Zukunft Forschung 01/2022
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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WISSENSTRANSFER<br />
KLÄRANLAGE ALS<br />
FRÜHWARNSYSTEM<br />
Das Anwachsen und Abflauen der Corona-Infektionszahlen wurde schon früh auch über Messungen<br />
im Abwasser mitverfolgt. Federführend beim Aufbau des österreichischen Abwassermonitorings waren<br />
Innsbrucker Forscherinnen und Forscher.<br />
Jeder Mensch scheidet täglich Viren<br />
und Bakterien aus. Auch Fragmente<br />
des Coronavirus SARS-CoV-2 bahnen<br />
sich ihren Weg durch den Darm und landen<br />
in der Kanalisation. In den Kläranlagen<br />
werden regelmäßig Abwassserproben<br />
entnommen, die man auf RNA-Fragmente<br />
des Virus untersuchen kann. Im Auftrag<br />
des Bildungsministeriums und des Gesundheitsministeriums<br />
wird dies inzwischen<br />
routinemäßig gemacht. Die Daten<br />
werden den zuständigen Gremien für die<br />
Risikobewertung zur Verfügung gestellt<br />
und teilweise auch auf einem öffentlichen<br />
Dashboard zugänglich gemacht.<br />
An der Universität Innsbruck hat der<br />
Mikrobiologe Heribert Insam schon sehr<br />
früh die Chancen des Abwassermonitorings<br />
erkannt und mit Wolfgang Rauch<br />
vom Arbeitsbereich Umwelttechnik sowie<br />
Heiko Kinzel vom Spin-off-Unternehmen<br />
hydro-IT engagierte Mitstreiter gefunden.<br />
Gemeinsam mit der AGES und Partnern<br />
an anderen <strong>Forschung</strong>seinrichtungen haben<br />
sie das österreichweite Monitoring<br />
aufgebaut und damit einen Beitrag zu einer<br />
evidenzbasierten Maßnahmenplanung<br />
geleistet. Denn in den Abwasserdaten sind<br />
Infektionsentwicklungen früher erkennbar<br />
als in den Zahlen aus den Testzentren.<br />
Viele offene Fragen<br />
Auch wissenschaftlich sind mit dem Thema<br />
viele Fragen verbunden, denn bis zur<br />
aktuellen Pandemie hatten sich nur wenige<br />
Forscherinnen und Forscher mit Abwassermonitoring<br />
beschäftigt. „Wir mussten<br />
uns zunächst einmal in die Thematik<br />
einarbeiten“, erzählt Wolfgang Rauch,<br />
„aber die Lernkurve war sehr steil.“ Seine<br />
Arbeitsgruppe verfügt über hervorragende<br />
Modelle für Kanalsysteme. Diese<br />
bilden nun die Basis für Untersuchungen<br />
darüber, wie das Virus in die Kläranlagen<br />
transportiert wird und welche Prozesse<br />
zu einem Abbau des Virus führen können.<br />
Die daraus entwickelten Modelle geben<br />
wichtige Hinweise auf den Verlauf von<br />
Inzidenzen und zukünftige Hospitalisierung.<br />
Allerdings gibt die Omikron-Variante<br />
den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />
Rätsel auf, denn seit einiger<br />
Zeit finden sie weniger Virus im Abwasser<br />
als aufgrund der Inzidenzen eigentlich zu<br />
erwarten wäre. „Unsere Modelle passen<br />
nicht mehr“, sagt Rauch. Über die Ursache<br />
wird derzeit noch spekuliert.<br />
Know-how-Transfer<br />
Das Team um Rauch kümmert sich auch<br />
um die Datenaufbereitung und Datenanalyse.<br />
Unterstützt werden sie dabei vom<br />
Innsbrucker Spin-off-Unternehmen hydro-<br />
IT, das für das gesamte Datenmanagement<br />
zuständig ist und die IT-Infrastruktur dafür<br />
entwickelt hat. <br />
AUCH IN DER Kläranlage Strass/Zillertal wird das Abwasser auf Virus-Rückstände untersucht.<br />
40 zukunft forschung <strong>01</strong>/22<br />
Foto: AWV Achental-Inntal-Zillertal