Beitrag - MEK
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Horazens Hymnus auf Bacchus 29<br />
Der inspirierte Schwung reißt den Dichter in eine Steigerung, deren Höhepunkt auf<br />
die 6. Strophe fällt. So machen die 5. und 6. Strophe den dritten Teil des Hymnus aus.<br />
A. Kiessling und R. Heinze, 9 R. G. M. Nisbet und M. Hubbard10 halten die Zeilen 17-32<br />
deshalb für den dritten Teil.<br />
tu flectis amnes, tu mare barbarum,<br />
tu separatis uvidus in iugis<br />
nodo coerces viperino<br />
Bistonidum sine fraude crinis.<br />
tu, cum parentis regna per arduum<br />
cohors Gigantum scanderet impia,<br />
Rhoetum retorsisti leonis<br />
unguibus horribilique mala,<br />
Das in zwei Versen dreimal wiederholte tu kennzeichnet deutlich den Beginn eines neuen<br />
Teiles: die Aretalogie des Bacchus, der auf seinem Zug nach Indien den Lauf der<br />
Ströme Hydaspes und Orontes aufgehalten hat. Giftige Vipern dienen zu Haarbändern<br />
der Mänaden und zeigen so ihre Göttlichkeit. Die Giganten türmten den Ossa und den<br />
Pelion auf den Olymp, um den Himmel zu stürmen, Bacchus aber nahm an der Gigantomachie<br />
teil und besiegte Rhoteus, einen der gewaltigsten Giganten.<br />
Obwohl die direkte Anrede fortläuft, geht die Aretalogie in eine Reflexion über<br />
Macht und Fähigkeiten des Bacchus über: er ist nicht nur der Gott des Weines, sondern<br />
auch ein grausamer Kämpfer, er ist „in Frieden und Krieg gleich groß“. Wie<br />
friedlich er ist, illustriert die letzte Strophe. Auf Grund dieser Änderungen im Ton des<br />
Gedichtes können wir die 7. und 8. Strophe als vierten11 und letzten Teil betrachten:<br />
quamquam choreis aptior et iocis<br />
ludoque dictus non sat idoneus<br />
pugnae ferebaris, sed idem<br />
pacis eras mediusque belli.<br />
te vidit insons Cerberus aureo<br />
cornu decorum, leniter atterens<br />
caudam et recedentis trilingui<br />
ore pedes tetigitque crura.<br />
Bacchus stieg in den Hades hinab, und dort besänftigte er schon durch seine<br />
Erscheinung den Cerberus. Als Bacchus den Hades wieder verließ, wurde Cerberus<br />
sogar noch friedlicher. So konnte Bacchus ungehindert aus dem Hades zurückkehren.<br />
9 KIESSLING; HEINZE: Q. Horatius, S. 239.<br />
10 NISBET; HUBBARD: A Commentary, S. 314.<br />
11 Numberger teilt den Hymnus auch in vier Teile: Horaz, S. 200: „Die Ode umfaßt 2 Teile von je 4 Str.; die ersten<br />
4 Str. stellen sozusagen die ‘Einführung’ zur hymnischen 2. Gedichthälfte dar. Die ‘Einführung’ ist in sich<br />
wieder 2 mal 2 Str. abgeteilt [...]. Der eigentliche Hymnus auf Bacchus (v. 17-32) ist gleichfalls in 2 Strophendyaden<br />
gegliedert“. Quinns Einteilung ist anders, Horace, S. 236: „Stanza 1, introductory; Stanza 2, bridge to<br />
hymn; Stanzas 3-6, hymn; Stanza 7, lucid interval; Stanza 8, hymn concluded“. Auch nach Viktor Pöschl hat der<br />
Hymnus vier Teile: Die Dionysosode des Horaz (c. 2, 19). – In: Hermes 101 (1973), S. 208-230, hier S. 223:<br />
„Wir haben also einen klaren Aufbau: dreimal zwei Strophen, die miteinander kontrastieren“, d.h. Strophe 1 und<br />
2, 3 und 4, 5 und 6; und der vierte Teil ist: Strophe 7 und 8.