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Lobetal aktuell Ausgabe 4/2022 erschienen

Unsere Stiftung ist voller Vielfalt und Menschlichkeit. Sie ist ein Ort großartiger Geschichten und besonderer Engagements. Das verdient es, darüber zu berichten.

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Fotos: Mechthild Rieffel<br />

Aus den Einrichtungen<br />

•<br />

Haus Erlengrund<br />

GPVA in Berlin. Schon davon gehört? Zunächst<br />

ist die Abkürzung zu klären: „Gemeindepsychiatrischer<br />

Verbund und Arbeitsprojekte“<br />

Das ist derjenige Bereich der<br />

Hoffnungstaler Stiftung <strong>Lobetal</strong> in Berlin,<br />

der Menschen mit psychischer Beeinträchtigung<br />

ambulant begleitet und betreut.<br />

Falls diese Arbeit noch nicht so bekannt ist,<br />

so verwundert das Timo Siefkes und Johanna<br />

Klusch nicht. Beide leiten diesen Verbund<br />

und wissen: „Das was wir tun, und für<br />

wen wir da sind, ist nicht so bekannt.“ Das<br />

Thema sei stark tabuisiert, deutlich stärker<br />

als bei anderen Erkrankungen geistiger und<br />

körperlicher Art. Darüber spreche in unserer<br />

Gesellschaft niemand gerne.<br />

•<br />

Johanna Klusch und<br />

Timo Siefkes,<br />

Bereichsleitung GPVA<br />

Vorgestellt: Gemeindepsychiatrischer<br />

Verbund und Arbeitsprojekte (GPVA)<br />

Ambulante Begleitung in Berlin: für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung<br />

Die Angebote der einzigen Einrichtung<br />

der Stiftung mit einem rein ambulanten<br />

Angebot für Menschen mit psychischer<br />

Erkrankung befinden sich in Lichtenberg,<br />

Charlottenburg und Wilmersdorf. Im Haus<br />

Erlengrund in Charlottenburg nahm vor<br />

mehr als 60 Jahren mit einem Sonderkrankenhaus<br />

des Roten Kreuzes alles seinen<br />

Anfang. In den 90er Jahren wurde dieses<br />

als ambulantes Wohnangebot für psychisch<br />

kranke Menschen vom GPVA übernommen.<br />

„Das ist unsere Wurzel, aus der ein bedeutendes<br />

Arbeitsgebiet wurde mit inzwischen<br />

über 200 Klientinnen und Klienten. Das<br />

Haus Erlengrund und die damit verbundene<br />

Arbeitsqualität haben uns bekannt gemacht.<br />

Auch heute heiße es noch: GPVA?<br />

Sind das die vom Haus Erlengrund?“, berichtet<br />

Timo Siefkes. Das Haus Erlengrund<br />

ist eine 1999 umgebaute Villa, in der 23<br />

schwer chronisch-psychisch beeinträchtigten<br />

Menschen eine gemeindenahe Versorgung<br />

angeboten wird. Es sind Klientinnen<br />

und Klienten, die intensiv begleitet werden<br />

und einen großen Hilfebedarf haben. Das<br />

Haus ist umgeben von einem wildromantischen<br />

Garten. Im Haus befinden sich drei<br />

Küchen, eine Werkstatt, Gruppenräume,<br />

ein Wintergarten, drei Terrassen. Es bietet<br />

also optimale Bedingungen für eine<br />

24-Stunden-Betreuung.<br />

Viele Orte, breites Spektrum<br />

Lichtenberg ist im Verbund der jüngste<br />

Standort. Start war 2018 mit zehn Plätzen,<br />

jetzt sind es 60. Tendenz steigend. Weitere<br />

70 Plätze sind im Standort Ilsenburger Straße<br />

sowie eine Beschäftigungstagesstätte<br />

mit 25 Plätzen in Charlottenburg ansässig,<br />

50 Plätze in der Auguste-Viktoria-Straße in<br />

Wilmersdorf. Diese nahezu 200 Klientinnen<br />

und Klienten leben in einer eigenen Wohnung,<br />

die Hälfte davon selbst angemietet,<br />

die andere Hälfte sind sogenannte Trägerwohnungen,<br />

also über die Stiftung angemietet.<br />

„Das Spektrum der psychischen Beeinträchtigung<br />

ist breit gefächert“, erklärt<br />

Johanna Klusch. Die Erkrankung sei nicht<br />

immer für Außenstehende zu erkennen:<br />

„Das können hoch begabte Menschen<br />

sein, Menschen wie Du und ich, die<br />

aber in schweren Krisen regelmäßig<br />

auf intensive Unterstützung angewiesen<br />

sind.“<br />

In der Regel wenden sich Dritte an den<br />

Sozialpsychiatrischen Dienst des Bezirkes,<br />

wenn in ihrem Umfeld eine untragbare Situation<br />

eintritt. Oft sind es chaotische Zustände<br />

im persönlichen Umfeld des Menschen<br />

oder in der Familie. Wenn eine diagnostizierte<br />

psychische Erkrankung vorliegt, wird<br />

im Vorfeld einer Betreuung ein Gutachten<br />

erstellt. Auf dieser Grundlage erfolgt eine<br />

Einstufung in eine der so genannten Hilfebedarfsgruppen,<br />

festgelegt vom Sozialpsychiatrischen<br />

Dienst des Bezirkes. Jede<br />

der zwölf Stufen, die wiederum mit einer<br />

Schwere der Erkrankung einhergehen, ist<br />

mit einer Stundenzahl wöchentlicher Betreuung<br />

hinterlegt. In sogenannte Fallkon-<br />

Standort Ilsenburger Straße<br />

ferenzen wird die Person vorgestellt. Träger<br />

können sich bewerben, so es denn räumlich<br />

und inhaltlich passt.<br />

Kleine Schritte und große<br />

Herausforderungen<br />

„Wenn ein Klient oder eine Klientin<br />

bei uns einzieht, klären wir vorher in<br />

intensiven Gesprächen: Was brauchen<br />

Sie an Unterstützung“, erklärt Frau<br />

Klusch. Daraufhin wird der Betreuungsplan<br />

erstellt. Der Bezugsbetreuer arbeitet an den<br />

Themen und gemeinsam werden die verabredeten<br />

Ziele angegangen, ggf. auch angepasst.<br />

„Wir erleben nach Einzug in eine eigene<br />

Wohnung, dass der Hilfebedarf nach<br />

und nach sinkt. Dazu tragen die verlässliche<br />

Betreuung, das veränderte Lebensumfeld<br />

und der geordnete Tagesablauf bei. Ziel der<br />

Begleitung ist, fit für ein selbstständiges<br />

Leben zu machen. Oft leben Menschen mit<br />

psychischer Erkrankung zurückgezogen,<br />

sind antriebsarm, depressiv, überfordert<br />

mit alltäglichen Dingen und Erledigungen,<br />

wie unterwegs sein in der Öffentlichkeit,<br />

Einkaufen, Arztbesuchen. Genau solche<br />

Dinge werden besprochen und trainiert.<br />

„Erfolge werden oftmals mit kleinen<br />

Schritten erzielt. Wenn eine Klientin<br />

oder ein Klient eine alltägliche Hürde<br />

selbstständig meistert, eine Krise gut<br />

überstehen konnte oder sich einer<br />

Gruppe anschließt oder an Nachbarschaftstreffen<br />

teilnimmt, ist viel erreicht.“<br />

„Das Spektrum<br />

der psychischen<br />

Beeinträchtigung<br />

ist breit gefächert.“<br />

Johanna Klusch und<br />

Timo Siefkes,<br />

Verbundleitung<br />

Standort Auguste-Viktoria-Straße<br />

Wo liegen die Herausforderungen? Personalgewinnung<br />

sei noch kein großes Problem<br />

berichtet Timo Siefkes. Die Bezahlung<br />

und die Arbeitszeiten seien attraktiv.<br />

Derzeit sind es 94 Mitarbeitende, die die<br />

Klientinnen und Klienten betreuen. Limitierend<br />

sei das Anmieten oder der Kauf von<br />

Wohnungen. Das verwundert kaum, ist die<br />

Lage in Berlin doch sehr angespannt und<br />

verfügbarer Wohnraum oft für die Stiftung<br />

nicht finanzierbar. So sei man ständig auf<br />

der Suche, um Wohnraum zu finden. Man<br />

entwickle Kooperationen mit den großen<br />

Bauträgern und Wohnungsbaugenossenschaften.<br />

Man appelliere an deren soziales<br />

Gewissen, was auch schon mal funktioniert.<br />

Unterstützend sei dabei der gute Ruf<br />

des GPVA. Auch die Gewinnung von Wohnungen<br />

über Nachlässe, die die Stiftung<br />

erhält, sei eine gute Möglichkeit.<br />

Vertrautes Umfeld auch<br />

im Alter<br />

Die beiden bewegt die Frage: „Wer pflegt<br />

die Klientinnen und Klienten, wenn sie äl-<br />

Café Ida<br />

Standort Lichtenberg<br />

ter werden.“ Schon länger ist deshalb in<br />

den Köpfen die Idee, einen spezialisierten<br />

Pflegedienst aufzubauen, der direkt an den<br />

GPVA angebunden ist. Es gibt davon zu<br />

wenige in Berlin, so dass das eine sinnvolle<br />

Erweiterung darstellt. „Für die Klientinnen<br />

und Klienten, die schon lange mit uns verbunden<br />

sind, wäre dies ein wichtiger Teil<br />

ihrer Lebensqualität. Wir könnten so sicherstellen,<br />

dass sie so lange wie möglich<br />

in ihrem vertrauten Lebensumfeld bleiben<br />

können“, so Johanna Klusch. Ein Wunsch,<br />

der allen älteren Menschen nicht fremd ist.<br />

Eines kann man heute schon sagen: Der<br />

GPVA wird sich weiterentwickeln, auch<br />

wenn es eher im Verborgenen stattfindet.<br />

Für die Menschen mit psychischer Erkrankung<br />

wird dies wirkungsvoll sein, oder um<br />

es anders zu sagen: Der GPVA ist ein Segen<br />

für Berlin.<br />

wk<br />

40 <strong>Lobetal</strong> <strong>aktuell</strong><br />

<strong>Lobetal</strong> <strong>aktuell</strong><br />

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