Leo September | Okotber 2022
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Gesundheit<br />
SCHLAU ZU HIV<br />
ANSPRUCH AN DIE ART:<br />
Für mich nur das Beste!<br />
Seit mehr als 50 Jahren wirbt<br />
ein französischer Kosmetikhersteller<br />
mit dem Slogan „Weil ich<br />
es mir wert bin!“ Es geht also<br />
um den selbstverständlichen Anspruch,<br />
sich etwas Besonderes zu gönnen,<br />
wenn nicht sogar darum, das Beste zu<br />
verlangen. Bei der Entscheidung für ein<br />
antiretrovirales Therapieregime (ART)<br />
geht es weniger ums Gönnen oder gar<br />
um das Gefühl von Luxus: Es muss auf<br />
Basis der in Studien nachgewiesenen<br />
Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit<br />
das Regime gefunden werden, das auf<br />
lange Sicht gut zu laufen verspricht.<br />
Bei einer mit heutigem Stand jahrzehntelang<br />
einzunehmenden Therapie ist<br />
aber in jedem Fall jeder Mensch mit HIV<br />
immer wert, das aktuell beste Regime zu<br />
verlangen und zu bekommen.<br />
Aber gibt es bei der Vielzahl möglicher<br />
Regime überhaupt „das eine beste<br />
Regime“? Was sind die Parameter, die bei<br />
der Bewertung und Auswahl zählen? Wie<br />
individuell muss die Therapie heute sein?<br />
Darüber haben wir mit Prof. Dr. Georg<br />
Behrens von der Medizinischen Hochschule<br />
Hannover gesprochen mit XYZ.<br />
Auf den ersten Blick scheint die<br />
Anzahl der zur Verfügung stehenden<br />
Wirkstoffe in der HIV-Therapie<br />
unüberschaubar. Brauchen wir die<br />
alle noch? Gibt es nicht einfach<br />
inzwischen das eine, das beste<br />
Medikament gegen HIV?<br />
Es ist ein bisschen ein Mittelweg: Es gibt<br />
wahnsinnig viele Medikamente mit einzelnen<br />
Wirkstoffen und auch mit mehreren<br />
davon zusammen in einer Tablette.<br />
Wir brauchen auch nicht mehr alle diese<br />
Medikamente. Eine Reihe von Regimen<br />
der letzten Jahre sind besser und haben<br />
ältere, die wir früher eingesetzt haben,<br />
abgelöst. Wir können aber nicht sagen,<br />
dass wir nur noch ein oder zwei oder<br />
sogar das fertige Regime haben, das die<br />
Lösung für alle ist. Menschen sind unterschiedlich,<br />
Situationen verändern sich<br />
und wir müssen hier und da Therapien<br />
anpassen. Mit anderen Worten: Von den<br />
30, 40 Substanzen, die es gibt, brauchen<br />
wir 10, 15 unbedingt und ganz selten<br />
auch noch mal ein paar andere.<br />
Was können die modernen HIV-<br />
Therapien besser? Und gibt es auch<br />
neue Wirkstoffe oder Medikamente,<br />
die dann doch nicht besser sind?<br />
Es hat in den letzten fünf bis sieben Jahren<br />
einige Verbesserungen gegeben. Bei<br />
den Substanzen und Medikamenten der<br />
zweiten Generation. Bei den Integrase-<br />
Inhibitoren, die etwas später kamen<br />
als Substanzklasse, waren die ersten<br />
Medikamente nicht ganz perfekt. Die<br />
nächste Generation ist wirklich noch mal<br />
ein Level höher. Die Proteaseinhibitoren,<br />
die wir vor 20 Jahren als erstes in der<br />
Therapie eingesetzt haben, die waren<br />
sowas wie Panzerknacker. Das war zwar<br />
damals super, hat aber auch, um im Bild<br />
zu bleiben, viel geknallt. Da hat es auch<br />
deutliche Verbesserungen gegeben. Und<br />
dann gibt es noch die Substanzklasse<br />
der NRTI, die einen ganz anderen Bereich<br />
des HI-Virus angreifen. Die sind jetzt<br />
viel stärker wirksam und auch besser<br />
verträglich.<br />
FOTO: OLIVER-RAGFELT / UNSPLASH.COM / CO0