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Betriebliches Gesundheitsmanagement 2022

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<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong><br />

INTERVIEW ANABEL TERNÈS<br />

«KI ERSETZT KEINE MENSCHEN»<br />

ANABEL TERNÈS IST ZUKUNFTSFORSCHERIN, PROFESSORIN, LEITERIN DES INTERNATIONALEN<br />

INSTITUTS FÜR NACHHALTIGKEITSMANAGEMENT, EXPERTIN FÜR NACHHALTIGKEIT, DIGITALISIERUNG<br />

SOWIE ZUKUNFTSKOMPETENZEN UND KEYNOTE SPEAKER AN DER BGM-TAGUNG <strong>2022</strong>.<br />

EIN GESPRÄCH ÜBER ZUKUNFTSKOMPETENZEN UND DIE DIGITALISIERUNG VON BGM.<br />

Interview: Christine Bachmann<br />

Welche Zukunftskompetenzen brauchen wir,<br />

um fit für die Arbeitswelt 4.0 zu bleiben?<br />

Anabel Ternès: Einige. Insgesamt sind es so<br />

viele, dass wir darüber ein seitenstarkes Buch<br />

gefüllt haben (siehe Buchtipp). Zwei Kompetenzen<br />

möchte ich jedoch hervorheben: die<br />

Selbstwirksamkeit und die digitale Souveränität.<br />

Beide geben in dieser schnelllebigen Welt<br />

Orientierung. So fragen wir uns bei der Selbstwirksamkeit:<br />

Wer bin ich, was kann ich und<br />

wohin will ich? Bei der digitalen Souveränität<br />

wiederum: Welche digitalen Mittel benötige<br />

ich und wo schränkt das Digitale meine Freiheit<br />

und Unabhängigkeit ein? Digitale Souveränität<br />

schärft unseren Blick dafür, dass Technik kein<br />

Selbstzweck sein darf.<br />

Wie können wir uns diese Souveränität<br />

aneignen?<br />

Infrastruktursouveränität ist das Fundament<br />

der digitalen Souveränität: Wir müssen die<br />

Schlüsseltechnologien und -kompetenzen<br />

beherrschen und benötigen dafür eine<br />

vertrauenswürdige IT-Infrastruktur. Zudem<br />

braucht es Datensouveränität. Das bedeutet,<br />

kompetent informiert zu sein und selbstbestimmt<br />

zu entscheiden, von wem und wie<br />

Informationen über die eigene Organisation,<br />

die eigenen Produkte, Personen oder Handlungen<br />

an die Öffentlichkeit gelangen.<br />

Entscheidungssouveränität ist dabei der<br />

Schlüssel. Personen mit entsprechendem<br />

Kontextwissen müssen dazu selbstbestimmt<br />

agieren und digitale Technologien für sich<br />

selbst und zum Gemeinwohl aller Mitarbeitenden<br />

kompetent und nutzenbringend<br />

einsetzen.<br />

Die Digitalisierung hat zwei Seiten. Wie<br />

verändert sie uns Menschen?<br />

Sie führt bei vielen Menschen dazu, sich in<br />

allen Lebensbereichen auf digitale Tools und<br />

Geräte zu verlassen. So messen, speichern und<br />

analysieren wir heute viele Lebensdaten mit<br />

digitalen Tools. Deshalb verlassen sich viele<br />

nicht mehr auf den eigenen Körper, sondern<br />

nur noch auf die Auswertung dieser Tools.<br />

Diese wissen bald besser als wir, was für uns<br />

gut ist: ausruhen oder weiterlaufen, essen oder<br />

fasten, arbeiten oder Freizeit. Gleichzeitig<br />

führt die Informationsflut aufgrund der<br />

KI KANN DATEN ÜBER<br />

DIE BESCHÄFTIGTEN<br />

UND DIE GESUND-<br />

HEITSGERECHTEN<br />

ARBEITSBEDIN-<br />

GUNGEN LIEFERN.<br />

ANABEL TERNÈS<br />

Datenmenge zu einem Informations-Gap.<br />

Und dieser wiederum führt zu einer ständigen<br />

Unsicherheit, Wichtiges nicht mitzubekommen<br />

sowie zu dem Drang, ständig online zu<br />

sein.<br />

Werden uns künftig Algorithmen analysieren<br />

und uns Gesundheitstipps geben?<br />

Das ist bereits heute der Fall – wenn man das<br />

möchte. Google analysiert beispielsweise<br />

bereits heute unser Nutzerverhalten und<br />

schickt uns passende Werbung, wenn wir<br />

vermehrt nach Gesundheitsthemen suchen.<br />

Das österreichische Start-up Medicus.ai geht<br />

noch weiter: Es speichert Gesundheitsdaten<br />

und gibt den Nutzenden der Seite Verhaltenstipps.<br />

Werden meine Vorgesetzten künftig schon<br />

vor mir wissen, dass ich ein Gesundheitsproblem<br />

habe?<br />

Das liegt an den Arbeitgebenden. In einigen<br />

Organisationen wird diese Möglichkeit bereits<br />

seit einigen Jahren im Arbeitsalltag genutzt,<br />

jedoch von den Mitarbeitenden kontrovers<br />

aufgenommen: beispielsweise durch Anti-<br />

Rauch-Programme oder Gewichtsreduktionskampagnen,<br />

aber auch in Form von<br />

regelmässigen Fragebögen, in denen Mitarbeitende<br />

mitteilen können, welche gesundheitlichen<br />

Herausforderungen sie mit Unterstützung<br />

ihres Unternehmens angehen<br />

möchten. Manche fühlen sich vom Arbeitgebenden<br />

umsorgt, andere wiederum kontrolliert<br />

– verbunden mit der Angst, ihre<br />

Selbstbestimmung zu verlieren.<br />

Welche Möglichkeiten bietet künstliche<br />

Intelligenz (KI) im betrieblichen <strong>Gesundheitsmanagement</strong><br />

(BGM)?<br />

KI kann Daten über die Beschäftigten und die<br />

gesundheitsgerechten Arbeitsbedingungen<br />

liefern. Diese Daten lassen sich auch in das<br />

BGM und HR integrieren – beispielsweise<br />

Analysen zum Verhalten und zur Prävention. Die<br />

Daten und Kennzahlen müssen jedoch qualitativ<br />

hochwertig sein, um verlässliche Aussagen<br />

über die Gesundheit der Beschäftigten ableiten<br />

8 Special <strong>2022</strong>

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