Ami du Vin 2/22-D
Offizielles Organ der Schweizerischen Vereinigung der Weinfreunde ANAV
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Lenzburg - Seetal
Weine der Burgunderfamilie
Noirien oder Nairien?
Noirien, aber sicher nicht ‘non rien’, ist ein in Frankreich
verwendetes altes Synonym für Rebsorten der
Pinotgruppe, manchal auch Nairien, Noirin oder Noirun
genannt. Markus Utiger von der Tanninreich GmbH in
Baden hat verschiedene Weine aus der Burgunderfamilie
mitgebracht, präsentiert und lässt sie degustieren,
wozu sich die anwesenden Weinfreundinnen und Weinfreunde
nicht lange bitten liessen.
Zum Einstiegsreferat lässt Markus Utiger eine Cuvée Salomé
Sekt von Friedrich Becker aus der Pfalz einschenken. Dieser
Sekt ist aus Chardonnay-Trauben gekeltert und wird à la
méthode champenoise im Holzfass ausgebaut. Andere Vertreter
dieser Gruppe heissen Chardonnay/Noirien blanc, Pinot
Crepet/Noirien de la Grande Race, Pinot Meunier/Noirien Enfarine
und andere mehr. Im deutschsprachigen Raum werden
die Weine aus den verwandten Pinot-Rebsorten als Burgunder
bezeichnet. Sie haben alle ihren Ursprung in der französischen
Region Burgund und sind je nach Region unter den
Bezeichnungen Spätburgunder, Schwarzriesling, Frühburgunder,
Sankt Laurent oder Pinot Liébault bekannt.
Die weissen Burgunder-Schwestern kennt man unter Weissburgunder
(Pinot Blanc) und Grauburgunder (Pinot Gris). Es existieren
mehr als 1000 Klone und die Rebsorte ist seit 2000 Jahren
bekannt. Kreuzungen daraus kennt man unter den Namen:
Carminoir (Pinot Noir x Cabernet Sauvignon), Diolinoir (Rouge
de Diolly x Pinot Noir), Domina (Blauer Portugieser x Pinot Noir)
oder Pinotage (Pinot Noir x Cinsault). Viele Namen, aber wie
schmecken die Weine mit den klingenden Bezeichnungen?
Weiss aus verschiedenen Ländern
Den Auftakt machen Weissweine aus verschiedenen Ländern
und Anbaugebieten. Angefangen mit einem Morillon Ratschen
2014 vom Weingut Gros aus der Südsteiermark. Er ist aus 100
Prozent Chardonnay gekeltert und weist einen hohen Säureanteil
auf, was laut Utiger bei den Steirern sehr beliebt sei. Daneben
gibt es den Pinot Gris Venus 2020 vom Haus Weinstern aus
Wettingen und als dritten den Pinot Gris Rotenberg von Zind
Humbrecht aus dem Elsass.
Den Pinot Noir Steinbruch 2019 von Besserstein aus Villigen
beschreibt der Winzer als klassisch ausgebauten Blauburgunder,
geschmeidig und mit rotfruchtigen Aromen. Zum St. Laurent
2018 aus dem Burgenland sagt Winzer Paul Achs: Rotbeeriger
Sankt Laurent mit feiner Würze, schöner Tanninstruktur und sehr
sortentypisch im Geschmack. Er hatte eine selektive Handlese,
wurde im Edelstahltank vergoren, hatte zwanzig Tage Maischenkontakt
und wurde dreizehn Monate in gebrauchten Barriquefässern
ausgebaut. Im dritten Glas befindet sich ein Ihringer Spätburgunder
2007 von Dr. Heger aus dem deutschen Baden, der
dazu schreibt: Charmantes, einladendes Bukett nach saftigen
dunklen Pflaumen und Schlehen, mit Aromen von warmem Holz,
Schokolade und schwarzem Pfeffer.
Zum Vergleich lässt Markus Uttiger in der zweiten Serie Weine
aus Frankreich, der Bündner Herrschaft und aus Südafrika verkosten.
Den Auftakt macht ein Gevrey-Chambertin Le Millésime
aus der Domaine Humbert, der Gebrüder Siegenthaler. Dieser
Bourgogne kann es spielend mit grösseren und bekannteren
Gewächsen der Côte d’Or aufnehmen. Im zweiten Glas findet
sich ein ‚Herrschäftler‘, ein Malanser Pinot Noir 2020 von Sven
Fröhlich. Er beschreibt seinen Pinot Noir mit Herzblut: «Mein
Pinot soll elegant, feingliederig und tiefgründig und seine Struktur
von Harmonie geprägt sein. Wie bei einem grossen Orchester
soll man alles spüren, aber nichts darf hervorstechen. Säure,
Tannin und der Weichkomplex bilden eine Einheit, so dass ein
Wein mit Seele entsteht. Ich wünsche mir, dass er die Menschen
berührt.» Im dritten Glas ist ein weitgereister, nämlich der Pinot
Op Die Berg vom Haus de Grendel in Südafrika. Der Südafrikaner
gedeiht auf 960 Meter über Meer in Ceres, einer Gegend, die
bis anhin besser für ihre Äpfel und Birnen bekannt war.
Gleicher Wein, zwei Jahrgänge
Der Pinot Noir Kloster Sion Reserve 2013 vom Weingut zum Sternen
wird verglichen mit dem Jahrgang 2019. Der schwere Boden
aus Opalinuston und stark verwittertem Muschelkalksediment
ist sehr mineralisch; die Wurzeln der Reben von so berühmten
Lagen wie Chateau Petrus und Cheval blanc fussen in einem vergleichbaren
Boden. Diese mineral- und eisenhaltige Tonschicht
verleiht dem Kloster Sion seine üppige runde Fülle, die immer
über die Tannine dominiert und im Alter für die trüffelartigen und
an Dörrzwetschgen erinnernden Aromen verantwortlich ist.
Ratafia Champenois – Wein am Limit
Was wäre eine Degustation ohne Dessertwein – nicht ganz fertig.
Markus Utiger lässt einen Ratafia Champenois von Henri
Giraud einschenken. Diese seit Jahrhunderten praktizierte Spezialität
diente früher der Haltbarmachung von Traubenmost, der
wiederum mit Destillat geblendet wurde. Bei Henri Giraud werden
70 Prozent Pinot Noir und 30 Prozent Chardonnay aus 45
Jahre alten Reben aus der zweiten Pressung mit hochprozentigem
Destillat vermischt und dann in Holzfässern im Solera-Verfahren
gereift. Im Schnitt reift der Ratafia 23 Jahre darin.
Noirien ist eine Reise voller Entdeckungen durch und mit der Burgunderfamilie
durch verschiedene Weinbaugebiete unter kundiger
Führung von Markus Utiger. Dass es ein gelungener Abend
war, dessen sind sich alle Anwesenden einig. Judith Baumann
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