LE-4-2022
LOGISTIK express Journal 4/2022
LOGISTIK express Journal 4/2022
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AUSGABE 4/<strong>2022</strong><br />
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LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong>|S2<br />
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INHALT / EDITORIAL / IMPRESSUM<br />
INHALTE<br />
<strong>LE</strong> 4/<strong>2022</strong><br />
03 Inhalt / Editorial / Impressum<br />
04 Einmal hin, einmal her, rundherum das ist nicht schwer<br />
08 Aktuelle Herausforderungen - vier Krisen belasten die Wirtschaft<br />
10 Was tun, wenn nichts mehr geht? Blackout-Vorsorge-Ratgeber<br />
14 Inflation und Kaufkraftverlust lassen Handelsumsätze einbrechen<br />
16 Onlinehändler-Studie: Steigende Kosten und Lieferschwierigkeiten<br />
18 Wie der Computer zum intelligenten Wesen wird<br />
22 Mehr Effizienz in der Logistik dank Künstlicher Intelligenz<br />
26 Wie wird Künstliche Intelligenz das Geschäftsleben beeinflussen?<br />
30 EU Harmonisierung digitaler Warensendungsdokumente<br />
32 Ökologisierung und CO² Neutralität in der Paketzustellung<br />
36 Vom Kataloggeschäft zum Platzhirsch im E-Commerce<br />
40 ECOMLOG22 - Es braut sich ein Sturm zusammen<br />
46 AWS unterstützt Deutschland bei seinem digitalen Wandel<br />
50 Hadolt-Gruppe managt digitale Logistik im LKH-Univ.-Klinikum Graz<br />
52 Herausforderungen und Hindernisse in der Industrielogistik<br />
56 Strategie und Planung als Basis erfolgreicher Logistik<br />
60 Onlinehändler ASOS setzt auf volle Datentransparenz mit KiSoft<br />
62 Am Puls der Zeit mit dematic<br />
66 Langfristige Investitionssicherheit mit AutoStore von Element Logic<br />
70 China Lieferketten -Dürre im Land der Mitte<br />
74 Hafen Wien feiert runden 60er<br />
76 Yabba Dabba Doo! Wir bei den Flintstones<br />
80 ÖBB und Hafen Triest bringen Impulse für Standort Kärnten<br />
84 Ein Land im Niedergang: Deindustrialisierung schreitet voran<br />
90 Krisen sind wichtig! Krisen sind Chancen!<br />
94 Nur 20 Prozent der Jobanzeigen werben mit mehr Geld<br />
96 Menschen in Bewegung<br />
98 Vielen Dank für Ihr Interesse an unseren Leistungen & Services<br />
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Wenn ich mir die Nachrichten mit so<br />
manch laienhaften Politkommentaren<br />
von Schönwetter-Politikern reinziehe,<br />
wundere ich mich, dass es bislang<br />
keinen Ersatz für diese Fehlbesetzungen<br />
gibt... Wünschenswert wäre es,<br />
wenn diverse Traumtänzer von fachlich<br />
kompetenten Realpolitikern über die<br />
Nacht abgeklatscht werden würden.<br />
Denn wir leben jetzt in geopolitisch<br />
unsicheren Zeiten, wo nicht nur Lieferketten<br />
straucheln und Waren zur Neige<br />
gehen. Bisherige Preiskalkulationen sind<br />
kaum haltbar und Energie-, Transport-,<br />
Miet- und Lebenskosten gehen allmählich<br />
durch die Decke. Hinzu kommt<br />
eine steigende Inflation und Zinsanhebung<br />
sowie baldige neue COVID-<br />
Auflagen, was das Wirtschaftswachstum<br />
nicht beflügeln, sondern bremsen dürfte<br />
und uns direkt in eine Rezession führen<br />
könnte. Mal schauen, wie’s weiter geht<br />
mit unseren reichhaltig zur Verfügung<br />
stehenden Energiequellen (Ironie off).<br />
Wichtig wäre jetzt, dass unsere produzierende<br />
Industrie sowie das Gewerbe und<br />
der Handel nicht unter die Räder kommen<br />
und sie sich weiterhin auf die systemrelevante<br />
Logistik verlassen können.<br />
In diesem Sinne verspüre ich Zuversicht<br />
bei den Leadern der Logistikunternehmen,<br />
wahrscheinlich weil die Logistikbranche<br />
viele großartige, flexible und<br />
krisenerfahrene Manager in ihren Reihen<br />
hat. Diesbezüglich laden wir Sie ein, mit<br />
uns das kommende Jahr zu planen. Doch<br />
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LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S4<br />
KOMMENTAR<br />
Einmal hin,<br />
einmal her,<br />
rundherum das ist<br />
nicht schwer<br />
Aktuelle Wahlergebnisse zeigen Bewegung<br />
in der Parteienlandschaft im In- und Ausland.<br />
Eine deutliche Absage an die regierende<br />
Elite und ihre Unfähigkeit, aktuelle<br />
Probleme zu lösen. Wie reagiert die EU?<br />
Mit einer interessanten Interpretation des<br />
Demokratieverständnisses. Der Krieg tobt<br />
munter weiter, die Inflation galoppiert und<br />
das Klima geht den Bach runter. Und nun?<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
Demokratie ist ein politisches Prinzip,<br />
nach dem das Volk durch freie<br />
Wahlen an der Machtausübung<br />
im Staat teilhat. Freie Meinungsäußerung<br />
ist dabei eines der Grundrechte.<br />
Ist es also ihr gutes Recht, wenn die Präsidentin<br />
der Europäischen Kommission, Ursula van<br />
der Leyen, im Hinblick auf die Wahl in Italien<br />
sagt: „Wenn sich die Dinge in eine schwierige<br />
Richtung entwickeln, haben wir Instrumente<br />
wie im Fall von Polen und Ungarn“?<br />
Mit schwierig meinte sie einen Rechtsruck<br />
in unserem südlichen Nachbarland, ähnlich<br />
wie es ihn im Jahr 2000 in Österreich gab. Damals<br />
ging die ÖVP eine Koalition mit der FPÖ<br />
ein und sorgte damit für Wirbel. Die vierzehn<br />
Regierungen der damaligen EU-Mitglieder<br />
beschlossen, die bilateralen Beziehungen zur<br />
österreichischen Bundesregierung auf Regierungs-<br />
und diplomatischer Ebene auf das<br />
notwendigste Mindestmaß zu reduzieren.<br />
Mit anderen Worten: wer „rechts“ wählt, wird<br />
zum Aussätzigen. Bei konsequenter Umsetzung<br />
müsste das nun auch in Italien passieren,<br />
wo soeben das Rechtsaußen-Bündnis die absolute<br />
Mehrheit sowohl in der Abgeordnetenkammer<br />
als auch im Senat erlangte – also viel<br />
mehr Zuspruch, als damals in Österreich.<br />
Was die Aussage van der Leyens so bedenklich<br />
macht, ist die mit dieser Drohung implizierte Ignoranz<br />
gegenüber dem Wählerwillen gepaart<br />
mit der politischen Macht, die sie innehat. Monetäre<br />
Sanktionen schmerzen immer besonders,<br />
nicht nur in Corona-Zeiten. Aktuell plant<br />
die EU-Kommission die EU-Gelder aus dem<br />
Kohäsionsfonds für Ungarn wegen Korruption<br />
und anderer Verstöße gegen den Rechtsstaat
zu kürzen, indem der „Rechtsstaatsmechanismus“<br />
ausgelöst wird. Bei diesem 2014 geschaffenen<br />
Instrument zur Wahrung der in der Europäischen<br />
Union geltenden Werte ist seit 2021<br />
auch eine finanzielle Ahndung von Verstößen<br />
vorgesehen. Als Strafe für den Umbau des Justizsystems<br />
und die Schaffung einer Richteraufsichtsbehörde<br />
droht Polen die Verhängung<br />
von Zwangsgeldern, bereits im Jänner wurde<br />
eine Zahlungsaufforderung über 69 Millionen<br />
Euro nach Warschau übermittelt. Also Maßnahmen<br />
gegen demokratiekritisches Vorgehen<br />
laut Definition der EU… (einmal hin…)<br />
Der Haken an der Sache: sowohl Ungarn als<br />
auch Polen sind Nachbarländer der Ukraine<br />
und haben seit Kriegsbeginn fast zwei Millionen<br />
Kriegsflüchtlinge – davon überwiegend<br />
Frauen und Kinder – aufgenommen. Die Umverteilung<br />
von Flüchtlingen ist ein Thema, das<br />
EU-Weit noch nie Einigung erzielen konnte.<br />
Diese geplanten Strafen würden zu einer<br />
künstlichen Verschärfung der bereits prekären<br />
humanitären Lage beitragen, denn willkommen<br />
sind die Ukrainer in Ungarn nicht – aber<br />
kann und will die EU-Kommission sich das wirklich<br />
leisten? (einmal her…)<br />
Zum Teufel mit dem Merit-Order-System!<br />
Am 1. Oktober 2001 vollzog Österreich die<br />
von der EU beschlossene, völlige Strommarktliberalisierung<br />
und öffnete damit die Tür für<br />
das Merit-Order-System. Bei diesem System<br />
bestimmen die Grenzkosten der Stromerzeugung<br />
des jeweils zuletzt zur Deckung der<br />
Nachfrage eingesetzten (=teuersten) Kraftwerks<br />
den Energiepreis an der European<br />
Energy Exchange (EEX, Energiebörse) in Leipzig<br />
bzw. der Energy Exchange Austria (EXAA)<br />
für den jeweils nächsten Tag (Day Ahead-<br />
Markt). Die EEX-Börse ordnet die Angebote<br />
der Kraftwerksbetreiber in einem Pay-as-Clear-Modell<br />
in aufsteigender sowie die Nachfrage<br />
in absteigender Reihenfolge (Merit-Order-Kurve)<br />
an. Erneuerbare Energien sind<br />
billig, aber reichen nicht aus, um den Bedarf<br />
zu decken – und im nahenden Winter wird<br />
es angesichts der Gasverknappung im Zuge<br />
des Krieges noch schlimmer werden. Durch<br />
das „uniform pricing“ erhalten alle Energieanbieter,<br />
die zum Zuge kommen, den gleichen<br />
Preis (Markträumungspreis) für die Einspeisung<br />
bezahlt – unabhängig davon, wie hoch ihre<br />
Erzeugungskosten sind.<br />
Vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine<br />
führte dieses System dazu, dass die Strompreise<br />
niedrig gehalten wurden – jeder Anbieter<br />
wollte zum Zug kommen, musste also<br />
günstige Preise halten. Dummerweise kann<br />
der momentane Strombedarf nicht ohne den<br />
Einsatz von Gas gedeckt werden – und das<br />
ist aus bekannten Gründen Mangelware und<br />
somit unverschämt teuer. Als Resultat daraus<br />
verdienen sich manche Anbieter gerade eine<br />
goldene Nase, während sich ein immer größerer<br />
Teil der Bevölkerung das Heizen nicht mehr<br />
leisten kann. Parallel zum Strompreis steigt auch<br />
die Inflationsrate, und das ist für alle schlecht. Daher<br />
wird der Ruf nach einer Gaspreisdeckelung,
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S6<br />
wie Spanien und Portugal sie bereits umgesetzt<br />
haben, immer lauter. Allerdings kann man die<br />
Iberische Halbinsel, die relativ abgeschottet<br />
liegt, nur schlecht mit Österreich vergleichen.<br />
Bei einer solchen Deckelung würde nämlich<br />
dank der starken Vernetzung zumindest ein<br />
Teil des so subventionierten Stroms sofort ins<br />
Ausland abfließen – dabei zählt Österreich zu<br />
den Nettoimporteuren, wir brauchen unseren<br />
Strom wirklich selbst.<br />
Weiterer Nachteil: der Gasverbrauch steigt,<br />
denn das Gas ist ja durch die Deckelung billig<br />
geworden. Ein Mehr an verbrannten fossilen<br />
Brennstoffen ist wirklich nichts Erstrebenswertes!<br />
Zudem sind Ökonomen der Meinung,<br />
dass ein Eingriff ins Marktgeschehen langfristig<br />
Nachteile brächte – es sei besser, stark Betroffene<br />
direkt zu unterstützen und auf einen Preisdeckel<br />
zu verzichten (hat eigentlich jemand<br />
überprüft, auf wessen Gehaltsliste diese Experten<br />
stehen?) Die österreichische Regierung<br />
jedenfalls reagiert wie immer österreichisch<br />
– mit Abwarten, ob die EU Maßnahmen setzt.<br />
Vollversammlung, aber wozu?<br />
Aktuell findet in New York die 77. UNO-Vollversammlung<br />
statt. 150 Regierungsschefs aus der<br />
ganzen Welt sind angereist (bestimmt haben<br />
alle ihre dabei entstandenen CO2-Emissionen<br />
kompensiert und Bäume gepflanzt), um nun<br />
tagelang über die Folgen der COVID-19-Pandemie,<br />
des russischen Angriffskriegs auf die<br />
Ukraine, der Klimakrise sowie die wachsende<br />
Besorgnis über den Zustand der Weltwirtschaft<br />
zu diskutieren. Natürlich spielt auch die Nahrungskrise<br />
eine Rolle – Stichwort Getreide aus<br />
der Ukraine. Übrigens ist Russland ein ständiges<br />
Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen<br />
– und damit theoretisch auf besondere<br />
Weise der Charta der Vereinten Nationen und<br />
dem Frieden in der Welt verpflichtet.<br />
Im Endeffekt zeigt sich, dass außer viel Gerede<br />
nichts Brauchbares aus den Versammlungen<br />
hervorgeht. Jeder ist sich selbst der nächste,<br />
Maßnahmen zum Klimawandel sind zahnlos<br />
oder nicht vorhanden. Es gibt viele Versprechen<br />
und Zusagen, die kaum das Papier wert<br />
sind, auf das sie geschrieben wurden. Und bei<br />
der nächsten Versammlung werden die gleichen<br />
Themen wieder besprochen (rundherum<br />
das ist nicht schwer). Himmel, hilf! (AG)<br />
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LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S8<br />
INDUSTRIE LOGISTIK<br />
Aktuelle<br />
Herausforderungen -<br />
vier Krisen belasten<br />
die Wirtschaft<br />
Die mehrfachen Herausforderungen und<br />
Krisen – vier an der Zahl – belasten die<br />
Unternehmer der Wirtschaftsregion Ulm/<br />
Neu-Ulm. Die Stimmung unter den Mitgliedern<br />
des Clubs der Industrie (CI) sei angespannt.<br />
Dazu trage die mangelnde Planungssicherung<br />
bei der Kalkulation der<br />
Energiekosten für 2023 bei. So fasst CI-Vorstandsvorsitzender<br />
Gerd Stiefel die aktuelle<br />
Situation auf der Mitgliederversammlung<br />
am 21.09.<strong>2022</strong> zusammen. BEITRAG: REDAKTION<br />
Das Jahr <strong>2022</strong> lässt sich von der<br />
wirtschaftlichen Entwicklung her<br />
in zwei Hälften teilen. Zunächst<br />
herrschte große Erleichterung<br />
darüber, dass sich nach zwei Jahren<br />
Corona wieder etwas Normalität und Alltag<br />
in das Geschäftsleben einstellte. Der Nachholbedarf<br />
am Netzwerken spiegelte sich<br />
auch darin wieder, dass die nun wieder<br />
möglichen CI-Präsenzveranstaltungen durchgängig<br />
gut besucht waren, resümiert Stiefel.<br />
Nicht jede Herausforderung ist eine Krise<br />
Doch spätestens seit der zweiten Jahreshälfte<br />
<strong>2022</strong> stellt sich bei den CI-Mitgliedern eine Ernüchterung<br />
ein. Bereits geschwächt durch<br />
die Coronapandemie sehen sich die Unternehmer<br />
nun mit vier Herausforderungen<br />
und Krisen gleichzeitig konfrontiert. Hierzu zählt<br />
Stiefel die anhaltende Coronapandemie, die<br />
Energiepreiskrise, den Ukraine-Krieg sowie die<br />
steigende Inflation. Auch wenn nicht allen<br />
dieser Ereignisse die gleiche Bedrohung innewohnt,<br />
sei die Ballung der negativen Einflüsse<br />
wirtschaftlich nur schwer verkraftbar, sagt Stiefel.<br />
Ihm ist aber auch eine differenzierte Betrachtung<br />
wichtig. So bewertet er den Ukraine-Krieg<br />
sowie die Energiesituation als Krisen, Corona<br />
und die Inflation als Herausforderungen.<br />
Hinsichtlich der Pandemie bekommt er aus<br />
dem Mitgliederkreis die Rückmeldung, dass<br />
diese zuversichtlich und gut vorbereitet sind,<br />
um einer neuen Welle in diesem Winter mit<br />
den etablierten Maßnahmen zu begegnen.<br />
Hinsichtlich des Ukrainekriegs bleibe die Sorge,<br />
einen Ausweg aus der katastrophalen Situation<br />
zu finden, gerade weil auch Partnerschaften,<br />
personelle Verbindungen und Kunden-
eziehungen in das angegriffene Land<br />
bestünden. Etwas abgemildert hätten sich<br />
die Auswirkungen auf Lieferketten, da mittlerweile<br />
zum Teil Resilienzen geschaffen werden<br />
konnten.<br />
Es braucht Energiepreis-Klarheit<br />
Neu und mit aller Wucht wurden die Unternehmer<br />
von der Energiepreiskrise erfasst.<br />
„Eine Vervier- bis Verachtfachung der<br />
Preise, das ist kaum zu verkraften“, bringt<br />
es Stiefel auf den Punkt. Eine aktuelle Umfrage<br />
der IHK Schwaben mit 131 Teilnehmern<br />
ergibt, dass 25 Prozent der befragten Unternehmen<br />
von Produktionseinschränkungen<br />
oder -ausfällen ausgehen und dabei<br />
auch ihr Geschäftsmodell existenzbedroht<br />
sehen, sofern sie angesichts der Kostenexplosion<br />
nicht auf alternative Lieferanten bei der<br />
Energieversorgung zurückgreifen können.<br />
GERD STIEFEL<br />
Angesichts dieser angespannten Lage<br />
fordern die CI-Mitglieder eine klare Entscheidung<br />
seitens der Politik, wie das Modell für<br />
staatliche Förderungen im Bereich der Energiekosten<br />
aussieht. „Wir brauchen diesen<br />
Input spätestens bis Mitte Oktober, damit wir<br />
auf dieser Basis unsere Wirtschaftspläne für<br />
das Jahr 2023 erstellen können“, sagt Stiefel<br />
stellvertretend für die Mitglieder. Aktuell<br />
gebe es keine Planungssicherheit. Die öffentlichen<br />
Versorger hätten viele Verträge mit<br />
der Wirtschaft gekündigt. Das bedeutet nach<br />
dem Status quo, Unternehmen rutschen ab<br />
2023 in die Grundversorgung auf einen zu<br />
den bisherigen Verhältnissen hohen Preis.<br />
Kosten vorausschauend budgetieren und Geschäftsmodelle<br />
anpassen<br />
Für 2023 rechnen die CI-Unternehmer<br />
nach zweieinhalb Jahren Krisenmodus mit<br />
deutlichen Auswirkungen auf die regionale<br />
Wirtschaft. Gerade im Bereich der energieintensiven<br />
Industrien ist bei den KMU<br />
mit Insolvenzen und Übernahmen zu rechnen.<br />
Es sei überlebenswichtig, die langfristig<br />
deutlich höheren Kosten im Bereich Personal<br />
und Energie korrekt zu budgetieren und<br />
die Geschäftsmodelle gegebenenfalls en-<br />
tsprechend anzupassen, so der Rat der CI-<br />
Unternehmer. Aus dem Mitgliederkreis lautet<br />
der Tenor, dass sich die dort repräsentierten<br />
Unternehmen vorausschauend und agil auf<br />
die aktuelle Situation einstellen und sich dementsprechend<br />
gut vorbereitet für 2023 sehen.<br />
Staffelübergabe in der Geschäftsführung<br />
Auch eine wichtige Personalie beschäftigt<br />
die CI-Hauptversammlung in diesem Jahr.<br />
Nach 32 Jahren kontinuierlichem Einsatz für<br />
den Wirtschaftsraum Ulm/Neu-Ulm wird der<br />
CI-Geschäftsführer Michael Mühlbacher in<br />
den Ruhestand verabschiedet. Stiefel würdigt<br />
sein besonderes Engagement: „Michael Mühlbacher<br />
hat das Amt des CI-Geschäftsführers<br />
bereits in jungen Jahren praktisch von einem<br />
Tag auf den anderen übernommen. Seitdem<br />
hat er eine beeindruckende Netzwerkstruktur<br />
aufgebaut und den Interessensaustausch zwischen<br />
unseren leistungsstarken Unternehmen<br />
und den öffentlich-rechtlichen sowie politischen<br />
Institutionen und Organisationen entscheidend<br />
mit vorangebracht.“ Nachfolger von<br />
Mühlbacher wird Christian Harder, Partner in<br />
der Anwaltskanzlei Mühlbacher und Partner<br />
(RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S10<br />
HANDEL LOGISTIK<br />
Was tun, wenn nichts<br />
mehr geht? Blackout-<br />
Vorsorge-Ratgeber für<br />
den Handel<br />
Experten erwarten binnen 5 Jahren ein<br />
Blackout. Der volkswirtschaftliche Schaden<br />
läge bei mindestens 1,2 Milliarden Euro pro<br />
Tag. Vorbereitung zählt. Der neue HV-Leitfaden<br />
soll Händler bei der Vorbereitung auf<br />
mögliche Energiekrisen unterstützen.<br />
BEITRAG: GERALD KÜHBERGER<br />
Im vergangenen Jahr erinnerten uns zwei<br />
Großstörungen im europäischen Stromversorgungssystem<br />
daran, dass es trotz aller<br />
Sorgfalt keine hundertprozentige Sicherheit<br />
gibt. Seither beschäftigen sich Politik, Medien<br />
und Wirtschaft intensiver mit den Folgen eines<br />
plötzlichen, überregionalen, länger andauernden<br />
Strom-, Infrastruktur- und Versorgungsausfalls<br />
– einem sogenannten Blackout. Zurecht,<br />
denn die Folgen eines Blackouts wären für<br />
die Gesellschaft, Wirtschaft und den Handel<br />
katastrophal. Um die Branche bestmöglich<br />
auf den Ernstfall vorzubereiten, hat der Handelsverband<br />
gemeinsam mit der Österreichischen<br />
Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV)<br />
einen umfassenden Blackout-Ratgeber für<br />
den Handel herausgegeben.<br />
Wahrscheinlichkeit für ein Blackout laut Bundesheer<br />
bei fast 100 Prozent<br />
Eine stabile Stromversorgung ist nicht selbstverständlich.<br />
"Österreich zeichnet sich zwar durch<br />
eine überdurchschnittlich hohe Versorgungssicherheit<br />
aus, aber verschiedenste Einflüsse<br />
wie der Ukraine-Krieg, die Gas- und Energiekrise<br />
sowie das Wachstum im Cybercrime-<br />
Bereich lassen auch die Blackout-Gefahr rasant<br />
ansteigen. Würde der Strom hierzulande für 24<br />
Stunden ausfallen, läge der volkswirtschaftliche<br />
Schaden laut Berechnungen der JKU Linz<br />
bei mindestens 1,2 Milliarden Euro", bestätigt<br />
Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.<br />
Laut Bundesheer liegt die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass es in den nächsten fünf Jahren zu<br />
einem größeren, überregionalen Stromausfall<br />
in Österreich kommen wird, bei fast 100 Prozent.<br />
"Es braucht Präventionsmaßnahmen<br />
und länderübergreifende Strategien, um die
Versorgungssicherheit auch in Zukunft gewährleisten<br />
zu können. Daher steht der Handelsverband<br />
im engen, laufenden Austausch mit<br />
dem Innenministerium, dem Verteidigungsministerium<br />
und dem Bundeskriminalamt", so Will.<br />
"Es ist essenziell, dass wir uns als Gesellschaft<br />
gezielt auf ein solches Szenario vorbereiten. Mit<br />
dem Blackout-Vorsorge-Ratgeber möchten<br />
wir die heimischen Händler mit Hintergrundinformation,<br />
Präventionsmaßnahmen, praxisnahen<br />
Tipps und Checklisten unterstützen. Denn<br />
eines ist klar: Je besser der österreichische<br />
Handel auf ein Blackout vorbereitet ist, desto<br />
besser werden wir die kaum fassbaren Folgen<br />
einer möglichen schweren Versorgungskrise<br />
bewältigen können", ergänzt Handelsverband-Präsident<br />
Stephan Mayer-Heinisch.<br />
Wenn der Staat nicht mehr kann, schlägt die<br />
Stunde der Zivilgesellschaft<br />
Ein Blackout würde nicht nur zu einem großflächigen<br />
Stromausfall führen, sondern fast<br />
alle Infrastruktur- und Versorgungsleistungen<br />
betreffen, es würde schlagartig nichts mehr<br />
funktionieren. Daher ist ein solches Ereignis<br />
auch nicht mit Stromausfällen, wie wir sie<br />
auch in Österreich nach heftigen Unwettern<br />
kennen, vergleichbar. Während nach lokalen<br />
oder regionalen Stromausfällen ziemlich rasch<br />
wieder alles wie gewohnt funktioniert, würde<br />
die Wiederherstellung der gewohnten Versorgung<br />
nach einem überregionalen Ereignis<br />
oder auch in Folge einer Gas- und Strommangellage<br />
wesentlich länger dauern, was häufig<br />
unterschätzt wird.<br />
Mehr als vielen Menschen bewusst ist, hängt<br />
unser Alltag völlig von einer intakten Stromversorgung<br />
ab – im städtischen Bereich sogar<br />
noch stärker als am Land. "Daher sollte sich<br />
jede und jeder Einzelne von uns mit entsprechenden<br />
Vorsorgemaßnahmen befassen.<br />
Denn bei einem solchen überregionalen Ereignis<br />
geraten auch die gewohnten und<br />
sehr verlässlichen Strukturen der organisierten<br />
Hilfe rasch an ihre Grenzen. Niemand kann bei<br />
einer gleichzeitigen eigenen Betroffenheit<br />
Millionen Menschen helfen. Wir können eine<br />
solche Krise nur gemeinsam und durch Vorbereitung<br />
bewältigen", ist Herbert Saurugg, Präsident<br />
der Österreichischen Gesellschaft für<br />
Krisenvorsorge und Blackout-Vorsorge-Experte<br />
des Handelsverbandes, überzeugt.<br />
Gemeinsam soll in den nächsten Monaten<br />
auch die Dachmarke "Mach mit! Österreich<br />
wird krisenfit!" (www.krisenfit.jetzt) mit konkreten<br />
Angeboten für die Vorsorge in den<br />
Handel gebracht werden.
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S12<br />
Pandemie als Weckruf<br />
Mit einer Versorgungssicherheit von 99,99%<br />
zählt die österreichische Stromversorgung zu<br />
den verlässlichsten der Welt. Daher ist für viele<br />
Menschen nur schwer nachvollziehbar, warum<br />
das eines Tages anders sein sollte. Doch es<br />
gibt keine hundertprozentige Sicherheit. Nirgends.<br />
Daher sollten wir als Gesellschaft in der<br />
Lage sein, sowohl mit absehbaren als auch<br />
mit unerwarteten Krisen umzugehen. So ist die<br />
Politik gerade jetzt in der Gas-Krise gefordert,<br />
die Risiken in unserer Energieversorgung zu minieren.<br />
Bei einem Blackout spielt der Lebensmittelhandel<br />
als Kritische Infrastruktur und Nahversorger<br />
eine zentrale Rolle. Daher ist die Vorbereitung<br />
auf ein Blackout Teil der Krisen- und<br />
Notfallpläne der Händler. "Die Corona-Pandemie<br />
hat die Dringlichkeit nochmal verstärkt.<br />
Die Vorbereitung auf ein Blackout geht Hand<br />
in Hand mit dem Ausbau autarker grüner<br />
Stromquellen aus Photovoltaik und Windenergie.<br />
Eine verstärkte Zusammenarbeit mit den<br />
Bundeseinrichtungen und den Länderorganisationen<br />
muss das Ziel sein, um eine geordnete<br />
Verteilung der Lebensmittel im Krisenfall<br />
sicherzustellen", sagt Robert Spevak, Leiter<br />
des Handelsverband-Ressorts "Sicherheit im<br />
Handel" und Abteilungsleiter Revison und Sicherheit<br />
bei Metro Österreich. "Ein hoher Stellenwert<br />
kommt hier auch der Schulung der<br />
eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu,<br />
damit diese privat wie beruflich bestmöglich<br />
auf den Ernstfall vorbereitet sind. Wenn wir die<br />
Grundversorgung schaffen, dann schaffen wir<br />
alles andere auch", so Spevak.<br />
Ebenfalls im Fokus: EU-Plan mit Maßnahmen<br />
zur Energiereduktion<br />
Aufgrund des Ukraine-Kriegs sowie einer möglichen<br />
Gaslieferunterbrechung entstehen für<br />
die kommenden Monate große Unsicherheiten.<br />
Der Rat der Europäischen Union hat in<br />
diesem Kontext am 26. Juli eine politische Einigung<br />
über eine freiwillige Senkung des Erdgasverbrauchs<br />
um 15% für den kommenden Winter<br />
abgeschlossen. Der Zweck besteht darin,<br />
vor dem Winter entsprechende Einsparungen<br />
zu erzielen, um einen Puffer für mögliche Unterbrechungen<br />
der Gaslieferungen aus Russland<br />
zu schaffen. Details zu den vorgeschlagenen<br />
Maßnahmen werden im HV Blackout-Vorsorge-Ratgeber<br />
ebenso beschrieben wie der<br />
3-Säulen-Plan der EU-Kommission zur Senkung<br />
der Gasnachfrage. Dazu zählen erstens der<br />
Umstieg weg vom Gas auf alternative Energieformen,<br />
um die Einschnitte für Industrie &<br />
Handel möglichst gering zu halten, zweitens<br />
Anreize für die Verringerung des Verbrauchs<br />
durch Marktinstrumente und drittens Einsparungen<br />
bei Heizung und Klimatisierung.<br />
(RED)<br />
Der HV Blackout-Leitfaden kann hier kostenfrei<br />
downgeloadet werden: www.handelsverband.at/<br />
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LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S14<br />
HANDEL LOGISTIK<br />
Inflation und<br />
Kaufkraftverlust<br />
lassen Handelsumsätze<br />
einbrechen<br />
Im zweiten Quartal sind die Verkaufszahlen<br />
in Österreich real um 3,3 Prozent zurückgegangen.<br />
Der KfZ-Handel verliert mit 17,3 Prozent<br />
massiv. Starke Verluste müssen auch<br />
die Lebensmittel-, Möbel- und Elektrohändler<br />
verkraften. Selbst der eCommerce-Boom<br />
ist vorläufig vorbei.<br />
BEITRAG: RAINER WILL<br />
Der österreichische Handel musste im<br />
zweiten Quartal <strong>2022</strong> laut Statistik<br />
Austria einen inflationsbereinigten<br />
Umsatzrückgang von 3,3 Prozent<br />
verkraften. Im Lebensmitteleinzelhandel liegt<br />
das Minus bei 5,1 Prozent, im KfZ-Handel sogar<br />
bei 17,3 Prozent. Der preisbereinigte Halbjahresvergleich<br />
für <strong>2022</strong> zeigt für den gesamten<br />
Handel keine Umsatzveränderung. Allerdings<br />
hatten die heimischen (Non-Food-)Handelsbetriebe<br />
im ersten Halbjahr 2021 noch bis zu<br />
8 Lockdown-Wochen geschlossen. Daher wird<br />
hier tatsächlich ein dickes Minus verzeichnet.<br />
Situation im KfZ-Handel dramatisch<br />
Summa summarum verzeichnete der Handel<br />
heuer im zweiten Quartal in fast allen Warengruppen<br />
deutliche Verluste aufgrund der<br />
multiplen Krisen, die einen massiven Kaufkraftrückgang<br />
ausgelöst haben. Das dickste<br />
Minus verzeichnet der Autohandel, bei dem<br />
die Umsätze in Q2 im Vergleich zum Vorjahr<br />
um fast ein Fünftel eingebrochen sind. Für die<br />
Branche ist das ein Kahlschlag sondergleichen.<br />
Im Lebensmitteleinzelhandel zeigt das<br />
Minus deutlich, dass sich drei Viertel aller Menschen<br />
inflationsbedingt auf den Kauf günstiger<br />
Lebensmittel beschränken müssen.<br />
Die neuesten Zahlen der Statistik Austria und<br />
das jüngste Konsumbarometer des Handelsverbandes<br />
bestätigen die dramatische Lage<br />
im Handel, auf die der Handelsverband schon<br />
seit Monaten hinweist. 83 Prozent der Bevölkerung<br />
bereitet die Teuerung große Sorgen.<br />
Bereits ein Viertel der Menschen hat Konsumschulden,<br />
ein Fünftel muss sich auf den Kauf<br />
lebensnotwendiger Güter beschränken. Die<br />
Verdoppelung der Insolvenzen ist ein erstes
Resultat dieser Effekte. Wenn die Politik nicht<br />
rasch gegensteuert, droht 6.000 Handelsbetrieben<br />
bis Jahresende die Schließung.<br />
Onlinehandel: Boom vorbei<br />
Bereits jetzt ist klar, dass viele Geschäfte des<br />
nicht-lebensnotwendigen österreichischen<br />
Handels im vierten Quartal einen Überlebenskampf<br />
führen werden. Der Flächenschwund<br />
im Non-Food-Handel – minus 500.000 Quadratmeter<br />
in 2021 – wird sich heuer wegen der<br />
Energiekrise und der Teuerungswelle eklatant<br />
beschleunigen. Laut einer bundesweiten Befragung<br />
des Handelsverbandes wird im Gesamtjahr<br />
<strong>2022</strong> fast die Hälfte der österreichischen<br />
Händler aufgrund der explodierenden<br />
Kosten für Strom und Gas einen Verlust erwirtschaften,<br />
wobei insbesondere KMU-Betriebe<br />
betroffen sind. 60 Prozent der kleinen und mittelgroßen<br />
Handelsbetriebe haben bereits mit<br />
einem Investitionsstopp reagiert.<br />
Hinzu kommt: Selbst der Onlinehandel, Wachstumskaiser<br />
in der letzten Dekade und gallisches<br />
Dorf während des ersten Coronapandemie-Jahres,<br />
kommt inflationsbedingt ins<br />
Straucheln. Im zweiten Quartal <strong>2022</strong> sind die<br />
Umsätze hierzulande um 4,8 Prozent eingebrochen.<br />
Der eCommerce-Boom ist bis auf weiteres<br />
vorbei.<br />
HV fordert Energiekostenzuschuss für alle<br />
Händler<br />
Fazit: Die Energie-Krise, der Ukraine-Krieg, die<br />
höchste Inflationsrate seit 1975, der schwache<br />
Euro und die pandemiebedingten Kapazitätseinschränkungen<br />
in Asien stellen für den österreichischen<br />
Handel, der in Österreich 600.000<br />
Mitarbeiter:innen beschäftigt, eine existenzielle<br />
Bedrohung dar. Die Herausforderungen<br />
werden sich 2023 noch verstärken, wenn die<br />
Energiepreiserhöhungen bei den Konsumenten<br />
und Unternehmen voll schlagend werden<br />
und die verfügbare Kaufkraft weiter sinkt.<br />
6.000 Händler geben an bis Jahresende zu<br />
schließen, daher braucht es eine zeitnahe politische<br />
Reaktion auf diese Ausnahmesituation,<br />
auch um Stadt- und Ortskerne zu erhalten.<br />
Der Handelsverband fordert erstens einen<br />
Energiekostenzuschuss für alle Handelsbetriebe,<br />
zweitens eine umfassende Arbeitsmarktreform,<br />
um dem Personalmangel entgegenzuwirken,<br />
drittens eine durchgängige<br />
Abgaben- und Gebührenreform, insbesondere<br />
die Abschaffung der Mietvertragsgebühr,<br />
und viertens eine weitere substanzielle Senkung<br />
der Lohnnebenkosten zur Entlastung der<br />
österreichischen Unternehmen.<br />
(RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S16<br />
HANDEL LOGISTIK<br />
Onlinehändler-Studie:<br />
Steigende Kosten und<br />
Lieferschwierigkeiten<br />
beuteln eCommerce<br />
Eine länderübergreifende Befragung der<br />
ZHAW in Kooperation mit dem Handelsverband<br />
und dem MCI Innsbruck belegt: Jeder<br />
fünfte Webshop hat Verfügbarkeitsprobleme<br />
und kämpft mit der Rohstoffknappheit.<br />
20 Prozent arbeiten bereits erfolgreich mit<br />
Influencern zusammen.<br />
BEITRAG: GERALD KÜHBERGER<br />
In den ersten beiden Pandemie-Jahren<br />
2020 und 2021 erlebte der Onlinehandel<br />
in Österreich und der Schweiz einen beispiellosen<br />
Boom, heuer ist alles anders: Allein<br />
im zweiten Quartal <strong>2022</strong> sind die eCommerce-Umsätze<br />
hierzulande laut Statistik<br />
Austria um 4,8 Prozent eingebrochen. Die<br />
Branche kämpft aber nicht nur mit sinkenden<br />
Umsatzzahlen, sondern auch mit Lieferengpässen,<br />
Rohstoffknappheit und den regelrecht<br />
explodierenden Energie- und Logistikkosten.<br />
Dies zeigt die aktuelle Onlinehändlerbefragung<br />
<strong>2022</strong>, welche zum fünften Mal in Folge<br />
von der ZHAW School of Management and<br />
Law (Zürcher Hochschule für Angewandte<br />
Wissenschaften) und dem MCI - Management<br />
Center Innsbruck in Kooperation mit dem Handelsverband<br />
Österreich und dem Schweizer<br />
Handelsverband durchgeführt wurde.<br />
25 Prozent aller Onlinehändler kämpfen mit<br />
Lieferverzögerungen<br />
Der Onlinehandel sieht sich durch das aktuelle<br />
Weltgeschehen mit einigen fundamentalen<br />
Herausforderungen konfrontiert. Der<br />
Ukraine-Krieg und die historisch hohe Inflation<br />
haben einen Nachfrageschock ausgelöst,<br />
der auch vor dem Onlinehandel nicht haltmacht.<br />
Darüber hinaus kämpft jeder vierte<br />
Onlinehändler mit langen Lieferzeiten oder<br />
Lieferverzögerungen, jeder fünfte mit Verfügbarkeitsproblemen<br />
und Rohstoffknappheit.<br />
Vor allem die Fernost- und Überseefracht bereitet<br />
wegen teilweise gesperrten Häfen und<br />
fehlenden Containern Schwierigkeiten. Das<br />
führt zu Kostensteigerungen von der ersten bis<br />
zur letzten Meile bei rückläufigen Umsätzen.<br />
"Rohstoffproduzenten und Lieferanten aus der<br />
Ukraine können kriegsbedingt nicht liefern.
Lebensmittel-Onlinehändler berichten, dass<br />
teilweise Rohstoffe nicht verfügbar sind, und<br />
sie deshalb gewisse Produkte nicht mehr produzieren<br />
können", bestätigt Darius Zumstein,<br />
Studienleiter und Leiter E-Commerce Lab der<br />
ZHAW School of Management and Law.<br />
Erfolgsfaktoren im eCommerce: Qualität,<br />
Exklusivität und Marke<br />
Im Rahmen der Studie wurden heuer erstmals<br />
verschiedene Erfolgsfaktoren für den Onlinehandel<br />
untersucht. Dabei kristallisierte sich die<br />
Qualität der Produkte für drei von vier Onlinehändlern<br />
(74%) als stärkster Erfolgsfaktor heraus,<br />
gefolgt von der Exklusivität, welche für<br />
mehr als die Hälfte (52%) wichtig ist. Weitere<br />
Erfolgstreiber sind eine ausgeprägte Markenstärke<br />
(48%), eine hohe Kundenorientierung<br />
(46%), eine hohe Produkteverfügbarkeit (44%)<br />
sowie ein breites Sortiment (43%). Überraschend<br />
ist, dass der Preis, aber auch die oft<br />
diskutierten Liefer- und Retouren-Konditionen<br />
sowie die Lieferung am gleichen Tag für die<br />
Webshops weit weniger erfolgsentscheidend<br />
sind als erwartet. Jeder dritte erfolgreiche Onlineshop-Betreiber<br />
gibt ein gutes Onlinemarketing<br />
als wesentlichen Erfolgsfaktor an. Dabei<br />
wird hauptsächlich auf die Social Media-Plattformen<br />
Facebook (94%) und Instagram (86%)<br />
gesetzt. Von 41 Prozent wird die Videoplattform<br />
YouTube als Werbekanal genutzt. Im<br />
B2B-Bereich ist hingegen das Business-Netzwerk<br />
LinkedIn (39%) auf dem Vormarsch. Tik-<br />
Tok wird bereits von 15 Prozent der Onlinehändler<br />
zu Werbezwecken genutzt – Tendenz<br />
stark steigend.<br />
Produktqualität, Exklusivität und Markenstärke<br />
bleiben die wichtigsten Erfolgsfaktoren im<br />
eCommerce. Beim Onlinemarketing sind spätestens<br />
seit der Pandemie Suchmaschinen-,<br />
Newsletter- und Social Media-Marketing die<br />
Erfolgsgaranten. Daran kommt kein erfolgreicher<br />
Webshop-Betreiber mehr herum. Ein<br />
Fünftel aller Onlinehändler arbeitet mit Influencern<br />
und Testimonials zusammen. (RED)<br />
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LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S18<br />
SPECIAL<br />
Wie der Computer<br />
zum intelligenten<br />
Wesen wird<br />
Immer mehr Unternehmen setzten zur Verbesserung<br />
ihrer Wertschöpfung auf den Einsatz<br />
von Künstlicher Intelligenz. Doch nach<br />
welchen Prinzipien funktionieren eigentlich<br />
KI-Programme und für welche Zwecke lassen<br />
sie sich nutzen? Aufschluss darüber gibt<br />
ein historischer Überblick.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Den Grundstein für das Fachgebiet<br />
der Künstlichen Intelligenz legte der<br />
britische Mathematiker Alan Turing<br />
im Jahr 1936. Turing bewies, dass<br />
eine Rechenmaschine – eine sogenannte<br />
«Turingmaschine» – in der Lage ist, kognitive<br />
Prozesse auszuführen. Die Bedingung dafür<br />
ist, dass sich diese Prozesse in mehrere Einzelschritte<br />
zerlegen lassen und durch einen<br />
Algorithmus dargestellt werden können. 1950<br />
entwickelte Turing ein Test-Verfahren, um zu<br />
prüfen, ob ein Computer selbständig denken<br />
kann. Hierfür führt eine Versuchsperson mit<br />
zwei unsichtbaren Gesprächspartnern ein Gespräch.<br />
Danach muss die Versuchsperson entscheiden,<br />
welcher der beiden Gesprächspartner<br />
der Computer war. Wenn mindestens 30<br />
Prozent der Versuchspersonen den Computer<br />
nicht erkennen, gilt der Test als bestanden.<br />
Aus Konferenz entsteht erstes KI-Programm<br />
Der Begriff «Künstliche Intelligenz» trat erstmals<br />
im Jahr 1956 am «Summer Research Project on<br />
Artificial Intelligence» in Erscheinung. Dies war<br />
eine ambitionierte, sechswöchige Konferenz,<br />
die am Dartmouth College in New Hampshire<br />
in den USA stattfand. Die Konferenz gilt als<br />
Geburtsstunde für das Fachgebiet «Künstliche<br />
Intelligenz» als wissenschaftliche Disziplin. Die<br />
Konferenzteilnehmer waren davon überzeugt,<br />
dass Denkprozesse auch ausserhalb eines<br />
menschlichen Gehirns möglich sind. Als Resultat<br />
der Konferenz entwickelten der Informatiker<br />
Allen Newell, der Programmierer Cliff Shaw<br />
und der Wirtschaftswissenschaftler Herbert Simon<br />
das Programm «The Logic Theorist». Die<br />
Aufgabe des Programms war es, mithilfe von<br />
Logik und Vernunft mathematische Theoreme<br />
zu beweisen. Es wird als «erstes Programm für<br />
künstliche Intelligenz» bezeichnet.<br />
Im Jahr 1966 entwickelte der deutsch-amerikanische<br />
Informatiker Joseph Weizenbaum den<br />
weltweit ersten Chatbot Eliza. Dieser war so<br />
programmiert, dass der Eindruck entstand, er<br />
könne die Rolle eines Psychotherapeuten einnehmen.<br />
Das Programm reagierte allerdings<br />
lediglich auf Schlüsselworte und antwortete<br />
häufig mit Fragen oder allgemeinen Phrasen.<br />
Auch war der Dialog mit dem Chatbot nur über<br />
eine Computertastatur möglich. Weizenbaum<br />
war überrascht, mit welch einfachen Mitteln
man Menschen die Illusion vermitteln kann,<br />
ein Gespräch mit einem Partner aus Fleisch<br />
und Blut zu führen. Viele Probanden hatten<br />
nämlich den Eindruck, der virtuelle Psychotherapeut<br />
hätte Verständnis für ihr Problem.<br />
Wird menschliche Intelligenz überflüssig?<br />
Die 70er-Jahre waren geprägt von einem wissenschaftlichen<br />
Streit über das Potenzial von<br />
Künstlicher Intelligenz für praktische Anwendungen.<br />
Bezugnehmend auf die Arbeiten von<br />
Alan Turing waren Allen Newell und Herbert<br />
Simon von der Carnegie Mellon University der<br />
Ansicht, dass es für den Vollzug von Denkprozessen<br />
kein menschliches Gehirn braucht.<br />
Denken sei nichts anderes als Informationsverarbeitung<br />
und Informationsverarbeitung ein<br />
Rechenvorgang, bei dem Symbole manipuliert<br />
werden. Eine klare Gegenposition zu dieser<br />
Meinung ergriff der Philosoph John Searle.<br />
Gemäss der Auffassung von Searle können<br />
Maschinen mittels Künstlicher Intelligenz die<br />
kognitiven Fähigkeiten von Menschen zwar simulieren<br />
und nachahmen, sie sind aber nicht<br />
wirklich intelligent, sondern scheinen lediglich<br />
intelligent zu sein.<br />
Als Ergebnis der wissenschaftlichen Auseinandersetzung<br />
stehen sich bis heute mit der<br />
schwachen und starken Künstlichen Intelligenz<br />
zwei konträre Positionen gegenüber. Die<br />
Verfechter der starken Künstlichen Intelligenz<br />
plädieren dafür, dass KI-Maschinen in demselben<br />
Sinn intelligent sind und denken können<br />
wie Menschen. Die Vertreter der schwachen<br />
Künstlichen Intelligenz sind der Ansicht, dass<br />
menschliches Denken gebunden ist an den<br />
menschlichen Körper, insbesondere an das<br />
Gehirn.<br />
Erstes Expertensystem für medizinische Zwecke<br />
An der Universität Stanford wurde 1972 der<br />
Grundstein für sogenannte Expertensysteme<br />
gelegt. Expertensysteme sind Computerprogramme,<br />
die Menschen bei komplexen Problemstellungen<br />
unterstützen. Entwickelt wurde<br />
das System MYCIN, das Künstliche Intelligenz<br />
erstmals für medizinische Zwecke einsetzen<br />
sollte. Das neue Expertensystem war in der<br />
Lage, die Diagnose und Therapie von Infektionskrankheiten<br />
zu unterstützen, indem es aufgrund<br />
von zahlreichen Parametern geeignete<br />
Antibiotika vorschlug. MYCIN wurde allerdings<br />
nie in der Praxis eingesetzt. Die Skepsis war zu<br />
gross und es mangelte an technischen Möglichkeiten,<br />
um das System für eine breite Anwendung<br />
verfügbar zu machen.<br />
Bei der historischen Betrachtung der Entwicklungen<br />
im Bereich der Künstlichen Intelligenz<br />
wird oft die Auffassung vertreten, dass sich die<br />
Forschung in diesem Gebiet wellenartig entwickelte.<br />
Eine Periode, in denen es innovative<br />
Neuerungen gibt, bezeichnet man als KI-Sommer<br />
und für Zeiträume, in welchen die Entwicklung<br />
stagniert, verwendet man den Begriff<br />
KI-Winter. So werden beispielsweise auch die<br />
80er-Jahre als KI-Winter aufgefasst. Weil die<br />
hohen Erwartungen an die KI-Forschung nicht<br />
erfüllt wurden, stoppten viele Regierungen, allen<br />
voran die USA, ihre Forschungsgelder. Ausgehend<br />
von der Zeit des kalten Krieges hatte<br />
die USA enorme Geldsummen investiert zur<br />
Bereitstellung eines Übersetzungssystems, das<br />
Dokumente in Russischer Sprache automatisiert<br />
übersetzen sollte. Doch die KI-Forscher<br />
hatten die Komplexität der Aufgabe unterschätzt.<br />
In den 80er-Jahren stellten KI-Forscher<br />
immer wieder fest, dass Aufgaben, die für<br />
Menschen sehr einfach sind, für Computer<br />
eine grosse Herausforderung darstellen und<br />
umgekehrt. So ist es für Menschen schwierig,<br />
komplexe mathematische Probleme zu lösen,<br />
während Computer Mühe damit haben, Bilder
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S20<br />
oder Sprache zu erkennen oder Bewegungen<br />
auszuführen. Dieses Prinzip wurde unter anderem<br />
von Hans Moravec beschrieben und wird<br />
auch als Moravecsches Paradox bezeichnet.<br />
Sprachcomputer auf Basis von neuronalem<br />
Netzwerk<br />
Einen positiven Impuls für das Fachgebiet der<br />
Künstlichen Intelligenz gab es im Jahr 1986<br />
mit dem Programm «NETtalk». Denn damit<br />
brachten Terrence J. Sejnowski und Charles<br />
Rosenberg den Computer zum Sprechen.<br />
Das Programm konnte Wörter lesen und korrekt<br />
aussprechen sowie das Gelernte auf ihm<br />
unbekannte Wörter anwenden. «NETtalk» gehörte<br />
damit zu den frühen sogenannten neuronalen<br />
Netzwerken. Das sind Programme,<br />
die mit grossen Datenmengen gefüttert werden<br />
und darauf aufbauend eigene Schlüsse<br />
ziehen können. Bei der Betrachtung der historischen<br />
Entwicklung von Künstlicher Intelligenz<br />
fällt der Fokus auch auf die beachtliche<br />
Leistung von Rechnern, die bei Brett-,<br />
Computer- oder anderen Spielen gegen<br />
Menschen spielen. Es zeigt sich immer wieder,<br />
dass moderne Computer sogar die besten<br />
menschlichen Spieler übertreffen können.<br />
Bereits 1997 konnte die Weltöffentlichkeit beobachten,<br />
wie das IBM-System «Deep Blue»<br />
den russischen Schachweltmeister Gary Kasparov<br />
besiegte. Und im Jahr 2011 gewann das<br />
Computerprogramm «Watson» (ebenfalls IBM)<br />
in der amerikanischen Quiz-Show Jeopardy<br />
gegen die besten Quizmeister. 2016 übertraf<br />
die Deepmind-Software AlphaGo von Google<br />
den südkoreanischen Spitzenspieler Lee Sedol<br />
bei einer Spielpartie auf dem chinesischen<br />
Bettspiel Go. AlphaGo schlug Sedol 4:1. Das<br />
Resultat erstaunt angesichts der Komplexität<br />
des Spiels. Hat der erste Spieler bei Schach 20<br />
mögliche Züge zur Auswahl, sind es bei Go 361<br />
Züge.<br />
Schnelle Rechner fördern maschinelles Lernen<br />
Ungefähr ab dem Jahr 2010 begann eine<br />
Phase der Kommerzialisierung von KI-Anwendungen.<br />
Als besondere Innovationen für den<br />
Alltagsgebrauch der Menschen begannen<br />
sich die Sprachassistenten Siri und Alexa zu<br />
etablieren. Im Geschäftsbereich schritt die Automatisierung<br />
von Arbeitsprozessen voran und<br />
das Internet der Dinge konnte für immer mehr<br />
Anwendungsbereiche genutzt werden. Dank<br />
der immer besseren Rechnerleistung konnten
die Computer immer besser fürs maschinelle<br />
Lernen genutzt werden. Beim maschinellen<br />
Lernen generiert der Computer selbstständig<br />
Wissen aus Erfahrungen. Er kann damit auch<br />
eigenständig Lösungen für neue und unbekannte<br />
Probleme finden. Auch das Deep Learning<br />
erreichte einen neuen Boom. Deep<br />
Learning ist ein Teilgebiet des maschinellen<br />
Lernens, bei welchem neuronale Netze in mehreren<br />
Schichten genutzt werden. Es entsteht<br />
eine umfangreiche innere Struktur des Netzes.<br />
Deep Learning kann zum Beispiel dafür genutzt<br />
werden, Bilder zu erkennen, Texte zu verstehen<br />
oder präzise Entscheidungen zu treffen.<br />
Grosse Datenmengen zur Effizienzsteigerung<br />
Ab dem Jahr 2020 ergaben sich im Bereich<br />
Künstliche Intelligenz viele weitere Trends. Die<br />
Unternehmen begannen sich zum Beispiel auf<br />
die Machine Learning Operations (MLOps) zu<br />
konzentrieren. In einem funktionsübergreifenden<br />
und kooperativen Prozess soll das maschinelle<br />
Lernen für möglichst viele Anwendungsgebiete<br />
in einem Unternehmen produktiv<br />
genutzt werden. Die Unternehmen sollen aus<br />
ihren Daten wertvolle Informationen gewinnen<br />
können, beispielsweise, wenn es um<br />
Workflows, Traffic-Muster und das Bestandsmanagement<br />
geht. Neue Möglichkeiten zur<br />
Effizienzsteigerung im Supply Chain Management<br />
ergeben sich durch die immer bessere<br />
Verfügbarkeit von digitalen Daten über die<br />
Kosten und die Lieferbarkeit von Gütern und<br />
Ressourcen. Bereits heute stellen die B2B-Plattformen<br />
wlw (ehemals «Wer liefert was») und<br />
EUROPAGES grosse Mengen solcher Daten<br />
zur Verfügung. Das Unternehmen Visable als<br />
Träger der beiden Plattformen nutzt selber<br />
KI-Programme zur Pflege der Daten, beispielsweise<br />
zur Bereitstellung von Schlüsselwörtern<br />
für die Datensuche oder zur Eliminierung von<br />
Daten-Duplikaten. (RED)<br />
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ihres enormen Potenzials, Prozesse zu optimieren,<br />
Störungen und Fehler im System<br />
rechtzeitig zu erkennen und zu beheben<br />
sowie Kosten zu senken, wird sie von der<br />
Mehrheit der Entscheidungsträger innerhalb<br />
der nächsten zehn Jahre als unverzichtbarer<br />
Bestandteil der Branche angesehen.<br />
Auch aufgrund ihres Potenzials, neue,<br />
attraktivere Arbeitsplätze entstehen zu lassen.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Die Corona-Krise war und ist auch<br />
eine Krise der globalen Lieferketten<br />
und der Logistik. Sie kann jedoch<br />
auch als Weckruf verstanden werden:<br />
Immer ausgefeiltere Supply-Chain-Systeme<br />
sind in einem volatilen Umfeld und angesichts<br />
von Schwankungen bei Angebot<br />
und Nachfrage (nicht zuletzt auch aufgrund<br />
des Klimawandels oder wegen geopolitischer<br />
Rivalitäten) umso verletzlicher. Systeme der<br />
Künstlichen Intelligenz bieten jedoch ungeahnte<br />
Möglichkeiten, auf rasche Veränderungen<br />
schnell zu reagieren – beziehungsweise<br />
sie vorherzusehen und auch im Nicht-Krisenmodus<br />
die Abläufe effizienter zu organisieren,<br />
Ressourcen zu sparen und Kosten zu senken.<br />
Logistik idealer Anwendungsfall für KI<br />
Logistiksysteme sind Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge,<br />
die zwar eindeutig, aber aufgrund<br />
ihrer Komplexität für den Menschen und<br />
für herkömmliche Methoden der Operations<br />
Research kaum überschaubar sind. Welche<br />
Auswirkungen haben ein Stau, ein Materialschaden<br />
bei einer Maschine oder ein Streik in<br />
einem Hafen an einem anderen Ende der Welt<br />
für das Gesamtsystem? Wie kann es rasch erneut<br />
in sich abgestimmt werden? Systeme der<br />
Künstlichen Intelligenz werden das in Zukunft<br />
immer genauer berechnen können. Mehr<br />
noch: Wie werden sich aufgrund von Ernteausfällen<br />
oder Rekordernten, Wechselkursentwicklungen<br />
oder Themen, die in den Sozialen<br />
Medien gerade virulent sind, Angebot und<br />
Nachfrage nach bestimmten Gütern (auseinander)<br />
entwickeln? Künstliche Intelligenz kann<br />
nicht nur Prozesse optimieren sondern auch in<br />
der Bedarfsprognose und der Absatzplanung<br />
eingesetzt werden.
Intelligente Algorithmen, hohe Rechenleistung<br />
und Big Data<br />
Möglich ist dieser Einsatz von Künstlicher Intelligenz<br />
durch mehrere Faktoren: Einer hohen und<br />
ständig zunehmenden Rechenleistung und<br />
Speicherkapazität, Big Data und intelligenten<br />
Algorithmen. Die Rechenleistung von Computern<br />
und Chips potenziert sich fortwährend –<br />
bis zum Jahr 2040 könnte sie gegenüber heute<br />
um einen Faktor 1000 zugenommen haben.<br />
Nicht nur durch das Internet und durch soziale<br />
Medien, sondern auch über Sensoren und Systeme<br />
der Echtzeitdatenübermittlung kann auf<br />
gewaltige und stets aktuelle Datenmengen<br />
und auch auf aussagekräftige Datenreihen<br />
zugegriffen werden – das ist «Big Data». Bei<br />
Logistikprozessen selbst werden täglich riesige<br />
Mengen an Daten produziert. Basierend darauf<br />
können Aussagen getroffen werden, wie<br />
sich Systeme über die Zeit hinweg verhalten<br />
und auf welche Einflussfaktoren und Veränderungen<br />
sie wie reagieren.<br />
Es gibt je länger je mehr Datenquellen, die<br />
bald neues Potenzial zur Effizienzsteigerung in<br />
der Logistik bieten können. So stellen beispielsweise<br />
die B2B-Plattformen wlw (ehemals «Wer<br />
liefert was») und EUROPAGES grosse Mengen<br />
an Daten zu Rohstoffen und Produkten zur Verfügung.<br />
Neben detaillierten Spezifikationen<br />
sind auch Preise und Lieferzeiten enthalten.<br />
Es ist absehbar, dass die Daten dieser beiden<br />
Plattformen des Plattformanbieters Visable in<br />
Zukunft genutzt werden können, um Lagerbestände<br />
durch Künstliche Intelligenz effizient zu<br />
bewirtschaften. Es sind dann Nachbestellungen<br />
zum besten Preis termingerecht und automatisiert<br />
möglich.<br />
Notwendig dafür ist die Verfügbarkeit von<br />
qualitativ hochwertigen Daten. Denn Datenquantität<br />
ist nicht gleich Datenqualität. «Es ist<br />
wichtig, eine adäquate Vorauswahl zu treffen,<br />
welche Daten benötigt werden. Zudem muss<br />
sichergestellt sein, dass diese Daten in genügender<br />
Qualität vorhanden sind», berichtet<br />
der CTO von Visable, Daniel Keller. «Visable<br />
hat für die Datensammlung begonnen, Künstliche<br />
Intelligenz zu nutzen, um relevante Daten<br />
als solche zu identifizieren – im Sinne eines<br />
Lernprozesses über intelligente Algorithmen»,<br />
erklärt Daniel Keller. Intelligente Algorithmen<br />
bedeutet, dass Künstliche Intelligenz, die auf<br />
diesen Algorithmen beruht, die Ergebnisse, die<br />
sie produziert und die Prognosen, die sie aufgrund<br />
einer Auswertung von Daten trifft, mit<br />
dem realen Wert vergleicht, aus ihren Fehlern<br />
lernt und sich so selbst fortwährend optimiert.<br />
Es bedeutet auch, dass Künstliche Intelligenz<br />
Echtzeitdaten verarbeiten und so instantan reagieren<br />
kann. Das heisst nicht, dass Künstliche<br />
Intelligenz deswegen ein Bewusstsein entwickelt.<br />
Im Hinblick auf ihre Rechenkapazitäten<br />
ist sie den kognitiven Fähigkeiten des Menschen<br />
jedoch bei weitem überlegen.<br />
Vielfältige Anwendungsgebiete zur Effizienzsteigerung<br />
in der Logistik<br />
Künstliche Intelligenz kann aber noch für viel<br />
breitere Anwendungsgebiete als die simple<br />
Lagerbewirtschaftung genutzt werden. Zunächst<br />
können Systeme der Künstlichen Intelligenz<br />
Transportrouten (innerhalb und<br />
ausserhalb des Lagers) planen und, im Zusammenhang<br />
mit unerwarteten Ereignissen,<br />
neu berechnen. Ankunftszeiten können noch<br />
genauer vorhergesagt werden. Systeme der<br />
KI können leicht erkennen, wenn bestimmte<br />
Produkte oder Komponenten im Lager rar<br />
werden – und die möglichen Auswirkungen<br />
auf andere Produkte oder Komponenten im<br />
Logistikzyklus vorhersehen – und diese dann<br />
rechtzeitig aufstocken. Genauso können<br />
Überkapazitäten erkannt werden.
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S24<br />
Im Sinne von «Predictive Maintainance» kann<br />
Künstliche Intelligenz Maschinenausfälle vorhersehen<br />
und darüber hinaus effizient die<br />
Timeslots für die entsprechenden rechtzeitigen<br />
Wartungsarbeiten innerhalb des Gesamtprozesses<br />
einteilen. Autonome Drohnen<br />
können Inventuren erledigen und Bilder zur<br />
Schadensprüfung aufnehmen. Chatbots können<br />
Anfragen von Paketempfängern entgegennehmen.<br />
Das Sortieren von Waren und<br />
Komponenten im Lager ist für den Menschen<br />
eine zeitintensive Aufgabe. Hier können Roboter<br />
die Vorsortierung übernehmen. Darüber<br />
hinaus können sie besser erkennen, welche<br />
Produkte oder Komponenten gerade stärker<br />
nachgefragt werden und diese näher am Ein-/<br />
Ausgang platzieren, um Wegzeit zu sparen.<br />
Und neben dieser Prozess- und Transportoptimierung<br />
kann Künstliche Intelligenz eben in<br />
der Bedarfsprognose und Absatzplanung eingesetzt<br />
werden. Durch Big Data kann besser<br />
vorhergesehen werden, wer wann wo was<br />
braucht; wo es in nächster Zeit bei bestimmten<br />
Produkten zu einem Nachfrageüberhang<br />
oder aber –defizit kommen könnte. Damit<br />
kann sie nicht nur in bestehende Prozesse<br />
eingreifen und diese optimieren, sondern Ressourcen<br />
und Kapazitäten auch in die jeweilige<br />
Zukunft hinein besser aufteilen. Das würde bedeuten,<br />
dass Künstliche Intelligenz in der Logistik<br />
nicht allein innerbetriebliche Probleme und<br />
Engpässe sondern vielleicht sogar gesamtwirtschaftliche<br />
Abschwünge oder Volatilitäten<br />
besser abfedern könnte.<br />
Anhand dieser Beispiele sieht man auch, dass<br />
Künstliche Intelligenz menschliche Arbeit im<br />
Grossen und Ganzen nicht ersetzen wird. Sie<br />
wird die menschliche Arbeit vielmehr unterstützen.<br />
Entscheidungsträger nehmen noch eine abwartende<br />
Haltung ein<br />
Trotz des hohen Potenzials von Künstlicher<br />
Intelligenz handelt es sich im Wesentlichen<br />
um eine neue Technologie, deren volle Entfaltung<br />
noch in der Zukunft liegt und deren<br />
Möglichkeiten, Risiken und Nebenwirkungen<br />
noch nicht ganz verstanden werden. So ist<br />
es dann vielleicht auch weniger verwunderlich,<br />
dass viele Unternehmen noch zögern,<br />
Künstliche Intelligenz zu implementieren. Laut<br />
einer Studie des Magazins Logistik heute und<br />
INFORM wenden nur 26 Prozent der befragten<br />
Betriebe in Deutschland Künstliche Intelligenz<br />
in ihrer Logistik an. Dabei gibt mehr als die<br />
Hälfte der Befragten (54 Prozent) an, dass<br />
ihnen das entsprechende Know-how fehlen<br />
würde. Als weitere Hindernisse werden hohe<br />
Kosten (46 Prozent), eine unzureichende IT-Infrastruktur<br />
(44 Prozent) und ein Mangel an zeitlichen<br />
Ressourcen (38 Prozent) genannt. Aus<br />
einer Bitkom-Studie aus dem Jahr 2019 geht<br />
jedoch hervor, dass 70 Prozent aller Befragten<br />
davon ausgehen, dass Künstliche Intelligenz<br />
in den nächsten zehn Jahren ein unverzichtbarer<br />
Bestandteil in der Logistik sein wird.<br />
Doch auch einen anderen Grund gibt es für<br />
die reservierte Haltung gegenüber dem Einsatz<br />
von Künstlicher Intelligenz in der Logistik:<br />
Die Angst davor, dass Künstliche Intelligenz in<br />
grossem Stil Arbeitsplätze überflüssig machen<br />
könnte. Was sich abzeichnet, ist, dass Künstliche<br />
Intelligenz menschliche Fähigkeiten beträchtlich<br />
erweitert, sie aber nicht notwendigerweise<br />
ersetzt. Vielmehr werden Menschen<br />
benötigt, die die Systeme der Künstlichen Intelligenz<br />
beaufsichtigen, warten und die ihre<br />
Vorschläge ausführen und konkret umsetzen.<br />
Zu erwarten ist, dass sich durch den Einsatz von<br />
Künstlicher Intelligenz gesamtwirtschaftlich<br />
und gesamtgesellschaftlich neue Berufsfelder<br />
auftun. In der Summe könnten in der Logistik<br />
bessere und weniger anstrengende Arbeitsplätze<br />
entstehen.<br />
Die Logistik ist also ein idealer Anwendungsfall<br />
für die Künstliche Intelligenz. Die Möglichkeiten,<br />
dass Probleme schneller und effizienter<br />
behoben werden, Kosten gesenkt, Ressourcen<br />
geschont, nicht allein betriebswirtschaftliche<br />
sondern gesamtwirtschaftliche Krisen<br />
und Probleme durch sie abgefedert werden<br />
und nicht zuletzt eventuell bessere Arbeitsplätze<br />
für Menschen entstehen, sind kaum zu<br />
unterschätzen. Klar ist, dass noch Qualifizierungsbedarf<br />
besteht. Bald aber dürfte allein<br />
aus Gründen des Wettbewerbs Künstliche Intelligenz<br />
in der Logistik überall zu finden sein.<br />
Für die Betriebe lohnt es sich daher, sich jetzt<br />
bereits darauf vorzubereiten.<br />
(RED)
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LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S26<br />
SPECIAL<br />
Wie wird Künstliche<br />
Intelligenz das<br />
Geschäftsleben<br />
beeinflussen?<br />
Derzeit sind die Anwendungsmöglichkeiten<br />
von Künstlicher Intelligenz<br />
noch prosaisch. Sie haben<br />
aber in den letzten Jahren massiv<br />
in unseren Geschäftsalltag Einzug gehalten.<br />
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedeutet<br />
Künstliche Intelligenz in erster Linie die<br />
Fähigkeit, riesige Datenmengen effizient und<br />
effektiv zu verarbeiten. Darüber hinaus ist<br />
Künstliche Intelligenz nicht tatsächlich intelligent,<br />
kreativ, einfühlsam oder von sich aus zu<br />
etwas motiviert.<br />
Chatbots, Übersetzungssoftware und Personalised<br />
Customer Experience: Anwendungen<br />
der Künstlichen Intelligenz sind im<br />
Geschäftsalltag auf dem Vormarsch. Wie<br />
wird sich dieser Trend fortsetzen, welche<br />
Chancen bringt er mit sich – und welche<br />
Gefahren?<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Tatsächlich ist eine Künstliche Intelligenz sehr<br />
dumm: Während ein Kleinkind sehr schnell<br />
lernt, was eine Katze ist und dafür wahrscheinlich<br />
nur ein einziges Beispiel benötigt,<br />
benötigt die Künstliche Intelligenz Millionen<br />
von Katzenbildern, um das Tier dann eben<br />
auch selbstständig als solches erkennen zu<br />
können. Die Intelligenz der KI liegt dann aber<br />
eben darin, dass sie derartig gigantische Datenmengen<br />
verarbeiten und dann auswerten<br />
und interpretieren kann und aufgrund dieser<br />
Auswertungen dann zielgenauere Empfehlungen<br />
an den Mensche abgeben kann.
Dazu müssen der Künstlichen Intelligenz<br />
zunächst vom Menschen brauchbare<br />
Daten zur Verfügung gestellt werden<br />
– und das ist in Wirklichkeit keine so triviale<br />
Aufgabe. In weiterer Folge kann<br />
die Künstliche Intelligenz dann selbstständig<br />
Daten erheben und verwerten.<br />
Und jede Datenerhebung bringt<br />
neue Informationen, mit denen die KI<br />
dann wieder gefüttert werden kann:<br />
über KI erhöht sich so die Kapazität zur<br />
Datenerhebung und -verarbeitung exponentiell.<br />
Und ein verbessertes Datenmanagement,<br />
das die zunehmenden<br />
Mengen an strukturierten und unstrukturierten<br />
Daten miteinander kombiniert,<br />
erhöht die Vorhersagegenauigkeit und<br />
die Prognostizierbarkeit von Entwicklungen<br />
in der Zukunft.<br />
Auf Kundenbedürfnisse eingehen<br />
Die Interaktionsmöglichkeiten mit Kunden<br />
werden über KI reichhaltiger. Chatbots<br />
erlauben es schon jetzt, eine große<br />
Menge von Kundenanfragen zu bearbeiten;<br />
umgekehrt ist der Kundendienst<br />
eines Unternehmens so permanent erreichbar.<br />
Natürlich können Chatbots<br />
nur Standardanfragen beantworten,<br />
mit der Zunahme der Daten wächst jedoch<br />
deren Kompetenz. Mithilfe dieser<br />
Technologie können so immer persona-<br />
Bedarfsanalyse und Absatzplanung<br />
Indem sie gewaltige und stets aktualisierbare<br />
Daten verwertet, kann Künstliche<br />
Intelligenz bei der Bedarfsanalyse<br />
und der Absatzplanung helfen. Besonders<br />
in der Logistik und dem Transportwesen<br />
kann auf spontane Veränderungen<br />
wie Wetterereignisse, Unfälle<br />
oder Streiks reagiert werden. Es kann<br />
analysiert werden, wie sich Angebot<br />
und Nachfrage bei Produkten, Produktgruppen<br />
oder möglichen Substitutionsprodukten<br />
entwickeln und wie<br />
man das Lager aufstocken sollte. Auch<br />
in der Wettbewerbsanalyse können Unternehmen<br />
mithilfe von KI besser verstehen,<br />
was Konkurrenzunternehmen<br />
richtig oder falsch) machen, und diese<br />
(zum Beispiel über deren Social Media-<br />
Präsenzen und Aktivitäten) praktisch<br />
permanent beobachten.<br />
Hierbei kann dann auch die Sentiment<br />
Analyse ins Spiel kommen, im Rahmen<br />
derer Künstliche Intelligenz Stimmungen<br />
am Markt und unter (potenziellen)<br />
Kunden registriert, ohne dass diese sie<br />
explizit äußern. So können sich Unternehmen<br />
über den Einsatz von KI Wettbewerbsvorteile<br />
verschaffen.<br />
Intelligente Technologien<br />
für erfolgreiche<br />
Wertschöpfungsketten<br />
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LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S28<br />
„Gezieltes Einkaufen“ gewinnt in den aktuellen<br />
Krisenzeiten an Bedeutung. Letztlich geht<br />
es auch darum, Ressourcen zu schonen und<br />
Geld zu sparen. Auch dabei kann uns die<br />
Künstliche Intelligenz helfen, indem sie uns immer<br />
besser auf uns zugeschnittene Angebote<br />
vermittelt – oder Produzenten und Händler<br />
rechtzeitig auf kommende Marktentwicklungen<br />
oder auf Versorgungsengpässe vorbereitet.<br />
Bereits heute stellen die B2B-Plattformen<br />
wlw (ehemals «Wer liefert was») und europages<br />
große Mengen von Daten zur Verfügung,<br />
um gewerbliche Einkäufermit den passenden<br />
Produkten und Dienstleistungen zusammenzubringen.<br />
Das Unternehmen Visable als Träger<br />
der beiden Plattformen nutzt selbst KI-Programme<br />
zur Pflege der Daten, beispielsweise zur Bereitstellung<br />
von Schlüsselwörtern für die Datensuche<br />
oder zur Eliminierung von Duplikaten.<br />
lisiertere Kundenerlebnisse geschaffen werden,<br />
„empathische“ Chatbots können gute<br />
Dienste im Beschwerdemanagement leisten,<br />
indem sie aufgebrachte Kunden „beruhigen“.<br />
Überhaupt erlaubt die KI, individuellere Kundenprofile<br />
zu erstellen und dynamischere<br />
Kundensegmente, die es Unternehmen erlauben,<br />
ihre Zielgruppen über eine Vielzahl von<br />
Kanälen präziser anzusprechen und gezielter<br />
auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Im Sinne von<br />
„gezieltem Einkaufen“ können dem Kunden<br />
maßgeschneiderte und relevante Produkte<br />
angeboten werden.<br />
Effizienteres Arbeiten dank Stimmerkennung<br />
Ein anderer Bereich der KI ist die Stimmerkennung.<br />
Über Natural Language Processing<br />
(NLP) kann Künstliche Intelligenz Einzelpersonen<br />
individuell – über deren Stimmen – erkennen.<br />
Und das, mit zunehmender Reife der KI,<br />
dann auch, wenn schnell und hektisch gesprochen<br />
wird. Die Künstliche Intelligenz kann<br />
auf Unternehmensseite so genutzt werden,<br />
um Sitzungsprotokolle anzufertigen. Darüber<br />
hinaus kann (zukünftige) KI dann auch selbstständig<br />
Texte erstellen, zusammenfassen, die<br />
wichtigsten Eckpunkte herausheben und in<br />
mehrere Sprachen übersetzen. Die Künstliche<br />
Intelligenz kann in Videokonferenzen Gesichter<br />
und Stimmen erkennen, Störgeräusche<br />
rausfiltern, Umgebungen und Hintergründe<br />
anpassen und möglicherweise auch simultan<br />
übersetzen.<br />
Veränderungen in diversen<br />
Geschäftsbereichen<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass<br />
sich KI auf die unterschiedlichsten Geschäftsbereiche<br />
auswirkt. Durch die Analyse von Daten<br />
kann Künstliche Intelligenz bei der Bedarfsplanung<br />
und Absatzanalyse helfen, besser<br />
vorhersagen, was wo wann gebraucht wird<br />
und wie es am besten geliefert werden könnte.<br />
KI wird Prozesse optimieren und helfen,<br />
Kosten zu sparen und Ressourcen zu schonen.<br />
Die Automatisierung von sich wiederholenden<br />
und fehleranfälligen Aufgaben wird zu weniger<br />
Ausfällen führen und eine gleichbleibende<br />
Qualität gewährleisten. KI wird Effizienz und Effektivität<br />
des Marketings erhöhen, zu besseren<br />
Ergebnissen führen und es können neue Erfahrungen<br />
für Kunden geschaffen werden.<br />
Sie kann auch die Cybersicherheit verbessern<br />
– wenngleich natürlich auch eben hier neue<br />
Bedrohungen schaffen, indem sich Künstliche<br />
Intelligenz auch für den Angriff auf Cybersysteme<br />
nutzen lässt. Einstweilen dürfte die Bilanz<br />
der Qualitäten, die sich über den Einsatz von<br />
Künstlicher Intelligenz im Geschäftsleben ergeben,<br />
eine positive sein. (RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S30<br />
ECOMMERCE LOGISTIK<br />
EU Harmonisierung<br />
digitaler Warensendungsdokumente<br />
(Einzelsendung)<br />
Der Postmarkt der Europäischen Union<br />
(Kurier-, Express-, Paket- und Postzustellung)<br />
wird weiter harmonisiert. Aufgebaut<br />
wird auf früheren Arbeiten im Bereich<br />
elektronische fortgeschrittene Daten<br />
(EAD) für Transportsicherheit und Zoll im<br />
globalen Postnetz des Weltpostvereins,<br />
sowie den Arbeiten in der EU für die Mehrwertsteuergesetzgebung<br />
im E-Commerce<br />
und die Transportsicherheit (s.g. Import<br />
Control System 2 / ICS2). Bereich des<br />
Datenschutzes. GASTBEITRAG: WALTER TREZEK<br />
Immer wenn B2C-Lieferungen eingesammelt,<br />
für Fracht und Transport konsolidiert,<br />
zur Sortierung entgegengenommen und<br />
zur Endlieferung, gemäß der Präferenzen<br />
des Endempfängers versandt werden, werden<br />
elektronische Datenelemente zu jeder<br />
Warensendung im grenzüberschreitenden<br />
Verkehr ausgetauscht. Diese Daten folgen<br />
stellen nach dem „Global Data Model“ des<br />
Weltpostvereins; als Teil des EU-Zolldatenmodells;<br />
oder nach der „Preloading Advance<br />
Cargo Information“ (PLACI) der IATA Mindestanforderungen<br />
dar. Die genannten Datenaustauschmodelle<br />
stellen den Ausgangspunkt<br />
für eine zukünftige Harmonisierung dar.<br />
Das zweistellige Wachstum des B2C-Liefervolumens,<br />
das sich voraussichtlich, nach einem<br />
Ukrainebedingten Einbruch, in den nächsten<br />
5 Jahren fort. Zunehmend stellt sich der<br />
Einzelhandel auf ein vernetztes und datengestütztes<br />
Datenmodel um, dass einen Vorabdatenaustausch<br />
entlang der Warenwirtschaftskette<br />
über den Inhalt von Sendungen<br />
sowie die Zustellmittel bedingt. Zusätzlich zu<br />
den, bereits heute obligatorischen Mindestanforderungen<br />
an Datenelemente in grenzüberschreitenden<br />
Datenaustausch umfasst dies:<br />
Eindeutige Beschreibung und Deklaration<br />
der Einzelhandelsware auf Einzelpositionsebene:<br />
o Konformitätserklärungen von Versender<br />
Herstellern, oder<br />
o Erklärung zur Einhaltung nationaler und<br />
harmonisierter regionaler Vorschriften<br />
und Gesetze<br />
o Zuordnung korrekter Zölle und Gebühren
Eindeutige Transportidentifikation: Ein eindeutiger<br />
Barcode (auch bei mehreren<br />
Zustelldiensten), der es Behörden oder Logistikdienstleistern<br />
ermöglicht, bei Bedarf<br />
auf Daten auf Einzelebene zuzugreifen<br />
Auf Einzelsendungsebene zugeordnet CO²und<br />
Treibhausgasemissionen, um zu ermöglichen:<br />
o Messung und Berichterstattung auf<br />
Einzelsendungsebene<br />
o Zuweisung zusätzlicher Kosten<br />
(oder damit verbundener Entschädigungen)<br />
Art, Größe und Wiederverwendbarkeit von<br />
Verpackungen, die sowohl für die Einzelhandelsware,<br />
als auch für den Behälter in<br />
jeder B2C-Lieferung verwendet werden.<br />
Die Digitalisierung von Warensendungsdokumenten<br />
ist ein neuer Arbeitsauftrag an das<br />
Europäische Komitee für Normung (CEN). Es<br />
fördert die Interoperabilität zwischen nationalen<br />
Netzen und unterstützt einen effizienten<br />
postalischen Universaldienst in Europa. Es ist<br />
die Grundlage für die obligatorische digitale<br />
Ende-zu-Ende Dienstleistungserbringung auf<br />
Einzelsendungsebene (von der Abholung/<br />
Übergabe an die ersten Logistiker bis zur endgültigen<br />
Zustellung beim Endempfänger). Ziel<br />
ist es, die Transportsicherheit, Produktsicherheit<br />
und umweltfreundliche Lieferung von B2C-Zustellungen<br />
zu gewährleisten, die für einen voll<br />
funktionsfähigen digitalen Binnenmarkt erforderlich<br />
sind. Wer weitere Details über das Thema<br />
erfahren möchte oder aktiv an der Ausgestaltung<br />
der Zukunft mitarbeiten möchte,<br />
sollte logistic-nativ werden und wendet sich<br />
bitte an Florian.Seikel@logistic-natives.com<br />
oder an Walter.Trezek@logistic-natives.com.<br />
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LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S32<br />
ECOMMERCE LOGISTIK<br />
Ökologisierung und<br />
CO² Neutralität in<br />
der Paketzustellung<br />
Über vier Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen<br />
(KEP) wurden im Jahr 2020<br />
in Deutschland verschickt, rund elf Prozent<br />
mehr als im Jahr davor.<br />
GASTBEITRAG: FLORIAN SEIKEL<br />
Eine große Herausforderung für die<br />
Logistikbranche, denn auch das Bewusstsein<br />
der Kund*innen für die<br />
Gefahren des Klimawandels ist gewachsen.<br />
Sie fordern Nachhaltigkeit beim<br />
Transport ihrer Sendungen. Die Methodiken<br />
zur Berechnung und Ausweisung von Treibhausgas-Emissionen<br />
und Luftschadstoffen<br />
bei der Paketbeförderung sind dabei eine<br />
wichtige Grundlage zur Umsetzung und zum<br />
Nachweis des Einhaltens der Klimaschutzziele.<br />
Wie lassen sich die Digitalisierung im modernen<br />
Handel, das Wachstum des Onlinehandels<br />
und die damit verbundenen steigenden<br />
Paketmengen in Einklang mit den ehrgeizigen<br />
internationalen Klimaschutzzielen bringen?<br />
Und welchen Beitrag können Standardisierungsprojekte<br />
dazu leisten?<br />
Digitalisierung des Einzelhandels ermöglicht<br />
Ökologisierung<br />
Der digital gestützte Einzelhandel (Ecommerce)<br />
mit seinen Konsument*innen und<br />
dessen Zustellung in Form von Paketsendungen<br />
ermöglicht die Ökologisierung. Daten zu<br />
jedem Paket, zu dessen Inhalt sowie Verpackung<br />
werden digital gesammelt und verknüpft<br />
mit Informationen zu Annahme, Transport,<br />
Fracht, Lager, Depots sowie Abgabe der<br />
Paketsendungen. Zudem haben internationale<br />
Organisationen, wie der Weltpostverein,<br />
sektorspezifisches Mess- und Berichtswesen<br />
des ökologischen Fußabdrucks entwickelt.<br />
OSCAR (Online Solution for Carbon Analysis<br />
and Reporting) ist eine interaktive Online-<br />
Plattform. Postunternehmen in den Mitgliedsländern<br />
des Weltpostvereins, darunter auch<br />
Deutschland, können damit ihre Treibhaus-
Abbildung: Unterschiedliche Ansätze um eine<br />
„saubere (CO² neutrale) Produktion in der Zustellung von<br />
Warensendungen (Paketen, Warenbriefen) zu erreichen<br />
am Beispiel der Deutschen Post DHL Gruppe
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S34<br />
Abbildung:<br />
Quelle Weltpostverein<br />
– OSCAR (Online Solution for<br />
Carbon Analysis and Reporting) ein<br />
Werkzeug des WPV zur Messung und<br />
Analyse des CO² Fußabdrucks im<br />
Postmarkt<br />
gasemissionen analysieren und melden, sowie<br />
Möglichkeiten zur Verringerung der Treibhausgasemissionen<br />
identifizieren. So findet eine Ende-zu-Ende<br />
Messung auf Einzelsendungsebene<br />
statt: lokal, regional und weltweit.<br />
Zuordnung von CO2- & Treibhausgas-<br />
Emissionen zu einzelnen Paketen<br />
Harmonisierte europäische und globale Regeln<br />
und Normen zur Quantifizierung, Zuordnung<br />
und Berichterstattung der Umweltauswirkungen<br />
von Paketlogistik-Zustelldiensten<br />
auf Einzelpaketebene sind unerlässlich. Nur<br />
so kann man das Ziel „Netto-Null-Emissionen“<br />
von Treibhausgasen (THG) und anderen<br />
indirekten/direkten Luftschadstoffen erreichen.<br />
Immer wenn einzelne B2C-Lieferungen<br />
(Einzelpakete mit Gütern/Waren) eingesammelt<br />
und vom ersten Paketdienst entgegengenommen<br />
werden (d. h. Lagerung und<br />
Erfüllung), für Fracht und Transport (d. h. globale<br />
multimodale Lieferketten) konsolidiert,<br />
zur Endsortierung empfangen und gemäß<br />
Präferenzen des Endempfängers zugestellt<br />
werden, sind obligatorisch vorgeschriebene<br />
und im Voraus elektronisch auszutauschende<br />
Datenelemente verfügbar (z. B. nach dem<br />
globalen Datenmodell des Weltpostvereins;<br />
nach dem Zolldatenmodell der EU, oder auch<br />
nach den Vorgaben der IATA nach „Preloading<br />
Advance Cargo Information (PLACI).<br />
Selbst wenn es sich um einen vereinfachten<br />
Datensatz handelt, sind die heute verpflichtenden<br />
Datenelemente dazu angelegt<br />
durch Daten ergänzt zu werden, um Umweltauswirkungen<br />
der Paketlogistik und der<br />
Zustellvorgänge auf Artikelebene zuordnen,<br />
quantifizieren und melden zu können.
Neue Kraftstoffe –<br />
energieeffizienter Betrieb – Routenoptimierung<br />
– wiederverwendbare Verpackungen<br />
Die Einführung neuer Kraftstofftechnologien,<br />
energieeffiziente Zustellung, Routenoptimierung,<br />
Verpackungsklassifizierung, Einbindung<br />
der Lieferanten und viele andere<br />
Maßnahmen müssen angepasst werden,<br />
um die Umweltauswirkungen der gesamten<br />
Wertschöpfungskette in der Paketzustellung,<br />
Ende-zu-Ende, zu messen.<br />
Solide Überwachungsmethoden, Daten zu<br />
jeder Sendung, standardisierte Berechnungsmethoden<br />
und Berichterstattung sind unerlässlich,<br />
um die effektivste Strategie zur Reduktion<br />
der Emissionen auszuwählen, mit dem Ziel die<br />
Umweltauswirkungen in der Paketlogistik und<br />
in der Zustellung von Lieferdiensten vollständig<br />
offenzulegen.<br />
Normung als Grundlage der<br />
Geschäftstätigkeit<br />
Nachhaltigkeitsberichte und Nachweise folgen<br />
dabei gesetzlichen und normativen Vorgaben.<br />
So basiert OSCAR auf der Messmethodik<br />
des „Greenhouse Gas-Protocol“ und<br />
ist ebenso mit der internationalen Norm ISO<br />
14001 für Umweltmanagementsysteme sowie<br />
der „Global Reporting Initiative“ abgestimmt.<br />
Normen ermöglichen dabei Zertifizierungen<br />
und Audits, aber auch politische Lenkungsmaßnahmen,<br />
wie z. B. Förderungen, Quotenregistrierung<br />
und Re-finanzierung.<br />
„Leuchtturmbeispiel“ von<br />
Normung für Konsumenten<br />
„Mit verbindlichen, postsektorspezifischen<br />
Messnormen zum ökologischen Fußabdruck<br />
in der Paketzustellung kann die CO²- oder<br />
THG- Belastung pro Paketsendung dargestellt<br />
werden und wird auch im Wettbewerb<br />
Berücksichtigung finden. Auch die<br />
EU-Kommission hat die Bedeutung des<br />
Post- und KEP Paketzustellmarktes erkannt.<br />
Im Oktober <strong>2022</strong> wird, in Umsetzung der Postdienste-Richtlinie,<br />
ein fünftes Mandat an die<br />
europäische Normungsorganisation CEN, mit<br />
entsprechenden Vorgaben vergeben. Als<br />
Grundlage hierfür wurde die Europäischen<br />
Norm DIN EN 17837 "Ökologischer Fußabdruck<br />
der Paketzustellung - Methodik zur Berechnung<br />
und Deklaration von THG-Emissionen<br />
und Luftschadstoffen von Paketlogistik-Zustelldiensten"<br />
erarbeitet. Nach Erscheinen wird die<br />
Norm nach den Vorgaben des Unionsrechts<br />
im Amtsblatt der EU-Kommission als „Stand der<br />
Technik“ für den Postmarkt der EU veröffentlicht.<br />
Damit wird die Methodik zur Berechnung<br />
und Deklaration von THG-Emissionen und Luftschadstoffen<br />
von Paketzustelldiensten an bestehende<br />
und weltweit geltende Normen angeglichen.<br />
(ISO/DIS 14083; EN 16258 – beide<br />
speziell für den Transport (Fracht / B2B)).<br />
Mit der Erarbeitung der ökologischen Fußabdrucknorm<br />
in der Paketzustellung (EN 17837)<br />
wird den speziellen Anforderungen der Paketzustellung<br />
für den digitalen Einzelhandel<br />
Rechnung getragen. Die gesamte Wertschöpfungskette<br />
der Paketzustellung von der<br />
Abholung bis zur endgültigen Zustellung beim<br />
Endkonsumenten wird abdeckt.<br />
Weltpostverein hat eine eigene Plattform zu<br />
CO² / THG Emissionsmessung aufgebaut<br />
Die 192 Mitgliedsstaaten des Weltpostvereins<br />
haben eine eigene Plattform einrichtet. Es<br />
gilt als höchstwahrscheinlich, dass der WPV<br />
Kohlenstoffbilanzierung über seine OSCAR<br />
Plattform durchführen wird. Das internationale<br />
Bureau des WPV unterstützt die CO²-Bilanzierung<br />
durch OSCAR – die Online-Lösung für<br />
CO²-Analyse und Berichterstattung. OSCAR<br />
steht allen WPV Mitgliedern kostenlos zur Verfügung.<br />
Benutzer können die THG-Emissionen<br />
den postalischen Zustellkettenbereichen 1, 2<br />
und 3 mit Hilfe der OSCAR-Plattform abschätzen.<br />
Die erste umfassende Datenkampagne<br />
für 2021 wurde am 13. Juni <strong>2022</strong> gestartet. Die<br />
Kampagne endet am 1. November <strong>2022</strong>.<br />
Als internationales Netzwerk arbeitet der logistic-natives<br />
e.V. an dieser Thematik aktiv<br />
mit und hat sich diesbezüglich effektiv und<br />
pragmatisch positioniert. Wer Interesse an<br />
der Thematik oder weiteren marktrelevanten<br />
Gestaltungsmöglichkeiten hat, ist herzlich<br />
willkommen und meldet sich bitte bei Florian.<br />
Seikel@logistic-natives.com oder bei Walter.<br />
Trezek@logistic-natives.com. (RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S36<br />
ECOMMERCE LOGISTIK<br />
Vom Kataloggeschäft<br />
zum Platzhirsch im<br />
E-Commerce<br />
Die Otto Group bietet Amazon die Stirn: mit<br />
mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz<br />
allein am österreichischen Markt zeigt das<br />
Unternehmen, wie man mit vielfältigem<br />
Portfolio global erfolgreich sein kann.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Es ist die Zeit, in der der Vertrag von<br />
Maastricht den Weg für eine einheitliche<br />
europäische Währung ebnet. Die<br />
Zeit, in der erstmals seit zwei Jahrzehnten<br />
bei einer großen internationalen Konferenz<br />
in einem globalen Rahmen Umweltfragen diskutiert<br />
werden. Und es ist auch die Zeit, in der<br />
die Otto Group in den österreichischen Markt<br />
eintritt: mit der Übernahme des Versandhauses<br />
„Moden Müller“ Anfang der 1990er-Jahre, aus<br />
dem 1992 OTTO Österreich hervorgehen wird.<br />
Seit drei Jahrzehnten steht die Marke nun auf<br />
wirtschaftlich soliden Beinen. Und das trotz der<br />
kompletten Änderung des Geschäftsmodells<br />
vom Katalogversender zum Onlinehändler:<br />
Verzeichnet man beim Onlineumsatz seit 1998<br />
doch ein durchschnittliches Wachstum pro<br />
Jahr von 24 Prozent [1]. Im abgelaufenen Geschäftsjahr<br />
(1. März 2021 bis 28. Februar <strong>2022</strong>)<br />
erwirtschaftet man einen Gesamtumsatz von<br />
100 Millionen Euro (IFRS 15).<br />
OTTO Österreich ist aber nur eines von vielen<br />
Beispielen, bei denen die Otto Group den<br />
Weg in die Welt hinaus ging. Prof. Dr. Michael<br />
Otto, Vorsitzender des Konzern-Aufsichtsrats,<br />
über den Beweggrund, aus dem familiengeführten<br />
Einzelunternehmen mit Sitz in Hamburg<br />
eine global agierende Unternehmensgruppe<br />
zu machen: „Wir haben bereits in den 1980ern<br />
begonnen, uns zu internationalisieren und zu<br />
diversifizieren. So können konjunkturelle und<br />
sektorspezifische Schwankungen besser aufgefangen<br />
werden.“ Und so ist man heute eine<br />
Handels- und Dienstleistungsgruppe, zu der<br />
die beiden großen Online-Plattformen OTTO<br />
und About You genauso zählen wie Markenkonzepte<br />
(Bonprix, Crate and Barrel, Witt) und-
MICHAEL OTTO, HARALD GUTSCHI<br />
Handelskonzepte (Baur, Freemans Grattan,<br />
Limango). Im stationären Bereich ist man mit<br />
Frankonia, Mytoys und Manufactum vertreten.<br />
Dazu kommen Services wie von Hermes,<br />
Finanzdienstleistungen von EOS und Hunderte<br />
von Beteiligungen an Start-ups. Mit 43.000 Mitarbeitenden<br />
ist die Otto Group in rund 30 Ländern<br />
aktiv und erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr<br />
(1. März 2021 bis 28. Februar <strong>2022</strong>)<br />
einen Umsatz von 16,1 Milliarden Euro (IFRS 15),<br />
davon 12,1 Milliarden Euro reinen Onlinehandelsumsatz.<br />
In Österreich gehen die Aktivitäten des Konzerns<br />
weit über jene der UNITO-Marken OTTO<br />
Österreich, UNIVERSAL, QUEL<strong>LE</strong> und LASCA-<br />
NA hinaus. „Wir sind hier auch mit About You,<br />
Bonprix, Frankonia, Mytoys, Witt und Hermes<br />
vertreten – und wir sind seit vier Jahren mit<br />
dem Warenhaus Manufactum Am Hof in Wien<br />
auch stationär präsent. Wir erwirtschaften einen<br />
Umsatz von 431 Millionen Euro [2] und haben<br />
damit eine gewisse Bedeutung auf dem<br />
österreichischen Handelsmarkt“, stellt Prof. Dr.<br />
Michael Otto fest.<br />
Dass es den einstigen Kataloghändler OTTO<br />
im Jahr <strong>2022</strong> noch gibt, hat mit der unternehmerischen<br />
Diversität zu tun – aber auch mit<br />
der Tatsache, technisch stets am Puls der Zeit<br />
gewesen zu sein. Schon in den 1990ern setzte<br />
man auf E-Commerce, 1995 brachte man<br />
das gesamte Sortiment ins Internet – in einer<br />
Zeit, in der in Österreich etwa gerade einmal<br />
neun Prozent der Bevölkerung [3] Zugang zum<br />
Internet hatten.<br />
Prof. Dr. Michael Otto dazu: „Von den früheren<br />
großen Katalogversendern ist die Otto Group<br />
mit ihren Marken der letzte, der überlebt hat.<br />
Ich bin als CEO mit meinem jeweiligen Technikvorstand<br />
ab den 1980ern regelmäßig in die<br />
USA gereist, um zu sehen, an welchen technologischen<br />
Entwicklungen gearbeitet wird. Zentral<br />
für unseren Erfolg ist, dass wir Technologie<br />
zu einem frühen Zeitpunkt für den Nutzen der<br />
Kundinnen und Kunden eingesetzt haben.“<br />
Die Otto Group war und ist aber nicht nur technisch<br />
stets am Puls der Zeit, in Bezug auf Nachhaltigkeit<br />
war sie der Zeit mitunter sogar voraus.
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S38<br />
MICHAEL OTTO<br />
Prof. Dr. Michael Otto, der vielen als Vorreiter<br />
unternehmerischer Nachhaltigkeit gilt:<br />
„Der erste Bericht des Internationalen Club of<br />
Rome, in dem ich heute Mitglied bin, hat mich<br />
berührt. Das hat mich zum Nachdenken gebracht<br />
und ich habe gesagt: Jede Bürgerin,<br />
jeder Bürger, jede Unternehmerin, jeder Unternehmer<br />
muss erst einmal bei sich anfangen<br />
und einen Beitrag leisten.“ Und das tat und<br />
tut die Otto Group seit damals: Ab Mitte der<br />
1980er-Jahre wurden konzernweit nachhaltige<br />
Prozesse und Produkte eingeführt. So konnten<br />
etwa die CO2-Emissionen in den vergangenen<br />
Jahren halbiert werden. Aber auch für<br />
die Zukunft sind die Ziele hochgesteckte:<br />
Bis 2030 strebt man Klimaneutralität an.<br />
OTTO Österreich, das seit Anfang 2021 alle<br />
Sendungen CO2-neutral zustellt, ist seit 1. Juli<br />
<strong>2022</strong> klimaneutral. „Wir agieren nach dem<br />
Grundprinzip Vermeidung, Reduzierung, Kompensation.<br />
Sind alle Möglichkeiten, schädliche<br />
Klimagase zu vermeiden und zu reduzieren,<br />
ausgeschöpft, kompensieren wir unvermeidbare<br />
Emissionen mit Projekten höchsten Qualitätsstandards<br />
– und das zu zehn Prozent mehr<br />
als wir an Emissionen verursachen“, erklärt<br />
Mag. Harald Gutschi, Sprecher der Geschäftsführung<br />
der UNITO-Gruppe.<br />
Der aktuellen politischen und wirtschaftlichen<br />
Lage begegnet man im gesamten Konzern<br />
mit Respekt. Prof. Dr. Michael Otto dazu: „Ich<br />
habe in meinen weit mehr als 50 Berufsjahren<br />
manche Herausforderung erlebt – aber diese<br />
ist eine besondere. Aus der Corona-Pandemie<br />
haben wir es noch immer mit Störungen auf<br />
der Beschaffungsseite zu tun, die sich durch<br />
den Krieg in der Ukraine und die drohenden<br />
Auseinandersetzungen mit China erheblich<br />
verschärft haben. Der Krieg, die Inflation, die<br />
Ängste der Bürgerinnen und Bürger und die<br />
Energiekrise verschärfen die Absatzprobleme.<br />
Das alles führt in vielen Ländern Europas zu einer<br />
erheblichen, in Deutschland einmalig großen<br />
Nachfrageunlust.“ Man sei derzeit aber<br />
digital, kund*innenmäßig sowie finanziell sehr<br />
gut aufgestellt und halte am Kurs der Investition<br />
in Digitales, Logistik und neue Geschäftsfelder<br />
fest. Spuren hinterlassen werde die Krise<br />
aber dennoch – beim Umsatz und insbesondere<br />
beim Ertrag, da man in dieser angespannten<br />
Situation höhere Einstandskosten nicht zur<br />
Gänze an Kund*innen weitergeben könne.<br />
2023 werde laut Mag. Harald Gutschi auf<br />
jeden Fall noch herausfordernd, bei OTTO<br />
Österreich plane man mit einem vorsichtigen<br />
Wachstum von fünf bis zehn Prozent statt der<br />
ursprünglich anvisierten zehn Prozent. Generell<br />
sieht der Sprecher der Geschäftsführung der<br />
UNITO-Gruppe das Unternehmen aber in einer<br />
privilegierten Lage: „Mit unserem Geschäftsmodell<br />
ist alles weitestgehend organisierbar.<br />
Wir können etwa rasch über Werbekosten entscheiden<br />
– diese runterfahren, wenn das nötig<br />
ist, und genauso schnell wieder hochfahren,<br />
wenn sich die Lage entspannt. Da geht es uns<br />
viel besser als anderen Unternehmen.“ (RED)<br />
[1] Betrachtung Onlineumsatz Kalenderjahttps://www.unito.at/presse/hr<br />
1998 (Gründung<br />
des Onlineshops ottoversand.at) bis Kalenderjahr<br />
2021<br />
[2] Betrachtung Geschäftsjahr 2021 (1. März<br />
2021 bis 28. Februar <strong>2022</strong>), ohne Umsatzangaben<br />
der Onlineplattform About You<br />
[3] Quelle: Statista-Dossier, veröffentlicht am 2.<br />
März <strong>2022</strong>; Basis österreichische Bevölkerung
6. eCommerce<br />
Logistik- Day<br />
09. September 2021, Wien<br />
Hybrid Event<br />
Österreichischer Handelsverband<br />
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sich Ihren Informationsvorsprung.<br />
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ecommerce-logistik-day/<br />
Medienpartner:
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S40<br />
INTRALOGISTIK<br />
Es braut sich ein Sturm<br />
zusammen<br />
Der 7. eCommerce Logistik-Day widmete<br />
sich erneut der Zukunft des Online-Handels<br />
und bot neben spannenden Diskussionen<br />
konkrete Lösungsansätze für die Bereiche<br />
Intralogistik und den Paketversand. Als Hybrid-Event<br />
war die Veranstaltung nur für einen<br />
exklusiven Teilnehmerkreis in den Räumen<br />
des Österreichischen Handelsverbandes live<br />
erlebbar. Sämtliche Vorträge und Podiumsdiskussionen<br />
wurden jedoch aufgezeichnet<br />
und sind – wie schon im Vorjahr – in voller<br />
Länge abrufbar.<br />
REDAKTION: MARCUS WALTER<br />
BERND KRATZ<br />
7.ECOMLOG22 - „Als wir vor sieben<br />
Jahren den 1. eCommerce Logistik-Day<br />
durchführten, hatten wir im<br />
Vergleich zur Gegenwart eigentlich<br />
gar keine Probleme.“ Mit diesem Rückblick eröffnete<br />
Moderator und Mitorganisator Bernd<br />
Kratz am 8. September die bereits siebte Auflage<br />
der renommierten Fachveranstaltung für<br />
den Onlinehandel. „Im Gegensatz zu damals<br />
haben wir mittlerweile sechs Krisen“, betonte<br />
Kratz. Der geschäftsführende Gesellschafter<br />
der Management-Beratung EMA ist zugleich<br />
Mitgesellschafter des Instituts des Interaktiven<br />
Handels IDIH, einem der eComLog-Kooperationspartner.<br />
40 Schiffe vor der Deutschen Bucht<br />
Zur Coronakrise sei als zweite Krise die Unzuverlässigkeit<br />
im Schiffsverkehr hinzugekommen.<br />
Als Beispiele nannte er den Unfall im Suezkanal<br />
und den derzeitigen Stau von bis zu<br />
40 Containerschiffen in der Deutschen Bucht,<br />
die seit längerem auf ihre Löschung warten.<br />
Aber das sei laut Kratz erst der Anfang. „Denn<br />
es gibt noch viele weitere Schiffe, die jetzt<br />
noch in China liegen. Wenn die dort freikommen,<br />
dann haben wir sechs bis acht Wochen<br />
später eine Flut von Schiffen, die in Deutschland<br />
gelöscht werden müssen.“ Unternehmen<br />
wie Lidl hätten bereits auf diese Krise reagiert<br />
und in eigene Schiffskapazitäten investiert.<br />
Die dritte Krise sei die Invasion Russlands in der<br />
Ukraine und die vierte Krise die Klimakrise. Der<br />
ausbleibende Regen hat bei den Flüssen zu<br />
niedrigen Pegelständen geführt, so dass sie<br />
die Binnenschiffe zum Teil nur noch mit geringer<br />
Auslastung befahren können. „Das heißt,
JOACHIM KIENINGER<br />
ANDREAS MIL<strong>LE</strong>R<br />
das wir die Ware nicht mehr ins Hinterland befördern<br />
können, ohne verstärkt auf den LKW<br />
umzusteigen“, stellte Kratz fest. Als fünfte Krise<br />
nannte er den Fachkräftemangel im gewerblichen<br />
Bereich. Diese sei unter anderem dafür<br />
verantwortlich, dass Schiffe nicht mehr in gewohntem<br />
Tempo entladen werden können.<br />
Die sechste Krise sei schließlich die Energiekrise<br />
in Folge der EU-Boykottmaßnahmen gegenüber<br />
Russland. „Heute wollen wir diskutieren,<br />
welche Folgen die genannten Krisen auf den<br />
elektronischen Handel haben“, so Kratz<br />
Lager bietet hohes Automatisierungspotenzial<br />
Joachim Kieninger, Director Strategic Business<br />
Development von Element Logic, griff<br />
in seinem Vortrag die genannten Krisen auf.<br />
„Die Politik soll zunächst die selbstgemachten<br />
Krisen lösen. Wir kümmern uns dann um den<br />
Rest,“ lautete sein Credo. Durch die Corona-Pandemie<br />
habe der Personalmangel in<br />
bestimmten Branchen weiter zugenommen. In<br />
dieser Situation sei das Automatisieren von Prozessen<br />
im Lager eine passende Antwort. „Die<br />
Prozesse im Lager bieten ein hohes Potenzial<br />
für Automatisierung“. Hier kämen vor allem die<br />
Ware-zur-Person-Kommissionierung in Frage.<br />
Diese könne zudem mit der Roboterkommissionierung<br />
von Einzelteilen und automatische<br />
Kartonaufrichter ergänzt werden. „Das Eliminieren<br />
der Wegezeiten bei der Ware-zur-Person-Kommissionierung<br />
durch ein AutoStore-Lager<br />
ist ein riesiger Hebel“, hob Kieninger<br />
hervor, der anschließend noch einige bereits<br />
realisierte Kundenlösungen vorstellte.<br />
Bei den Installationen komme es vor allem auf<br />
Zuverlässigkeit, Skalierbarkeit und eine optimale<br />
Nutzung der vorhandenen Flächen an.<br />
Andreas Miller, Principal Strategic Project Manager<br />
bei der Knapp AG, stellte in seinem<br />
anschließenden Vortrag Alternativen zur skan-<br />
THOMAS HAGEN<br />
PETRA DOBROCKA
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S42<br />
dinavischen AutoStore-Lösung vor. Mit dem<br />
Open Shuttle Store bieten die Österreicher<br />
eine pragmatische und leicht skalierbare Automatisierung<br />
für bestehende Behälterlager<br />
mit herkömmlichen Lagergängen. Die Shuttles<br />
fahren autonom und können den Einsatz von<br />
manuell betriebenen Flurförderzeugen ersetzen.<br />
Diesbezügliche Projekte seien einfach<br />
und schnell umzusetzen.<br />
Stammdaten sind oft das Problem<br />
Auf der Plattform „Digital2go“ hat Knapp<br />
zudem eine Reihe intelligenter Produkte versammelt<br />
wie zum Beispiel den KHT MultiScan.<br />
Dabei handelt es sich um einen mobilen Tisch,<br />
der das Erfassen von Stammdaten inklusive<br />
der Maße und Gewichte erleichtert. „Je besser<br />
die verfügbaren Daten über meine Produkte<br />
sind, desto besser kann ich damit arbeiten“,<br />
ist Miller überzeugt. „Stammdaten sind<br />
der erste Schritt für eine Automatisierung und<br />
genau hier liegt oft das Problem.“<br />
Flexibel durch Outsourcing<br />
Der Vortrag von Petra Dobrocka, Chief<br />
Commercial Officer und Gründerin der byrd<br />
Technologies GmbH, beschäftigte sich mit<br />
Strategien für Onlinehändler, um flexibel auf<br />
Umsatzschwankungen reagieren zu können.<br />
Das österreichische Startup byrd ist ein Dienstleister<br />
für derzeit rund 350 eCommerce-Unternehmen<br />
und übernimmt für diese die Bereiche<br />
Lagerung sowie das Verpacken und<br />
Versenden der Aufträge. Durch den Einsatz<br />
eines externen Logistikdienstleisters minimieren<br />
die Händler ihre Fixkosten, wodurch sich auch<br />
Nachfragerückgänge und Wirtschaftskrisen<br />
gut verkraften lassen. Zugleich könne man<br />
Als dritter Referent erläuterte Thomas Hagen,<br />
Head of AutoStore & Automatisation bei der<br />
österreichischen Post AG, wie sein Unternehmen<br />
als Fulfillment-Dienstleister auf die gestiegenen<br />
Anforderungen und Erwartungen an<br />
die Paketlogistik reagiert. Im Spannungsfeld<br />
zwischen Echtzeitdaten, Retouren und Personalengpässen<br />
habe sich die Post für den<br />
Bau einer AutoStore-Anlage entschieden.<br />
Mit der Investition werden die bestehenden<br />
Prozesse im benachbarten Hochregallager<br />
ergänzt.
sich durch das Outsourcing auf die Kernbereiche<br />
wie zum Beispiel das Optimieren des Sortiments<br />
oder des Shopsystems konzentrieren.<br />
Rainer Will, Geschäftsführer vom Handelsverband<br />
Österreich, versorgte die Teilnehmer<br />
wieder mit einem Feuerwerk an Zahlen und<br />
Fakten zum derzeitigen Zustand der Branche.<br />
„Ich würde gerne Zuversicht verbreiten, aber<br />
die Zahlen sprechen eine andere Sprache“,<br />
so Will. Vor allem die Energiepreise würden<br />
dem Handel stark zu schaffen machen.<br />
Strom um 1.400 Prozent teurer<br />
Die Großhandelspreise für Strom seien im Vergleich<br />
zum Sommer 2021 um 1.400 Prozent<br />
gestiegen. Nicht zuletzt deshalb befinde sich<br />
das Konsumvertrauen der Verbraucher auf<br />
Talfahrt. „Wer einen großen Teil seines Einkommens<br />
für Energie ausgeben muss, kann weniger<br />
konsumieren“, stellte Will fest. Es sei demnach<br />
nicht verwunderlich, dass der Handel in<br />
Österreich insgesamt einen Umsatzrückgang<br />
von 3,3 Prozent verzeichnet. Mit einem Minus<br />
von 17,3 Prozent ist der Kfz-Handel besonders<br />
stark betroffen. Auch der Personalmangel<br />
spiele dabei eine Rolle: Gegenwärtig könne<br />
die Branche 19.000 Stellen nicht besetzen.<br />
Vor diesem Hintergrund richtet der Handelsverband<br />
klare Forderungen an die Politik: Der<br />
Arbeitsmarkt müsse umfassend reformiert wer-
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S44<br />
OLIVER WAGNER<br />
WOLFGANG KUBESCH<br />
den und es müsse einen Energiekostenzuschuss<br />
für alle Handelsbetriebe geben. Außerdem<br />
empfiehlt der Verband eine Abgaben- und<br />
Gebührenreform sowie eine weitere substanzielle<br />
Senkung der Lohnnebenkosten. Schließlich<br />
würde auch die Einführung einer globalen<br />
Mindeststeuer für eine Verbesserung der Lage<br />
sorgen.<br />
Unglaubliche Auswirkungen<br />
Von der Politik zurück zur Versandlogistik beförderte<br />
anschließend der Vortrag von Walter Trezek,<br />
der Vorsitzende des beratenden Komitees<br />
des Weltpostvereins. Weltweit sei ein weiter<br />
anhaltendes starkes Wachstum der Paketlogistik<br />
zu erwarten, wobei China zu den Treibern<br />
dieser Entwicklung gehöre. „In China werden<br />
mittlerweile 52,8 Prozent des Einzelhandels<br />
digital abgewickelt,“ berichtete Trezek. Dies<br />
habe „unglaubliche Auswirkungen auf die Infrastruktur“.<br />
Wer wissen möchte, wie unsere Infrastruktur<br />
in sechs bis sieben Jahren aussieht,<br />
muss nur nach China schauen“, empfiehlt Trezek.<br />
Mit Blick auf andere Kontinente betonte<br />
Trezek, dass sich in der Branche derzeit „ein<br />
Sturm zusammenbraut“. In Europa würden wir<br />
davon zur Zeit am stärksten getroffen. In Folge<br />
der steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreise<br />
sowie der Finanzkrise gehe das verfügbare<br />
Einkommen der Konsumenten zurück.<br />
Trezek hielt seinen Vortrag gemeinsam mit Florian<br />
Seikel, Geschäftsführer der Logistic Nati-<br />
FLORIAN SEIKEL & WALTER TREZEK
MARCUS WALTER<br />
ves. Seikel wies darauf hin, dass in jeder Krise<br />
auch eine Chance stecke. „Wer sich jetzt als<br />
Händler komplett digitalisiert, hat in der Zukunft<br />
einen Wettbewerbsvorteil“, so Seikel.<br />
Realismus statt Ideologie<br />
Das Überwinden von Krisen thematisierte<br />
auch Oliver Wagner, Geschäftsführer des Zentralverbands<br />
Spedition & Logistik. „Die österreichische<br />
Logistikbranche hat die Coronakrise<br />
hervorragend gemeistert und die Bedeutung<br />
der Logistik verstärkt in das öffentlich Bewusstsein<br />
gerückt“, so der Verbandschef. Während<br />
des Lockdowns sei eine sehr sachorientierte<br />
Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern<br />
möglich gewesen – ein Zustand,<br />
den sich Wagner auch für andere Zeiten wünschen<br />
würde. Was die Dekarbonisierung und<br />
den Klimaschutz angehe, seien sich die Spediteure<br />
ihrer gesellschaftlichen Verantwortung<br />
bewusst. Man brauche jedoch realistische<br />
Rahmenbedingungen anstelle praxisferner<br />
Ideologien. Selbst im Jahr 2040 werde der<br />
Straßengüterverkehr noch der beherrschende<br />
Verkehrsträger sein.<br />
beim Energiesparen. Zudem konstatierte er,<br />
dass die bisherige Politik westlicher Industriestaaten<br />
des „Wandels durch den Handel“<br />
offenbar gescheitert ist. Die Zahl autokratisch<br />
geführter Staaten sei nicht zurückgegangen,<br />
sondern weiter gestiegen, während die Demokratie<br />
auf dem Rückzug sei.<br />
Ergänzt und vertieft wurden die Vorträge<br />
durch zwei von Bernd Kratz moderierte Podiumsdiskussionen.<br />
Während der ersten Runde<br />
ging Kratz der Frage nach, welche konkreten<br />
Erfahrungen Produzenten und Lieferanten<br />
im Rahmen der Krise gemacht haben. In der<br />
zweiten Podiumsdiskussion standen die Erfahrungen<br />
des Handels im Vordergrund. Bei<br />
Interesse können beide Podiumsdiskussionen<br />
und sämtliche Vorträge des 7. eCommerce<br />
Logistik-Days in vollständiger Länge auf www.<br />
logistik-express.com und unter https://logfair.<br />
online abgerufen werden. (MW)<br />
BLOGTOUR: https://youtu.be/z5Z4oP3qPNs<br />
TRAI<strong>LE</strong>R: https://youtu.be/-psck1qlLno<br />
LOGfair: https://youtu.be/w_kmbaX-fFU<br />
Fehlende Vorbildfunktion<br />
Auch Wolfgang Kubesch, Geschäftsführer der<br />
Bundesvereinigung Logistik Österreich, ging in<br />
seinem sehr kurzweiligen Vortrag mit der Politik<br />
streng ins Gericht. Trotz einseitiger Abhängigkeit<br />
von Gas und Öl aus Russland habe die<br />
Regierung bislang kaum etwas unternommen,<br />
um dieses Ungleichgewicht abzubauen.<br />
Außerdem vermisse Kubesch die Vorbildfunktion<br />
des Staates und der Entscheidungsträger
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S46<br />
ECOMMERCE LOGISTIK<br />
AWS unterstützt<br />
Deutschland<br />
bei seinem digitalen<br />
Wandel<br />
Die digitale Transformation ist ein zentraler<br />
Stellhebel, um das Wirtschaftswachstum<br />
und die Innovationskraft von Unternehmen<br />
und Ländern voranzutreiben, aber auch resilient<br />
gegenüber negativen externen Ereignissen<br />
zu werden und den Klimawandel in<br />
den Griff zu bekommen.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Um die Digitalisierung in Europa konsequent<br />
voranzutreiben und von<br />
ihren positiven Aspekten zu profitieren<br />
hat die Europäische Kommission<br />
im Rahmen ihrer Vision der digitalen<br />
Dekade in 2021 Ziele vorgestellt, die sie bis<br />
zum Jahr 2030 erreichen möchte. Diese Ziele<br />
richten sich an vier Säulen aus: die Entwicklung<br />
digitaler Fähigkeiten, der Aufbau von<br />
digitaler Infrastruktur sowie die Digitalisierung<br />
von öffentlichem Sektor und Unternehmen.<br />
Public First, ein unabhängiges Beratungsunternehmen,<br />
hat im Auftrag von Amazon<br />
Web Services (AWS) untersucht, welche Rolle<br />
Cloud-Computing bei der Realisierung dieser<br />
Ziele spielt und wie weit Europa bereits<br />
bei der Umsetzung vorangeschritten ist. Die<br />
Ergebnisse dieser Untersuchung wurden<br />
in dem Report „Unlocking Europe's Digital<br />
Potential“ zusammengefasst. Als Teil dieser<br />
Studie betrachtete Public First auch den<br />
Digitalisierungs-Fortschritt in Deutschland.<br />
Erreichen der Ziele der digitalen Dekade hat<br />
das Potenzial, eine Bruttowertschöpfung von<br />
800 Milliarden Euro in Deutschland zu erzielen<br />
Das Beratungsunternehmen schätzt, dass<br />
durch die Verwirklichung der Digitalisierungsziele<br />
der Europäischen Kommission im<br />
Zeitraum von 2021 bis 2030 in Deutschland<br />
eine Bruttowertschöpfung von über 800 Milliarden<br />
Euro erzielt werden könnte. Das entspricht<br />
etwa einem Viertel (24 Prozent) der<br />
deutschen Wirtschaftsleistung im Jahr 2021.<br />
Der Einsatz von Cloud-Computing spielt in<br />
diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle:<br />
Public First schätzt, dass 55 Prozent dieser<br />
Bruttowertschöpfung von dem Einsatz von
Cloud-Computing abhängt. Cloud-Computing<br />
ist die bedarfsabhängige Bereitstellung<br />
von IT-Ressourcen über das Internet. Statt<br />
Rechenzentren und Server selbst kaufen und<br />
betreiben zu müssen, können Organisationen<br />
Rechen- und Speicherkapazitäten, Datenbanken,<br />
als auch Dienste wie Analytics,<br />
künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen,<br />
Internet der Dinge und viele mehr bedarfsorientiert<br />
über die Cloud beziehen und dabei<br />
höchste Ansprüche an Daten- und Ausfallsicherheit<br />
erfüllen. Dadurch ermöglicht die<br />
Cloud den Zugang zu neusten Technologien<br />
ohne hohe Vorabinvestitionen und tiefgreifende<br />
Programmierkenntnisse, sodass<br />
alle Unternehmen, unabhängig von ihrer<br />
Größe, Nutzen aus diesen ziehen können.<br />
Um das volle Potenzial von 800 Milliarden Euro<br />
Wirtschaftswachstum auszuschöpfen, muss<br />
Deutschland seine Bemühungen für die Digitalisierungsziele<br />
der Europäischen Kommission<br />
schneller vorantreiben. Dies gilt insbesondere<br />
im Hinblick auf die Nutzung von Kerntechnologien<br />
durch Unternehmen: Laut Untersuchungen<br />
der Europäischen Kommission setzen<br />
bislang nur 20 Prozent der deutschen Unternehmen<br />
Cloud-Computing ein. Andere Quellen<br />
geben an, dass 37,5 Prozent der deutschen<br />
Organisationen diese Technologie nutzen.<br />
Künstliche Intelligenz wird nur von etwa 28<br />
Prozent der deutschen Unternehmen eingesetzt<br />
und Big Data lediglich in 18 Prozent der<br />
Organisationen. Dabei kann der Einsatz digitaler<br />
Werkzeuge die Unternehmensproduktivität<br />
erheblich steigern - etwa um 10–25 Prozent.<br />
Gemessen an dem derzeitigen Fortschritt<br />
wird Deutschland bis 2030 nur ein jährliches<br />
Wirtschaftswachstum von 248 Milliarden Euro<br />
erzielen. Dabei könnten durch eine schnellere<br />
Digitalisierung sogar bis zu 552 Milliarden<br />
Euro zusätzlich an Bruttowertschöpfung erwirtschaftet<br />
werden. Um die Ziele Europas in<br />
der digitalen Dekade schneller zu erreichen,<br />
müssen öffentliche und private Akteure der
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S48<br />
deutschen Wirtschaft zusammenarbeiten<br />
und die Entwicklung digitaler Fähigkeiten<br />
sowie die Einführung von digitalen Technologien<br />
unterstützen. AWS bietet in diesem<br />
Zusammenhang beispielsweise kostenlose<br />
Cloud-Computing-Trainings an, mit dem Ziel<br />
bis zum Jahr 2025 weltweit 29 Millionen Menschen<br />
zu trainieren. Bereits heute haben mehr<br />
als 100.000 Personen in Deutschland erfolgreich<br />
an Trainings von AWS teilgenommen.<br />
Deutschland macht große Fortschritte in einigen<br />
Bereichen der digitalen Dekade<br />
Die Untersuchung von Public First zeigt auch,<br />
dass Deutschland in einigen Bereichen bereits<br />
große Fortschritte zur Erfüllung der Ziele<br />
der digitalen Dekade erreicht hat. Schon<br />
heute verfügen 56 Prozent der Haushalte in<br />
Deutschland über sogenannte „Very High Capacity<br />
Networks“. Dabei handelt es sich um<br />
feste Breitbandnetze mit Glasfaseranschluss<br />
bis mindestens zum Gebäude und drahtlose<br />
Netze mit Glasfaseranschluss zur Basisstation.<br />
Die digitale Bereitstellung von grundlegenden<br />
öffentlichen Dienstleistungen ist ein weiteres<br />
Beispiel. 100 Prozent wichtiger öffentlicher<br />
Dienste sollen für Bürger:innen und Unternehmen<br />
online zugänglich sein. Auch in diesem<br />
Zusammenhang stellt Cloud-Computing ein<br />
wichtiges Instrument dar. Öffentliche Organisationen<br />
können durch die Nutzung von<br />
Cloud-Computing auf eine sichere Infrastruktur<br />
zurückgreifen, um Verwaltungsleistungen<br />
zu digitalisieren. Public First schätzt,<br />
dass die Verlagerung von 10 Prozent der<br />
aktuellen IT-Systeme in die Cloud das Potential<br />
hat, den deutschen Steuerzahlern über<br />
230 Millionen Euro pro Jahr einzusparen.<br />
AWS unterstützt die Erreichung der Digitalisierungsziele<br />
der Europäischen Kommission<br />
AWS unterstützt die Erreichung der Digitalisierungsziele<br />
der Europäischen Kommission,<br />
um den Weg in eine digitale und<br />
nachhaltige Zukunft zu ebnen. Dafür verfolgen<br />
wir einen mehrstufigen Ansatz:<br />
Aufbau von Vertrauen. Deutschland ist eines<br />
der führenden Länder in Europa, wenn<br />
es um den Aufbau einer nachhaltigen und<br />
digitalen Zukunft geht. AWS unterstützt seine<br />
Kunden in Deutschland dabei, Gesetzen und<br />
Regulierungen der EU und von Deutschland<br />
zu entsprechen und höchste Anforderungen<br />
an Daten- und Ausfallsicherheit zu erfüllen.<br />
Investitionen in den Aufbau digitaler Fähigkeiten.<br />
Digitale Fähigkeiten sind zentral in unserer<br />
künftigen Arbeitswelt. AWS unterstützt<br />
die deutsche Wirtschaft dabei, den Mangel<br />
an digitalen Fähigkeiten durch Weiterbildungs-<br />
und Trainingsangebote zu adressieren.<br />
Nachhaltigkeit stärken. Nachhaltigkeit ist eines<br />
der wichtigsten Themen unserer Zeit. AWS ist<br />
auf einem guten Weg seinen Betrieb bis 2025,<br />
also fünf Jahre vor dem eigentlichen Ziel in<br />
2030, auf 100% erneuerbarer Energien umzustellen.<br />
Zusammen mit unseren Kunden arbeiten<br />
wir an neuen Ideen, um mit neuen Technologien<br />
Emissionen zu reduzieren und unsere<br />
Umwelt zu schützen. Amazon ist der weltweit<br />
größte Einkäufer erneuerbarer Energien. Wir<br />
werden auch weiterhin daran arbeiten unsere<br />
Infrastruktur so anzupassen, dass wir unsere<br />
Nachhaltigkeitsziele erreichen können. Von<br />
dem nachhaltigeren Betrieb der AWS Cloud<br />
profitieren auch unsere Kunden: Workloads,<br />
die in der AWS Cloud betrieben werden, werden<br />
damit automatisch nachhaltiger. Weitere<br />
Informationen zu unseren Nachhaltigkeitsbemühungen<br />
können auf unserer Website abgerufen<br />
werden.<br />
Befähigung von Unternehmen. Unternehmen<br />
in Deutschland müssen auf die besten Technologien<br />
weltweit zugreifen können, um sowohl<br />
innerhalb Deutschlands als auch global<br />
wettbewerbsfähig zu bleiben. Um ihre Digitalisierungsziele<br />
zu erreichen, müssen AWS Kunden<br />
in Deutschland die freie Wahl haben, welche<br />
Technologien sie nutzen wollen.<br />
AWS respektiert europäische als auch deutsche<br />
Werte und unterstützt die sich stetig<br />
weiter entwickelnden regulatorischen<br />
Anforderungen, um seine Kunden dabei<br />
zu unterstützen, diesen zu entsprechen.<br />
Innovationskraft stärken. Die Innovationsfähigkeit<br />
ist zentral für die digitale Wirtschaft.<br />
AWS wird weiterhin daran arbeiten, die Kosten<br />
für die Entwicklung von Innovationen zu<br />
senken als auch schnelles Experimentieren,<br />
Veröffentlichen und Skalieren zu ermöglichen.<br />
(RED)
Schnell reagieren.<br />
Standzeiten<br />
reduzieren.<br />
Zuverlässige Verkehrssicherheit dank 24/7<br />
Reifenkontrolle mit WEBF<strong>LE</strong>ET TPMS.<br />
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in Echtzeit. Durch vorausschauendes Reifenmanagement erkennen und<br />
lösen Sie Probleme frühzeitig, bevor es zu kostspieligen Reparaturen<br />
oder Ausfallzeiten kommt. Unabhängig davon, ob Sie Passagiere oder<br />
Fracht befördern: Mit WEBF<strong>LE</strong>ET TPMS erreichen Sie Ihr Ziel sicher<br />
und pünktlich.<br />
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LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S50<br />
TRANSPORT & LOGISTIK<br />
Hadolt-Gruppe managt<br />
digitale Logistik im LKH-<br />
Univ.-Klinikum Graz<br />
Das Landeskrankenhaus/Univ.-Klinikum Graz<br />
zählt den größten Krankenhäusern in Österreich<br />
hat vor kurzem seine externe Logistik<br />
voll digitalisiert. Logistik muss hier reibungslos<br />
funktionieren.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Logistik muss hier von A bis Z rund um die<br />
Uhr reibungslos funktionieren und so war<br />
es naheliegend neben schon anderen<br />
bereits optimierten Logistik-Prozessen<br />
einen externen Logistik-Partner hereinzuholen,<br />
der für die interne und externe Logistik beispielsweise<br />
von Blutproben, Gewebeproben,<br />
Medikamente, medizinische Kleidung und Geräte,<br />
Desinfektionsmittel etc. verantwortlich ist.<br />
Die steirische KAGes als Träger des LKH-Univ.-Klinikums<br />
Graz hat diesen Logistikjob im vergangenen<br />
Jahr ausgeschrieben und den Zuschlag<br />
bekommen hat das in Kalsdorf bei Graz ansässige<br />
Speditionsunternehmen Hadolt-Gruppe.<br />
Es ist eine mittelständische Unternehmensgruppe<br />
mit einer hauseigenen Software-Schmiede<br />
namens I-Log. Von der wurde ein schlüssiges<br />
Konzept für den physischen Transport mit digitalem<br />
Software-Hintergrund vorgelegt, wie Michael<br />
Kazianschütz, verantwortlicher Bereichsleiter<br />
Logistik/Supply Chain Management, am<br />
LKH-Univ.-Klinikum Graz betont.<br />
Wurde in der Vergangenheit jeder Transport<br />
beispielsweise von der Lkw-Zentralapotheke<br />
in Graz zu einzelnen Klinik-Abteilungen analog<br />
im alten Stil, sprich telefonisch organisiert,<br />
wurden jede Menge traditionelle Lieferscheine<br />
ausgefüllt, so läuft jetzt das alles digital<br />
ab. I-Log ist sowohl für die internen als auch<br />
externe physischen Transporte sowie für die<br />
digitale Informationslogistik von der digitalen<br />
Auftragserteilung bis zur Abrechnung verantwortlich<br />
und „unsere Fahrzeuge stehen sowohl<br />
für getaktete Routine-Transporte als auch für<br />
sofort notwenige Fahrten zur Verfügung“, erklärt<br />
Rolf Hadolt, Geschäftsführer und Inhaber<br />
der Hadolt-Gruppe: „Wir haben das Konzept<br />
nach den Wünschen unseres Kunden maßgeschneidert<br />
und wir sehen diesen Auftrag als<br />
sehr wichtige Referenz und Fortsetzung der<br />
schon bisher 14jährigen guten Zusammenarbeit<br />
mit dem LKH-Univ.-Klinikum in anderen<br />
Bereichen“.<br />
Rolf Hadolt<br />
Geschäftsführer, Hadolt-Gruppe<br />
Hadolt bzw. I-Log hat für das Klinikum eine Software<br />
erstellt, die es den Nutzern rasch und unkompliziert<br />
ermöglicht Sendungen zu buchen.<br />
Das ist der entscheidende Punkt gegenüber<br />
früheren Prozessen, ergänzt Kazianschütz.
Durch das Track and Trace-System wird jeder<br />
Transportauftrag sofort gebucht und der<br />
Sendungsstatus verfolgt. Dadurch ersparen<br />
sich die Klinikum-Mitarbeiter viele Telefonate<br />
mit Transportdienstleistern. Da die Transporte<br />
größtenteils innerhalb des LKH-Univ.-Klinikums<br />
stattfinden ist es für Kazianschütz sehr wichtig,<br />
dass nicht nur die operativen Prozesse<br />
zuverlässig und reibungslos funktionieren,<br />
sondern auch das soziale Agieren des Personals<br />
des Logistikers im Spitalsbereich gut ankommt.<br />
Die medizinzischen Produkte werden<br />
in speziellen Transportboxen verpackt und<br />
von I-Log von den beauftragten Stellen abgeholt<br />
und transportiert, wobei dabei auch<br />
Kühlanforderungen berücksichtigt werden<br />
müssen. Auch wenn die Transporte zu üblichen<br />
Geschäftszeiten abgewickelt werden<br />
stehen die Leute von I-Log auch mit einem<br />
24-Stunden-Notdienst für Sofort-Transporte<br />
abrufbereit zur Verfügung, versichert Hadolt,<br />
der trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen<br />
keinen Grund für Panik sieht.<br />
heutige Hadolt-Gruppe formierte, die mit 250<br />
Mitarbeitern an fünf Standorten in Österreich,<br />
Slowenien und Kroatien für <strong>2022</strong> einen Umsatz<br />
von 65 Mio. Euro erwartet. Zur Hadolt- Gruppen<br />
zählen die Unternehmen Global Express<br />
Austria, I-Log logistics solutions, GO Express<br />
und Logistik Süd, Hadolt Transport und Logistik<br />
und Hadolt Real Estate. (RED)<br />
Gute Logistik-Leistung hat ihren Preis, wobei<br />
dieser heutzutage längst nicht mehr im Vordergrund<br />
steht. Hadolt: „Worauf es heute<br />
ankommt ist die Verfügbarkeit von Transportkapazitäten.“<br />
Und solche auch beim Personal<br />
in der österreichischen Logistikbranche in<br />
der händeringend Nachwuchs gesucht wird<br />
und nur schwer zu finden ist. Die duale Lehrlingsausbildung<br />
hat in Österreich leider noch<br />
immer ein niedrigschwelliges Image. Der Staat<br />
sollte ich mehr in der Lehrlingsausbildung und<br />
für den Lkw-Fahrernachwuchs engagieren, so<br />
der Wunsch des Unternehmers, der aus einem<br />
kleinen Transportunternehmen des Vaters die<br />
Michael Kazianschütz,<br />
Logistik/SCM, LKH-Univ.-Klinikum
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S52<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Herausforderungen und<br />
Hindernisse in der<br />
Industrielogistik<br />
Unterbrochene Lieferströme zum einen, eklatanter<br />
Personalmangel zum anderen, dazu<br />
die Unsicherheit über die weiteren Entwicklungen<br />
der Corona-Pandemie – <strong>2022</strong> meint<br />
es nicht unbedingt gut mit Logistikunternehmen.<br />
Wie man den Widernissen trotzt, zeigt<br />
der Erfolg der LogServ-Gruppe. Logistik express<br />
im Gespräch mit den Geschäftsführern<br />
Christian Janecek und Markus Schinko.<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
Als Tochter der voestalpine Stahl<br />
GmbH ist die Logistik Service<br />
GmbH (LogServ), Mutter der Cargo<br />
Service GmbH, auf Schienenlogistiklösungen<br />
spezialisiert. Die Expertise aus der<br />
Werkslogistik wurde längst auch auf externe<br />
Kunden ausgeweitet – überwiegend aus den<br />
Bereichen Metallerzeugung, Metallverarbeitung,<br />
Baustoff- und Prozessindustrie, Maschinen-<br />
und Anlagenbau sowie Automobil- und<br />
Automobilzulieferindustrie.<br />
Wie beurteilen Sie aktuell die Lage?<br />
„Die Supply-Chain ist aktuell aufgrund verschiedener<br />
Ursachen stark unter Druck. Die Kriegswirren<br />
in der Ukraine haben die Lieferströme<br />
durcheinandergewirbelt. Hinzu kommen Personalausfälle<br />
wegen COVID, Niedrigwasser in<br />
Donau und Rhein aufgrund der starken Hitze,<br />
Tunnelsperren und Baustellen. Der Aufwand für<br />
das Managen der Lieferketten ist immens gestiegen.<br />
Neu sind die ständigen Veränderungen;<br />
plötzliche, unerwartete Störungen, auf<br />
die zu reagieren höchst anspruchsvoll und belastend<br />
ist. Viele Mitarbeiter sind extrem gefordert,<br />
weswegen alternative Arbeitszeitmodelle<br />
mit ausreichend Erholungsphasen sehr wichtig<br />
geworden sind“, sagt Christian Janecek.<br />
„Das aktuelle `Must-win-Battle` ist es, neue<br />
Mitarbeiter zu finden. Die Logistik ist vom Kostenfaktur<br />
zum Erfolgsfaktor geworden – aktuell<br />
aber eher zum Engpassfaktor. Die voestalpine<br />
lebt nicht nur von der Produktion, sondern<br />
auch davon, dass die Waren bei den Kunden<br />
ankommen. Die Logistikströme funktionieren<br />
aktuell unter erschwerten Bedingungen.<br />
Nimmt man als Beispiel die Kohlelieferung von<br />
Osten nach Westen, ist derzeit keine Lieferung<br />
aus Russland möglich. Ersatz kommt aus Süd-
CHRISTIAN JANECEK. MARKUS SCHINKO<br />
afrika zu den Westhäfen, aber die Infrastruktur<br />
ist darauf gar nicht ausgelegt. Es fehlt an Waggons<br />
ebenso wie an Kapazitäten auf den Trassen<br />
und in den Häfen. So ist etwa Rotterdam<br />
bereits deutlich überlastet, und das wirkt sich<br />
wiederum negativ auf die Laufzeiten aus.“<br />
„Die Ressourcenthematik ist aktuell leider durch<br />
und durch problematisch“, ergänzt Markus<br />
Schinko. „Wir sind auf die Bahn angewiesen,<br />
unser Fokus liegt auf In- und Outbound. Wir profitieren<br />
zum Glück von unserem internen Bahn-<br />
Know-how und können uns selbst aushelfen.<br />
Früher war es so, dass man eine Trasse gebucht<br />
hat und der Zug fuhr. Heute braucht man die<br />
Lokomotive ebenso wie geeignetes Personal.<br />
Das nötige Abweichungsmanagement ist extrem.<br />
Die Beschaffung neuer Lokomotiven dauert<br />
2 Jahre, oder noch länger. Und dann steht<br />
man plötzlich vor dem Problem, dass das Material<br />
vielleicht gar keine Zulassung für Österreich<br />
hat. Hier ist dringend eine Vereinheitlichung<br />
zumindest auf europäischer Ebene nötig. Leider<br />
gibt es viel zu wenige Produktionsstätten<br />
für Güterwägen in Europa, darum werden<br />
wir hier selbst einen Markteinstieg versuchen.<br />
Ist die Bahnlogistik die Lösung der<br />
Umweltthematik?<br />
Janecek: „Natürlich ist die CO2-Reduzierung ein<br />
Thema. Im Outbound transportiert die voestalpine<br />
über 50 Prozent per Bahn, das ist für einen<br />
Stahlerzeuger eher ungewöhnlich. Lediglich ein<br />
Drittel wird per LKW abgewickelt. Aber wenn<br />
der Engpass bei Lokomotiven und Waggons<br />
weiter anhält, bleibt keine andere Wahl, als auf<br />
den LKW auszuweichen. Es ist ein harter Kampf:<br />
einerseits möchten wir den Standort auf CO2-<br />
Reduktion trimmen, aber dazu ist mehr Kapazität<br />
in den Verschiebebahnhöfen nötig. Aber<br />
wenn kein Material da ist, dann ist dieses Vorhaben<br />
nicht umsetzbar, egal, wie gut die Vorsätze<br />
sein mögen. Damit der Umstieg von der Straße<br />
auf die Schiene wirklich funktioniert, müssten<br />
Güterzugstrassen bevorzugt werden.“<br />
Man liest überall von Personalmangel,<br />
wie geht es der LogServ damit?<br />
Schinko: „Personal ist die wichtigste Ressource.<br />
Anteilsmäßig betragen die Personalkosten bis zu<br />
70 Prozent! Der Mangel ist groß, von der Hilfskraft<br />
bis zum Facharbeiter fehlt Personal an allen<br />
Ecken und Enden. Wir setzen viele Maßnahmen,<br />
um neue Mitarbeiter zu finden, die regionale
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S54<br />
oder sogar nationale Suche reicht leider<br />
längst nicht mehr aus. Wir haben uns unterschiedliche<br />
Konzepte überlegt. Eines davon<br />
ist es, Mitarbeiter aus dem Balkanraum zu gewinnen.<br />
Dabei kümmern wir uns nicht nur um<br />
den Erwerb der Sprachkenntnisse, sondern<br />
auch um die entsprechende Wohnung und<br />
Papiere.“<br />
„Viele aus dem Dienstleistungsbereich haben<br />
während der Pandemie eine Umschulung<br />
begonnen, aber genau diese Menschen<br />
fehlen jetzt. Eine Umschulung ist gut für Mangelberufe,<br />
keine Frage – aber meiner Meinung<br />
nach ist hier auch eine Eigenleistung<br />
angebracht, der Staat sollte nicht für alles<br />
aufkommen“, meint Schinko. „Man könnte<br />
sagen, es herrscht ein ‚War for workforce‘“,<br />
ergänzt Janecek „Ein weiterer Ansatz, um<br />
Mitarbeiter zu gewinnen, ist die Kooperation<br />
mit Fachhochschulen (St. Pölten und Steyr).<br />
Wir betreuen Diplomarbeiten und präsentieren<br />
uns auf Berufsmessen, um uns den Absolventen<br />
als attraktiver Arbeitgeber anzubieten.<br />
Früher wurden Ferialpraktikanten für administrative<br />
Tätigkeiten eingesetzt, aber heute<br />
lassen wir sie das gesamte Unternehmen kennenlernen<br />
– immerhin könnten das die Mitarbeiter<br />
der Zukunft sein“, verrät Janecek.<br />
„Wir haben festgestellt, dass es bei den Studenten<br />
große Geschlechterunterschiede hinsichtlich<br />
der Interessen gibt – die wir bei der<br />
Ansprache berücksichtigen müssen. Während<br />
für weibliche Bewerber soziale Aspekte wie<br />
Kinderbetreuungsplätze eine große Rolle spielen,<br />
zählen für männliche Bewerber vor allem<br />
Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten.<br />
Generell sehen wir, dass das Thema Nachhaltigkeit<br />
stark an Bedeutung gewonnen hat. Das<br />
„Wie“ und das „Warum“ sind extrem wichtig,<br />
und das müssen auch unsere Führungskräfte<br />
bedenken, damit sie entsprechend darauf<br />
eingehen können.“ (AG)
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S56<br />
INTRALOGISTIK<br />
Strategie und Planung<br />
als Basis erfolgreicher<br />
Logistik<br />
Nicht erst seit Corona steht fest, dass eine<br />
Optimierung der Logistikprozesse über Erfolg<br />
oder Misserfolg eines Unternehmens entscheiden<br />
kann. Nur wenige haben selbst die<br />
nötige Kompetenz dazu – die Lösung: einen<br />
Experten engagieren. Wie beispielsweise die<br />
InterLog Management GmbH.<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
Beratungshäuser und selbständige<br />
Optimierer gibt es wie Sand am Meer.<br />
Warum sollte man sich also ausgerechnet<br />
für die InterLog entscheiden?<br />
Diese Frage stellten wir dem Gründer und einem<br />
der drei Geschäftsführer, Eric Gastel: „Im<br />
Gegensatz zu den meisten Beratungshäusern<br />
sind wir sehr operativ orientiert, wir arbeiten an<br />
und mit der Basis. Zudem haben all unsere Mitarbeiter<br />
einen sehr hohen Praxisbezug. Zudem<br />
sind wir sehr bodenständig und gleichzeitig<br />
pragmatisch. Das heißt, wir machen es unseren<br />
Kunden leicht, Entscheidungen zu fällen.“<br />
Ein wesentliches Ziel der InterLog ist es, schnell<br />
substantielle und vor allem langfristige Lösungen<br />
zu präsentieren, die modular aufgebaut<br />
sind. Gastel: „Alles soll jederzeit unkompliziert<br />
erweiterbar sein, damit das System sich den<br />
unternehmerischen Prozessen anpassen lässt.<br />
Uns ist es auch wichtig, schon in der Planung<br />
auf ökologische Aspekte zu achten.“ Durchaus<br />
interessant ist auch die Tatsache, dass Projekte<br />
nicht um jeden Preis durchgeführt werden.<br />
„Wir stellen in der Planung stets auch die<br />
Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Projektes.<br />
Es kann vorkommen, dass wir einen Auftrag<br />
nicht abwickeln, wenn sich herausstellt, dass<br />
die Vorstellungen einfach nicht realisierbar<br />
sind. Das teilen wir dem Auftraggeber natürlich<br />
mit“, erklärt Gastel.<br />
Learning by doing<br />
Die Geschäftsführung der InterLog ist sich<br />
einig: ohne gute Mitarbeiter geht gar nichts.<br />
Darum investiert das Unternehmen auch in<br />
den Nachwuchs: „Wir ermöglichen jungen<br />
Menschen den Eintritt ins Berufsleben. Dazu<br />
holen wir uns Assistenten direkt von der Universität<br />
und stellen sie jeweils einem erfahrenen<br />
Kollegen zur Seite. Durch diese Durch-
„INVESTITION NACHHALTIGE LOGISTIK“<br />
Im Gespräch mit Post AG Vorstand für Paket & Logistik<br />
Peter Umundum über Innovationen und Investitionen<br />
in und für eine nachhaltige Logistik.<br />
Mehr auf logistik-express.com<br />
LOGISTIK express<br />
Ausgabe 3/2021<br />
mischung der Teams und die Kombination<br />
aus neuem, frischen Wissen und dem vorhandenen<br />
Know-How entstehen innovative<br />
Lösungsansätze. Die neuen Kollegen dürfen<br />
auch von Anfang an Projekterfahrung sammeln<br />
und aktiv mitarbeiten, damit sie rasch<br />
wachsen können“, führt er aus. Das reicht allerdings<br />
heute nicht mehr aus, um Talente ins<br />
Unternehmen zu locken, man müsse sich auch<br />
andere Benefits überlegen. „Im Gegensatz zu<br />
früher wollen junge Menschen zwar gut verdienen,<br />
aber wenig arbeiten. Dabei ist die so<br />
genannte „work life balance“ oft nur ein Vorwand,<br />
gerade in der Beratungsbranche sind<br />
10-Stunden-Tage keine Seltenheit. So manche<br />
Forderung ist einfach nur überzogen“, ärgert<br />
er sich. Immerhin bietet das Unternehmen das<br />
Urlaubsmodell „30+“: zusätzlich zu den gesetzlichen<br />
Urlaubstagen bekommt jeder an Weihnachten,<br />
Silvester und drei Fenstertagen frei.<br />
Denn die Arbeit ist durchaus anstrengend, das<br />
ist klar. Mitarbeiter-Events sorgen daher regelmäßig<br />
für gute Laune. Und, ganz wichtig:<br />
„Jeder Mitarbeiter muss so viel verdienen, dass<br />
er vernünftig davon leben kann. Dazu stehe<br />
ich“, so Gastel.<br />
100% digital<br />
Die InterLog setzt auf modernste Technik zum<br />
animieren, simulieren und emulieren in 3D.<br />
Die Kunden erhalten das fix-fertige Layout,<br />
mit dem sie dann auch arbeiten können.<br />
„Wir geben unseren Kunden bewusst unseren<br />
Lösungsvorschlag zum intern besprechen mit,<br />
MJR|HANDEL.UMWELT.LOGISTIK<br />
NACHRICHTEN & ZEITSCHRIFTEN APP<br />
Bleiben Sie mit unserer APP<br />
immer gut informiert!
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S58<br />
das schafft Unabhängigkeit. Wir möchten sie<br />
nicht zum Auftrag verpflichten, sondern haben<br />
den Anspruch, dass sie uns den Auftrag<br />
geben WOL<strong>LE</strong>N“, so Gastel. Ein gewagter Ansatz<br />
– hat er denn keine Angst, dass jemand<br />
dann die fertige Lösung von einem billigeren<br />
Anbieter umsetzen lässt? „Wir sind überzeugt,<br />
dass wir die beste Lösung zu einem fairen<br />
Preis anbieten und wir wagen uns auch an<br />
scheinbar unmögliche Aufgabenstellungen<br />
heran. Bei all unseren Angeboten ist ein Kostendach<br />
samt Abweichungsfaktor enthalten,<br />
damit die Kunden kalkulieren können.<br />
Für jeden einzelnen Arbeitsschritt gibt es eine<br />
offene Kalkulation, gebündelt zu Arbeitspaketen.<br />
Reicht das Budget nicht aus, stellen<br />
wir das Projekt trotzdem fertig, auf unsere<br />
Kosten – die Qualität der Leistung muss<br />
stimmen, dafür bürgen wir. Denn InterLog<br />
ist vielleicht nicht der günstigste Anbieter,<br />
aber auf jeden Fall effektiv. Durch das Kostendach<br />
sind wir im Nachhinein betrachtet<br />
oft sogar günstiger als ein vermeintlich billigerer<br />
Anbieter, der alles einzeln abrechnet.<br />
Natürlich zahlen unsere Kunden dann<br />
nur den tatsächlichen Aufwand.“ Durch<br />
die eigene Digitalisierung gewinnt das Unternehmen<br />
nicht nur an Mobilität, auch die<br />
Kostenstruktur konnte verschlankt werden.<br />
Dauerbrenner und Trends<br />
Die Kunden kommen aus den unterschiedlichsten<br />
Branchen, von Pharma über Food bis<br />
zu Automotive-Unternehmen in der DACH-<br />
Region, denn hier ist die Projektabwicklung<br />
hinsichtlich des ähnlichen kulturellen Hintergrunds<br />
einfacher. Bei der Lösungsfindung<br />
setzt InterLog auf erprobte Technologien,<br />
Forschungsprojekte kommen nicht in Frage:<br />
„Unsere Kunden können keine spacigen<br />
Konzepte riskieren, so sind beispielsweise<br />
Lösungen mit Drohnen aktuell noch nicht<br />
spruchreif.“<br />
Welche Themen sind denn aktuell besonders<br />
gefragt? „Wir sehen einen klaren Trend<br />
in Richtung Anlagenmodernisierung im<br />
laufenden Betrieb. Man merkt auch den<br />
Personalmangel, denn viele Anfragen betreffen<br />
die Optimierung der Produktions-<br />
logistik, etwa durch Verpackungsautomation,<br />
Robotik oder Fahrerlose Transportsysteme“,<br />
zählt Gastel auf. Auch die Einführung oder<br />
Modernisierung von Lagerverwaltungssystemen<br />
und die Automation von Hochreagallägern<br />
sei sehr gefragt. „Trotz der Rezession<br />
merken wir eine starke Bewegung am<br />
Markt. Die großen und mittleren Unternehmen<br />
wissen, dass sie jetzt investieren müssen,<br />
um mit der Konkurrenz mitzuhalten.“<br />
Die Digitalisierung helfe dabei, die „time to<br />
market“ zu verkürzen. Auch gefragt: Maßnahmen,<br />
die die Energiekosten reduzieren und<br />
Abhängigkeiten verringern, beispielsweise<br />
Dachwandverkleidungen mit Solarzellen oder<br />
Solarpanels zum Betrieb von Hochregallägern.<br />
„Hinsichtlich der Effizienzsteigerung gibt<br />
es Anfragen zur Bündelung von Transporten<br />
und Containern, um das Volumen besser zu<br />
nutzen oder auch die Tourentopologie – alles,<br />
was den CO2-Fußabdruck schmälert.<br />
Die Voraussetzung ist oft jedoch, dass sich<br />
das Bestellverhalten ändert. Die gesamte<br />
Kette muss anders organisiert werden, etwa<br />
durch eine Verlängerung der Belieferungszyklen.<br />
Wenn eine Filiale nur zwei Mal statt drei<br />
Mal pro Woche beliefert wird, dafür jedoch<br />
mit mehr Ware, ergibt sich automatisch eine<br />
CO2-Einsparung. Bei unseren Konzepten gehen<br />
wir daher nicht nur auf den Kunden ein,<br />
sondern auch auf dessen Kunden – damit er<br />
gleich Argumente hat, um Einwände zu entkräften.“<br />
Um nah beim Kunden zu sein, hat die<br />
InterLog derzeit drei Niederlassungen: in Sursee<br />
(Schweiz), Dortmund (Deutschland) und Graz<br />
(Österreich). Eric Gastel teilt sich die Geschätsführung<br />
mit Markus Lanz und Dennis Augustin.<br />
Alle drei sind aktiv im Unternehmen und als<br />
Mandatsleiter tätig. Die flachen Hierarchien<br />
sind ein Markenzeichen des dynamischen<br />
Unternehmens. „Jedes neue Projekt wird unabhängig<br />
von seiner Größe einem der drei<br />
Geschäftsführer zugeordnet, die dann auch<br />
als Coach fungieren. Mir ist es sehr wichtig,<br />
dass alle Mitarbeiter auf Augenhöhe kommunizieren“,<br />
meint Gastel. Man darf gespannt<br />
sein, welch cooles Projekt als nächstes kommt.<br />
(RED)
informiert<br />
Fachzeitschrift<br />
Newsportal<br />
Presseservice<br />
B2B Network<br />
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Jobportal
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S60<br />
INTRALOGISTIK<br />
Onlinehändler ASOS<br />
setzt auf volle Datentransparenz<br />
mit KiSoft<br />
Analytics<br />
Wer ernsthaft E-Commerce betreiben will,<br />
braucht Daten. KiSoft Analytics liefert uns<br />
alle wichtigen Daten auf einen Blick. Mit<br />
dieser smarten Datenbasis können wir aktuelle<br />
Anforderungen wie den Black Friday,<br />
aber auch zukünftige Anforderungen des<br />
E-Commerce meistern. BEITRAG: REDAKTION<br />
KNAPP erschien uns von Anfang an wie ein<br />
starker und zuverlässiger Partner. Wir sind<br />
über die Jahre miteinander gewachsen<br />
und haben Eurohub 2 von einem einfachen<br />
manuellen Lager zu einem zukunftsfähigen<br />
automatisierten Fulfillment Center weiterentwickelt.<br />
Oliver Kraftsik, Supply Chain Director, '<br />
Europe, ASOS<br />
Daten haben in unserer modernen<br />
Welt einen hohen Stellenwert:<br />
Natürlich auch in der Logistik und<br />
bei der Gestaltung von Supply-<br />
Chain-Netzwerken, die einerseits die Wünsche<br />
der Kunden erfüllen und andererseits Retailer<br />
dabei unterstützen, erfolgreich zu wirtschaften.<br />
Damit aus der ungeordneten Datenflut qualitativ<br />
hochwertige Informationen entstehen,<br />
die als Grundlage für operative und strategische<br />
Entscheidungen dienen, helfen intelligente<br />
Analyse-Tools wie KiSoft Analytics. Der<br />
führende Onlinehändler für Mode, Beauty und<br />
Lifestyle ASOS nutzt KiSoft Analytics, um Herausforderungen<br />
wie den Black Friday mit der<br />
Macht der intelligenten Daten zu meistern.<br />
OLIVER KRAFTSIK<br />
Topmodernes E-Com Fulfillment im Eurohub 2<br />
Die Herausforderungen an Onlinehändler sind<br />
heute groß: Kunden erwarten schnelle Lieferung,<br />
eine große Anzahl an Retouren muss<br />
effizient bearbeitet werden und Peaks wie<br />
der Black Friday oder der Singles‘ Day sind zu<br />
meistern. Dazu kommt ein ständig wachsendes<br />
Warensortiment und vor allem im Fashion-Bereich<br />
ständig wechselnde Kollektionen.<br />
Herausforderungen wie diesen stand auch<br />
der erfolgreiche Onlinehändler ASOS gegenüber:<br />
Um sein Logistik-Netzwerk zu stärken und<br />
optimal auf zukünftiges Wachstum ausrichten,<br />
entschied sich ASOS sein Distributionszentrum<br />
Eurohub 2 in der Nähe von Berlin mit intelligenten<br />
Automatisierungslösung inklusive umfassender<br />
Software-Suite von KNAPP auszustatten.<br />
„Als wir unser Eurohub 2 geplant haben,<br />
war sehr früh klar, dass wir eine sehr hohe<br />
Lagerdichte und sehr viele SKUs mit einem<br />
kurzen Produktlebenszyklus haben werden.<br />
Nicht jede Logistiklösung ist dafür geeignet.
Fotocredit X21de Reiner Freese<br />
KNAPP erschien uns von Anfang an wie ein<br />
starker und zuverlässiger Partner. Wir sind über<br />
die Jahre miteinander gewachsen und haben<br />
Eurohub 2 von einem einfachen manuellen<br />
Lager zu einem zukunftsfähigen automatisierten<br />
Fulfillment Center weiterentwickelt“, erklärt<br />
Oliver Kraftsik, Supply Chain Director für<br />
Europa bei ASOS. Mit Hilfe des automatisierten<br />
Lagersystems kann ASOS rund 3 Millionen<br />
Stück pro Woche bearbeiten und an Kunden<br />
in 40 Länder versenden.<br />
„Daten sind elementarer Bestandteil für jeden,<br />
der ernsthaften E-Commerce betreiben<br />
will. Gerade für die Herausforderungen, die<br />
der ganzen Branche bevorstehen, sind Tools<br />
wie KiSoft Analytics in Kombination mit soliden<br />
Logistiklösungen wesentlich“, ist sich Oliver<br />
Kraftsik sicher. (RED)<br />
Erfolg am Black Friday mit strukturierten Daten<br />
Mit der integrierten Automatisierungslösung<br />
steht ASOS das Beste aus beiden Welten zur<br />
Verfügung: Erprobte Automatisierungstechnologie<br />
sowie eine maßgeschneiderte Software-Lösung,<br />
die alle Prozesse von ASOS abbildet.<br />
Ein Teil der umfassenden KiSoft-Suite ist<br />
das intelligente Analyse-Tool KiSoft Analytics.<br />
Mithilfe von KiSoft Analytics kann ASOS Daten<br />
aus allen logistischen Prozessen optimal nutzen,<br />
bewerten und als Grundlage für kurzfristige<br />
oder auch langfristige Entscheidungen heranziehen.<br />
„Uns war besonders wichtig, dass<br />
wir granulare Daten unserer Prozesse erhalten,<br />
denn damit können wir unsere Prozesse<br />
überwachen und optimieren. Dafür ist KiSoft<br />
Analytics für uns genau das richtige Tool. Wir<br />
können tief in Echtzeit-Daten einsteigen und<br />
die Daten sind optisch ansprechend aufbereitet.<br />
KiSoft Analytics hilft uns dabei, rasch und<br />
datenbasiert die richtigen Entscheidungen zu<br />
treffen“, hebt Oliver Kraftsik die Vorzüge von<br />
KiSoft Analytics hervor. Beispielsweise nutzt<br />
das ASOS-Team KiSoft Analytics, um sich optimal<br />
auf den Black Friday vorzubereiten und<br />
kann aus den historischen Daten auch wichtige<br />
Maßnahmen für zukünftige Peaks ableiten.<br />
Das Fulfillment Center des Online-Modehändlers ASOS<br />
von außen: Eine hochautomatisierte Logistikanlage hilft<br />
dabei, die Onlinebestellungen zu bearbeiten.<br />
Modernste Automatisierungstechnik trifft intelligente Software: Technologien<br />
wie das Shuttle-System OSR Shuttle Evo oder das Taschensorter-System sind<br />
voll in die Software-Lösung KiSoft integriert. Damit steht ASOS ein zukunftsfähiges<br />
automatisiertes Fulfillment Center zur Verfügung.
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S62<br />
INTRALOGISTIK<br />
Am Puls der Zeit<br />
mit dematic<br />
Die Handtmann Group setzt auf ein schlagkräftiges<br />
Logistik-zentrum mit Automatisierungslösungen<br />
von Dematic.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Die Handtmann Gruppe beschloss<br />
das bestehende Logistikzentrum<br />
durch einen umfangreichen Neubau<br />
massiv zu erweitern. Nach<br />
einem intensiven Auswahlprozess wurde der<br />
Anbieter für Automatisierungstechnik Dematic<br />
mit der Konzeption und Umsetzung<br />
des Großprojekts betraut. Dematic realisierte<br />
eine Komplettlösung bestehend aus<br />
seinem Multishuttle-System, Behälterfördertechnik,<br />
einem Hochregal mit drei SR-U/1200<br />
Regalbediengeräten und angeschlossener<br />
Palettenfördertechnik sowie einem umfassendem<br />
Software-Paket für das Warehouse<br />
Management System (WMS). Qualität und<br />
Präzision sind seit den Anfangsjahren feste<br />
Zutaten im Erfolgsrezept der Handtmann Unternehmensgruppe.<br />
Denn die Kundschaft<br />
ist anspruchsvoll und erwartet einwandfreie<br />
Anlagen von dem Biberacher Unternehmen.<br />
GEORG BRIEGEL<br />
Handtmann erweiterte im Laufe der Jahre<br />
sein Programm, verfügt über eine breite Diversifikation<br />
und ist heute ein Global Player<br />
mit Niederlassungen und Produktionsstätten<br />
auf der ganzen Welt. Was sich indes nicht<br />
geändert hat: Der Anspruch an die eigene<br />
Leistung ist gestern wie heute extrem hoch.<br />
Darum entschied man sich in Biberach auch<br />
erst nach sorgfältigen Abwägungen für die<br />
exakt passende Lösung, als es darum ging,<br />
das Logistikzentrum am Stammsitz der Handtmann<br />
Maschinenfabrik den gestiegenen<br />
Kapazitäten anzupassen. Vor fast 150 Jahren<br />
als Messinggießerei gegründet, hat sich die Firmengruppe<br />
Handtmann im Laufe der Zeit zu<br />
einem weltweit agierenden System- und Anlagenbauer<br />
entwickelt. Heute erwirtschaftet<br />
die Gruppe mit knapp 4.000 Mitarbeitenden
an 30 Standorten weltweit einen jährlichen<br />
Umsatz in Höhe von 820 Millionen Euro. Im Geschäftsbereich<br />
der Füll- und Portioniersysteme<br />
entwickelt und produziert die Albert Handtmann<br />
Maschinenfabrik zukunftsorientierte<br />
Anwendungslösungen für die Lebensmittelverarbeitung.<br />
Dabei nimmt sie eine internationale<br />
Spitzenstellung ein. Zu ihren Kunden zählen<br />
sowohl Handwerksbetriebe und Start-ups, als<br />
auch mittelständische Betriebe und industrielle<br />
Konzerne auf der ganzen Welt.<br />
Die große Produktvielfalt des Maschinenbauers,<br />
stellt zugleich besondere Anforderungen<br />
an die Lagertechnik. Hinzu kommt,<br />
dass in den vergangenen Jahren die Volumina<br />
und der Durchsatz im Lager in Biberach<br />
an der Riß deutlich gewachsen sind.<br />
Um der Auftragslage und den gestiegenen<br />
Ansprüchen Rechnung zu tragen, war es<br />
notwendig geworden, das bestehende Palettenlager<br />
und das automatische Kleinteilelager<br />
(AKL) zu ersetzen, wie Georg Briegel,<br />
Bereichsleiter Produktion bei der Handtmann<br />
Maschinenfabrik GmbH, berichtet: „Unser Ziel<br />
war zum einen der Ausbau unserer Lagerkapazität.<br />
Zum anderen galt es, Prozesse zu<br />
optimieren.“<br />
.<br />
Implementierung im laufenden Betrieb<br />
Auf der Suche nach einer modernen Lösung<br />
entschied sich das Unternehmen für Dematic.<br />
Gemeinsam wurde ein neues Logistikzentrum<br />
auf einer Fläche von 6.000 Quadratmetern mit<br />
direktem Anschluss an die bestehende Produktionshalle<br />
neu konzipiert und angebaut.<br />
Dematic präsentierte daraufhin ein ganzheitliches<br />
Layout, bestehend aus einem Multishuttle-System<br />
und einem Hochregallager<br />
mit drei Regalbediengeräten sowie diverser
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S64<br />
Fördertechnik, die durch eine hauseigene<br />
Software-Lösung von Dematic gesteuert<br />
werden sollte. Die alte Anlage wurde nach<br />
der Fertigstellung des neuen Dematic Systems<br />
zurückgebaut. Das neue Intralogistiksystem<br />
wurde an der Schnittstelle des Neubaus<br />
in dem Bestandsgebäude fortgeführt<br />
und integriert, um nahtlos die reibungslose<br />
und effiziente Materialversorgung der Produktion<br />
von Handtmann zu gewährleisten.<br />
Eine der größten Herausforderungen bei der<br />
Installation der Anlagen war die Vorgabe, die<br />
Lösungen während des laufenden Betriebs zu<br />
implementieren. Nach einer Planungs- und<br />
Bauzeit von insgesamt 30 Monaten war das<br />
neue Lager vollständig einsatzfähig. Zu Beginn<br />
ersetzte Dematic zunächst das vorhandene<br />
Palettenlager durch ein Hochregallager<br />
(HRL) und ergänzte dieses anschließend um<br />
ein großes Multishuttlelager, welches auf einer<br />
neu errichteten bauseitigen Stahlbetonbühne<br />
installiert wurde. Erneuert wurden zudem<br />
die Paletten- und Behälterfördertechnik sowie<br />
die Arbeitsplätze im Wareneingang, der<br />
Kommissionierung, der Qualitätskontrolle, des<br />
Ersatzteilversands und im Bereich der Produktionsversorgung.<br />
„Dadurch sind wir nun in der<br />
Lage, schnell auf Veränderungen zu reagieren<br />
und unseren innerbetrieblichen Materialfluss<br />
zu verbessern“, sagt Briegel. Im Vergleich zum<br />
vorherigen System erfolgt zum Beispiel die Ersatzteilversorgung<br />
bei Handtmann jetzt um ein<br />
Vielfaches schneller und erlaubt bis zu 3.800<br />
Picks pro Tag.<br />
Flexibel auf Anforderungen reagieren<br />
Das installierte HRL bietet nun Platz für 7.200<br />
Paletten, die auf 25 Lagerebenen einfachtief<br />
in drei Gassen gelagert werden können. Durch<br />
die automatisierte Palettenlagerung sind bis<br />
zu 129 kombinierte Ein- und Auslagerungen–<br />
sogenannte FEM-Doppelspiele – möglich. Darüber<br />
hinaus fasst das neue, zweigassige Multishuttlelager<br />
rund 64.000 Behälter, die sich mit<br />
einem Gewicht von bis zu 30 Kilogramm auf 41<br />
Lagerebenen verteilen. Dort sind 550 Doppelspiele<br />
möglich. Nach dem Eingang der Waren<br />
werden diese zunächst auf Behälter verteilt,<br />
die sodann automatisch zum Kleinteilelager<br />
transportiert und eingelagert werden. Um<br />
sicherzustellen, dass das zulässige Maximalgewicht<br />
von 30 Kilogramm je Behälter nicht<br />
überschritten wird, erfolgt eine automatische
Gewichtskontrolle. Komplettiert wird das neue<br />
Logistikzentrum in Biberach an der Riß von vier<br />
Ware-zur-Person-Kommissionierplätzen, die mit<br />
einem Pick-by-Light-System ausgestattet sind.<br />
Hinzu kommen fünf Arbeitsplätze für den Wareneingang,<br />
sieben Arbeitsplätze für den Warenausgang,<br />
acht Plätze für die Qualitätsprüfung<br />
sowie einem für Rücksendungen und vier<br />
für interne Ein- und Auslagerungen. Verbindendes<br />
Element zwischen den Lagern ist das<br />
Dematic Modular Conveyor System (MCS),<br />
das die Güter automatisch transportiert. Bereits<br />
während der Planung wurde berücksichtigt,<br />
das Logistikzentrum bei Bedarf mühelos<br />
adaptieren zu können. In diesem Punkt bietet<br />
die Dematic Fördertechnik einen weiteren<br />
Vorteil: Dank seines modularen Aufbaus kann<br />
das System bei Bedarf in der Zukunft entsprechend<br />
erweitert werden.<br />
Die Handtmann Maschinenfabrik GmbH ist Teil der Handtmann Unternehmensgruppe<br />
und welt-weit führender Hersteller von Füll- und Portioniertechnik<br />
für die Nahrungsmittelindustrie. Das familiengeführte Maschinenbauunternehmen<br />
aus dem oberschwäbischen Biberach bietet Prozesslösungen<br />
für die Lebensmittelverarbeitung an. Zu den Kunden zählen sowohl Kleinbetriebe<br />
und Start-Ups, als auch Mittelbetriebe und industrielle Großunternehmen<br />
aus der ganzen Welt.<br />
Dematic Software für reibungslosen Warenfluss<br />
Die Steuerung und Bedienung der neuen Anlage<br />
erfolgt über die hauseigene Software<br />
von Dematic, wodurch die vorhandenen Lagerressourcen<br />
bestmöglich genutzt werden<br />
können. Die Lösung optimiert die Abläufe<br />
durch den Einsatz fortschrittlicher Analysemethoden<br />
und Algorithmen. Hierzu werden<br />
relevante Lager- und Unternehmensdaten in<br />
Echtzeit erfasst und mittels anwenderfreundlicher<br />
Dashboard-Übersichten auf PC, Laptop<br />
oder mobilem Endgerät angezeigt und in das<br />
vorhandene WMS eingespeist. Dadurch wird<br />
ein reibungsloserer Warenfluss innerhalb des<br />
Logistikzentrums sichergestellt. Briegel betont:<br />
„Dematic hat den Auftrag zu unserer vollsten<br />
Zufriedenheit erfüllt. Über den gesamten Prozess<br />
hinweg war die Zusammenarbeit kollegial<br />
und auf Augenhöhe. Aber das Wichtigste ist:<br />
Seitdem wir das neue Logistikzentrum in Betrieb<br />
genommen haben, sind wir deutlich effizienter<br />
und flexibler.“
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S66<br />
INTRALOGISTIK<br />
Langfristige<br />
Investitionssicherheit<br />
mit AutoStore von<br />
Element Logic<br />
Multichannel-Unternehmen Greendonkey<br />
schafft Platz und automatisiert mit einer<br />
AutoStore-Anlage von Element Logic. Das<br />
automatisierte Lager- und Kommissioniersystem<br />
ist mit dem Lagerverwaltungssystem<br />
eManager optimal in die IT-Architektur von<br />
Greendonkey mit dem ERP-System Tricoma<br />
eingebunden und sorgt für zuverlässige<br />
Kommissionierung und schnelle Versandbereitstellung.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
In Nagold, 25 Kilometer südwestlich von<br />
Stuttgart, hat sich mit der Greendonkey<br />
GmbH in den vergangenen zehn Jahren<br />
eines der am schnellsten wachsenden<br />
MultiChannel-Unternehmen der Fahrradbranche<br />
etabliert. Greendonkey ist die Dachmarke<br />
für das Radzentrum Nagold und dessen<br />
Online-Handel. In einem ehemaligen Autohaus<br />
bietet das Ladengeschäft auf mehr als<br />
1.500 Quadratmetern Verkaufs- und Ausstellungsfläche<br />
alles, was Fahrradfahrer benötigen.<br />
Neben 800 vorrätigen Fahrrädern und<br />
hochwertigen E-Bikes führender Hersteller<br />
zählen dazu unter anderem Fahrradhelme,<br />
Fahrradteile und -zubehör, Sets, Werkstattverpackungen<br />
und Fahrradbekleidung sowie<br />
Fahrradträger, Kinderfahrradanhänger<br />
und sonstiges Zubehör. Parallel wurden im<br />
Internet eigene Online-Shops eingerichtet.<br />
Inzwischen betreuen die 35 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter des Radzentrums 14.000 feste<br />
Kunden. Zudem verzeichnet die Adressdatenbank<br />
von Greendonkey mehr als 700.000<br />
Online-Kunden. Insgesamt schreibt das 2011<br />
gegründete Unternehmen zweistellige Millionen-Umsätze.<br />
„Mit unseren verschiedenen<br />
Vertriebskanälen decken wir vom Endkunden<br />
bis zum B2B Kunden alles ab“, erklärt Unternehmensgründer<br />
und Geschäftsführer Falko<br />
Borkhart das rapide Wachstum. „Als 2020 die<br />
Pandemie begann, war der Online-Handel<br />
für uns noch weit weg. Dann haben wir unser<br />
ganzes Personal im Online-Handel eingesetzt.<br />
Im August hatten wir schon 800 Sendungen<br />
verschickt. Heute schreiben wir 70 Prozent unseres<br />
Umsatzes mit dem Online-Handel, die<br />
Hälfte davon über den eigenen Webshop.<br />
Und wir sind technisch so aufgestellt, dass wir<br />
weiteres Wachstum stemmen können.“<br />
JOACHIM KIENINGER<br />
Digitalisierung und Automatisierung der Geschäftsprozesse<br />
Die rasant positive Unternehmensentwicklung<br />
brachte Greendonkey allerdings zunehmend<br />
an die Grenze seiner Lagerkapazitäten. Vor<br />
diesem Hintergrund vertiefte Borkhart die<br />
Digitalisierung und Automatisierung der Geschäftsprozesse.<br />
Als übergeordnetes ERP-System<br />
wurde bereits 2013 das Warenwirtschaftssystem<br />
„Tricoma“ implementiert. „Tricoma ist<br />
schnell einsetzbar und bietet verschiedene<br />
Schnittstellen, sowohl zu den Handelsplattformen<br />
im Netz als auch zu intralogistisch
Automatisierungssystemen“, erklärt Borkhart.<br />
„Nebenbei nehmen uns die Automatismen<br />
viel Arbeit ab.“ Diese Erfahrungen wurden mit<br />
einer im Januar <strong>2022</strong> in Betrieb genommene<br />
AutoStore-Anlage auch auf die Intralogistikprozesse<br />
der Lagerung und Kommissionierung<br />
behälterfähiger Artikel übertragen. Den Auftrag<br />
für Anlagenlayout und Projektrealisierung<br />
erhielt der Systemintegrator Element Logic,<br />
der erste offizielle AutoStore-Integrator.<br />
„Die Entscheidung für die AutoStore-Anlage<br />
fiel hinsichtlich Effizienz und Flexibilität mit<br />
Blick auf unsere Bestandsimmobilie und die<br />
Skalierbarkeit der Anlage nach einem Vergleich<br />
mehrerer Automatisierungsoptionen“<br />
Greendonkey-Unternehmensgründer<br />
und Geschäftsführer Falko Borkhart<br />
Das automatisierte Kleinteilelager- und Kommissioniersystem<br />
AutoStore zählt zu den markantesten<br />
Erfolgsgeschichten der Intralogistik<br />
in den vergangenen 20 Jahren. Weltweit sind<br />
inzwischen annähernd tausend der robotergestützten<br />
Anlagen installiert. Allein Element<br />
Logic, weltweit erfolgreichster AutoStore-Distributor<br />
des Jahres 2020 und 2021, hat inzwischen<br />
mehr als 200 AutoStore-Lösungen realisiert.<br />
Die Kombination aus Automatisierung<br />
der Intralogistik-Prozesse, Flexibilität einer<br />
durchgängig skalierbaren Komplettlösung<br />
und kompakter, energieeffizienter Anlagentechnik<br />
gelten als Erfolgsfaktoren des Systemkonzeptes.<br />
Anders als in herkömmlichen Automatisierten<br />
Kleintelelagern (AKL) werden die<br />
Behälter in den modular konzipierten AutoStore-Anlagen<br />
zur Kleinteilelagerung in Schächten<br />
übereinandergestapelt und von kleinen<br />
Robotern, sogenannten Robots, ein-, um- und<br />
ausgelagert. Die Behälterstapel werden in<br />
einem standardisierten, bis zu 6,20 Meter hohen<br />
Aluminium-Raster, dem sogenannten<br />
Grid, gelagert. Auf dessen Oberfläche arbeiten<br />
die Robots, heben die Behälter mit den<br />
gewünschten Waren an, übergeben sie an<br />
integrierte Arbeitsstationen, den sogenannten<br />
Ports, und stapeln die Behälter nach der<br />
Kommissionierung wieder in der Anlage ein.<br />
Als Füll- und Kommissionierstationen sind Karussell-Ports<br />
für höhere Lagerdurchsätze, Conveyor-Ports<br />
für geringere Durchsätze und Relay-Ports<br />
für maximale Durchsätze verfügbar.<br />
Mit einer um 60 bis 70 Prozent verbesserten<br />
Raumausnutzung gegenüber herkömmlichen<br />
AKL-Lösungen erzielen AutoStore-Anlagen bei<br />
minimalem Flächenbedarf so die höchste Lagerdichte.<br />
Dabei lässt sich das Anlagenlayout<br />
exakt auf jedwede bauliche Gegebenheit<br />
angepassen – und es ist bei wachsendem<br />
Leistungs- oder Kapazitätsbedarf durch zusätzliche<br />
Robots, Ports oder Behälter-Schächte<br />
mühelos skalierbar. „Hoch verdichtete Lagerung,<br />
minimaler Flächenbedarf und eine<br />
schnelle, fehlerfreie Kommissionierung ohne<br />
Laufwege“, fasst Joachim Kieninger, Director<br />
Strategic Business Development Element Logic<br />
Deutschland, zusammen. „Bei einem Energiebedarf<br />
von durchschnittlich 100 Watt je<br />
Robot pro Stunde weisen AutoStore-Anlagen<br />
zudem den geringsten Energieverbrauch unter<br />
den AKL-Lösungen auf.“ Faktoren, die mit
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S68<br />
den wachsenden Anforderungen an Reaktionszeiten<br />
und Prozesseffizienz durch den stark<br />
wachsenden Online-Handel und die Pandemie<br />
die Nachfrage nach AutoStore-Anlagen<br />
in den vergangenen Jahren weiter gefördert<br />
haben.<br />
Schnelle Projektrealisierung<br />
So auch bei Greendonkey. Angepasst an die<br />
Rahmenbedingungen der niedrigen Raumhöhe<br />
von lediglich 3,30 Metern in der Bestandsimmobilie<br />
konzipierte Element Logic für<br />
den Omnichannel-Händler eine exakt zugeschnittene<br />
automatisierten AutoStore-Anlage.<br />
„Nachdem Lagergröße und Dynamik der<br />
Anlage definiert waren, haben wir Layout und<br />
Konzeption festgelegt und bereits nach wenigen<br />
Wochen mit der Installation begonnen“,<br />
veranschaulicht Kieninger. „Durch die modularen<br />
Komponenten und unsere Plug-and-<br />
Play-Software eManager war die Projektrealisierung<br />
schnell abgeschlossen.“<br />
„Die kompakte Anlage bietet uns auf minimaler<br />
Grundfläche ein Maximum an Lagerkapazität<br />
und die automatisierten Prozesse<br />
entlasten die Mitarbeiter bei gesteigerter<br />
Performance.“<br />
Greendonkey-Unternehmensgründer<br />
Geschäftsführer Falko Borkhart<br />
und<br />
Auf einer Grundfläche von lediglich 105 Quadratmetern<br />
bietet die AutoStore-Anlage bei<br />
Greendonkey 2.125 Behälterstellplätze zur<br />
Kleinteilelagerung. Achtfach übereinander<br />
stehen die 330 Millimeter hohen Behälter in<br />
dem Schächten des Aluminium-Rasters. Auf<br />
der Grid-Oberfläche sorgen sechs Robots der<br />
R5-Serie für koordinierten, auftragsgerechten<br />
Zugriff auf die Behälter. Die Behälter aus<br />
der Anlage präsentieren die Roboter an drei<br />
integrierten Arbeitsplatz-Modulen. Diese sind<br />
platzsparend als Conveyer-Ports ausgeführt.<br />
Schnittstelle für koordinierte Prozessabfolgen<br />
Die Einbindung der AutoStore-Anlage in die<br />
Logistikprozesse des Online-Shops, des stationären<br />
Geschäftes und der angeschlossenen<br />
Fahrradwerkstatt erfolgte in enger Zusammenarbeit<br />
von Element Logic mit Greendonkey<br />
und den ERP-Spezialisten von Tricoma. Über<br />
eine standardisierte Schnittstelle wurde das Tricoma-Warenwirtschaftssystem<br />
(WMS) mit dem<br />
eManager von Element Logic verbunden.<br />
Das Lagerverwaltungssystem von Element Logic<br />
ist speziell auf die Bedürfnisse der Autostore-Technologie<br />
zugeschnitten. Für besondere<br />
Aufgaben wie etwa Express-Sendungen oder<br />
Multi-Aufträge aus unterschiedlichen Lagerbereichen<br />
wurden im WMS die individuellen<br />
Prozesse für die Anlagensteuerung definiert.<br />
Nach wenigen Testläufen konnte die Bestückung<br />
der Anlage erfolgen. Innerhalb von<br />
sechs Woche waren alle entsprechenden<br />
Produkte eingelagert. „Im Zusammenspiel<br />
von WMS und eManager hat sich die Anlage<br />
schnell bewährt“, urteilt Kieninger.<br />
So unterstützen die optimierten Prozesse der<br />
AutoStore-Anlage bei Greendonkey nicht allein<br />
die schnelle, fehlerfreie Auftragsfertigung<br />
im weiter wachsenden Online-Handel. Die<br />
Anlage dient auch zur Verarbeitung auftragsbezogener<br />
Großhandelsbestellungen. Die entsprechenden<br />
Artikellieferungen kommen in<br />
Mischpaletten und Mischkartons in Nagold an.
An den Ports der Anlage werden die Artikel in<br />
Behälter umgepackt, chaotisch eingelagert<br />
und umgehend auftragsbezogen wieder kommissioniert<br />
und an den Versand übergeben.<br />
„Die AutoStore-Anlage kommt sowohl als<br />
Lager- und Kommissioniersystem wie auch<br />
als Auftragspuffer und Sortiermaschine zum<br />
Einsatz.“<br />
Joachim Kieninger, Director Strategic Business<br />
Development Element Logic Deutschland<br />
Inzwischen verlassen jeden Monat rund 50.000<br />
Sendungen das Greendonkey-Zentrallager<br />
am Standort Nagold. „Zuverlässige Kommissionierung<br />
und schneller Versand zählen zu den<br />
Schlüsselfaktoren unseres Online-Handels“,<br />
resümiert Greendonkey-Geschäftsführer Borkhart.<br />
„Mit der AutoStore-Anlage von Element<br />
Logic unterstützt uns dabei ein effizientes Automationssystem.<br />
Seine Skalierbarkeit und<br />
Flexibilität bietet uns langfristige Investitionssicherheit<br />
bei weiterem Unternehmenswachstum.<br />
Wir sind mit dem Projektverlauf und den<br />
Ergebnissen sehr zufrieden.“<br />
SoMe-Zeilen:<br />
Multichannel-Unternehmen Greendonkey automatisiert<br />
Auftragsfertigung mit einer AutoStore-Anlage<br />
von Element Logic. Das automatisierte<br />
Lager- und Kommissioniersystem bietet<br />
auf 105 m2 und einer Deckenhöhe von lediglich<br />
3,3 m Platz für 2.125 Behälter und sorgt mit<br />
sechs Robots und drei Ports für zuverlässige<br />
Kommissionierung und schnelle Versandbereitstellung.<br />
(RED)<br />
Fakten und Zahlen:<br />
Greendonkey<br />
- Gründungsjahr 2011<br />
- eines der am schnellsten wachsenden<br />
MultiChannel-Unternehmen der Fahrradbranche<br />
- mehr als 1.500 Quadratmetern Verkaufs-<br />
und Ausstellungsfläche in Nagold<br />
- 14.000 feste Kunden des Radzentrums<br />
- mehr als 700.000 Online-Kunden<br />
AutoStore-Anlage:<br />
- Grundfläche 105 qm<br />
- 2.125 Behälterstellplätze<br />
- 330 mm Höhe<br />
- achtfach gestapelte Behälter<br />
- 6 AutoStore-Robots R5<br />
- 3 Conveyor-Ports<br />
- Lagerverwaltungssystem eManager<br />
von Element Logic mit Schnittstellenanbindung<br />
zum WMS
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S70<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
China Lieferketten -<br />
Dürre im Land der Mitte<br />
Nach Lockdowns und Hafenschließungen<br />
schädigt nun eine Hitzewelle mit Wasser- und<br />
Stromsanktionen die Lieferketten. Besonders<br />
die Automobil-, Halbleiter-, Siliziumerzeugerund<br />
Aluminiumindustrie in Sichuan und deren<br />
Abnehmer in Südchina sind betroffen.<br />
REDAKTION: DIRK RUPPIK<br />
China erfährt laut dem chinesischen<br />
Amt für Meterologie zur<br />
Zeit die stärkste Dürre seit mehr als<br />
sechs Jahrzehnten. Im Bereich des<br />
Jangtsekiang fiel so wenig Regen wie noch<br />
nie seit dem Beginn der vereinheitlichten Wetteraufzeichnungen<br />
in 1961. Besonders betroffen<br />
sind die Provinzen Jiangsu, Hubei und Sichuan.<br />
Nicht nur die Wasserversorgung wurde<br />
reduziert, sondern auch der Stromverbrauch.<br />
Die Hitze führte u. a. zu einer reduzierten Erzeugung<br />
von Hydroenergie und zur vermehrten<br />
Nutzung von Klimaanlagen und damit zu einer<br />
Energiekrise.<br />
Weitere Störung von Lieferketten<br />
Aufgrund der unerbittlichen Null-Covid-Doktrin<br />
und strikter Corona-Beschränkungen befanden<br />
sich bereits im Frühjahr und nun erneut<br />
im August viele Städte in China im Lockdown.<br />
Mehrere Großstädte sind betroffen. Im Frühjahr<br />
wurde besonders die Megacity Schanghai<br />
und der dortige Containerhafen von einem<br />
wochenlangen Lockdown getroffen.<br />
Es kam zu einem gigantischen Rückstau an<br />
unabgefertigten Schiffen und zudem zu Sperrung<br />
von Transportwegen auch zum Hafen.<br />
Viele Unternehmen leiden immer noch unter<br />
einer Knappheit an Zulieferteilen und auch<br />
Rohstoffen. Obwohl sich die Situation im<br />
Schanghaier Hafen mittlerweile erholt hat, ist<br />
das Land nach wie vor von der rigiden Corona-Politik<br />
bedroht, die mittlerweile auch von<br />
der WHO verurteilt wird (1). Im August befinden<br />
sich wieder zahlreiche Städte in Isolation,<br />
so die nordchinesische Hafenstadt Dalian<br />
und Shenyang (Liaoning), Chengde und Shijiazhuang<br />
(Hebei), Chengdu (Sichuan), Jishui
(Jiangxi) sowie Shenzhen und Guangzhou<br />
(Guangdong).Abermillionen Chinesen befinden<br />
sich erneut im (eigentlichen) Ausnahmezustand.<br />
Dies führt zunehmend wieder zu<br />
massiven Auswirkungen bei Handel, Reisen<br />
und Industrie. Zu den vorhandenen Schwierigkeiten<br />
kommen nun noch die Herausforderungen<br />
durch die extreme Hitzewelle mit den<br />
genannten Wasser- und Stromsanktionen.<br />
Hitzewelle trifft Industrie<br />
Die Rationierung des Stroms hat in Sichuan<br />
viele bedeutende Automobilhersteller getroffen<br />
– darunter auch Tesla (2, 3). Die Provinzregierung<br />
ordnete die Schließung fast<br />
aller Fabriken für bislang elf Tage an. Chinas<br />
größter Automobilhersteller SAIC und auch<br />
Tesla berichten bereits von „zerrissenen“ Lieferketten.<br />
Damit ist auch die Autoproduktion<br />
in Teslas „Gigafactory“ in Schanghai bedroht.<br />
Auch die Produktion von SAIC in drei<br />
Fertigungsstätten in der Megacity ist bedroht.<br />
Beide Hersteller besitzen ein weit verzweigtes<br />
Netzwerk von Automobilzulieferern, die jetzt<br />
ebenso von der Energiekrise betroffen sind.<br />
In Sichuan werden überwiegend Halbleiter,<br />
Lithiumbatterien und Autoteile hergestellt. Die<br />
chinesischen Automobilhersteller waren gerade<br />
dabei sich von den monatelangen Lockdowns<br />
in Schanghai zu erholen, als sie nun<br />
wieder von den Stromeinsparungen, Mangel<br />
an Hydroenergie und Fabrikschließungen in<br />
Sichuan getroffen wurden. Sichuan exportiert<br />
normalerweise die meist aus Wasserkraft<br />
gewonnene Energie auch in Industriezentren<br />
im Süden und an der Ostküste. Aufgrund<br />
des Wassermangels fällt dies nun aus. In der<br />
Provinz selbst sind zudem auch die Aluminium<br />
und Siliziumproduktion betroffen. Große<br />
Silizium und Polysilizium-Hersteller wie Tongwei<br />
Solar, Tianqi Lithium und Yahua Lithium haben<br />
hier ihre Werke. Rund die Hälfte des chinesischen<br />
Lithiums wird in Sichuan abgebaut und<br />
vor allem in Batterien für E-Autos verwendet.<br />
Die europäische und deutsche Solar- und<br />
Automobilindustrie sind stark von Lieferungen<br />
dieser Firmen abhängig.<br />
Die deutsche Außenhandelskammer in China<br />
berichtet, dass teilweise auch die Produktion<br />
deutscher Firmen im Land der Mitte betroffen<br />
ist. Viele internationale Halbleiterfirmen haben<br />
Werke in Sichuan, darunter Texas Instruments,<br />
Intel, Onsemi und ebenso der Apple-Zulieferer<br />
Foxconn. Auch der Jangtsekiang, der durch<br />
Sichuan fließt, ist trockengefallen. Davon<br />
betroffen ist der Drei-Schluchten-Damm mit<br />
zugehörigem Kraftwerk (Hubei), das normalerweise<br />
eine durchschnittliche Leistung von<br />
9,5 GW besitzt. Das weltgrößte Hydroelektrische-Kraftwerk<br />
beliefert Industrien in Ost- und<br />
Südchina mit Strom.
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S72<br />
Um die Energiekrise zu bewältigen wurden<br />
die Kohlekraftwerke hochgefahren, die jetzt<br />
50 Prozent mehr Strom produzieren. Das verärgert<br />
Klimaschützer, denn das Land der<br />
Mitte ist ohnehin der größte CO2-Emittent<br />
der Welt. Durch die krisengeplagte und<br />
schwächelnde Wirtschaft im Land der Mitte<br />
wackeln nun auch Klimaziele. Das Ausbalancieren<br />
von Energiesicherheit und Dekarbonisierung<br />
wird zunehmend schwieriger.<br />
Neuer Logistikriese soll Lieferkettenprobleme<br />
beseitigen<br />
Ein staatlicher Logistikkonzern, die China Logistics<br />
Group, soll nun die Lieferketten retten.<br />
Der am 6. Februar <strong>2022</strong> offiziell gegründete<br />
Konzern ist eine Fusion aus fünf Logistik-Unternehmen<br />
¬ darunter die ehemalige China<br />
Railway Materials Group (4). Als strategische<br />
Investoren sind zudem die China Eastern Airlines,<br />
die China COSCO Shipping Group und<br />
die China Merchants Group beteiligt. Der<br />
neue Logistikriese soll internationale Handelsverbindungen<br />
und Frachtdienstleistungen<br />
entwickeln und so die globalen Lieferketten<br />
(re-)organisieren. Er ist in dreißig chinesischen<br />
Provinzen und allen fünf Kontinenten aktiv.<br />
Darüber hinaus besitzt China Logistics direkt<br />
120 Eisenbahnlinien, 42 Lagerhäuser, 4,95<br />
Millionen m² Lagerfläche und eine globale<br />
Flotte von drei Millionen Fahrzeugen. Allerdings<br />
existieren bisher keinerlei Neuigkeiten<br />
über konkrete Maßnahmen der China Logistics<br />
Group.<br />
Wie kann die Situation verbessert werden?<br />
Die Supply Chain-Krise hat generell viele Ursachen.<br />
Dazu gehören natürlich die Pandemie<br />
und erneute Produktions- und Hafenschließungen<br />
in China. Aber gerade die Erholung<br />
und der erneute Konsumanstieg bereiten<br />
die größten Probleme. Aber auch fehlende<br />
Schiffscontainer, ein Mangel an Fahrern in<br />
der Logistik, der Preisanstieg durch erhöhte<br />
Nachfrage bei Rohstoffen, die Halbleiterkrise<br />
und der Chip-Mangel (der Produktionsprozesse<br />
stört) sowie das Fehlen an Lagerfläche<br />
für den Anstieg an Bestellungen sind Gründe.<br />
Generell kann die Einführungen neuer<br />
Technologien in die Lieferkette wie Künstliche<br />
Intelligenz (KI) Herausforderungen<br />
lindern. Die Voraussagende Analyse und<br />
Voraussagende Nachfrageprognose führen<br />
zu einer besseren Planung und Vorbereitung<br />
auf künftige Nachfragesituationen<br />
und die Bereitstellung von benötigter Transportkapazität.<br />
Wichtig sind Plattformen, die<br />
die Transparenz der Lieferkette verbessern,<br />
wie z. B. Lieferanten-Suchplattformen und<br />
Übersichten über die Frachtraten in Echtzeit.<br />
Die gigantische Abhängigkeit der Lieferketten<br />
vom Land der Mitte muss verringert werden.<br />
Ausweichlieferanten in anderen Ländern<br />
müssen gefunden werden. Die Produktion<br />
und Beschaffung wird langfristig wohl wieder<br />
lokaler werden. Eine Entwicklung die als Glokalisierung<br />
(Globalisierung plus Lokalisierung)<br />
bezeichnet wird. Die Wertschöpfungs- bzw.<br />
Lieferketten werden kürzer und fehlerärmer.<br />
Die Sicherheit von Supply Chains wird gegenüber<br />
dem chinesischen Preisvorteil priorisiert.<br />
Eine aktive Netzwerk- und Supply<br />
Chain-Planung, eine digitale Bestandsprognose<br />
und -disposition sowie eine umfassende<br />
logistische Kapazitätsplanung führen zu einer<br />
größeren Krisensicherheit der Unternehmen.<br />
Weitere Maßnahmen, die Unternehmen anwenden<br />
können, sind die Wiedereinführung<br />
von Pufferlagern, Umstieg vom anfälligen Justin-Time-Push-<br />
auf Pull-Modus in der Produktion<br />
und die Sicherung des Cash Flows im Unternehmen.<br />
Wenn man die Krise als Chance betrachtet,<br />
können durch die Aufdeckung von<br />
Schwächen nun Lieferketten resilienter gestaltet<br />
werden. (DR)<br />
Literatur:<br />
1 Ausbrüche in mehreren Städten, Corona:<br />
Millionen Chinesen im Lockdown, 30. August<br />
<strong>2022</strong>, ZDF.de<br />
2 Carmakers hit as China's heatwave forces<br />
more power rationing, CNN Buisness, 22. August<br />
<strong>2022</strong>, Link<br />
3 China places millions into Covid lockdown<br />
again as economy continues to struggle, 31.<br />
August <strong>2022</strong>, The Guardian, Link<br />
4 Chinas Logistikriese wird gegründet! Unterstützen<br />
Sie Schifffahrt, Luft- und Landtransport,<br />
um ein strategisches Layout zu erstellen, Dayang<br />
Welding, Link
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LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S74<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Hafen Wien feiert<br />
runden 60er<br />
Der Hafen Wien blickt auf eine lange Geschichte<br />
zurück: 1875 wurde in Wien die<br />
Donau reguliert und 1876 wurde erstmals ein<br />
Öl- und Benzinhafen errichtet, um die Versorgung<br />
der Stadt sicherzustellen.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
1902 entstand der sogenannte Winterhafen<br />
auf dem Areal des heutigen<br />
Hafen Freudenau und 1962 wurde die<br />
Wiener Hafen Betriebsgesellschaft aus<br />
der Taufe gehoben, mit der die Zeitrechnung<br />
für das diesjährige 60-Jahr-Jubiläum beginnt.<br />
Für die beiden Geschäftsführer des Hafen Wien,<br />
Doris Pulker-Rohrhofer und Fritz Lehr war die bisherige<br />
Entwicklung der drei Hafen Freudenau,<br />
Lobau und Albern eine Erfolgsgeschichte:<br />
„Weil sich die Stadt Wien als Eigner der drei<br />
Hafenteile zu diesem Logistik- und Wirtschaftsstandort<br />
bekennt und in all den Jahren viel<br />
Geld in diesen Wirtschaftsstandort investierte“,<br />
stellen die beiden Manager übereinstimmend<br />
fest. Im vergangenen Jahr wurden 13 Mio.<br />
Euro investiert. „Wir sind eine trimodale Logistik-Drehscheibe<br />
in günstiger Lage in Wien<br />
mit internationaler Verflechtung“, betont Pulker-Rohrhofer<br />
und zugleich ist der Hafen kritische<br />
Infrastruktur und war daher während der<br />
Corona-Pandemie immer voll funktionsfähig.<br />
Wobei Corona den Hafen in seiner wirtschaftlichen<br />
Entwicklung nicht wirklich tangiert hat,<br />
wenn man sich die Zahlen für 2021 ansieht.<br />
Die Hafen-Wien-Gruppe hat im Vorjahr ihren<br />
Umsatz um 40 Prozent auf mehr als 51 Mio.<br />
Euro und das Betriebsergebnis um satte 46<br />
Prozent auf 6,6 Mio. Euro gesteigert. Sieht man<br />
vom rückläufigen Pkw-Umschlagsgeschäft<br />
einmal ab waren alle anderen Geschäftsbereiche<br />
erfolgreich. Die tragenden Säulen sind<br />
das Immobiliengeschäft und hier vor allem die<br />
90%ige-Auslastung der im Jahr 2017 gekauften<br />
Immobilie HQ7, wo primär gewerbetreibende<br />
Unternehmen angesiedelt sind, die dort beispielweise<br />
Kaffee rösten oder andere Tätigkeiten<br />
wie etwa Autoaufbereitung oder Werkstattarbeiten<br />
durchführen. Sich gut geschäftlich<br />
entwickelt haben sich im Vorjahr die Bereiche<br />
Massengut-Umschlag, Lagerlogistik, Bulk-Logistik<br />
und der Terminal-Betreiber Wiencont.
„Die unsicheren Lieferketten bewirkten eine<br />
sehr starke Nachfrage nach Lagerkapazitäten,<br />
Pufferlager sind derzeit sehr gefragt und davon<br />
profitieren wir, weil wir entsprechende Lagermöglichkeiten<br />
anbieten können“, so Lehr.<br />
Mehr als 122.000 t Schwer- und Massengüter<br />
wurden in Freudenau umgeschlagen, deutlich<br />
mehr als im Jahr zuvor (2020: 83.000 t). Bei der<br />
Wiencont stieg im Vorjahr das Containervolumen<br />
auf 488.000 TEU, ein Zuwachs von 14 Prozent<br />
gegenüber 2020. Das Wachstum hängt<br />
zusammen mit dem Einstieg des schweizerischen<br />
Intermodal-Operateurs Hupac bei<br />
Wiencont mit einer Minderheitsbeteiligung.<br />
Hupac bringt Geschäft und nutzt Wiencont<br />
als Gateway für seine Intermodal-Verkehre<br />
zwischen West- und Südosteuropa. Wiencont<br />
hat den intermodalen Aktionsradius um das<br />
Trailer-Handling erweitert. Dieser Schritt erweist<br />
sich als wachstumsträchtig, weil damit<br />
im Terminal sowohl kranbare als auch nicht<br />
kranbare Sattelauflieger auf die Schiene umgeschlagen<br />
werden können. Spediteure und<br />
Intermodal-Operateure nutzen Wiencont als<br />
Drehscheibe für verschiedene Kombi-Züge.<br />
Der deutsche Operateur Helrom fährt drei Mal<br />
wöchentlich einen eigenen Zug zwischen Düsseldorf<br />
und Wiencont-Terminal mit nicht kranbaren<br />
Sattelaufliegern. Pulker-Rohrhofer: „Wir<br />
haben im Trailerverkehr derzeit 17 Zugrundläufe<br />
pro Woche von mehreren Akteuren und<br />
rund 126 Container-Züge von verschiedenen<br />
Operateuren“. Maritime und kontinentale<br />
Zugverbindungen halten sich die Waage.<br />
Gut entwickelt hat sich im Vorjahr die hafeneigene<br />
Spedition TerminalSped, die bisher<br />
auf Zolldienst- und Transportdienstleistungen<br />
spezialisiert war und im Vorjahr in das internationale<br />
Bulk-Logistik-Geschäft eingestiegen ist.<br />
TerminalSped ist eine klassische Spedition und<br />
2021 wurden bereits 10.500 Transporte abgewickelt.<br />
Zielmärkte sind Unternehmen im<br />
Recycling-Bereich, wo Kreislaufwirtschaft im<br />
Vordergrund steht. Im 60. Jahr des Bestehens<br />
richtet sich der Blick in die Zukunft und Fritz Lehr<br />
kündigt den nächsten großen Expansionsschritt<br />
an: „Wir brauchen mehr Flächen und<br />
werden daher 47.000 m2 weitere Landfläche<br />
gewinnen“. Gewonnen wird die Fläche durch<br />
Zuschüttung eins weiteren Teils des Hafenbeckens<br />
in Freudenau. Die Pläne dafür liegen<br />
auf dem Tisch und ab 2023 werden die Arbeiten<br />
beginnen, zugute wird die neue Fläche<br />
dem Wiencont-Terminal. (RED)<br />
Doris Pulker-Rohrhofer,<br />
Geschäftsführerin
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S76<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Yabba Dabba Doo!<br />
Wir bei den Flintstones<br />
Bei der Familie Feuerstein in Steintal wurden<br />
Tiere meist als Geräte benutzt. Besonders hart<br />
getroffen hatte es den Specht, der als Plattenspieler<br />
herhalten musste. Dabei hatten es die<br />
Tiere im Steintal noch wesentlich besser, als<br />
ihre Artgenossen bei den heutigen „Geröllheimers“.<br />
Heute werden sie durch dauernde Rodung<br />
und Sprengungen der „Bamm-Bamm`s“<br />
vertrieben, oder gleich abgemurkst.<br />
REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
Was den Rohstoffabbau und die<br />
damit zwangsläufig verbundene<br />
Rodung völlig gesunder Wälder<br />
betrifft, machten sich bisher<br />
in Österreich nur wenig direkt Betroffene ernsthafte<br />
Sorgen. Und dann auch nur, wenn sich<br />
der Berg buchstäblich „auflöste“, die Häuser<br />
evakuiert und Straßen monatelang gesperrt<br />
werden mussten. Es war viel „praktischer“ grüne<br />
Gesinnung zu demonstrieren, indem man<br />
Umweltsünden in fernen Ländern anprangerte.<br />
Quasi als Stellvertreterumweltschützer.<br />
Neuerdings wird die Rohstoffversorgung<br />
allerdings im Blickwinkel der Unabhängigkeit<br />
argumentiert und damit wieder „verörtlicht“.<br />
Jetzt wird es schwieriger „unschuldig“<br />
zu sein. Unabhängig von Putin, unabhängig<br />
von China usw., lautet die aktuelle Formel zur<br />
wirtschaftlichen Stabilität im eigenen Land.<br />
Die Sanduhr läuft ab... / Bild IBBS<br />
Mit der durchaus sinnvollen Nutzung eigener<br />
Ressourcen, steht allerdings wie bisher die Bodenversiegelung,<br />
der Straßenbau, viele andere<br />
„Begleiterscheinungen“ und letztlich auch<br />
der Klimanotstand im Zusammenhang – nur<br />
noch viel sichtbarer. Intelligenter Rohstoffabbau<br />
würde bedeuten, weniger Probleme. So-
Baurohstoffe in Österreich, Quelle GBA<br />
wenig wie möglich und nur so viel wie notwendig,<br />
das wäre eine überlegenswerte Devise.<br />
Das Gegenteil davon findet statt – auch von<br />
den Grünen unterstützt. Der Zugang zur „sicheren<br />
Versorgung“ mit Rohstoffen fußt auf der<br />
Formel, wir nehmen, was wir brauchen – egal<br />
woher. Nicht wir nehmen nur dass, was wir der<br />
künftigen Generation zumuten können. Deshalb<br />
haben wir aktuell bereits im April die uns<br />
jährliche zustehenden Ressourcen verbraucht.<br />
Dabei streben wir ja nur eine „ausreichende“<br />
Rohstoffversorgung an. Aber wer definiert,<br />
was ausreichend ist? Natürlich die Wirtschaft.<br />
Die ex-Ministerin Elisabeth Köstinger sagte,<br />
Rohstoffe sind das Lebenselixier der Wirtschaft.<br />
Die Wirtschaft bestimmt darüber hinaus<br />
auch, was „bedarfsgerecht“ ist. Nicht<br />
die Politik und schon gar nicht irgendwelche<br />
Gretaisten entscheiden, was, wann, wie, wo<br />
und in welcher Menge verbraucht wird. Sportlich<br />
argumentiert könnte man sagen: weiter,<br />
höher, schneller. Wer möglichst viel, in kurzer<br />
Zeit verbraucht, bekommt einen Stockerlplatz<br />
– sprich, der steigert den Wohlstand und die<br />
Lebensqualität (von Investoren). Politikerinnen<br />
und Journalistinnen spielen dabei die Rolle der<br />
Groupies oder dienen als Boxenluder. Wie im<br />
Spitzensport, jedes Land hat seine lokalen Favoriten<br />
und Anwärter auf die Krone. In Österreich<br />
ist die Rohstoffindustrie mit der Zementund<br />
Schotterindustrie so ein nationaler Player<br />
mit dem Anspruch auf einen Stockerlplatz. In<br />
Erinnerung ist den Österreicherinnen noch die<br />
„Schottermitzi“. Sie hat es sogar bis in höchste<br />
Regierungsämter geschafft.<br />
Insgesamt beträgt der Ressourceneinsatz für<br />
unseren „Wohlstand“ in Österreich laut Rohstoff<br />
Masterplan-2030 167 Mio. Tonnen - allein<br />
aus heimischer Produktion. Mit einer jährlichen<br />
Gesamtproduktion von etwa 100 Millionen<br />
Tonnen sind Baurohstoffe wie Sand, Kies, Mergel<br />
und Naturstein, mengenmäßig bei weitem<br />
die bedeutendste Gruppe der festen mineralischen<br />
Rohstoffe in Österreich. Hierbei spielen<br />
der Straßenbau und die Zementindustrie eine<br />
wesentliche Rolle beim Verbrauch. Für einen<br />
Kilometer Autobahn benötigt man allein<br />
30.000 Tonnen Sand. In Österreich gibt es derzeit<br />
rund 350 aktive Steinbrüche. Dazu kommen<br />
noch etwa 950 Sand- und Kiesgruben. Die<br />
Nationalhymne könnte also durchaus lauten:<br />
„Land der Berge und Land der Kiesgruben…“.
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S78<br />
Land der Berge, Land der<br />
Schottergruben... / Bild IBBS<br />
Früher galt, jedes Dorf braucht ein Wirtshaus.<br />
Heute ist es die Kiesgrube. Die mineralischen<br />
Rohstoffe werden nach der Gewinnung entweder<br />
per Bahn oder LKW an ihren Einsatzort<br />
transportiert (Forum Rohstoffe). Viel wird im<br />
Zusammenhang mit diesen großen Transportmengen<br />
und deren Bedeutung von Innovation<br />
und Nachhaltigkeit gesprochen. Was den<br />
Transport anbelangt, wird das Binnenschiff<br />
als Verkehrsmittel jedoch bei der Rohstoffverteilung<br />
mit keinem Wort erwähnt – obwohl<br />
maßgebliche Abbaugebiete im Einzugsgebiet<br />
der Wasserstraße Donau liegen. Stattdessen<br />
wird quasi empfohlen, das Gewichtslimit<br />
beim LKW-Transport zu erhöhen, weil dies<br />
angeblich zu weniger Verkehr führen würde.<br />
In Wien – an der Wasserstraße Donau und Donaukanal,<br />
wird zum Beispiel trotz reger Bautätigkeit<br />
kein einziges Schiff für Rohstofftransporte<br />
genützt. Das Thema hängt eng mit den<br />
Begriffen „City-Logistik“ und „Urban Mining“<br />
zusammen. Diese existieren aber im Vokabular<br />
der Rohstoffindustrie überhaupt nicht.<br />
Trimodale Umschlagslösungen dienen höchstens<br />
als Feigenblatt, um üppige EU-Förderungen<br />
lukrieren zu können. Für die Rohstoffumschlagslösung<br />
Hafen/Binnenschiff, bleiben<br />
meist nur ein paar Krümel übrig.<br />
Dabei gibt es durchaus große Vorbilder. In<br />
Berlin sagt man, dass die Stadt „aus dem Kahn“<br />
(Binnenschiff) erbaut wurde (und noch immer<br />
wird). Auch in vielen anderen Städten spielt<br />
das Binnenschiff bei der Rohstoffversorgung<br />
eine zentrale Rolle. Weniger nachahmenswert<br />
sind die Beispiele aus Indien, wo der Bau Sand<br />
von „Sand Miners“ – oft auch Kinder - aus den<br />
Flüssen geschöpft und auf Boote verladen<br />
wird. Dabei müssen diese ausgebeuteten Geschöpfe<br />
200-300 Mal pro Tag metertief mit einem<br />
Kübel abtauchen. Eine ähnliche brutale<br />
Abbaumethode praktizierten die „Sandmänner“<br />
vom Main – allerdings ohne Tauchgänge,<br />
als sie feststellen mussten, dass man mit Sand<br />
mehr Geld verdienen kann, als mit dem Fischfang.<br />
Heute spielt bei der Rohstoffgewinnung,<br />
dort wo die Schifffahrt gebraucht wird, nur<br />
noch High Tech eine Rolle. Selbst die vielerorts<br />
tätige Sandmafia ist schon gut ausgerüstet.<br />
Anders ist es beim Transport der Rohstoffe. Da<br />
ist „Steintal“ noch lebendig.<br />
Aktuelles Beispiel: Die Grünen finden, dass mit<br />
einem „Schotterband“ im schönen Nibelungengau<br />
über die Donau gespannt, hunderte<br />
LKW-Fahrten eingespart werden könnten. Damit<br />
sind die Grünen zwar auf Linie des dort tätigen<br />
„Geröllheimers“, aber zu Ende gedacht<br />
ist die Lösung nicht. Wenn es um Schnelligkeit<br />
geht, die ist sicher geboten, dann ist das Binnenschiff<br />
die erste Wahl. Die Logistikabteilung<br />
müsste nämlich den Schiffstransport nur<br />
bestellen, weil selbst eine provisorische Verladeeinrichtung<br />
innerhalb von Stunden zu<br />
bewerkstelligen ist. Wenn es um die Zahl der<br />
einzusparenden LKW-Fahrten geht, dann ist<br />
auch das Binnenschiff die erste Wahl, denn<br />
ein (1) Binnenschiff könnte selbst bei Niederwasser<br />
noch immer etwa 400 Tonnen laden.<br />
Man geht in der Praxis allerdings davon aus,<br />
dass ein Schiffsverband immer zumindest aus<br />
zwei oder sogar vier Einheiten (Schubleichter)<br />
besteht. Im Extremfall also mindestens<br />
800-1600 Tonnen transportiert. In Österreich<br />
kann man davon ausgehen, dass die Donauschifffahrt<br />
auch künftig gute Wasserstandverhältnisse<br />
haben wird (staugeregelt, reguliert).<br />
Daher kann ein Schiffsverband, aus bis zu vier<br />
Einheiten bestehend und bei halbwegs normalen<br />
Pegelständen, zumindest 4000 Tonnen
Rohstoff per Binnenschiff<br />
/ Bild IBBS<br />
dauerhaft transportieren. Die Frage ist also,<br />
warum macht man das nicht schon längst,<br />
wenn nachhaltig transportieren das Gebot<br />
der Stunde ist? Warum fordern die Grünen<br />
keine nachhaltige Lösung? Die Antwort ist<br />
simpel. Man macht es nicht, weil der Straßentransport<br />
billiger und einfacher ist. Die Straße<br />
ist immer die erste Wahl für einfach tickende<br />
Logistiker. Das Intelligenteste im LKW-Verkehr<br />
ist nämlich das Navi. Und vermutlich hat es bei<br />
den meisten Rohstoffschürfern noch nie eine<br />
UVP mit einem Verkehrskonzept gegeben. Die<br />
Bahn, wenn sie denn mittels „Förderband-Brücke“<br />
erreicht wird, hat bereits jetzt genug Probleme<br />
mit Lärmbelästigung und Kapazitätsgrenzen.<br />
Außerdem, die Bahn ist auf gewissen<br />
Strecken sozusagen der Mercedes unter<br />
den Transportmitteln und mit einem Mercedes-PKW<br />
würde auch niemand auf die Idee<br />
kommen, Zementsäcke zu transportieren.<br />
Der WWF hat 2018 in einer umfassenden Studie<br />
auf die schwerwiegenden Auswirkungen<br />
der unkontrollierten Rohstoffausbeutung hingewiesen<br />
– allerdings ohne die Transportfrage<br />
zu berücksichtigen. Inzwischen ist der Rohstoffverbrauch<br />
weiter exorbitant gestiegen und<br />
um die weltweite Gier befriedigen zu können,<br />
hat längst der Run auf die Schätze der Tiefsee<br />
begonnen. Ohne ausreichender Forschungsergebnisse<br />
über die Folgen der Ausbeutung,<br />
sagen die NGOs. Verfügbare Daten stammen<br />
von jenen Forschungen, die von den<br />
Ausbeutungs-Unternehmen finanziert werden.<br />
Zumindest wird man bei der Ausbeutung der<br />
Tiefseerohstoffe um den Schiffstransport nicht<br />
herumkommen. Die Sanduhr läuft ab. (PB)<br />
Das wichtigste Argument pro Binnenschiff<br />
liegt also in der Zukunftsplanung begründet.<br />
Auch wenn sich anscheinend noch niemand<br />
Gedanken darüber gemacht hat, wie „unser<br />
schönes Land“ ausschauen wird, wenn man<br />
mit Rodung und Abbau fertig ist – es wird jedenfalls<br />
noch ein paar Jahrzehnte erheblichen<br />
Transportbedarf geben.<br />
Ein anderes Beispiel – ein Kärntner Zementwerk<br />
- zeigt, dass dort wo keine Wasserstraße,<br />
aber eine belastbare Bahn zur Verfügung<br />
steht, dennoch ausschließlich der LKW die erste<br />
Wahl im Rohstofftransport ist. Da stört es die<br />
Grünen auch nicht, dass unzählige LKW sogar<br />
durch enge Dorfstraßen fahren und nicht nur<br />
Anrainer schwer belasten, sondern auch hohe<br />
Infrastrukturkosten verursachen.<br />
Rohstoff per Binnenschiff / Bild IBBS
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S80<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
ÖBB und Hafen Triest<br />
bringen Impulse für<br />
den Wirtschaftsstandort<br />
Kärnten<br />
Um Gütertransporte auf die Schiene zu verlagern<br />
und den Wirtschaftsstandort Kärnten<br />
noch attraktiver zu machen, wollen<br />
die ÖBB in enger Zusammenarbeit mit dem<br />
Land Kärnten das Logistik Center Austria<br />
Süd (LCA-Süd) in Fürnitz stärken und einen<br />
Schienen-Zollfreikorridor zwischen Triest und<br />
Fürnitz etablieren. Neben der Erhöhung der<br />
Wertschöpfung für das Land Kärnten und<br />
seiner Industrie, kann das LCA-Süd damit zur<br />
internationalen Logistikdrehscheibe ausgebaut<br />
werden, wodurch neue Arbeitsplätze<br />
und mehr Wertschöpfung für die Unternehmen<br />
am Standort entstehen werden.<br />
TEXT: REDAKTION<br />
Mit dem Schienen-Zollfreikorridor<br />
soll zukünftig der Hafen Triest<br />
entlastet werden. Ein Teil der ankommenden<br />
Container sollen<br />
künftig, um die Umschlagshäufigkeit weiter<br />
zu erhöhen, in Triest dann direkt ab Schiff auf<br />
die Schiene verladen und in Fürnitz von der<br />
Zolldeklaration bearbeitet und danach national<br />
und international weiterverteilt werden.<br />
Erste Details zur verstärkten Zusammenarbeit<br />
zwischen der ÖBB und dem Hafen Triest und<br />
dem geplanten Zollkorridor wurden im Congress<br />
Center Villach von ÖBB CEO Andreas<br />
Matthä, Wirtschafts- und Verkehrslandesrat<br />
Sebastian Schuschnig, dem Geschäftsträger<br />
a.i. der Italienischen Botschaft in Wien Gabriele<br />
De Stefano, dem Präsidenten der Häfen<br />
Triest und Monfalcone, Zeno D’Agostino und<br />
dem CEO von Adriafer, Maurizio Cociancichvorgestellt.<br />
ÖBB CEO Andreas Matthä unterstrich: „Triest ist<br />
für die ÖBB ein bedeutender Knotenpunkt für<br />
Verkehre von und nach Österreich sowie in Europas<br />
Hinterland. Wir sind mit unserer Güterverkehrstochter<br />
ÖBB Rail Cargo Group Marktführer<br />
am Hafen Triest. Ich freue mich, dass wir nun<br />
unsere Kooperation vertiefen und gemeinsam<br />
an einer innovativen und effizienten Lösung<br />
für die Wirtschaft Kärntens und für den Klimaschutz<br />
arbeiten. Auf diese Art wollen wir die<br />
steigenden Gütermengen, die mit dem Schiff<br />
in Triest ankommen, künftig unmittelbar auf die<br />
Schiene verlagern. Ich bedanke mich beim<br />
Land Kärnten und unseren italienischen Partnern<br />
für die sehr gute Zusammenarbeit: Denn<br />
nur gemeinsam können wir die Verkehrswende<br />
von der Straße auf die Schiene schaffen.“<br />
Wirtschafts- und Verkehrslandesrat Sebastian<br />
Schuschnig betonte die Chancen, die sich
aus der verstärkten Kooperation mit dem Hafen<br />
Triest ergeben: „Kärnten kann vom ersten<br />
Schienen-Zollkorridor Europas als Wirtschaftsund<br />
Industriestandort enorm profitieren! Wir<br />
arbeiten seit vielen Jahren konsequent an der<br />
Umsetzung dieses europäischen Leitprojekts.<br />
Mit der vertieften Zusammenarbeit zwischen<br />
den Adria Häfen, wie insbesondere dem Hafen<br />
Triest, der ÖBB und dem Logistik Center in<br />
Villach-Fürnitz schaffen wir eine wichtige<br />
Grundlage, damit Kärnten nicht Durchzugsland<br />
für Schienentransit wird, sondern Wertschöpfung<br />
und Arbeitsplätze im Land geschaffen<br />
werden. Ich freue mich, dass wir mit<br />
allen Partner den Standort gemeinsam entwickeln<br />
und bedanke mich für die gute Zusammenarbeit.<br />
Zusätzlich möchte ich noch darauf<br />
hinweisen, dass aufgrund der verstärkten<br />
Warenströme über die Bahn auch die Lärmschutzmaßnahmen<br />
verstärkt werden müssen.“<br />
Der Geschäftsträger a.i. der Italienischen<br />
Botschaft in Wien, Gabriele De Stefano führte<br />
aus, „Wir blicken mit großem Interesse auf<br />
dieses neue grenzüberschreitende Kooperationsprojekt<br />
zwischen dem Hafen Triest und<br />
dem Bundesland Kärnten, welches heute hier<br />
in Villach in einem Rahmen hervorragender bilateraler<br />
Beziehungen - mit häufigen und zahlreichen<br />
Treffen auf höchster politischer Ebene<br />
- vorgestellt wird. Es ist bezeichnend, dass in<br />
eben diesen Stunden der italienische Staatspräsident<br />
Mattarella den österreichischen<br />
Bundespräsidenten Van der Bellen zu einem<br />
Besuch in Rom empfängt. Wir unterstützen<br />
mit Überzeugung die zukünftige Entwicklung<br />
dieser Logistik-Initiative zwischen italienischen<br />
und österreichischen Regionen und Bundesländern.<br />
Diese Initiative stellt einen innovativen<br />
und nachhaltigen Beitrag unserer beiden<br />
Länder zur Stärkung der grenzüberschreitenden<br />
Zusammenarbeit in der EU dar, wie dies<br />
auch bereits durch das Euregio-Projekt und<br />
die EU-Alpenstrategie geschieht.<br />
Zeno D'Agostino, Präsident der Häfen von<br />
Triest und Monfalcone unterstrich, "Die herausragende<br />
Stellung des Hafens von Triest<br />
zeichnet aus, dass er ein mit Europa verbundener<br />
Eisenbahnhafen ist. Unser Anlaufhafen<br />
übertrifft bereits heute die von der EU für 2030<br />
und 2050 gesetzten Ziele für den Schienengüterverkehr:<br />
Über 50 % der Container und 41 %<br />
der Sattelauflieger werden per Bahn ins Ausland<br />
befördert. Diese Zahlen zeigen, dass das<br />
internationale Know-how von Triest nicht nur<br />
die Fähigkeit betrifft, Seeverkehrsströme abzuwickeln,<br />
sondern auch wichtige intermodale<br />
Ströme für alle wichtigen Drehkreuze in Mittelund<br />
Osteuropa. Wir wollen daher immer mehr<br />
Allianzen mit den wichtigsten Akteuren der<br />
europäischen Logistik schließen, und Fürnitz ist<br />
einer von ihnen".<br />
Der Vorstandsvorsitzende von Adriafer, Maurizio<br />
Cociancich, bekräftigte: "Das Interesse von<br />
Adriafer am Zollfreikorridor ist sehr groß, und<br />
wir sind zuversichtlich, dass die gemeinsame<br />
Arbeit mit den italienischen und österreichischen<br />
Institutionen, der ÖBB und der RCG, zur<br />
Schaffung neuer Beziehungen führen wird, die<br />
die Attraktivität unserer Knotenpunkte erhöhen<br />
und den in unseren Gebieten ansässigen<br />
Unternehmen einen Mehrwert bringen. Adriafer<br />
stellt sich mit der Verwaltung des Zwischenlagers<br />
und seiner Erfahrung im Bereich des<br />
Rangierens und der Eisenbahntraktion in den<br />
Dienst der Initiative, um deren vollen Erfolg zu<br />
gewährleisten".<br />
v.l.n.r. Landesrat Schuschnig;<br />
ÖBB CEO Matthä; Präsident<br />
der Häfen von Triest und Monfalcone,<br />
Zeno D'Agostino;<br />
Geschäftsträger a.i. der Italienischen<br />
Botschaft Wien, De<br />
Stefano, Vorstandsvorsitzender<br />
Adriafer, Cociancich
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S82<br />
Ein Musterbeispiel der<br />
länderübergreifenden Kooperation<br />
Der Hafen Triest sieht sich mit steigenden Gütertransportvolumina<br />
konfrontiert. Für den<br />
raschen Umschlag der ankommenden Container<br />
ist die Etablierung eines Schienen-Zollfrei-Korridors<br />
zwischen dem Hafen Triest und<br />
dem Logistik Center Austria Süd geplant. Teile<br />
der ankommenden Güter können dadurch<br />
am Hafen direkt auf die Bahn verladen und<br />
umgehend zum LCA-Süd nach Villach transportiert,<br />
um hier verzollt und je nach Bedarf<br />
zwischengelagert und weiter transportiert zu<br />
werden. Der Großteil der Gütermengen, die<br />
am Hafen Triest umgeschlagen werden, sind<br />
für die Länder Österreich, Deutschland, Ungarn<br />
und Tschechien bestimmt.<br />
Etablierung einer regelmäßigen TransFER Verbindung<br />
zwischen Hafen Triest und LCA-Süd<br />
Die bereits jetzt schon mehrmals wöchentlich<br />
zwischen dem Hafen Triest und dem LCA-Süd<br />
verkehrenden Züge, können mit dem geplanten<br />
Schienen-Zollfrei-Korridors mittels Shuttleverkehre<br />
ausgebaut werden.<br />
Positive Auswirkungen für Kärnten<br />
und Österreich<br />
Ein Schienen-Zollfrei-Korridor würde Kärnten<br />
und dem LCA-Süd die Chance bieten bedeutende<br />
wirtschaftliche Impulse im Süden<br />
Österreichs zu setzen. Zusätzlich zur Attraktivierung<br />
und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit<br />
des LCA-Süd wird auch die Wertschöpfung,<br />
anstelle der reinen Transitverkehre, in der Region<br />
erhöht und neue Arbeitsplätze werden<br />
entstehen. Neben der Verzollung können im<br />
LCA-Süd auch value-adding Services wie u.a.<br />
Reparatur von Waggons und Containern angeboten<br />
werden.<br />
Positive Auswirkungen auf die Transportund<br />
Verladewirtschaft<br />
Am LCA-Süd sind schon jetzt ausreichend Lagerkapazitäten<br />
und personelle Ressourcen<br />
vorhanden. Sie werden eine rasche Abwicklung<br />
der Verzollung und dadurch reduzierte<br />
Lagerzeiten und –kosten ermöglichen. Darüber<br />
hinaus erfolgt der Informationsaustausch<br />
beim Zollverfahren im LCA-Süd vollständig<br />
digital. Des Weiteren können die Waren von<br />
Fürnitz in unterschiedlichste Destinationen auf<br />
der nachhaltigen Schiene weitertransportiert<br />
werden.<br />
Die Rolle der italienischen und<br />
österreichischen Zollverwaltungen<br />
Obwohl im Rahmen der Europäischen Zollunion<br />
bereits eng zusammengearbeitet wird, ist<br />
der beabsichtigten Zollkorridor vom Hafen<br />
Triest nach Villach/Fürnitz auch ein Leuchtturmprojekt<br />
mit Vorbildwirkung für das gemeinsame<br />
Agieren der Zollverwaltungen in der EU. '<br />
Die große Herausforderung für die Zollabwicklung<br />
auf Wirtschafts- wie Zollseite liegt<br />
darin, den Workflow mehrerer verschiedener<br />
Mitspieler so aufeinanderabzustimmen, dass<br />
sowohl ein durchgängiger flüssiger Transport<br />
und Verfahrensablauf als auch die Einhaltung<br />
der im internationalen Handel erforderlichen<br />
Regeln gewährleistet ist. Hinzu kommt die eindeutige<br />
Zuordnung der jeweiligen Aufgaben<br />
und Verantwortlichkeiten. Eine wichtige Rolle<br />
spielt bei den letztendlich angepeilten umfangreichen<br />
Liefermengen auch die Nutzung<br />
von IT-Systemen und ein darauf aufbauendes<br />
effizientes Risikomanagement.<br />
Daher finden derzeit für die Erreichung dieser<br />
Ziele intensive Arbeitsgespräche nicht nur zwischen<br />
den Zollverwaltungen, sondern auch<br />
unter Einbindung der involviertenWirtschaftsbeteiligten<br />
in Italien und Österreich statt. Die<br />
Gespräche zwischen den Zollbehörden laufen<br />
in einem sehr positiven, konstruktiven Klima<br />
und erzielen gute Fortschritte. Die Zollbehörden<br />
beider Länder zeigen sich daher zuversichtlich,<br />
die erforderlichen Konsultationen<br />
noch in diesem Jahr abschließen zu können.<br />
Logistik Center Austria Süd<br />
Die Standortagentur LCA Logistik Center Austria<br />
Süd GmbH (kurz LCA-Süd) wurde 2017 mit<br />
dem Ziel gegründet, den Standort Fürnitz bei<br />
Villach zu einem führenden Logistik-Hub im Alpe-Adria-Raum<br />
zu entwickeln. LCA-Süd zeichnet<br />
verantwortlich für die zielgerichtete Förderung<br />
und Entwicklung des Standortes, des<br />
erweiterten Standortraumes (Region) sowie<br />
der Kooperation der angesiedelten Unternehmen<br />
und weiteren interessierten Akteuren. Die<br />
LCA-Süd versteht sich als starker Partner der<br />
Logistikwirtschaft, der mit optimalen Standortbedingungen,<br />
intelligenter Vernetzung und<br />
maßgeschneiderten Lösungen die besten Voraussetzungen<br />
für effiziente, ressourcenschonende<br />
Transportketten schafft.<br />
(RED)
Die Welt der<br />
nachhaltigen<br />
Logistik<br />
• logistik-express.com<br />
• binnenschiff-journal.at<br />
• umwelt-journal.at<br />
• transportlogistik.business<br />
• ecommerce-logistik.business<br />
• mobilitaet.business<br />
• mylogistics.business<br />
m.jaklitsch@logistik-express.at
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S84<br />
WIRTSCHAFT POLITIK<br />
Ein Land im<br />
Niedergang:<br />
Deindustrialisierung<br />
schreitet voran<br />
Ein Land im Niedergang: Deindustrialisierung<br />
schreitet voran - vom Exportweltmeister<br />
zu Wärmehallen und Stromausfällen.<br />
BEITRAG: MARC FRIEDRICH<br />
Deutschland muss sterben!... So heißt<br />
ein beliebtes Lied der Hamburger<br />
Punkband „Slime“ zu dem gerne<br />
Pogo getanzt wird. Kann den ein<br />
Land sterben? Ja, zuerst seine Wirtschaft und<br />
damit auch über kurz oder lang das ganze<br />
Land, denn die Wirtschaft ist der Herzschlag<br />
eines Landes. Und wenn das Herz stirbt, bleibt<br />
alles andere auch stehen. Wir sehen ein Vorhofflimmern<br />
in Form von rasant steigenden<br />
Energiepreisen und massiver Verunsicherung<br />
der Bürger, welche sich durch eine Kaufzurückhaltung<br />
ausdrückt. Ein Herzstolpern durch<br />
offensichtlich überforderten Politiker und unverblümter<br />
Warnungen von besorgten Branchenvertretern<br />
und auch schon einige kleinere<br />
Infarkte sind aufgetreten in Form von<br />
Kurzarbeit sowie Insolvenzen von ersten Unternehmen.<br />
Selbst ein Laie würde attestieren: Es<br />
steht nicht gut um den Patienten und akute<br />
Gefahr ist in Verzug.<br />
Die Lage spitzt sich immer dramatischer zu.<br />
Man muss sich schon die Augen reiben und<br />
klar machen, dass man nicht in einem Alptraum<br />
gefangen ist. Hätte Ihnen jemand vor<br />
wenigen Jahren gesagt, dass wir in Deutschland<br />
über Energiekrise, Stromausfälle, Wärmehallen,<br />
leere Regale und geforderte Waffenlieferungen<br />
durch die Grünen sprechen
würden, hätten sie denjenigen völlig zurecht<br />
als Spinner oder Verschwörungstheoretiker<br />
abgekanzelt. Doch jetzt sehen wir genau<br />
diesen Paradigmenwechsel in einer atemberaubenden<br />
Geschwindigkeit und damit<br />
einhergehend den Niedergang des Landes.<br />
Immer mehr Unternehmen klagen über die<br />
hohen Energiepreise und Verbände und Branchenvertreter<br />
warnen vor einer Insolvenzwelle<br />
sowie einer Deindustrialisierung Deutschlands.<br />
Denn durch die immens steigenden Energie-<br />
und Strompreise geraten nicht nur wir<br />
Bürger immer weiter unter Druck, sondern<br />
auch die deutsche Wirtschaft und Industrie.<br />
Vor allem die energieintensiven Branchen<br />
wie Chemie, Glas, Papier oder Metall<br />
stehen mit dem Rücken zur Wand.<br />
Zunehmend gehen Unternehmen dazu über<br />
ihre Produktion zu drosseln, um Kosten zu<br />
sparen. Mitarbeiter werden in Kurzarbeit geschickt<br />
und Investitionen werden gestoppt.<br />
Apropos Investitionen: Ausländische Unternehmen<br />
werden es sich zweimal überlegen,<br />
ob sie im Hochsteuerland Deutschland mit<br />
jetzt auch noch Rekordenergiepreisen plus<br />
zäher Bürokratie investieren wollen. Ebenso<br />
überlegen jetzt schon zehn Prozent der Firmen<br />
die Produktion ins Ausland zu verlagern, um<br />
die Energiekosten wieder in den Griff zu bekommen.<br />
Andere haben schon aufgegeben<br />
und die Tore ganz geschlossen bzw. mussten<br />
Insolvenz anmelden. Weitere Unternehmen<br />
werden leider folgen, wenn sich die Situation<br />
nicht rasch bessern sollte. Die unvermeidliche<br />
Rezession wird die Lage für viele Firmen und<br />
Bürger weiter verschlimmern. Der spektakuläre<br />
Abstieg Deutschlands wird genauso in die<br />
Geschichtsbücher eingehen wie sein Aufstieg<br />
durch das Wirtschaftswunder: Vom wirtschaftlichen<br />
Powerhouse zu Wärmehallen innerhalb<br />
weniger Jahre.<br />
Insolvenz oder Inflation<br />
Wie prekär die Situation ist zeigt der kolossale<br />
Anstieg der Erzeugerpreise. Dieser stieg zuletzt<br />
im August um 45,8% auf das höchste Niveau<br />
seit Datenerhebung 1949!. Alleine zum Vormonat<br />
ging es um sportliche 7,9% nach oben!<br />
Der größte Kostentreiber war die Energie:<br />
Kohle, Öl, Gas und Strom haben sich auf<br />
Jahressicht mehr als verdoppelt. Besonders<br />
drastisch ist der Anstieg von Strom: +174,9%<br />
Die Erzeugerpreise signalisieren weiteres<br />
Ungemach denn seit jeher gelten sie als<br />
Vorläufer für die Inflation.
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S86<br />
Die Unternehmen müssen die steigenden<br />
Preise an den Endverbraucher weitergeben<br />
ansonsten droht ihnen die Insolvenz. Wenn<br />
sie diese weitergeben können, bedeutet dies<br />
wiederum weiter steigende Preise also ein<br />
anfeuern der Inflation und somit eine weitere<br />
Belastung für die Bürger. Dies resultiert dann<br />
in einer Kaufzurückhaltung der Konsumenten<br />
was man am folgenden Chart schön ablesen<br />
kann. Der Konsumklimaindex hat ein Allzeit<br />
Negativrekord zu verzeichnen:<br />
Beinahe die Hälfte (47,5%) der deutschen<br />
Unternehmen werden die Preise erhöhen.<br />
In der Lebensmittelindustrie werden fast alle<br />
Firmen die Kosten auf die Verbraucher abwälzen.<br />
Marc Friedrich ist sechsfacher Bestsellerautor,<br />
Finanzexperte, Redner, Vordenker, Freigeist,<br />
Gründer der Honorarberatung Friedrich Vermögenssicherung<br />
GmbH für Privatpersonen<br />
und Unternehmen. Mehr Informationen unter<br />
www.friedrich-partner.de<br />
www.youtube.com/MarcFriedrich7<br />
Twitter und Instagram:: @marcfriedrich7<br />
Sanktionen und Corona-Maßnahmen<br />
entfalten ihre volle Wirkung<br />
Entstanden sind die Gefahrenquellen für den<br />
Herzinfarkt der Wirtschaft durch die Kumulation<br />
von politischen Fehlentscheidungen der<br />
letzten Jahre aufgrund von Hybris, Selbstgefälligkeit<br />
und dogmatisch verblendeter Ideologien:<br />
1. eine komplett fehlgeschlagene und überstürzte<br />
Energiewende<br />
2. Ideologie statt Pragmatismus<br />
Deutschland verkommt immer mehr zum<br />
Geisterfahrer und Sonderling<br />
Nicht nur sind wir das einzige Land in Europa<br />
mit Maskenpflicht und Coronamaßnahmen,<br />
nein wir sind auch das einzige Land welche<br />
sicheren und funktionierenden Atomkraftwerke<br />
abschaltet, während alle um uns herum<br />
einschalten und gar neue Atomkraftwerke<br />
bauen wollen. Das jetzt auch noch die EU<br />
mit der Taxonomie Gas und Atom als „grün“<br />
eingestuft hat, ist ein weiterer Schlag ins Gesicht<br />
der deutschen Politik und de facto die totale<br />
Bankrotterklärung für die deutsche Energiepolitik<br />
der vergangenen Jahre.
3. Sanktionen gegen einen der Hauptlieferanten<br />
von billigen Rohstoffen und Energie<br />
4. Ungesunde Abhängigkeit von Russland<br />
Die Sanktionen wirken - leider bei uns!<br />
Vorab: Was nicht ein jeder weiß: Die Mehrheit<br />
der Weltengemeinschaft macht nicht mit bei<br />
den Sanktionen und betreibt weiter fröhlich<br />
Handel mit Russland. Dies nimmt dann solche<br />
grotesken Züge an, dass wir dann über China<br />
oder Indien russisches Gas teuer einkaufen.<br />
Fakt ist: Die Sanktionen sind gescheitert und<br />
treffen uns am härtesten, während Putin mit<br />
seinen Gas- und Ölverkäufen soviel Geld verdient<br />
wie noch nie. Seine Einnahmen aus den<br />
Rohstoffverkäufen übertreffen die Kriegskosten<br />
bei weitem.<br />
5. ein gescheitertes Währungsexperiment mit<br />
immensen Kosten - finanziell als auch sozial<br />
6. das ignorieren der Demographie<br />
7. das Ausruhen auf Lorbeeren<br />
8. mangelnde Investitionen in Bildung, Forschung,<br />
Innovation<br />
All das wird nachhaltig die Produktivität und<br />
Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gefährden.<br />
Ebenso die Versorgungssicherheit und<br />
damit unser Wohlstand sowie der soziale Frieden<br />
sind dadurch in Gefahr.<br />
Die daraus resultierenden Krisen und Probleme<br />
werden dann nur zu gerne von den Brandstiftern<br />
selbst mit unseren Steuergeldern „gelöst“,<br />
um sich dann selbst auf die Schulter zu klopfen<br />
und sich als Feuerwehr feiern zu lassen.<br />
Absurd aber leider wahr! Die Umverteilung<br />
und der Sozialismus sind wieder en vogue.<br />
Der Bürger mutiert immer mehr zum unmündigen<br />
Abhängigen an der Zitze der Politik, der<br />
sich dann zweimal überlegt, ob er seiner Unzufriedenheit<br />
Ausdruck verleiht und in die Hand<br />
beißt, die ihn füttert. Aus dem Grund freut sich<br />
die Politik über Krisen. Aus dem Grund freut<br />
sich die Politik über Krisen.<br />
Paradebeispiel für den Abschwung ist das<br />
einstige Zugpferd der deutschen Wirtschaft,<br />
die Automobilindustrie. 2021 sank schon die<br />
Produktion um 11,7%, um jetzt im 1. Halbjahr<br />
nochmals 2,9% zum Vorjahr zu verlieren. Ob<br />
unsere Autofirmen den Transformationsprozess<br />
vollziehen und überleben, steht in den Sternen.<br />
Ebenso, ob die mobile Zukunft tatsächlich<br />
elektrisch ist und woher der dafür benötigte<br />
Strom (von den Rohstoffen fange ich erst gar<br />
nicht an) eigentlich kommen soll? Denn zur<br />
Wahrheit gehört auch: Grundlastfähig sind aktuell<br />
weder Sonne noch Wind.<br />
Doch nicht nur in der Automobilindustrie sieht<br />
es gerade düster aus. Mittlerweile schlägt die<br />
Industrie und das Handwerk Alarm. “Vielen<br />
steht das Wasser inzwischen bis zum Hals”, so<br />
Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands<br />
des Deutschen Handwerks (ZDH).<br />
Die Politik müsse hier rasch mit staatlichen Hilfen<br />
einspringen, sonst drohe eine Insolvenzwelle<br />
im Handwerk.<br />
Wie dramatisch die Lage ist, zeigt eine Umfrage<br />
des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft<br />
BVMW unter 835 befragten Unternehmen<br />
in Deutschland. Demnach sehen mehr<br />
als 40 Prozent der deutschen Mittelständler<br />
ihre Existenz bedroht.<br />
Fakt ist: Wenn Deutschland so weiter macht<br />
und sich deindustrialisiert verliert es massiv an<br />
Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, was<br />
Arbeitsplätze, soziale Sicherheit und Wohlstand<br />
kosten wird. Wir müssen jetzt handeln!
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S88<br />
Energiepolitische Zeitenwende -<br />
Wir machen immer noch die dümmste<br />
Energiepolitik der Welt<br />
Ein gutes Sinnbild ist der verstaatlichte Energieversorger<br />
Uniper. Er hatte zu 50% auf russisches<br />
Gas gesetzt, was ihm zum Verhängnis wurde<br />
und kurz vor dem Bankrott stand. Deutschland<br />
teilt dasselbe Schicksal: wir haben ebenfalls zu<br />
50% auf russisches Gas verlassen. Kommt nun<br />
die Pleite? Doch noch hat die Politik Zeit, um<br />
den plötzlichen Herztod zu verhindern. Dazu<br />
bräuchte es nun aber mehr Realismus und<br />
weniger Ideologie und Dogmatismus. Dazu<br />
gehört, das Eingeständnis, dass wir weder auf<br />
die saubere Atomenergie noch auf die fossilen<br />
Energieträger erstmal verzichten können.<br />
Ob sie das tun wird, ist leider eher fraglich.<br />
Folgende Punkte wären wichtig, um Deutschland<br />
autark aufzustellen und eine Versorgungssicherheit<br />
für den Wirtschaftsstandort zu<br />
garantieren:<br />
- Den Krieg beenden durch Diplomatie und<br />
nicht durch Waffenlieferungen<br />
- Die bestehenden Atomkraftwerke am Netz<br />
lassen, abgeschaltete AKW´s reaktivieren<br />
- Den Bau neuer Kernkraftwerke prüfen<br />
- Gasförderung und Gasfracking in<br />
Deutschland prüfen<br />
- Kohleabbau wieder starten<br />
- Geld in die Forschung stecken (Speicher<br />
Wasserstoff etc.)<br />
- Erneuerbare Energien ausbauen<br />
- Strategische Vorräte massiv ausbauen<br />
- Verlässliche Energiepartnerschaften<br />
aufbauen<br />
- Sanktionen beenden<br />
(RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S90<br />
WIRTSCHAFT POLITIK<br />
Krisen sind wichtig!<br />
Krisen sind Chancen!<br />
Die größte Chance aller Zeiten - Was wir jetzt<br />
aus der Krise lernen müssen und wie Sie vom<br />
größten Vermögenstransfer der Menschheit<br />
profitieren.<br />
BEITRAG: MARC FRIEDRICH<br />
Das Jahr 2020 wird als Beginn einer<br />
nachhaltigen Zeitenwende in die<br />
Geschichtsbücher eingehen. Durch<br />
die Corona-Pandemie wurde uns<br />
allen weltweit schmerzhaft bewusst, wie fragil<br />
unser hochkomplexes und fortschrittliches<br />
Wirtschafts- und Finanzsystem de facto ist.<br />
Innerhalb weniger Tage sind die Just-in-time-<br />
Produktions- und Lieferketten eingebrochen<br />
oder gar komplett zum Stillstand gekommen<br />
– und der Auslöser war ein unsichtbares Virus.<br />
Diese Krise hat uns auf harte und bittere Art<br />
und Weise deutlich gemacht, dass unser System<br />
nicht resilient ist, es hat aufgezeigt welche<br />
Schwächen es hat, wie groß die Klumpenrisiken<br />
sind und in welchen gefährlichen Abhängigkeiten<br />
wir uns in dieser globalisierten Welt<br />
doch befinden. Vielen Menschen wurde klar,<br />
dass nichts auf alle Ewigkeit in Stein gemeißelt<br />
ist. Gigantische Konjunkturpakete der Staaten<br />
und billionenschwere Stützungsprogramme<br />
der Notenbanken, maßlos überforderte<br />
und kopflos-aktivistische Politiker, aber auch<br />
leere Regale, stillgelegte Fließbänder, stark<br />
ansteigende Kurzarbeiter- und Arbeitslosenzahlen<br />
verdeutlichen das historische Ausmaß.<br />
Wenn es auch viele nicht wahrhaben wollen:<br />
Wir sind inmitten eines historischen Paradigmenwechsels.<br />
So bitter es für viele auch sein<br />
mag, aber wir werden nicht mehr in der alten,<br />
gewohnten Welt aufwachen und zu unserem<br />
alten Leben zurückkehren. Alles wird sich für<br />
immer verändern:<br />
• wie wir arbeiten<br />
• wie wir uns in Zukunft fortbewegen<br />
• wie und was wir einkaufen<br />
• wie wir wirtschaften, reisen, denken, leben,<br />
bezahlen, investieren<br />
• wie und was wir produzieren<br />
MARC FRIEDRICH<br />
Solche Punkte in der Geschichte bilden das<br />
Fundament und sind die Chance für nachhal-
tige Veränderungen, die die Menschheit aus<br />
Bequemlichkeit und Angst niemals freiwillig<br />
initiieren würde. Wer in die Vergangenheit<br />
schaut, sieht, dass wahre und tiefgreifende<br />
Veränderungen immer durch äußere Umstände<br />
erzwungen werden. Durch Krisen wird<br />
offensichtlich, was ausgedient hat, Altes wird<br />
aussortiert und Neues entsteht. Sowohl im<br />
Kleinen wie auch im Großen. Nicht nur unser<br />
persönliches Leben ist davon betroffen, sondern<br />
ganze Branchen, Gesellschaften, politische<br />
Systeme und Länder. Erst durch den<br />
Klimawandel sind wir gezwungen worden,<br />
nach Alternativen bei der Energieerzeugung<br />
zu suchen. Dasselbe gilt für Impfstoffe, Medikamente<br />
und technische Entwicklungen. Erst<br />
wenn der Mensch machtlos ist und keinen anderen<br />
Weg mehr sieht, ist er bereit zu wahrhaftigen<br />
Reformen und (R)Evolutionen. Krisen<br />
beinhalten extreme Risiken, aber auch phänomenale<br />
Chancen.<br />
Die Evolution der Menschheit ist<br />
geprägt durch Krisen<br />
Krisen sind essenziell für das Voranschreiten<br />
der Menschheit. Der Mensch lernt durch<br />
Scheitern – trial and error. Krisen dienen als<br />
Sprungbrett für die menschliche Entwicklung.<br />
Erst durch eine Katharsis ist die Menschheit<br />
bereit, Veränderungen in die Wege zu leiten.<br />
Jedem muss klar sein, dass tiefgreifende Transformationen<br />
immer mit Verlusten und Wachstumsschmerzen<br />
einhergehen. Auch wenn es<br />
paradox klingt: Krisen sind wichtig und sie sind<br />
große Chancen für die Menschheit. Wir sollten<br />
Krisen willkommen heißen und umarmen.<br />
Nach jeder Krise hat die Menschheit sich weiterentwickelt<br />
und an Wissen und Wohlstand<br />
hinzugewonnen. So wird es auch dieses Mal<br />
sein. Der Ökonomen Joseph Schumpeter<br />
nennt es die kreative Zerstörung. Eine solche<br />
Zerstörung ist notwendig, damit Neues entstehen<br />
kann. Je größer eine Krise, desto größer<br />
die Chancen, die sie mit sich bringt. Aktuell stehen<br />
wir vor dem größten Transformationsprozess<br />
unserer Lebzeit. Verschiedene Zyklen enden<br />
nun und ein neuer, großer Zyklus beginnt.<br />
Dies hat sich schon in den letzten Jahren<br />
bemerkbar gemacht: Wir waren schon vor<br />
Corona im Dauerkrisenmodus. Eine Krise wurde<br />
durch eine neue und noch größere Krise<br />
abgelöst: Finanzkrise, Eurokrise, Flüchtlingskrise,<br />
Klimakrise, Demografiekrise, Autokrise,<br />
Wirtschaftsabschwung und Schuldenkrise.<br />
Und jetzt kommt gewissermaßen als Brandbeschleuniger<br />
noch die Corona-Krise hinzu. Nun<br />
sehen wir binnen kurzer Zeit rapide Entwicklungen<br />
in vielen Bereichen, und das rund um den<br />
Globus. Vor allem Deutschland wird extreme<br />
Veränderungen erleben und sollte dies als Erneuerungsprozess<br />
begreifen.<br />
Neue Zeitrechnung<br />
Zu sicher fühlen wir uns in unserem perfekt<br />
organisierten Alltag mit ständig geöffneten<br />
Supermärkten, permanenter Ablenkung, Berieselung<br />
und Beschallung durch iPhone, Tik-<br />
Tok, Netflix und Freiheiten, die für uns selbstverständlich<br />
sind. Durch die Lockdowns wurde<br />
diese sicher geglaubte Welt in ihren Grundfesten<br />
erschüttert. Seitdem sind wir in einer Aus-
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S92<br />
nahmesituation und so gespalten wie schon<br />
lange nicht mehr. Die einen haben Angst vor<br />
Corona und fürchten um ihre Gesundheit. Die<br />
anderen haben Angst vor Arbeitslosigkeit und<br />
Insolvenz und fürchten um ihre pure wirtschaftliche<br />
Existenz. Wieder andere haben Angst<br />
um die Freiheitsrechte und die Demokratie. All<br />
diese Ängste sind legitim und verständlich. Sie<br />
müssen respektiert und ernst genommen und<br />
dürfen nicht ins Lächerliche gezogen werden.<br />
Um die Gesellschaft gesunden zu lassen, müssen<br />
wir aufeinander zugehen, einander zuhören<br />
und andere Meinungen ertragen und respektieren.<br />
Leider beobachte ich momentan<br />
oftmals genau das Gegenteil: Dass wir uns<br />
auseinanderdividieren und Angst voreinander<br />
haben – man könnte ja ansteckend sein.<br />
Es ist wichtig, die Fakten objektiv zu betrachten<br />
und konstruktive Lösungen aufzuzeigen.<br />
Die Politik muss beginnen, uns gegenüber mit<br />
der vollen Wahrheit herauszurücken und keine<br />
Salamitaktik zu betreiben. Wir wissen bis dato<br />
nicht, wie groß der volkswirtschaftliche, aber<br />
auch der gesellschaftliche, politische und seelische<br />
Schaden ist. Vor allem bei den Jüngsten<br />
unserer Gesellschaft dürften die Pandemie<br />
und die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung<br />
erhebliche Konsequenzen mit sich gebracht<br />
haben.<br />
2020 war ein großer Wendepunkt. Die Welt,<br />
in der wir in Zukunft leben werden, wird nicht<br />
die gleiche sein. Es wird eine komplett neue<br />
Zeitrechnung beginnen – unabhängig davon,<br />
wie lange uns die Corona-Pandemie noch in<br />
Atem hält.<br />
Die Karten werden neu gemischt<br />
Deutschlands Wirtschaft ist geprägt vom Maschinenbau,<br />
von der Automobilindustrie und<br />
von anderen Unternehmen des produzierenden<br />
Gewerbes. Allgemein bekannt ist, dass<br />
unsere Schlüsselindustrien den einen oder anderen<br />
Trend schlichtweg verpennt oder gar<br />
ignoriert haben. Erst jetzt durch die Häufung<br />
der Krisen wird unsere Wirtschaft gezwungen<br />
sein, sich neu zu erfinden oder zu scheitern.<br />
Volkswagen hat bereits einen neuen Weg eingeschlagen<br />
und setzt voll auf Elektromobilität.<br />
Andere versuchen sich am Wasserstoff und<br />
Car-Sharing. Welche Strategie die richtige<br />
sein und wer überleben wird, wird sich zeigen.<br />
Fakt ist: Nichts zu tun, ist keine Lösung! Stillstand<br />
ist Tod! Bewegung ist Leben! Nur Unternehmen<br />
und Branchen werden überleben, die den<br />
Wandel umarmen und aktiv gestalten. Das gilt<br />
für uns alle! Das große Aussieben hat begonnen.<br />
Falls wir jetzt nicht den Mut haben, neue<br />
Wege zu beschreiten und uns neu erfinden,<br />
müssen wir unserem Wohlstand Adieu sagen.<br />
Was tun? Wie kann man als Unternehmen, als<br />
Mensch und als Gesellschaft gestärkt aus Krisen<br />
hervorgehen und sich darauf vorbereiten?<br />
Hier hilft ein seit jeher bestehender Grundsatz:<br />
Vorsorge ist besser als Nachsorge. Diversifikation,<br />
Innovation und dezentrale Systeme sind<br />
sinnvoll, um die Abhängigkeiten zu reduzieren.<br />
Parallel sollte man sich nicht zu sehr auf die<br />
Politik verlassen, sondern selbst aktiv werden.<br />
Wahrer Wandel kommt immer von unten, von<br />
uns Menschen. Was in der Politik oftmals fehlt,<br />
haben wir nun immer mehr in Form von bahnbrechender<br />
Technologie: Erstmalig haben wir<br />
große Helfer in Form von Digitalisierung und<br />
künstlicher Intelligenz an unserer Seite. Dies<br />
alles birgt eine enorme Chance, um die Krisen<br />
zu meistern und gestärkt daraus hervorzugehen.<br />
Noch nie hatte die Menschheit diese<br />
Möglichkeit.<br />
Uns allen muss klar sein: Wenn wir an dem<br />
Alten festhalten, so wie es viele Politiker und<br />
Entscheidungsträger momentan verzweifelt<br />
versuchen und propagieren, wird der Kollateralschaden<br />
für uns alle immer größer –<br />
wirtschaftlich, monetär, gesellschaftlich und<br />
politisch. Dass sich Entwicklungen in Zyklen<br />
vollziehen, ist ein Naturgesetz, und diese Zyklen<br />
sind nicht zu stoppen. Entweder wir sind<br />
bereit, den Fortschritt und die laufende Veränderung<br />
anzuerkennen, oder wir werden von<br />
ihnen überrollt.<br />
Wir können Krisen nicht vermeiden, wir können<br />
sie aber nutzen und daraus lernen. Die Entwicklung<br />
der Menschheit ist eine unglaubliche<br />
Erfolgsgeschichte. Aber sie ging immer einher<br />
mit Krisen. Krisen sind seit jeher stets Teil der<br />
Menschheitsgeschichte gewesen.<br />
Je größer eine Krise, desto größer der Sprung<br />
nach vorne, den sie ermöglicht. Die kommende<br />
Krise hat das Potenzial, einen kompletten
Neustart zu initiieren und uns auf eine neue Bewusstseinsstufe<br />
zu katapultieren. Denn dieses<br />
Mal handelt es sich nicht nur um eine lokale<br />
Krise oder die einer Branche oder eines Landes.<br />
Dieses Mal ist es eine globale Krise und<br />
wir als Menschheit sind gemeinsam zu ihrer Bewältigung<br />
gefordert. Das ist anstrengend und<br />
neu, aber essenziell für unsere Entwicklung.<br />
Wenn wir jetzt die richtigen Entscheidungen<br />
treffen, als Menschheit an einem Strang ziehen,<br />
Grabenkämpfe beenden, geistige Grenzen<br />
abbauen, die Technologie für uns alle<br />
einsetzen und nicht dazu, den Profit einzelner<br />
Länder, Unternehmen oder sonstiger Akteure<br />
zu maximieren, wenn wir jetzt den Mut haben,<br />
die richtigen und unbequemen Entscheidungen<br />
zu treffen, neue, unbekannte Pfade zu<br />
beschreiten und alte Zöpfe abzuschneiden,<br />
dann wird für uns alle ein goldenes Zeitalter<br />
beginnen. (RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S94<br />
JOB & KARRIERE<br />
Überzahlung möglich:<br />
Nur 20 Prozent der<br />
Jobanzeigen werben<br />
mit mehr Geld<br />
Der Faktor Gehalt wird zum strategischen<br />
Hebel – die Hälfte der Kandidaten bewirbt<br />
sich eher, wenn das angegebene Gehalt<br />
ihren Vorstellungen entspricht – trotzdem<br />
finden sich nur in jeder fünften Stellenanzeige<br />
Angaben zu einem übertariflichen<br />
Gehalt. TEXT: STEPSTONE ÖSTERREICH<br />
Der Faktor Gehalt wird zum strategischen<br />
Hebel – die Hälfte der<br />
Kandidat*innen bewirbt sich eher,<br />
wenn das angegebene Gehalt<br />
ihren Vorstellungen entspricht – trotzdem finden<br />
sich nur in jeder fünften Stellenanzeige<br />
Angaben zu einem übertariflichen Gehalt.<br />
Der Fachkräftemangel hat in Österreich deutlich<br />
zugenommen: Von Jänner bis Juli <strong>2022</strong><br />
wurden 498.317 Jobs und damit 38 Prozent<br />
mehr Stellenanzeigen als im Vorjahreszeitraum<br />
in Österreich ausgeschrieben (Quelle: StepStone-Fachkräfteatlas).<br />
Ein enorm wichtiger Kontaktpunkt,<br />
um offene Stellen zu besetzen, ist<br />
die Stellenanzeige und Gehalt ist definitiv ein<br />
entscheidendes Kriterium, ob sich jemand für<br />
einen Job bewirbt oder nicht. Mit einem überdurchschnittlichen,<br />
leistungsgerechten oder<br />
übertariflichen Gehalt werben Unternehmen<br />
trotzdem nur in einer von fünf Anzeigen, wie<br />
eine aktuelle Spezialauswertung des StepStone-Fachkräfteatlas**<br />
zeigt, für den 1,2 Mio<br />
Stellenanzeigen in Print- und Onlinemedien sowie<br />
auf Firmenwebsites ausgewertet wurden.<br />
Am ehesten finden sich solche Formulierungen<br />
in Stellenanzeigen für Young Professionals<br />
sowie in Ausschreibungen aus Hotellerie und<br />
Gastgewerbe.<br />
Gehalt als Attraktivitätsfaktor<br />
„Der Faktor Gehalt wird zum strategischen<br />
Hebel im Kampf um die besten Mitarbeiter*innen.<br />
Im Zeitalter des Bewerber*innenmarktes<br />
und des chronischen Fachkräftemangels<br />
müssen sich Unternehmen intensiv mit den<br />
eigenen Gehaltsstrukturen und der Vergütung<br />
befassen,“ sagt Nikolai Dürhammer,<br />
StepStone Managing Director AT & CH.<br />
Die Hälfte der Kandidat*innen bewirbt sich<br />
eher, wenn das angegebene Gehalt in Stellenanzeigen<br />
ihren Vorstellungen entspricht.<br />
Das Wunschgehalt nach oben verhandeln<br />
tendenziell eher männliche Kandidaten, weibliche<br />
Kandidatinnen verschreckt ein zu niedriges<br />
Gehalt im Inserat eher. Jede*r Sechste<br />
bewirbt sich nicht, wenn das angegebene<br />
KV-Gehalt deutlich zu niedrig ist, wie eine aktuelle<br />
Umfrage von StepStone unter knapp<br />
2000 Jobsuchenden und Beschäftigten ergab<br />
(Juli <strong>2022</strong>).<br />
Übertarifliches Gehalt wird zunehmend öfter<br />
genannt<br />
Im deutschsprachigen Raum ist Österreich das<br />
einzige Land, in dem verpflichtend eine Gehaltsangabe<br />
in der Stellenausschreibung enthalten<br />
sein muss. Dass das nicht ausreicht, um<br />
Kandidat*innen zur Bewerbung zu animieren,<br />
zeigt der aktuelle Trend zu realistischeren Gehaltsangaben.<br />
Die Bereitschaft der Unternehmen,<br />
bei der Suche nach Fachkräften mehr zu
ezahlen und das auch schon innerhalb der<br />
Ausschreibung proaktiv anzubieten, nimmt zu:<br />
Zu Beginn des Jahres 2021 enthielten rund 12<br />
Prozent aller Anzeigen die zusätzliche Information<br />
neben der Gehaltsangabe, dass die Vergütung<br />
„überdurchschnittlich“, „übertariflich“,<br />
„leistungsgerecht“ sei oder eine „Bereitschaft<br />
zur Überzahlung“ bestehe. Seit Juni 2021 ist<br />
dieser Anteil um rund sechs Prozentpunkte<br />
gestiegen auf durchschnittlich 18 Prozent aller<br />
Anzeigen.<br />
Deutliche Unterschiede zeigen sich in den einzelnen<br />
Berufsgruppen<br />
Im Gastgewerbe wird derzeit besonders intensiv<br />
nach Personal gesucht. Und die Unternehmen<br />
in der Gastronomie und Hotellerie<br />
werben auch verstärkt mit einer höheren Entlohnung:<br />
Bei rund 30 Prozent aller Anzeigen in<br />
dieser Branche wird mit einem höheren Gehalt,<br />
als der Kollektivvertrag vorsieht, geworben.<br />
Gleichzeitig ist in dieser Berufsgruppe die<br />
Bereitschaft zur Überzahlung am stärksten im<br />
Vergleich zum Vorjahr gestiegen (plus sieben<br />
Prozentpunkte). In der Berufsgruppe Transport,<br />
Verkehr, Logistik und Lager gab es zwar ebenfalls<br />
einen deutlichen Anstieg um sechs Prozent,<br />
insgesamt wird heute mit mehr Gehalt<br />
aber nur in 15 Prozent der Stellenausschreibungen<br />
der Branche geworben. Im Vertrieb<br />
und Verkauf sowie im Bauwesen und Handwerk<br />
und bei den Technischen Berufen (wie<br />
Architekt*innen und Ingenieur*innen) liegt der<br />
Anteil mit 19 Prozent nur geringfügig über dem<br />
Durchschnitt. Bei Ausschreibungen für Young<br />
Professionals werden in 23 Prozent der Anzeigen<br />
mit einem besseren Gehalt geworben.<br />
Selten ist die Überzahlung im Bereich Gesundheit,<br />
Medizin und Soziales<br />
Ebenfalls große Schwierigkeiten haben Unternehmen<br />
im Gesundheits- und Sozialbereich,<br />
offene Stellen zu besetzen. Der Anstieg der<br />
Ausschreibungen betrug im Vergleich zum<br />
Vorjahr 46 Prozent. Dennoch werden nur in<br />
knapp zehn Prozent aller Anzeigen in diesem<br />
Bereich die zusätzliche Info zu mehr Gehalt<br />
gegeben. Selten wird auch in der Berufsgruppe<br />
Wissenschaft, Ausbildung und Weiterbildung<br />
mit höherem Gehalt geworben (acht<br />
Prozent).<br />
(RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S96<br />
UPS hat Susanne Klingler-Werner zur neuen<br />
Präsidentin von UPS Supply Chain Solutions<br />
(SCS) Europe ernannt. In ihrer neuen Rolle wird<br />
Klingler-Werner für 22 Märkte in ganz Europa<br />
verantwortlich sein. Neben ihrer Rolle bei UPS ist<br />
Susanne Mitglied des Vorstands der Air Cargo<br />
Community Frankfurt, wo sie sich seit 2020 für<br />
UPS und den Frankfurter Flughafen einsetzt.<br />
Seit sie 2005 von Menlo Worldwide Forwarding<br />
zu UPS kam, hatte Sie Aufgaben in den<br />
Bereichen Global Freight Forwarding (GFF),<br />
Luftfracht-Produktmanagement und -Preisgestaltung<br />
sowie Umsatzmanagement inne, um<br />
ein nachhaltiges Wachstum zu erzielen.<br />
Mit Wirkung zum 01. August wurde die bisherige<br />
Niederlassungsleiterin aus Südafrika,<br />
Jill Trösser-Ordonez, als Direktorin in die Geschäftsleitung<br />
der Soloplan SA (Pty) Ltd. aufgenommen.<br />
Damit ist sie neben Fabian Heidl<br />
und Wolfgang Heidl Mitglied des Board of Directors.<br />
In Abstimmung mit dem Board wird<br />
Trösser-Ordonez die Geschäfte des Unternehmens<br />
in Südafrika leiten. Die Gesellschafter<br />
sind sehr froh, dass sie Jill Trösser-Ordonez für<br />
die neue Aufgabe gewinnen konnten und<br />
freuen sich auf die Zusammenarbeit. Die Ernennung<br />
erfolgte Ende Juli im Rahmen eines<br />
Termins in Kempten.<br />
Der Railway Operator FELB – Far East Land Bridge<br />
verstärkt sein Leitungsteam: Ab sofort übernimmt<br />
Martin Ziegler (58) den Posten des Head<br />
of Sales. Der gebürtige Wiener verfügt über<br />
Erfahrung im Logistiksektor und soll zusammen<br />
mit Alexander Redkin und Ruslan Marakhovskii<br />
den Interims-CEO Konstantin Teterin bei der<br />
Der Geschäftsführer der Fraunhofer AUSTRIA<br />
Research und gleichzeitig Leiter des Centers<br />
für Nachhaltige Produktion und Logistik, Prof.<br />
Wilfried Sihn, hat die Centerleitung mit 1. August<br />
<strong>2022</strong> an Prof. Sebastian Schlund übergeben.<br />
Prof. Sihn bleibt weiterhin gemeinsam mit<br />
Prof. Dieter Fellner als Geschäftsführer tätig.<br />
Führung des Logistikunternehmens unterstützen.<br />
Martin Ziegler besitzt eine kaufmännische<br />
Ausbildung und ist seit über 35 Jahren in der<br />
Logistik tätig. Die längste Zeit verbrachte er bei<br />
Hapag-Lloyd Austria, wo er im Customer Service<br />
Austria begann und zuletzt elf Jahre die<br />
Position als Director Sales bekleidete.<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Sebastian Schlund ist Institutsvorstand<br />
am Institut für Managementwissenschaften<br />
(IMW) der Technischen Universität<br />
Wien sowie BMK-Stiftungsprofessor für Industrie<br />
4.0. Er ist außerdem amtierender Präsident der<br />
österreichischen wissenschaftlichen Gesellschaft<br />
für Produktionstechnik (ÖWGP).<br />
Peter Falb übernimmt die Position des Commercial<br />
Directors am österreichischen Standort<br />
der MLP Group. Seine Aufgabe wird es<br />
sein, den MLP Business Park Wien und weitere<br />
Projekte der MLP Group in Österreich voranzutreiben.<br />
Er hat für zahlreiche Unternehmen<br />
gearbeitet, die in den Bereichen Immobilienentwicklung,<br />
Finanzierung und Management<br />
von Logistik-, Büro- und Einzelhandelsimmobilien<br />
tätig sind. Während seiner Tätigkeit für<br />
die EYEMAXX Real Estate AG war er für deren<br />
Logistikimmobilienprojekte für Einzelhandelsprojekte<br />
verantwortlich sowie zuvor im Asset<br />
Management der CA Immobilien Anlagen AG<br />
Auria, ein weltweit führender Anbieter von<br />
Bodenbelägen für die Automobilindustrie<br />
sowie von akustischen, thermischen und anderen<br />
Lösungen auf Faserbasis, hat Marcos<br />
Tonndorf zum allerersten Chief Technology Officer<br />
(CTO) ernannt. Als CTO wird er die aggressive<br />
globale Innovations- und fortschrittliche<br />
Produktentwicklungsstrategie des<br />
Unternehmens in Zusammenarbeit mit Technologieführern<br />
im gesamten Unternehmen<br />
vorantreiben, wobei der Schwerpunkt auf Aurias<br />
spannenden neuen Produkten für Elektrofahrzeuge<br />
liegt.
PERSONALMELDUNG<br />
MENSCHEN IN<br />
BEWEGUNG<br />
Sarah Kreienbühl wird zum 1. April 2023 Mitglied<br />
der Geschäftsleitung von Kühne+Nagel<br />
International AG und Personalchefin. Sie folgt<br />
auf Lothar Harings, der im Juni 2023 in den<br />
Ruhestand geht. Die Managerin verfügt über<br />
langjährige Berufserfahrung auf Geschäftsführungsebene<br />
in unterschiedlichen Industrien;<br />
seit 2018 als Mitglied der Generaldirektion bei<br />
Migros, dem größten privaten Arbeitgeber der<br />
Schweiz mit rund 100.000 Mitarbeitenden. Mit<br />
über 79.000 Beschäftigten an mehr als 1.300<br />
Standorten in über 100 Ländern zählt Kühne+Nagel<br />
zu den global führenden Logistikdienstleistern.<br />
Kühne+Nagel ernennt mit Tobias Jerschke<br />
einen erfahrenen Nachfolger von Holger<br />
Ketz für den Vorsitz der Geschäftsleitung der<br />
deutschen Landesgesellschaft (Kühne + Nagel<br />
(AG & Co.) KG) mit Sitz in Bremen. Der<br />
Logistikexperte ist derzeit Geschäftsführer<br />
von Kühne+Nagel für Belgien und Luxemburg.<br />
Mit über 79.000 Beschäftigten an mehr<br />
als 1.300 Standorten in über 100 Ländern zählt<br />
Kühne+Nagel zu den global führenden Logistikdienstleistern.<br />
Schwerpunkte liegen in den<br />
Bereichen See- und Luftfracht, Landverkehre<br />
und Kontraktlogistik mit klarer Ausrichtung auf<br />
integrierte Logistikangebote.<br />
Holger Ketz wird zum 1. Jänner 2023 als Global<br />
Head of Network and Carrier Management<br />
in das globale Luftfracht-Management<br />
von Kühne+Nagel in Schindellegi (Schweiz)<br />
wechseln. In dieser neuen Funktion bündelt<br />
der Logistikdienstleister die globale Steuerung<br />
des eigenen Netzwerks und der Gateways<br />
sowie die Zusammenarbeit mit den<br />
Carriern (Fluggesellschaften) im Rahmen der<br />
strategischen Weiterentwicklung des Luftfrachtgeschäfts.<br />
Das Unternehmen beschäftigt<br />
in Deutschland rund 15.000 Mitarbeitende<br />
an 130 Standorten.<br />
Annette Siragusano wird gemeinsam mit den<br />
Division Managern Martin Zander und Bernd<br />
Rakers (Public Affairs) das Team der Konzernkommunikation<br />
der Otto Group führen und<br />
wesentliche Impulse für die strategische Ausrichtung<br />
sowie die Neustrukturierung der Unternehmenskommunikation<br />
der Otto Group<br />
setzen. Zuletzt leitete Annette Siragusano als<br />
Global Head of Content Strategy and Cross<br />
Channel Campaign Management bei Engel<br />
& Völkers mehrere Teams, darunter Digital<br />
Communication & International Enablement,<br />
Social Media und Content Creation mit den<br />
Schwerpunkten Audio, Video und SEO.<br />
Der Vertrag von Ralf Schweighöfer, der aktuell<br />
bis Ende des Jahres läuft, wird um weitere<br />
drei Jahre bis 31.12.2025 verlängert.<br />
Ralf Schweighöfer (55) leitet seit elf Jahren<br />
als Geschäftsführer die DHL Express (Austria)<br />
GmbH. Das seit 1980 in Österreich vertretene<br />
Unternehmen ist mit mehr als rund 600 MitarbeiterInnen<br />
Marktführer im internationalen Expressversand.<br />
Ralf Schweighöfer zeichnet seine<br />
Leidenschaft für allerhöchste Kunden- und<br />
Serviceorientierung aus und setzt seit Jahren<br />
bei DHL Express Austria auf die Entwicklung<br />
nachhaltiger Logistiklösungen (Go Green) und<br />
auf die Unterstützung sozialer Einrichtungen,
LOGISTIK express 4/<strong>2022</strong> | S98<br />
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