08.08.2022 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 30

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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22 Politik<br />

Wir müssen die Vorlage<br />

«AHV21» stoppen<br />

Der historische Kampf für einen Altersruhestand mit einer<br />

würdigen Rente für alle geht von der Gewerkschaftsbewegung<br />

aus. Er wurde schon immer gegen konservative Widerstände<br />

geführt. – Beim Landesstreik 1918 war die spätere AHV eine<br />

Hauptforderung, und seit ihrer Einführung 1947 braucht sie<br />

unseren Schutz. Das Abbaupaket «AHV21» greift nun unser<br />

einziges soziales Altersvorsorgesystem frontal an und muss<br />

gestoppt werden. Ein Gespräch mit Gabriela Medici, Rentenexpertin<br />

beim Gewerkschaftsbund, und Patrizia Mordini,<br />

Leiterin Gleichstellung in der GL bei <strong>syndicom</strong>, moderiert von<br />

Romi Hofer, Leiterin Kommunikation bei <strong>syndicom</strong>, über die<br />

Gefährlichkeit der Vorlage und wie den teils zynischen Argumenten<br />

begegnet werden kann.<br />

Text: Romi Hofer<br />

Bild: Katja Leudolph<br />

Warum braucht es die gebündelte<br />

Kraft der Gewerkschaften im<br />

Abstimmungskampf gegen die<br />

Rentenreform «AHV21»?<br />

Gabriela Medici: Diese Vorlage zielt<br />

in die komplett falsche Richtung,<br />

sie will eine Schwächung der AHV<br />

anstatt einer Stärkung. Die AHV ist<br />

eine hochsolidarische und nachhaltige<br />

Errungenschaft, die es mit allen<br />

Mitteln zu verteidigen gilt. Mit der<br />

Abstimmung am 25. September stehen<br />

wir an einem Scheideweg. Wird<br />

die Reform angenommen, ist die Erhöhung<br />

des Rentenalters für Frauen<br />

nur der Anfang, die Erhöhung des<br />

Rentenalters für alle auf 67 ist bereits<br />

vorprogrammiert. Wir haben<br />

einen schleichenden Prozess hin zu<br />

einer Privatisierung und Entsolidarisierung<br />

in der Altersvorsorge.<br />

Patrizia Mordini: Apropos Frauen:<br />

Sie erhalten bereits heute einen<br />

Drittel weniger Rente als Männer.<br />

Dabei können sie fast nur auf die<br />

AHV zählen. Diese Rentenlücke<br />

spiegelt die ungleiche Verteilung<br />

der Erwerbschancen. Frauen übernehmen<br />

häufig Arbeiten in anstrengenden,<br />

aber schlechter bezahlten<br />

Berufen. Auch sind es hauptsächlich<br />

Frauen, die sich um die Kinder<br />

und kranke Angehörige kümmern.<br />

Deshalb arbeiten sie öfter Teilzeit,<br />

was ebenfalls zu tieferen Einkommen<br />

führt. Mit einer Erhöhung des<br />

Frauenrentenalters soll noch zusätzlich<br />

auf ihrem Buckel gespart werden.<br />

Die Frauen müssten mit Rentenverlusten<br />

von 1200 Franken<br />

jährlich rechnen, sofern sie überhaupt<br />

bis 65 arbeiten können.<br />

Gabriela Medici: Absolut. Die<br />

Hauptlast tragen hier die Frauen, ja.<br />

Aber Ehepaare sind genauso betroffen.<br />

Heute haben sie eine plafonierte<br />

AHV­Rente, mit der «AHV21»­Reform<br />

werden auch sie eine Kürzung<br />

haben. Nicht zu vergessen, dass mit<br />

«AHV21» auch noch die Mehrwertsteuer<br />

erhöht werden soll. Zusammen<br />

mit dem kommenden Krankenkassenschock<br />

im Herbst und<br />

der Teuerung werden – insbesondere,<br />

wenn die Löhne nicht ausreichend<br />

nachziehen – die einkommensschwachen<br />

Personen und<br />

Familien stark unter Druck geraten.<br />

Was bedeutet dies konkret für<br />

unsere Mitglieder?<br />

Patrizia Mordini: Viele unserer Mitglieder<br />

haben eine körperlich anstrengende<br />

Arbeit, bei der es schon<br />

jetzt eine Herausforderung ist, bis<br />

zum Pensionsalter ohne gesundheitliche<br />

Beeinträchtigungen zu<br />

arbeiten. Eine Frühpensionierung<br />

kommt bei vielen aufgrund des Einkommens<br />

nicht in Frage. Ein erhöhtes<br />

Rentenalter wäre für sie fatal.<br />

Gabriela Medici: Dazu ist die Arbeitslosenquote<br />

nirgends so hoch<br />

wie bei den 60+. Mit anderen Worten,<br />

wenn Frühpensionierung<br />

mit tieferer Rente nicht in Frage<br />

kommt: ein Jobwechsel ist für diese<br />

Personen meistens auch keine Option.<br />

Die zweite Säule kann diese<br />

Lücke übrigens nicht schliessen,<br />

und die dritte Säule darf man gar<br />

nicht erst erwähnen. Nur ca. 10 %<br />

der Bevölkerung können hier überhaupt<br />

den Maximalbetrag einzahlen.<br />

Patrizia Mordini: Der drohende<br />

AHV­Abbau betrifft auch viele unserer<br />

freischaffenden Mitglieder. Auch<br />

für sie funktioniert die zweite Säule<br />

in der Regel nicht und eine stabile<br />

AHV ist gerade für sie essenziell.

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