SMART INVESTMENTS
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Die Rückkehr der Zinsen<br />
W<br />
er derzeit vor dem Erwerb einer<br />
Immobilie steht wird es<br />
bedauern: 10-Jahreshypotheken,<br />
die vor wenigen Monaten<br />
noch für unter 1 % zu haben waren, kosten aktuell<br />
etwa 3 %. Das wird in Anbetracht der hohen<br />
Immobilienpreise und stetig steigender<br />
Baukosten manchen Traum vom Eigenheim<br />
platzen lassen.<br />
Inflationsraten von 8 % in Europa und deutlich<br />
über 8 % in den USA setzen die Notenbanken<br />
unter enormen Druck, ihre bisherige<br />
Null- und Minuszinspolitik zügig zu beenden.<br />
Weltweit steigen daher die Leitzinsen<br />
und die Diskussionen über das angemessene<br />
Tempo dieser Zinserhöhungen wird nahezu<br />
täglich schärfer. Lediglich China, das die negativen<br />
wirtschaftlichen Auswirkungen der<br />
scheiternden „Null-Covid-Politik“ immer<br />
mehr zu spüren bekommt, ist eher in Richtung<br />
einer lockereren Geldpolitik unterwegs.<br />
Auch die europäische Zentralbank steht unter<br />
enormen Druck, ihre ultralockere Geldpolitik<br />
an die veränderten Rahmenbedingungen<br />
anzupassen. Nach zu langem Zögern hat<br />
sich die EZB endlich dazu durchgerungen,<br />
ihre Leitzinsen im Juli um 0,25% anheben<br />
zu wollen und ihren immensen Anleihenbestand<br />
nicht weiter auszubauen. Auch wenn<br />
Frau Lagarde weitere Zinsschritte in Aussicht<br />
gestellt hat, gibt es noch immer „Strafzinsen“<br />
auf Bankeinlagen und die schwindende<br />
Hoffnung, die hohen Inflationsraten mögen<br />
sich als temporär erweisen.<br />
Die Kapitalmärkte jedoch haben sich an die<br />
neue Realität zügig angepasst. Deutsche<br />
Bundesanleihen mit 10-jähriger Laufzeit,<br />
die vor wenigen Monaten noch eine negative<br />
Rendite aufwiesen, rentieren mit derzeit<br />
ca. 1,7 %, auf einem 8-Jahres-Hoch. Bei einer<br />
Vielzahl von Unternehmensanleihen guter<br />
Bonität lassen sich wieder Renditen von gut<br />
3,5 % und mehr für mittlere Laufzeiten kassieren.<br />
Dieser Anstieg der Renditen bescherte<br />
Renteninvestoren herbe Bewertungsverluste<br />
und gab all denen Recht, die bei Investments<br />
in festverzinslichen Wertpapieren von „zinslosen<br />
Risiken“ sprachen. Ihrer klassischen<br />
Funktion als Risikopuffer bei Mischfonds<br />
und vielen „ausgewogenen“ Anlagestrategien<br />
konnten Rentenanlagen in Zeiten des<br />
Überfalls Russlands auf die Ukraine damit in<br />
keiner Weise gerecht werden. Der Krieg in der<br />
Ukraine hat die eh schon hohen Rohstoffpreise<br />
noch einmal deutlich ansteigen lassen und<br />
die globalen Probleme in den industriellen<br />
Lieferketten verschärft. Hoffnungen auf ein<br />
allmähliches Abflauen der hohen Geldentwertung<br />
wurden damit zunichte gemacht.<br />
Also weiter „Finger weg“ von Festverzinslichen?<br />
Auf den ersten Blick lautet die Antwort „ja“,<br />
denn bei einer Geldentwertung von 8% ist<br />
eine Rendite von gut 3,5 % nicht gerade attraktiv.<br />
Doch immerhin schlägt man damit<br />
die Dividendenrendite vieler Aktienanlagen.<br />
Von entscheidender Bedeutung ist<br />
die Frage, auf welches Niveau die Zinsen in<br />
der Eurozone steigen sollten, beziehungsweise<br />
welches Zinsniveau die Zentralbank<br />
für verkraftbar hält. Eine Frage, die derzeit<br />
nur sehr schwer zu beantworten ist. Denn<br />
das Gespenst der Stagflation – einer Phase<br />
hoher Inflation und schwacher wirtschaftlicher<br />
Entwicklung - greift aktuell mehr und<br />
mehr um sich. Galoppierende Energiepreise,<br />
deutlich steigende Nahrungsmittelpreise<br />
und Probleme in den globalen Lieferketten<br />
belasten Konjunktur und Verbraucher.<br />
Reihenweise werden derzeit Konjunkturprognosen<br />
gekappt und Rezessionsängste<br />
machen sich breit. Ein zu starker Zinserhöhungszyklus<br />
würde der Konjunktur, die<br />
sich gerade noch vom Coronaschock erholt,<br />
sicher den Garaus machen. Auf der anderen<br />
Seite gilt es, Zweitrundeneffekten bei<br />
der Inflation nachhaltig zu begegnen, um<br />
das Ziel der Geldwertstabilität nicht komplett<br />
aus dem Blick zu verlieren.<br />
Unter der Prämisse, dass sich der furchtbare<br />
Krieg in der Ukraine und die Sanktionen insbesondere<br />
im Energiebereich nicht weiter<br />
verschärfen, besteht Grund für zaghaften<br />
Optimismus für die weitere Inflationsentwicklung.<br />
Der Anstieg der Energiepreise wird<br />
sich sicher nicht im bisherigen Tempo fortsetzen,<br />
denn die weltweiten Fördermengen<br />
für Öl oder Kohle sind trotz des Krieges im<br />
Wesentlichen unverändert. Das Öl, welches<br />
Russland aufgrund der Sanktionen nicht<br />
mehr im Westen verkaufen kann, wird andere<br />
Abnehmer wie Indien und China finden.<br />
Das globale Preisniveau dürfte sich in den<br />
nächsten Monaten daher etwas beruhigen.<br />
Keine Entwarnung kann leider bei den<br />
Nahrungsmittelpreisen gegeben werden.<br />
Russland hat einen weitreichenden Exportstopp<br />
für Nahrungsmittel verhängt und die<br />
Ukraine wird als Lieferant leider weitgehend<br />
ausfallen. Auch viele andere industrielle Roh-<br />
stoffe sind derzeit aufgrund des Krieges und<br />
der Sanktionen auf dem Weltmarkt knapp<br />
und damit teuer. Unklar ist derzeit, ob es zur<br />
gefürchteten „Lohn-Preis-Spirale“ kommen<br />
wird. Schwächere Zahlen zum weltweiten<br />
Wirtschaftswachstum wirken hier aber dämpfend.<br />
Das alles ist bekannt und in den aktuellen Inflationserwartungen<br />
und Zinsniveaus vom Markt<br />
bereits weitgehend eskomptiert. Sollte es nicht<br />
zu einer weiteren deutlichen Verschärfung der<br />
derzeitigen Probleme kommen, ist davon auszugehen,<br />
dass die Inflation ihren Höhepunkt in<br />
etwa auf dem aktuellen Niveau markieren wird.<br />
Ob mit einem aktuellen Zinsniveau von 1,7 %<br />
für Bundesanleihen mit 10-jähriger Laufzeit<br />
schon das Ende der Anpassung bereits erreicht<br />
ist, bleibt abzuwarten. Es scheint aber sehr<br />
wahrscheinlich, dass wir den Großteil dieser<br />
Anpassung an die neuen Realitäten hinter uns<br />
haben. Dafür spricht auch die Tatsache, dass<br />
die Zinsstrukturkurve in den USA, die im Zinszyklus<br />
schon deutlich weiter sind, in weiten Teil<br />
bereits invers ist.<br />
Daher werden festverzinsliche Wertpapiere<br />
trotz ihrer im Vergleich zur Inflationsrate eher<br />
mageren Verzinsung langsam wieder interessant,<br />
da sie ihre „Pufferfunktion“ in gemischten<br />
Portfolios zunehmend wieder wahrnehmen<br />
können. Es heißt als nicht mehr grundsätzlich<br />
„Finger weg“ von Rentenanlagen. Eine Beimischung<br />
von ausgewählten Rentenpapieren<br />
ist wieder in Betracht zu ziehen.<br />
Text Norbert Schulze Bornefeld<br />
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der Eichler & Mehlert Vermögensverwaltung GmbH entstanden.<br />
Flexibilität und kurze Entscheidungswege<br />
Norbert Schulze Bornefeld spricht im Interview über die Vorteile von Vermögensverwaltern.<br />
Text Paul Howe<br />
Kathrin Eichler und Norbert<br />
Schulze Bornefeld<br />
Geschäftsführer<br />
der EICHLER & MEHLERT<br />
Vermögensverwaltung<br />
GmbH<br />
Weitere<br />
Informationen:<br />
www.eichler-mehlert.de<br />
Wie sollten Anleger auf die aktuelle Krise<br />
reagieren?<br />
Zunächst gilt es, Ruhe zu bewahren und keine<br />
allzu hektischen Umschichtungen in den Anlagen<br />
vorzunehmen. Stattdessen sollte nüchtern<br />
analysiert werden, ob und wieweit das Portfolio<br />
an die deutlich veränderten Rahmenbedingungen<br />
anzupassen ist.<br />
Nicht nur politisch erleben wir gerade die vielzitierte<br />
„Zeitenwende“. Auch die wirtschaftlichen<br />
und monetären Rahmenbedingungen erfahren<br />
aktuell eine grundlegende Zäsur. Die Phase der<br />
Null- und Minuszinsen ist vorbei und das hat erhebliche<br />
Auswirkungen auf eine Vielzahl von<br />
Bewertungsfaktoren für die Aktienmärkte. Unternehmen,<br />
denen ein starkes Ertragswachstum erst<br />
in der Zukunft unterstellt wird, sind bei höheren<br />
Zinsen aktuell schlicht weniger wert. Das belastet<br />
derzeit viele hoch bewerte (Tech-) Titel und hat zu<br />
teils drastischen Kurseinbrüchen geführt. Hinzu<br />
kommt eine zunehmende Unsicherheit in Bezug<br />
auf die konjunkturellen Rahmenbedingungen.<br />
Hob in der Vergangenheit die (Geld-)Flut nahezu<br />
alle Boote, so rückt jetzt die aktive Auswahl der<br />
Einzelinvestments wieder stärker in den Fokus.<br />
Was bedeutet der Anstieg der Zinsen und die<br />
aktuell hohe Inflationsrate für die Ausrichtung<br />
der Portfolien der Anleger?<br />
Reale Werte wie Aktien, aber auch Immobilen<br />
sind seit jeher der beste Schutz vor einer Geldentwertung.<br />
Aber nicht hinter jeder Aktie stehen<br />
reale Vermögenswerte wie Produktionsanlagen,<br />
Patente und belastbare Geschäftsmodelle. Steigende<br />
Zinsen und fehlende Spielräume bei der<br />
Weitergabe steigender Produktionskosten belasten<br />
zudem die Profite von Unternehmen mit<br />
hohem Fremdkapital. Hier gilt es, substanzstarke<br />
Werte mit guter Marktstellung in der jeweiligen<br />
Branche zu identifizieren. Der Anleger<br />
sollte also nicht „blind“ in Aktienindizes investieren.<br />
Mehr denn je ist ein aktives Portfoliomanagement<br />
gefragt.<br />
In der Gesamtbetrachtung des Portfolios rücken<br />
zudem Investments in ausgewählte festverzinsliche<br />
Wertpapiere allmählich wieder in den Fokus,<br />
da diese aufgrund des mittlerweile erreichten Renditeniveaus<br />
an relativer Attraktivität gewonnen<br />
haben. Anders als im 1. Halbjahr 2022 könnten Anleihen<br />
ihrer Funktion als stabilisierendes Element<br />
im Portfolio aus unserer Sicht wieder zunehmend<br />
gerecht werden.<br />
Was macht eine unabhängige Vermögensverwaltung<br />
aus?<br />
Die Interessengleichheit mit dem Anleger. Ein<br />
unabhängiger Vermögensverwalter wie Eichler &<br />
Mehlert steht immer an der Seite des Kunden und<br />
verfolgt letztendlich die gleichen Ziele. Auf beiden<br />
Seiten besteht der Wunsch nach einer langjährigen<br />
und vertrauensvollen Zusammenarbeit.<br />
Dies bedeutet für den Vermögensverwalter eine<br />
neutrale Beratung des Kunden, unabhängig von<br />
Instituts- und Provisionsinteressen. Wir sind eben<br />
nicht abhängig vom Verkauf von Produkten und<br />
entsprechenden Vertriebsprovisionen.<br />
Ein unabhängiger<br />
Vermögensverwalter<br />
steht immer an der<br />
Seite des Kunden und<br />
verfolgt letztendlich<br />
die gleichen Ziele.<br />
Gerade in der aktuellen Marktsituation kann es<br />
zum Beispiel eine bewusste Entscheidung sein,<br />
einen hohen Bestand an Liquidität vorzuhalten.<br />
Eine solche Entscheidung werden die Kunden<br />
vom Bankberater selten hören, denn die Institute<br />
verdienen neben den Transaktionen auch über Depotgebühren<br />
an den Kundenverbindungen. Dem<br />
steht ein hohes Kontoguthaben grundsätzlich im<br />
Weg.<br />
Hinzu kommt ein hohes Maß an Individualität.<br />
Denn keiner unserer Kunden passt letztendlich in<br />
eine der üblichen „Standardmodelle“, die oft angeboten<br />
werden. Wir versuchen, im Dialog mit<br />
unseren Kunden eine auf die individuellen<br />
Bedürfnisse des Kunden abgestimmte Anlagelösung<br />
zu entwickeln und passen diese bei Bedarf<br />
flexibel an.