Handwerk in Bremen - Handwerkskammer Bremen
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Liebe <strong>Handwerk</strong>er<strong>in</strong>nen und <strong>Handwerk</strong>er,<br />
sehr geehrte Leser<strong>in</strong>nen und Leser,<br />
Auf e<strong>in</strong> Wort – Editorial<br />
wohl selten <strong>in</strong> der jüngeren deutschen Geschichte haben Äußerungen von Politikern<br />
Gemüter so erhitzt wie der Vergleich von Hartz IV mit „spätrömischer Dekadenz“. Ob<br />
e<strong>in</strong> solcher Vergleich durch den Vizekanzler berechtigt ist oder nicht, wird gerade<br />
äußerst kontrovers diskutiert. Fakt aber ist, dass die meisten seriösen Historiker heute<br />
annehmen, dass neben der Bedrohung Roms von außen vor allem auch der Verfall der<br />
Sitten und der Verlust von Redlichkeit im Inneren das Ende des Imperiums beschleunigt<br />
haben dürften.<br />
Es ist wie so oft: In der aktuellen Debatte hat ganz sicher jede Seite e<strong>in</strong> bisschen<br />
Recht. Denn natürlich brüskieren Äußerungen wie die des Vizekanzlers viele unverschuldet<br />
<strong>in</strong> Not geratene Bezieher von staatlicher Unterstützung. Natürlich muss derjenige, der arbeitet,<br />
mehr haben als jemand, der nicht arbeitet. Natürlich bedroht die Globalisierung den Wohlstand <strong>in</strong> unserem<br />
Land. Und natürlich haben auch wir e<strong>in</strong>en Verfall der Sitten zu beklagen. Steuerh<strong>in</strong>terziehende<br />
Manager, Milliarden verzockende Banker und Steuergeld zum Fenster h<strong>in</strong>aus werfende Behörden<br />
machen es vor und mancher Normalbürger tut es ihnen im Kle<strong>in</strong>en mit Schwarzarbeit gleich. Alle<strong>in</strong> im<br />
abgelaufenen Jahr hat die Schwarzarbeit <strong>in</strong> Deutschland um sechs Milliarden Euro zugenommen. Zum<br />
illegal erwirtschafteten Wert von 253 Milliarden Euro pro Jahr kommen <strong>in</strong> 2010 nochmal geschätzte acht<br />
Milliarden Euro h<strong>in</strong>zu. Auf diese Weise holen sich die Menschen zurück, was ihnen der Staat <strong>in</strong> Form von<br />
hohen Steuern weg nimmt.<br />
Diesem Trend <strong>in</strong> die Schattenwirtschaft müssen wir entgegen wirken. Dafür gibt es nur e<strong>in</strong>en Weg:<br />
Die Steuern müssen gesenkt und die steuerliche Absetzbarkeit von <strong>Handwerk</strong>errechnungen muss verbessert<br />
werden! Passiert dies nicht, wird über kurz oder lang die Schattenwirtschaft die Oberhand gew<strong>in</strong>nen<br />
und diejenigen, die früh aufstehen, hart arbeiten, fleißig s<strong>in</strong>d und regulär all ihre E<strong>in</strong>nahmen angeben,<br />
werden soviel von ihren E<strong>in</strong>künften abgeben müssen, dass die Mittelschicht – zu der vor allem wir<br />
<strong>Handwerk</strong>er gehören – durch die derzeit herrschenden Verhältnisse immer weiter verschw<strong>in</strong>det. Damit<br />
würden wir auch die Klammer von Arm und Reich und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft verlieren.<br />
Darum müssen wir etwas ändern <strong>in</strong> diesem Land. Auch <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong>! Weg von zynischen Debatten und<br />
endlich h<strong>in</strong> zu ernsthaften Schritten, die Wachstum schaffen. Weg von 1-Euro-Jobs und staatlicher<br />
Beschäftigung und h<strong>in</strong> zu mehr arbeitsmarktgerechter Qualifizierung. Weg von bürokratischer Gängelung<br />
und s<strong>in</strong>nlosen Verboten h<strong>in</strong> zu mehr und besserer Förderung.<br />
<strong>Bremen</strong> handelt falsch wenn es zwei Drittel der Mittel aus se<strong>in</strong>er Gründungsförderung abzieht, wenn<br />
es auf die künftigen E<strong>in</strong>nahmen aus erfolgreicher selbständiger Tätigkeit angewiesen ist. Es handelt<br />
s<strong>in</strong>nlos, wenn es Projekte für Langzeitarbeitslose um über 10 Millionen Euro aufstockt und im Gegenzug<br />
Programme zur Fachkräfte<strong>in</strong>itiative und der Ausbildungsförderung kürzt. Und es handelt ohne Nutzen,<br />
wenn es für viel Geld vorhandene Brücken abreißt und stattdessen für weiteres Geld verkehrsbremsende<br />
Ampeln aufstellt. Hier setzt der Bremer Senat die falschen Signale.<br />
Herzlichst<br />
Ihr<br />
Joachim Feldmann<br />
Präses der<br />
HANDWERKSKAMMER BREMEN<br />
<strong>Handwerk</strong> <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong> 3/2010 | 3