Betriebliches Gesundheitsmanagement 2022
Hörst du mich oder verstehst du mich schon?
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WIRKUNG VON BGM<br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong><br />
ZWEI AUSSCHNITTE AUS CASE STUDIES<br />
ALLE DETAILLIERTEN CASE STUDIES FINDEN SIE HIER<br />
SBB<br />
Die SBB ist eines der heterogensten und komplexesten Unternehmen in der<br />
Schweiz, mit über 150 Berufsbildern, mehreren hundert Standorten und über<br />
33 000 Mitarbeitenden.<br />
Massnahme: BGM bei zunehmender Digitalisierung mitdenken: Human Factors<br />
Dr. Regina Jensen<br />
Projektleiterin Wirkungsmanagement<br />
• Stakeholder: Gelingendes BGM involviert<br />
und motiviert alle relevanten Akteure im<br />
Unternehmen, vor allem auch die Geschäftsleitung.<br />
• Planung: BGM ist dann erfolgreich, wenn es<br />
bei den verschiedenen Unternehmensprozessen<br />
die Auswirkungen auf die Gesundheit<br />
der Mitarbeitenden berücksichtigt und<br />
die BGM-Verantwortlichen miteinbezieht.<br />
• Kommunikation: Mitarbeitende müssen<br />
über die vorhandenen BGM-Massnahmen<br />
informiert werden. Deshalb ist eine<br />
zielgruppengerechte Kommunikation über<br />
BGM wichtig.<br />
• Feedback: Um die passenden BGM-Massnahmen<br />
umzusetzen, sind ein ständiger Austausch<br />
mit und eine Rückmeldung von der<br />
Zielgruppe notwendig.<br />
• Wirkungsmessung: Ein regelmässiges Monitoring<br />
der BGM-Wirkung ermöglicht die zielgerichtete<br />
Ausgestaltung sowie das Aufdecken<br />
von Optimierungspotenzial.<br />
Inwieweit helfen Case Studies einem<br />
Betrieb?<br />
Case Studies oder Best Cases zeigen, wie<br />
andere Betriebe BGM-Massnahmen umsetzen.<br />
Vor allem aber, welche Erkenntnisse sie<br />
daraus ziehen. Sie helfen dadurch, eigene<br />
Massnahmen zu optimieren und neue zu<br />
entwickeln.<br />
Wie stellen Sie sicher, dass die Erkenntnisse<br />
aus diesen Case Studies wahrgenommen<br />
werden?<br />
Wir planen, den Synthesebericht und die einzelnen<br />
Fallbeschreibungen respektive Massnahmen<br />
zielgruppenspezifisch zu ver breiten und<br />
alle unsere Kommunikations kanäle zu bespielen,<br />
das heisst unter anderem Webseiten,<br />
Social Media und Newsletter. Die Erkenntnisse<br />
sollen aber auch in unsere Schulungen und<br />
Produkte fliessen und an Events vorgestellt<br />
werden.<br />
«Die Einführung technischer Systeme führte in der Vergangenheit manchmal zur Überforderung der<br />
Mitarbeitenden, die beispielsweise mit bestimmten Geräten nicht zurechtkamen», sagt SBB-Fachspezialistin<br />
Anna Windischer. Dafür zu sorgen, dass die Technologie die Mitarbeitenden entlastet<br />
und nicht belastet, fällt in die Zuständigkeit von «Human Factors». Für die Zugreinigung wurde<br />
beispielsweise eine App eingeführt, die den Mitarbeitenden den Sauberkeitszustand des Zugs in Rot,<br />
Orange und Grün angezeigt. Dementsprechend wird die Arbeit priorisiert. Windischer erklärt, dass<br />
je nach App-Gestaltung das digitale Hilfsmittel unterstützend oder «auch als zusätzlicher Druck<br />
für die Mitarbeitenden empfunden werden könnte». Würde das Tool beispielsweise zu einer verstärkten<br />
Kontrolle der Mitarbeitendenleistung oder zu Zeitdruck führen, nähme der Stress zu. Wenn<br />
das Tool aber so eingesetzt wird, dass sich das Team untereinander besser organisieren und seinen<br />
Handlungsspielraum nutzen kann, führt die Digitalisierung sogar zur Entlastung. Um schon vor der<br />
Einführung zu untersuchen, welche Auswirkungen eine neue Technologie auf die Mitarbeitenden,<br />
ihre Tätigkeiten und ihr Arbeitsumfeld hat, führt die SBB unter anderem Interviews und Beobachtungen<br />
von Arbeitsabläufen im Rahmen von Pilotstudien durch. Mögliche Technologieanpassungen<br />
werden anschliessend mit Personen diskutiert, die für die Einführung der neuen Technologie zuständig<br />
sind. Zudem werden Vorgesetzte sensibilisiert: «Es verändert die Führung, wenn die Leute autonomer<br />
arbeiten können.» Windischer ist vom Nutzen eines frühen Einbezugs von Human Factors<br />
überzeugt: «Wenn man erst am Ende dazukommt, ist es schwierig, noch etwas zu verändern. Oder<br />
man muss das ganze System zurücknehmen, weil es überhaupt nicht funktioniert. Das ist viel kostenintensiver,<br />
als wenn man Human Factors schon von Beginn an berücksichtigt.»<br />
Loterie Romande<br />
Die Loterie Romande ist ein KMU in der Glücksspielbranche, das mit seinen Erträgen<br />
gemeinnützige Projekte unterstützt und rund 300 Mitarbeitende beschäftigt.<br />
Massnahme: Etablierung von BGM im Unternehmen<br />
Bei der Loterie Romande führte die Vielfalt der Berufsprofile zu sehr unterschiedlichen Belastungen<br />
und Anforderungen an ein gutes Arbeitsumfeld. Um die Arbeitgeberattraktivität für bestehende<br />
und potenzielle Mitarbei tende zu erhöhen, implementierten sie eine Gesundheitsstrategie. Auf der<br />
Suche nach einer systematischen Methodik überzeugte das Label «Friendly Work Space» von Gesundheitsförde<br />
rung Schweiz. «Es stellte strukturierte Tools und Verfahren zur Verfügung, wodurch wir<br />
uns auf die Inhalte und die Umsetzung konzentrieren konnten, ohne zusätzlich noch eine Methode<br />
entwickeln zu müs sen», sagt Anne Michellod, BGM-Verantwortliche und HR-Leiterin. Die Komplexität<br />
und die hohen Anforderungen des Assessments waren teilweise eine Herausforderung. «Für den<br />
Einstieg war es hilfreich, den Prozess in Zwischenstufen zu unterteilen, die es ermöglichten, das BGM<br />
mit gezielter Aufwandssteuerung aufzubauen und es in die globale HR-Strategie des Unternehmens<br />
zu integrieren. Dieses schrittweise Vorgehen kann ich anderen KMU nur empfehlen», sagt Michellod.<br />
«Bei einer BGM-Einführung ist es zudem wichtig, die volle Unterstüt zung der Geschäftsleitung zu<br />
haben.» BGM werde zu einem strategischen Schwerpunkt und Ressourcen müssen dafür bereitgestellt<br />
werden. Operativ unterstützt wird die BGM-Verantwortliche durch eine partizipative BGM-<br />
Lenkungsgruppe. In dieser Gruppe sind alle relevanten Bereiche vertreten. Sie übernimmt im Wesentlichen<br />
drei Aufgaben: Erstens steht sie im engen, persönlichen Kontakt mit allen Mitarbeitenden.<br />
Zwei tens analysiert, plant und organisiert sie BGM-Massnahmen und kontrolliert deren Wirkung.<br />
Drittens ist sie Botschafterin für BGM im Unternehmen und informiert die Mitarbeitenden. Zur<br />
Wirkungskontrolle der BGM-Massnahmen führte die Loterie Romande zwei Instrumente ein. Eine<br />
übergeordnete, regelmässige Zufriedenheitsbefragung (alle drei Jahre) und ein flexibles Adhoc-<br />
Befragungstool. Zuletzt konnte eine sehr positive Entwicklung abgelesen werden. «Letztlich zahlt<br />
sich der Einsatz klar aus», sagt Anne Michellod.<br />
Special <strong>2022</strong><br />
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