Zukunft Forschung 01/2022
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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PHYSIK<br />
AMMONIAK TREIBT<br />
WOLKENBILDUNG AN<br />
Der vermehrte Einsatz von Kunstdünger und Mist aus der Tierhaltung bringen mehr Ammoniak in die<br />
Atmosphäre. Dadurch entstehen mehr Wolken am Himmel.<br />
EXPERIMENTE wurden in der CLOUD-Kammer<br />
am CERN durchgeführt<br />
Ob und wie viele Wolken am Himmel<br />
sind, hat großen Einfluss<br />
darauf, wie sich die Erde weiter<br />
erwärmt. Diesen Effekt in Klimamodellen<br />
zu quantifizieren, ist bis heute mit<br />
großen Unsicherheiten verbunden. Das<br />
liegt vor allem daran, dass die Entstehung<br />
von Kondensationskeimen in der<br />
Atmosphäre nur ungenügend verstanden<br />
wird. Seit 2009 erforscht ein internationales<br />
Team beim Großexperiment CLOUD<br />
am europäischen Kernforschungszentrum<br />
CERN bei Genf die molekularen<br />
Mechanismen der Neubildung von Partikeln<br />
aus atmosphärischen Gasen, aus<br />
denen sich Kondensationskeime für<br />
Wolken bilden. In einer aktuellen Studie<br />
in der Fachzeitschrift Nature zeigen die<br />
Wissenschaftler*innen, dass die Anwesenheit<br />
von Ammoniak in der oberen<br />
Troposphäre zur verstärkten Bildung von<br />
Partikeln führen kann.<br />
Mehr Wolkenbildung<br />
Die obere Troposphäre spielt eine wichtige<br />
Rolle im Klimasystem. Gerade hier<br />
haben bereits geringe Veränderungen<br />
der Zusammensetzung erheblichen Einfluss<br />
auf den Strahlungshaushalt der<br />
Erde. Bilden sich hier neue Partikel, entstehen<br />
daraus auch mehr Wolken. „Die<br />
Vorläufergase, die diesen Prozess der<br />
Partikelbildung antreiben, sind jedoch<br />
nicht gut verstanden“, betont Armin<br />
Hansel vom Institut für Ionenphysik<br />
und Angewandte Physik der Universität<br />
Innsbruck, einer der Mitautor*innen<br />
der aktuellen Studie. „Mit Experimenten,<br />
die unter den Bedingungen der oberen<br />
Troposphäre in der CLOUD-Kammer<br />
am CERN durchgeführt wurden, konnten<br />
wir nun zeigen, dass Salpetersäure,<br />
Schwefelsäure und Ammoniak gemeinsam<br />
Partikel bilden, und zwar mit einer<br />
Geschwindigkeit, die um Größenordnungen<br />
schneller ist, als wenn nur zwei<br />
der drei Komponenten miteinander reagieren“,<br />
schildert Hansel.<br />
Modellrechnungen bestätigen, dass<br />
Ammoniak während des asiatischen<br />
Monsuns in großen Mengen in die obere<br />
Atmosphäre gelangt, dort mit Salpetersäure,<br />
die lokal durch Blitze entsteht, zusammen<br />
mit nur Spuren von Schwefelsäure<br />
rasch zur Bildung von Partikeln<br />
führt. Dadurch entstehen bei den kühlen<br />
Temperaturen der oberen Troposphäre<br />
Eispartikel, die sich über die nördliche<br />
Hemisphäre ausbreiten können. Die<br />
meis ten Ammoniakemissionen in Südasien<br />
stammen aus der Landwirtschaft<br />
und hier vor allem aus der vermehrten<br />
Verwendung von Kunstdünger neben<br />
der natürlichen Düngung mit Mist. <br />
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zukunft forschung <strong>01</strong>/22<br />
Fotos: Unsplash / Pero Kalimero, CERN