KÜCHENPLANER Ausgabe 9/2022
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Foto: Ambrozus Design<br />
Studio Ambrozus<br />
Inhaber und Industriedesigner<br />
Stefan Ambrozus (Foto) arbeitet in<br />
seinem Designstudio im Belgischen<br />
Viertel in Köln mit fünf weiteren<br />
Designerinnen und Designern zusammen.<br />
Hinzu kommen externe<br />
Fachleute im Sinn einer verlängerten<br />
Werkbank, wenn es um Spezialdisziplinen<br />
geht wie beispielsweise<br />
Digitalthemen oder 3-D.<br />
unten gezogenen Fronten, die kaum noch den Sockel<br />
sichtbar lassen. Manche Umsetzung wirkt wie ein<br />
Side board aus dem Wohnbereich. Damit werden die<br />
Hersteller immer flexibler bei der übergangslosen Gestaltung<br />
von Lebensräumen.<br />
Und bezogen auf die Technik und das Kochen?<br />
Aus unserer Sicht stellen sich Fragen, wie sich das<br />
Gebrauchsverhalten in der Küche ändert: Kochen die<br />
Menschen noch? Oder wird nur noch erwärmt? Wie<br />
weit müssen wir Kochprozesse begleiten? Mit den vielen<br />
digitalen Geräten, die uns umgeben, stehen uns<br />
viele Möglichkeiten zur Verfügung.<br />
Vor allem ist die Informationsbereitstellung viel einfacher<br />
geworden. Wenn ich als Nutzer den archaischen<br />
Vorgang des Koches als beglückend empfinde und mich<br />
auf das sinnliche Erleben konzentrieren möchte, kann<br />
ich mich dem vollständig widmen und mich beim Kochen<br />
von der Technik anleiten lassen. So kann ich fast<br />
nichts mehr falsch machen. Die Technologie reduziert<br />
Zugangshemmnisse maximal. Ich schaue in den Kühlschrank<br />
und lasse mir anzeigen, was ich mit den vorhandenen<br />
Lebensmitteln zubereiten kann. Das ist für<br />
die Gerätebranche ganz, ganz spannend. Was müssen<br />
wir da eigentlich bereitstellen? Und welche Kundenbedürfnisse<br />
müssen erfüllt werden? Um Fragen wie<br />
diese geht es, wenn es um die Entwicklung von Kochfeldern<br />
geht. Das bewegte auch schon die Entwicklung<br />
des Muldenlüfters „Downline Infinity“, für den berbel<br />
beim ‚red dot <strong>2022</strong>‘ den ‚best of the best‘-Award erhalten<br />
hat. Dabei handelt es sich eigentlich um eine Hybridbedienung.<br />
Die Touch-Steuerung auf der Kochfläche<br />
erlaubt es, in die Tiefe der Bedienung zu gehen<br />
– und wenn ich das als Nutzer nicht will, steuere ich<br />
das Gerät über massive Knebel an der Möbelfront. Ein<br />
komplexes und benutzerfreundliches Zusammenspiel.<br />
Geht es bei der Geräteentwicklung nicht auch darum,<br />
unterschiedliche Bedürfnislagen ein und desselben<br />
Kunden an ein und demselben Gerät abzubilden?<br />
Also unter der Woche Convenience und am<br />
Wochenende die Kochsession im großen Kreis von<br />
Familie und Freunde?<br />
Die Digitalisierung gewährt uns diese Möglichkeiten.<br />
Damit lassen sich Zugangshemmnisse reduzieren,<br />
Ängste abbauen und Anleitungen realisieren. Das ist<br />
der Themenkomplex, auf den wir uns gegenwärtig fokussieren.<br />
Die Gerätefunktionen werden damit wohl weiterhin<br />
immer reduzierter und versteckter.<br />
Wir beschäftigen uns intensiv mit integrierten und integrativen<br />
Lösungen. Damit das Gerät immer weniger<br />
sichtbar ist. Der Muldenlüfter ist ein klassisches Beispiel<br />
dafür. Zu sehen ist nur die Kochfläche. Der Markt<br />
gibt da die Richtung vor. Die Stückzahlen schießen in<br />
die Höhe. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage,<br />
dass wir massiv an integrierten Lösungen arbeiten.<br />
Wie zum Beispiel Dunstabzugstechnik, die komplett<br />
verschwindet und dabei wirklich unsichtbar ist. Dafür<br />
brauche ich natürlich die passende Steuerungstechnik.<br />
Integriert und unsichtbar ist der Trend . . . wie sieht<br />
es mit dem Gegentrend aus, der Inszenierung des<br />
Herdes als Kochstelle?<br />
Die integrierte Technik ist derzeit die klare Blickrichtung.<br />
Dennoch gibt es auch Kunden, die exakt das Gegenteil<br />
wollen, die die Kochstelle inszenieren möchten.<br />
Dafür bietet sich zum Beispiel eine höhenverstellbare<br />
Lift-Haube an.<br />
Mit Muldenlüfter sind wir noch nicht am Ende der<br />
Entwicklung angekommen. Gleichzeitig denken wir<br />
auch in andere Richtungen. Es gibt schließlich viele<br />
verschiedene Kunden, Bedürfnisse und Geschmäcker.<br />
Zählt auch die Integration der Kochfunktion in die<br />
Arbeitsfläche dazu?<br />
Das Kochfeld ist eine Feuerstelle, die anspruchsvolle<br />
sicherheitstechnische Aspekte erfüllen muss. Dass<br />
diese Funktionen integrativer Bestandteil der Arbeitsplatte<br />
sind, ist mit erheblichen logistischen<br />
Herausforderungen verbunden.<br />
Nur zur Vollständigkeit: Für die Möbeltechnik gilt<br />
der Ansatz von Reduzieren und Verstecken gleichermaßen?<br />
Bei Auszügen, Klappen und Beschlägen ist das Integrative<br />
und Reduzierte nach wie vor das zentrale Thema.<br />
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Ambrozus<br />
Dirk Biermann<br />
9/<strong>2022</strong> <strong>KÜCHENPLANER</strong> 21