Zukunft Forschung 01/2022
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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GESCHICHTSWISSENSCHAFT<br />
WEGE DES<br />
WISSENS<br />
Die Historikerin Mona Garloff nimmt den Fernhandel mit Büchern<br />
und den Buchmarkt in der Frühen Neuzeit in den Blick.<br />
HISTORIKERIN Mona Garloff untersucht den Buchmarkt der Frühen Neuzeit.<br />
Zu Hochzeiten besaß er Buchhandlungen<br />
unter anderem in Wien,<br />
Prag, Innsbruck und Linz, die<br />
größte Buchdruckerei Österreichs, eine<br />
Schriftsetzerei und eigene Papiermühlen:<br />
Johann Thomas von Trattner kontrollierte<br />
im 18. Jahrhundert weite Teile<br />
des Buchhandels und der Buchproduktion<br />
der Habsburgermonarchie. Mitte<br />
des Jahrhunderts erhielt er den Auftrag,<br />
sämtliche im Zuge der Studienreformen<br />
unter Kaiserin Maria Theresia neu zu<br />
verfassenden Lehrbücher zu verlegen<br />
und zu drucken – das verhalf seinem Unternehmen<br />
zu einem sprunghaften Aufstieg.<br />
1754 wurde er schließlich zum Hofbuchdrucker,<br />
weitere Privilegien folgten.<br />
Der Trattnerhof am Graben in Wien trägt<br />
noch heute den Namen des Verlegers,<br />
das restliche, beträchtliche wirtschaftliche<br />
Imperium ist allerdings nicht mehr<br />
einheitlich erhalten. Sein Beispiel zeigt<br />
aber die Dynamik und die Netzwerke<br />
des Buchhandels in der Frühen Neuzeit.<br />
Expertin dafür ist die Historikerin Mona<br />
Garloff. In ihrem Habilitationsprojekt,<br />
das durch den FWF (Lise-Meitner-Programm)<br />
gefördert wird, sieht sie sich den<br />
Fernbuchhandel in Wien und Prag in der<br />
Zeit zwischen 1680 und 1750 näher an,<br />
also auch der Zeit, in der der Grundstein<br />
für Trattners Imperium gelegt werden<br />
sollte. „Mich interessieren hier mehrere<br />
Aspekte: Wie durchsetzungsfähig war<br />
die Zensur im zersplitterten Heiligen Römischen<br />
Reich, das zu großen Teilen aus<br />
relativ kleinen Fürstentümern bestand?<br />
Welchen Einfluss hat der Buchhandel auf<br />
überregionale Wissensräume, wie sie um<br />
1700 zu entstehen beginnen?“, sagt Mona<br />
Garloff.<br />
Zentren im Süden<br />
Die Zentren des deutschsprachigen<br />
Buchhandels lagen in der Zeit um 1700<br />
im heutigen Süddeutschland, besonders<br />
in Nürnberg und Augsburg. „Buchhändler<br />
aus diesen Städten belieferten<br />
insbesondere auch den österreichischen<br />
und böhmischen Markt und hatten die<br />
Mittel, in den Messestädten Leipzig und<br />
Frankfurt präsent zu sein und neues Material<br />
anzukaufen. Diese Mittel fehlten<br />
den Buchhändlern in Wien in dieser Zeit<br />
noch.“ Leipzig und Frankfurt sind mit<br />
ihren Buchmessen bis heute Zentren der<br />
deutschsprachigen Literatur, in der Frühen<br />
Neuzeit war das nicht anders – und<br />
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zukunft forschung <strong>01</strong>/22<br />
Fotos: Andreas Friedle