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Lobetal aktuell Ausgabe 4/2022 erschienen

Unsere Stiftung ist voller Vielfalt und Menschlichkeit. Sie ist ein Ort großartiger Geschichten und besonderer Engagements. Das verdient es, darüber zu berichten.

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Ambulanter Hospizdienst<br />

Im Mai gab Elizabeth Schmidt-Pabst, Leiterin des Ambulanten Lazarus Hospizdienstes, dem Sender<br />

Radio Paradiso bei einem Interview einen Einblick in die ambulante Sterbebegleitung.<br />

Aus den Einrichtungen<br />

Ein Hospiz ist ein Ort, an dem Sterbende<br />

würdig betreut und begleitet<br />

werden. Das bieten Sie schon seit 30<br />

Jahren ambulant an. Wie funktioniert<br />

das genau?<br />

Eigentlich gibt es die ambulanten Hospizdienste<br />

länger als es die stationären Hospizdienste<br />

gibt. Das ist aus dem Wunsch<br />

entstanden, dass Menschen am Lebensende<br />

würdevoll begleitet werden. Der ambulante<br />

Hospizdienst begleitet Menschen,<br />

egal wo sie sich befinden: im Krankenhaus,<br />

im Pflegeheim, in Demenz-Wohngruppen,<br />

in Flüchtlingsunterkünften, in Gefängnissen,<br />

in Obdachlosenheimen, in Krankenhäusern<br />

oder stationären Hospizen – also<br />

dort, wo Menschen gerade leben, natürlich<br />

häufig auch in der Häuslichkeit. Dort, wo<br />

der Wunsch besteht oder eine Notwendigkeit<br />

existiert, dass die Menschen mehr<br />

Unterstützung durch externe Personen,<br />

geschulte Ehrenamtler oder Koordinatoren<br />

erhalten. Da gehen wir hin und bieten diese<br />

Begleitung bis zum Ende des Lebens.<br />

Wie viele sind da im Team und wer<br />

sind diese begleitenden Menschen?<br />

Wir sind vier hauptamtliche Koordinatorinnen<br />

und ungefähr 70 Ehrenamtliche. Das<br />

Tolle ist: Unsere Ehrenamtlichen sind so<br />

vielfältig wie die Menschen, die wir begleiten.<br />

Die Vorstellung, dass diese Ehrenamtlichen<br />

Rentner sind, das hat sich wirklich<br />

sehr verändert. Inzwischen gehören viele<br />

junge Leute dazu. Sie wollen nicht nur Konsum<br />

und Partys, sondern etwas weitergeben.<br />

Es gibt viele junge Menschen, deren<br />

Herz dafür brennt, andere zu unterstützen.<br />

Bekommen diese von ihnen eine Art<br />

Aus- oder Fortbildung?<br />

Ja, es gibt jährlich einen Kurs. In einem<br />

halben Jahr bieten wir 120 Unterrichtseinheiten.<br />

Das beinhaltet einen Wochenblock,<br />

vier Wochenenden und einige Abende.<br />

Dort ist man sehr intensiv mit seiner eigenen<br />

Motivation befasst: Warum will<br />

ich anderen Menschen helfen? Es ist ganz<br />

wichtig, dahin zu gucken: Was erwarte ich<br />

davon, was hat mich inspiriert, das zu tun,<br />

was sind meine Beweggründe. Wie kann<br />

ich lernen, in ein Familiensystem hineinzugehen,<br />

und nur da zu sein, ohne mich einzumischen?<br />

Sowas muss wirklich gelernt<br />

werden. Auch die Auseinandersetzung<br />

mit dem eigenen Tod. Die Ehrenamtlichen<br />

schreiben beispielsweise in der Schulung<br />

ihren eigenen Nachruf. Wie wünsche ich<br />

mir mein eigenes Ende, wenn ich es mir<br />

wünschen könnte? Es geht um ganz viel<br />

Selbstreflexion, Fragen wie Krankheitsbilder,<br />

Umgang mit Menschen mit Demenz,<br />

Begleitung von Menschen aus verschiedenen<br />

Kulturen.<br />

Ab wann ist es eigentlich klar, dass<br />

die- oder derjenige jetzt stirbt, es<br />

keine Heilungsmöglichkeit mehr gibt<br />

und der Hospizdienst nun nötig ist?<br />

Etwa 85 % aller Menschen, die wir begleiten,<br />

sind an Krebs erkrankt. Manche davon<br />

werden geheilt. Für diejenigen, die nicht<br />

mehr gesund werden, kommt irgendwann<br />

der Zeitpunkt, an dem alle Therapien nur<br />

noch dafür da sind, dass das Leid möglichst<br />

gelindert wird. Es gibt palliative Chemotherapie<br />

und Bestrahlung. Man weiß, dass<br />

man aufgrund der Krebserkrankung sterben<br />

wird. Ab diesem Zeitpunkt stehen alle<br />

palliativen Angebote zur Verfügung, und<br />

eines davon ist eben die ambulante Hospizarbeit.<br />

Diese kann zwei Jahre dauern, es<br />

gibt jedoch auch viele Begleitungen über<br />

einen sehr kurzen Zeitraum.<br />

Wie wird das finanziert? Das ist ja keine<br />

direkte Kassenleistung.<br />

Es ist insofern eine Kassenleistung, weil<br />

die Kassen große Teile unserer Kosten refinanzieren.<br />

Aber einen Überschuss gibt<br />

es nicht. Wir sind alle sehr auf Spenden<br />

angewiesen. Der Dienst entstand aus der<br />

Bürgerbewegung, der Graswurzelbewegung.<br />

Jeder Träger eines Hospizdienstes<br />

sieht diesen als Ausdruck einer ethischen<br />

Verpflichtung im Dienst an dem Nächsten.<br />

Wir sind froh, dass der Umgang mit den<br />

Krankenkassen im SGB V, Paragraf 39 a,<br />

fest verankert ist.<br />

Elizabeth Schmidt-Pabst ist Leiterin des<br />

Ambulanten Lazarus Hospizdienstes.<br />

Gibt es Situationen, in denen man im<br />

Hospizdienst überfordert sein kann?<br />

Wie bereiten Sie darauf vor?<br />

Man muss zuerst bei einer Bewerbung<br />

für den Hospizdienst einen sehr persönlichen<br />

Fragebogen ausfüllen. Das geht sehr<br />

in die Tiefe. Da erkennt man schon sehr<br />

gut, ob die Antworten ein weiterführendes<br />

Gespräch möglich machen. Dort klären<br />

wir dann offene Fragen. Es gibt klare<br />

Ausschlusskriterien. Jemand, der vor drei<br />

Monaten seine Ehefrau verloren hat, sollte<br />

Zeit haben, um zu trauern. Auch wer<br />

selbst schwer krebskrank ist oder andere<br />

schwerwiegende Probleme hat, kann nicht<br />

genommen werden. Es ist so ein intensives<br />

Ehrenamt, anders als beispielsweise das<br />

Vorlesen in Altenheimen. Man begegnet<br />

manchmal so großem Leid, das man selbst<br />

eine große Stabilität haben muss. Die Familien<br />

und Partner müssen das unterstützen,<br />

gut finden, so dass man nicht alleine<br />

damit ist. Wir bieten auch Supervision an,<br />

die im ersten Jahr sogar verpflichtend ist.<br />

Was ist eigentlich der Punkt an dieser<br />

Arbeit, der für die Betreuenden so<br />

positiv ist und dafür sorgt, dass man<br />

trotz der intensiven Beschäftigung<br />

mit dem Tod ein fröhlicher Mensch<br />

mit einem erfüllten Leben bleibt?<br />

Die Ehrenamtlichen sagen uns immer wieder,<br />

dass sie sich angemeldet haben, weil<br />

sie etwas geben wollten. In der Begleitung<br />

spüren sie dann, dass sie diejenigen<br />

sind, die so vieles durch die Begleitung<br />

geschenkt bekommen. Beispielsweise hat<br />

man als Begleitender nach gewisser Zeit<br />

weniger Angst vor dem Tod, der seinen<br />

Schrecken verliert, weil man das Sterben<br />

gesehen hat. Ich habe viele Menschen begleitet:<br />

einen Mörder im Gefängnis, eine<br />

Professorin, einen Diplomaten aus Saudi<br />

Arabien. Meine Erfahrung ist immer wieder,<br />

wie ein deutsches Sprichwort sagt: Im<br />

Sterben sind wir alle gleich.<br />

Im Sterbeprozess beobachte ich, dass das,<br />

was uns scheinbar unterschiedlich macht,<br />

immer mehr wegfällt. Und das, was tiefer<br />

ist als unser persönliches Wesen, das<br />

bleibt.<br />

Das, was bleibt, ist ein schwer atmender<br />

Mensch, der sich in einem Prozess, in einer<br />

Wandlung befindet. Zum Schluss sehen die<br />

meisten Menschen, die ich gesehen habe,<br />

entspannt aus. Da ist nichts, wovor wir uns<br />

fürchten müssten, dass zeigt mir Hospizarbeit<br />

immer wieder.<br />

Spielt Beten in der Begleitung eine<br />

Rolle oder geschieht das nur, wenn es<br />

die Sterbenden wollen?<br />

Die Ehrenamtlichen sind so vielfältig wie<br />

die Menschen, die uns brauchen. Wenn<br />

jemand sehr christlich ist und sich an uns<br />

wendet, weil wir ein christlicher Dienst<br />

sind, dann haben wir auch Ehrenamtliche,<br />

die dann selbstverständlich vorlesen und<br />

mit den Menschen beten.<br />

Die Ehrenamtlichen sagen zu ihrer Motivation, dass<br />

sie etwas geben wollen. In der Begleitung spüren<br />

sie dann, dass sie diejenigen sind, die so vieles<br />

durch die Begleitung geschenkt bekommen.<br />

Die Kurse sind schnell ausgebucht,<br />

aber man kann ja immer wieder mitmachen,<br />

oder?<br />

Es lohnt sich schon, sich bei Interesse im<br />

Januar anzumelden, die Kurse sind sehr<br />

schnell voll belegt. Das Schöne daran ist,<br />

dass es wirklich Herzensbildung ist. Wir<br />

merken angesichts des Krieges und vieler<br />

anderer Dinge, die wir jetzt durchmachen,<br />

dass wir Herzensbildung brauchen. Ich<br />

freue mich, dass sich so viele Menschen<br />

dafür interessieren.<br />

Bald Baustart für Hospiz in Bad Kösen<br />

Am Rande des Erntedankfestes in Bad Kösen (11. September <strong>2022</strong>) war<br />

Gelegenheit den Bauplatz für den Hospizneubau in der Elly-Kutscher-<br />

Straße in Augenschein zu nehmen. Mit dabei v.l.n.r.: Jens Hamann<br />

(Einrichtungsleiter), Daniela Heinrich (Pflegedienstleitung), Pastor Ulrich<br />

Pohl (Vorsitzender des Vorstands), Katja Möhlhenrich-Krüger (Bereichsleiterin<br />

Altenhilfe), Martin Wulff (Geschäftsführer) sowie der Posaunenchor<br />

der evangelischen Ortsgemeinde Bad Kösen.<br />

Umgeben von Natur und vor allem von Menschlichkeit: Das bietet das geplante stationäre<br />

Hospiz der Hoffnungstaler Stiftung <strong>Lobetal</strong> in Bad Kösen ab Frühjahr 2024.<br />

Im Oktober ist der erste Spatenstich geplant. Das Hospiz wird Platz für 16 Gäste<br />

bereithalten. Der fast quadratische Flachbau ist nach ökologischen Gesichtspunkten<br />

konzipiert. Durch Dachbegrünung, Kräutergarten, Baumpflanzungen im Innenhof,<br />

viel Licht in den Zimmern durch zusätzliche Oberlichter finden sich die Gäste<br />

inmitten von Natur wieder. Die an jedes Gästezimmer angrenzenden Terrassen sind<br />

großzügig gestaltet, so dass auch die weniger mobilen Hospizgäste dieses schöne<br />

Umfeld in ihrem Pflegebett genießen können. Die Pflegebetten können von jedem<br />

Zimmer aus direkt auf die Terrasse geschoben werden. Geplant ist auch ein Veranstaltungsraum<br />

für Begegnung und zum Feiern in Gemeinschaft. Darüber hinaus engagieren<br />

sich immer wieder Künstler<br />

ehrenamtlich in der Hospizarbeit. So<br />

können dort kleinere Konzerte oder<br />

Lesungen stattfinden. Die geplante<br />

Zusammenarbeit mit dem Hospizverein<br />

Naumburg stellt sicher, dass<br />

sich das Netzwerk an ehrenamtlich<br />

begleitenden Menschen in Vorbereitung<br />

auf die anstehende Hospizarbeit<br />

in Bad Kösen erweitern kann.<br />

Der Standort bietet eine ruhige Atmosphäre<br />

am Rande der Wohnanlage<br />

für Seniorinnen und Senioren des<br />

Lazarus Hauses in Bad Kösen. Durch<br />

die Nähe zum Einkaufszentrum ist<br />

die Teilhabe am Leben und die Öffnung in die Gesellschaft in angemessenem Umfang<br />

möglich. Schon jetzt gibt es Menschen, die sich sehr auf dieses Hospiz freuen,<br />

sich einbringen und mitgestalten wollen sowie mit ihrer Bewerbung Interesse zeigen,<br />

die Hospizarbeit mitzugestalten.<br />

24 24 <strong>Lobetal</strong> heute <strong>aktuell</strong><br />

<strong>Lobetal</strong> <strong>aktuell</strong><br />

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