Hanfjournal 01/04
Hanfjournal 01/04
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4<br />
Das Eckthema:<br />
Bekiffte Prominente<br />
Angelika Beer:<br />
„Wenn sich bei<br />
Freunden die<br />
Gelegenheit ergab,<br />
habe ich ab und zu `ne<br />
Tüte geraucht.“<br />
Email: buz@ hanfverband.de<br />
Tel: +49 (0) 30. 44 71 66 53<br />
Lettestraße 3<br />
1<strong>04</strong>37 Berlin<br />
news<br />
Die Bayern<br />
drehen durch<br />
Bakul muss gerettet werden<br />
Es ist unglaublich, aber wahr. Anstatt erstmal zu lesen oder<br />
einen Shop zu besuchen, schießen die Bayern lieber schnell.<br />
Aber wer kann denn auch verlangen, dass man weiß was<br />
man da wirklich kritisiert.<br />
Aber nun alles einmal langsam. In Kempten gibt es einen bösen<br />
bösen Laden. Ja der ist wirklich schlimm, denn „dort wird die<br />
Zeitschrift „Hanfzeitung“ kostenlos weitergegeben, die für den<br />
Haschischkonsum und dessen Legalisierung wirbt“. Sag ich<br />
doch, ein wirklich böser Laden, denn er macht er sich die Mühe<br />
jeden Monat den Namen des Hanf Journals durch „Hanfzeitung“<br />
zu ersetzt! Und legt es dann auch noch aus. Sehr böse!<br />
Das Zitat und das „Hanfzeitung“ stammt aber eher aus einem<br />
Schreiben des Verbandes „Familienfreundliches Kempten“, in<br />
dem sie fordern, dass der Vermieter des India-Ladens „Bakul“<br />
diesen wegen unserer Zeitung kündigt. Nach längeren Recherchen<br />
haben wir nun herausbekommen, dass eine Umänderung<br />
des Namens unserer Zeitung doch nicht stattgefunden hat,<br />
was uns einzig und allein auf die Tatsache schließen lässt, dass<br />
die besagten Schützer der Jugend unsere Zeitung noch nicht<br />
einmal in den Händen hielten.<br />
Auch die Begründungen zum Schutz der Jugend konnte bisher<br />
noch nicht konkretisiert werden. Denn weitere Briefe gegen<br />
Wirtshäuser, die gleich Alkohol verkaufen und nicht nur eine<br />
Zeitung dazu verschenken oder für das Abhängen von Zigarettenautomaten<br />
hat dieser Verband nicht vor.<br />
In Kempten ist nun wieder etwas passiert, was wir schon oft<br />
gesehen haben. Im Namen des Jugendschutzes ziehen besorgte<br />
Eltern unter der Peitsche schwingenden CSU gegen die Legalisierungsfront<br />
vor und vergessen dabei komplett, sich einmal<br />
wirklich zu informieren. Weder die Zeitung, die beschimpft<br />
wird, wurde gelesen noch Informationen über eine sinnvolle<br />
Drogenpolitik können genannt werden und wenn man legale<br />
Drogen wie Alkohol, Nikotin oder Kaffee anspricht kommen<br />
sie sofort wieder mit Verharmlosungen. So lieben wir sie, die<br />
Bayern.<br />
Eines können wir aber an dieser Stelle allen versprechen. Wir<br />
freuen uns sehr, wenn Sie sich mit uns anlegen. Schließlich<br />
lieben wir es, lange Gespräche über Drogen am Telefon zu<br />
führen, Hunderte von E-Mails und Studien zu versenden und<br />
endlich mal jemanden zu finden, der sich unsere Meinung<br />
anhört. Wir werden sicherlich so lange schreiben, bis es eine<br />
humane Drogenpolitik in Deutschland gibt und auch jeden<br />
nerven, bis er uns seine Position inhaltlich und nicht nur<br />
populistisch wiedergibt. Das „Bakul“ und auch das Hanf<br />
Journal werden sich nicht unterkriegen lassen, schon gar nicht<br />
von Prohibitionisten.<br />
Unterstützen Sie deshalb die politische<br />
Arbeit des DHV, privat oder als Firma.<br />
mehr Infos unter www.hanfverband.de<br />
Werner Graf<br />
Grosse´s Glück Mit Einzelfällen Schritt für Schritt Richtung Legalisierung?<br />
Der 27. November 2003 war ein denkwürdiger Tag der<br />
deutschen Geschichte. An diesem Datum fiel das Urteil, das<br />
dem Berliner Michael Grosse den Eigenanbau von Cannabis<br />
zu medizinischen Zwecken erlaubte. Richter Zimmermann<br />
vom Amtsgericht Berlin Tiergarten sah bei Herrn Grosse<br />
einen rechtfertigenden Notstand.<br />
Also schon wieder ein Einzelfall, der durch die<br />
ganz spezielle Situation des Angeklagten seine<br />
Rechtfertigung erhält. Michael Grosse benötigt das<br />
Weed nämlich aus medizinischen Gründen. Er leidet<br />
an Morbus Crohn, einer unheilbaren Darmkrankheit.<br />
Zahlreiche Behandlungsversuche schlugen fehl, bis<br />
ihm die Ärzte zur Therapie mit Cannabis rieten. Um<br />
die Schwierigkeiten des Schwarzmarktes zu<br />
umgehen, begann er 1997 selbst zu züchten. Drei<br />
Jahre ging das gut, bis ein geruchsempfindlicher<br />
Nachbar die Polizei rief. Der hielt den süßlichen<br />
Cannabisrauch für den Gestank von Verwesung,<br />
befürchtete Herr Grosse sei tot und rief die Polizei.<br />
Die fand dann 59 Pflanzen und erstattete Anzeige.<br />
Zuerst wurde er zu fünf Monaten Haft auf<br />
Bewährung verurteilt. Das Berufungsgericht<br />
akzeptierte das so allerdings nicht und verwies<br />
den Fall zurück an das Amtsgericht. Erst in der<br />
zweiten Runde erkannte die Justiz den rechtfertigenden<br />
Notstand. Dass die Therapie mit<br />
Cannabis tatsächlich anschlägt, wurde Herrn<br />
Grosse von drei Ärzten bestätigt. Da konnte das<br />
Gericht nicht mehr wegsehen.<br />
Herr Grosse raucht täglich mehrere Joints um<br />
seine Beschwerden zu lindern, außerdem<br />
badet er in einem Aufguss aus Cannabis-<br />
Blüten. Was für uns dekadent klingt, war bei<br />
ihm hilfreich. Die Beschwerden können<br />
dadurch tatsächlich eingedämmt<br />
werden. Ein Effekt, den in dieser<br />
Ausprägung vorher noch kein<br />
Medikament hatte.<br />
Das Urteil erlaubt Grosse nun den<br />
Anbau in eigenbedarfsgerechten<br />
Mengen. Eigenbedarfsgerecht<br />
beschreibt in diesem Zusammenhang<br />
eine Jahresration. Wie viel<br />
das genau ist, erfahren wir erst<br />
in der Urteilsbegründung. Da<br />
keine Berufung eingelegt wurde,<br />
ist das Urteil definitiv rechtskräftig.<br />
So etwas gab es seit über 40<br />
Jahren nicht mehr! Einen kleinen<br />
Haken hat die Geschichte aller-<br />
Michael Grosse<br />
dings: Sollte er mehr anbauen,<br />
muss er dennoch 4050 Euro Strafe<br />
zahlen.<br />
Das macht auch Hoffnungen in Bezug auf Grosses Antrag bei<br />
der Bundesopiumstelle (Erlaubnis zum Eigenanbau). Da die<br />
Rechtslage in diesem Fall inzwischen endgültig geklärt wurde,<br />
dürfte auch die Bundesopiumstelle Schwierigkeiten damit<br />
haben, den Antrag nicht zu genehmigen.<br />
Jetzt gibt es in Berlin einen Ort, an dem legal echtes Cannabis<br />
gegrowt wird. Der Besitzer diese Pflanzen würde sie übrigens<br />
auch gern der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Er hat vor,<br />
das von ihm gegrowte Gras in die Apotheke zu bringen, um<br />
es sich von dort wieder zuteilen zu lassen. Den Apotheker, der<br />
die dafür notwendige Erlaubnis bei der Bundesopiumstelle<br />
beantragt, hat er schon gefunden. Würde das funktionieren<br />
wäre es ein großer Schritt in die richtige Richtung, denn dann<br />
könnten auch andere Patienten ihr Recht auf eine Versorgung<br />
mit Cannabis aus der Apotheke einfordern.<br />
Im Moment drängt uns die deutsche Judikative in eine schwierige<br />
Position. Sollen wir jetzt glücklich sein über all die medizinischen<br />
Einzelfälle, die derzeit von den Gerichten Freiheiten<br />
zugeteilt bekommen, von denen wir nie zu träumen gewagt<br />
hätten?<br />
Natürlich freuen wir uns für diese Menschen, aber dennoch<br />
scheint dies auch ein Weg zu sein, die generelle Legalisierung<br />
in noch weitere Ferne zu rücken. Denn der Druck, den die<br />
enorme Dringlichkeit der medizinischen Fälle hinter die<br />
Legalisierungsbewegung stellt, versickert so nach und nach<br />
im Boden.<br />
Doch wir wollen mal nicht schwarz malen. Denn vielleicht<br />
sind all diese Einzelfälle auch nur die Vorboten eines<br />
gedanklichen Umschwungs in der Gesellschaft. Und selbst<br />
wenn nicht, so verbessert doch jeder medizinische Fall das<br />
Ansehen von Cannabis rapide. Was für die einen gesund ist,<br />
kann so schlecht für die anderen doch gar nicht sein!<br />
Wer die Cannabis-Freigabe für medizinische Fälle pushen<br />
möchte, kann übrigens die Verfassungsklage der Arbeitsgemeinschaft<br />
Cannabis als Medizin unterstützen. Spenden an<br />
folgendes Konto sind herzlich willkommen: Sonderkonto<br />
"Verfassungsklage" der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als<br />
Medizin; Kontonummer 422 329 005 bei der Kölner Bank (BLZ<br />
371 600 87)<br />
Martin Schwarzbeck