes war die freundliche Mitwirkung folgender<br />

nicht zum Projekt <strong>TAMIC</strong> gehörender Partner:<br />

• Städt. Krankenhaus Heilbronn, Urologische Klinik: PD Rassweiler.<br />

• Klinik Schillerhöhe Gerlingen, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie: Chefarzt<br />

Dr. Linder.<br />

• HNO-Universitätsklinik Tübingen: Oberarzt PD P. Plinkert, Oberarzt Dr. I. Baumann.<br />

• FHTE in Esslingen, Prof. Dipl.-Ing. Fritz Seutter.<br />

• Fachhochschule für Gestaltung Pforzheim, Prof. H. J. Lannoch.<br />

• MIC-Trainingszentrum, Tübingen: Dipl.-Päd. L. Mailänder und Dr. O. Weiß.<br />

• Prüfzentrum für Medizinprodukte (PMP), Tübingen: K. Roth .<br />

<strong>TAMIC</strong>-Schlußbericht der Sektion MIC, Universität Tübingen 82

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!