Zukunft Forschung 01/2022
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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TITELTHEMA<br />
SCHWERE ZEITEN<br />
FÜR DIE FICHTE<br />
In der Forsthütte Praxmar untersuchen Wissenschaftler*innen der Universität Innsbruck<br />
den Befall von Fichten durch den Rostpilz Chrysomyxa rhododendri.<br />
Die Evolution hat sehr unterschiedliche<br />
Strategien hervorgebracht,<br />
um kalte Winter zu überstehen.<br />
Manche Lebewesen fressen sich Vorräte<br />
an und schlafen monatelang in einer Höhle.<br />
Andere nehmen ein Flugzeug in Richtung<br />
Balearen. Und der Rostpilz Chrysomyxa<br />
rhododendri überwintert in den Blättern<br />
der Alpenrose. Im Frühjahr, wenn<br />
es wieder wärmer wird, bildet er neue<br />
Sporen und wird vom Wind zurück in<br />
sein Sommerquartier getragen: neu austreibende<br />
Fichtennadeln. Dieser jahreszeitliche<br />
Wechsel zwischen zwei Wirten<br />
ist ein typisches Verhalten für Rostpilze.<br />
Für den Wald in den Hochlagen Tirols ist<br />
das ein großes Problem. Der Pilz schädigt<br />
den Baumbestand so sehr, dass es in manchen<br />
Regionen bereits Schwierigkeiten bei<br />
der Aufforstung gibt – so zum Beispiel bei<br />
Praxmar im Tiroler Sellraintal. Hier steht<br />
inmitten eines subalpinen Fichten- und<br />
Zirbenwaldes eine ehemalige Forstdiensthütte,<br />
die nun von Wissenschaftler*innen<br />
der Universität Innsbruck genutzt wird.<br />
Dem Schädling auf der Spur<br />
Die Ökophysiologin Andrea Ganthaler<br />
vom Institut für Botanik untersuchte<br />
Rostpilzinfektionen bereits vor einigen<br />
Jahren in ihrer Doktorarbeit. Gemeinsam<br />
mit Stefan Mayr, Leiter des <strong>Forschung</strong>sschwerpunktes<br />
„Alpiner Raum“, führt<br />
sie nun das <strong>Forschung</strong>sprojekt „Rostinfektion<br />
von Bergfichten“ durch. Für die<br />
notwendigen Feldforschungen bietet die<br />
Hütte in Praxmar dabei ideale Voraussetzungen.<br />
Sie verfügt über Strom und<br />
Wasser, was die Durchführung von Experimenten<br />
erleichtert, und bietet einfachen<br />
Zugang zu ausgewachsenen Bäumen in<br />
der Umgebung. „Generell sind Schädlingsbefall<br />
und Trockenheit die größte<br />
Gefahr für den Wald, jetzt und in <strong>Zukunft</strong>“,<br />
erklärt Ganthaler. „Nadelrost hat<br />
STEFAN MAYR UND ANDREA GANTHALER untersuchen die Rostinfektion von Bergfichten.<br />
eine eher regionale Bedeutung, ist aber<br />
ein hervorragendes Modell, um solche<br />
Bedrohungen zu analysieren.“ In Tirol<br />
dominiert vielerorts die Fichte als wichtiger<br />
Forstbaum die Waldflächen – auch an<br />
der Waldgrenze, wo der Befall durch den<br />
Rostpilz besonders intensiv auftritt. Diese<br />
Waldbereiche sind zumeist auch Schutzwald,<br />
der Siedlungen vor Lawinen oder<br />
Erdrutschen bewahrt.<br />
12 zukunft forschung <strong>01</strong>/22<br />
Fotos: Andrea Ganthaler (3), Stefan Mayr (1), Andreas Friedle (1)