23.05.2022 Aufrufe

Zukunft Forschung 01/2022

Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck

Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

SOZIOLOGIE<br />

GEZIELTE ARBEIT an einer Erzählung der eigenen Biografie trägt auch zur Ordnung der Gedankenwelt Jugendlicher bei.<br />

RESILIENZ GEGEN<br />

EXTREMISMUS STÄRKEN<br />

Welche Faktoren verhindern Radikalisierung bei Jugendlichen?<br />

Mit dieser Frage befasst sich die Soziologin Hemma Mayrhofer, die dabei den Ansatz<br />

der Biografiearbeit mit Jugendlichen wissenschaftlich untersucht.<br />

Hannes ist heute 19 Jahre alt. Seine<br />

Geschichte ist nicht alltäglich:<br />

Als Kleinkind kommt er zu Onkel<br />

und Tante, die seine Pflegeeltern werden;<br />

zu seinem Vater hat er regelmäßigen<br />

Kontakt, zur suchtkranken Mutter nur<br />

sporadisch. Nach dem Besuch der Volksund<br />

Hauptschule beginnt er eine Lehre<br />

in einem Industriebetrieb. Mit 14 macht<br />

er sich erstmals aus eigenem Antrieb auf<br />

die Suche nach dem abwesenden Elternteil<br />

und nimmt Kontakt zu seiner leiblichen<br />

Mutter auf, die zwischenzeitlich<br />

wohnungslos ist. Über sie lernt er ältere<br />

Jugendliche kennen und wird gemeinsam<br />

mit ihnen von der Polizei beim Cannabiskonsum<br />

erwischt. Nach vorübergehendem<br />

Kontaktabbruch zur Mutter und<br />

ihrem Umfeld sucht er mit 15 neuerlich<br />

ihre Nähe. Sie gehört nun einer rechtsextremen<br />

Gruppe an und Hannes wird<br />

ebenfalls Teil dieser Gruppe. Er kommt<br />

schließlich wegen Körperverletzung und<br />

Verhetzung mit dem Gesetz in Konflikt.<br />

Hannes, das ist nicht sein realer Name,<br />

ist ein Fallbeispiel aus der im Rahmen<br />

des Sicherheitsforschungs-Förderprogramm<br />

KIRAS vom Bundesministerium<br />

für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus<br />

geförderten Studie „BI:JU – Biografiearbeit<br />

in der Offenen Jugendarbeit<br />

als resilienzstärkende Maßnahme zur<br />

Radikalisierungsprävention“, die Hemma<br />

Mayrhofer und Florian Neuburg vom<br />

Institut für angewandte Rechts- und Kriminalsoziologie<br />

(IRKS) derzeit abschließen.<br />

„Uns interessiert das komplexe Zusammenwirken<br />

von Faktoren, die dazu<br />

führen können, dass Jugendliche sich radikalisieren.<br />

Und besonders interessiert<br />

uns, welche Faktoren dazu beitragen,<br />

dass Radikalisierung eben nicht ‚greift‘<br />

oder wodurch eine frühe Distanzierung<br />

von extremistischen Ideologien und<br />

Gruppen gefördert wird“, erklärt Hemma<br />

Mayrhofer. Welche Rolle biografische<br />

Erfahrungen in der Radikalisierung spielen,<br />

ist bereits durch mehrere Studien erforscht,<br />

Resilienzfaktoren hingegen wurden<br />

bislang kaum untersucht – dort setzt<br />

das <strong>Forschung</strong>sprojekt BI:JU an.<br />

34<br />

zukunft forschung <strong>01</strong>/22<br />

Fotos: AdobeStock / 1STunningART, IRKS / Uni Innsbruck

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!