Betriebliches Gesundheitsmanagement 2022
Hörst du mich oder verstehst du mich schon?
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<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong><br />
WECHSEL BGM-LEITUNG<br />
ANGETRETEN, UM ZU GESTALTEN<br />
RENÉ MARCELLO RIPPSTEIN HAT BEI GESUNDHEITSFÖRDERUNG SCHWEIZ IN DEN LETZTEN ZWÖLF JAHREN<br />
DAS BETRIEBLICHE GESUNDHEITSMANAGEMENT (BGM) VON GRUND AUF NEU AUFGEBAUT. NUN GEHT<br />
DER BGM-LEITER IN PENSION. SEIN NACHFOLGER ERIC BÜRKI HAT EINIGES VOR.<br />
Interview: Christine Bachmann<br />
Sie waren über zwölf Jahre BGM-Leiter. Was<br />
haben Sie erreicht?<br />
René Marcello Rippstein: In den letzten zwölf<br />
Jahren passierte viel in der Arbeitswelt: Berufliches<br />
und Privates verschmolzen, neue Arbeitsmodelle<br />
etablierten sich. Ein perfekter Nährboden,<br />
um BGM-Pionierarbeit zu leisten. So<br />
konnten wir in den letzten zwölf Jahren ein<br />
Bewusstsein für das BGM-Potenzial in Unternehmen<br />
schaffen und zeigen, dass es um weit<br />
mehr als Präventionsthemen geht – beispielsweise<br />
um die psychische Gesundheit. Das ist<br />
keine Selbstverständlichkeit: Bis heute gibt es<br />
kein Gesetz, das Betriebe zu einem umfassenden<br />
BGM verpflichtet. Es ist ein freiwilliger Entscheid,<br />
der sich lohnt. Gesunde und sich wohlfühlende<br />
Mitarbeitende stärken nicht nur die<br />
Innovationskraft des Unternehmens, sondern<br />
auch dessen Employer Branding.<br />
Wie hat sich Ihr BGM-Team verändert?<br />
Wir haben damals zu zweit gestartet. Heute<br />
beschäftigen wir am Hauptsitz in Bern rund<br />
25 Personen und arbeiten schweizweit mit<br />
170 freischaffenden Consultants sowie akkreditierten<br />
Assessoren zusammen. Das ist grossartig,<br />
genügt aber noch nicht. Das Potenzial<br />
für BGM ist in den Betrieben nach wie vor riesig.<br />
Erst jede vierte Firma betreibt ein einigermassen<br />
systematisches BGM – die Systematik<br />
macht es aber aus und ist wichtig für die Nachhaltigkeit.<br />
Viele Firmen starten zwar mit einem<br />
BGM, brechen es aber wieder ab. Beim BGM<br />
muss man aber wie im Sport dranbleiben.<br />
Was wünschen Sie sich für die BGM-Community?<br />
Dass wir weiterhin als Pioniere die Voraussetzungen<br />
dafür schaffen, BGM in den Unternehmen<br />
zu integrieren. In Zahlen ausgedrückt:<br />
Heute sind es 25 Prozent der Betriebe, die einigermassen<br />
nachhaltig BGM betreiben – in den<br />
nächsten fünf Jahren möchten wir 30 bis 35<br />
Prozent der Firmen erreichen. Ich wünsche mir<br />
zudem, dass in der Corporate Social Responsibility<br />
künftig vermehrt auf Menschen fokussiert<br />
wird und nicht nur darauf, wie viel CO 2<br />
-<br />
Ausstoss ein Unternehmen vermeiden kann.<br />
An die Politik wäre mein persönlicher Appell,<br />
Investitionen ins BGM steuerlich abziehbar zu<br />
machen. Das würde einen Boom auslösen und<br />
insbesondere die Arbeitgeberattraktivität von<br />
KMU befeuern.<br />
Der neue BGM-Leiter in wenigen Worten?<br />
Eric Bürki: Ich bin 43 Jahre alt und seit 2013<br />
als Leiter Training & Support für Gesundheitsförderung<br />
Schweiz tätig, begleite Betriebe und<br />
helfe ihnen, ein internes BGM zu implementieren.<br />
Nebst dieser Arbeit baute ich bei Gesundheitsförderung<br />
Schweiz das BGM mit auf.<br />
Zudem bin ich schweizweit in unserem Ökosystem<br />
gut vernetzt – von Assessierenden und<br />
Beratenden bis hin zu den Unternehmen. Ich<br />
bin verheiratet, Familienvater und trainiere seit<br />
vielen Jahren eine vietnamesische Kampfkunst.<br />
Was reizt Sie an Ihrer neuen Rolle als BGM-<br />
Leiter?<br />
Ich bin angetreten, um zu gestalten. Mich interessiert,<br />
wie sich die Arbeitswelt durch die Digitalisierung<br />
und die Flexibilisierung verändert<br />
und welchen Einfluss das auf uns sowie unsere<br />
Gesundheit hat. Aufgrund dieser Entwicklungen<br />
wollen wir in den kommenden Jahren die<br />
Grundlagen für gutes BGM schaffen.<br />
Wo sehen Sie das BGM in der Schweiz in fünf<br />
Jahren?<br />
Dass in fünf Jahren etwa 35 Prozent der<br />
Betriebe ein BGM implementiert haben, ist<br />
realistisch. Gerade weil die «Gesundheit» laut<br />
Umfragen an oberster Stelle in den Betrieben<br />
steht – angetrieben durch ein Personalmarketing,<br />
das jungen Arbeitnehmenden gute<br />
Arbeitsbedingungen sowie eine gute Führung<br />
verspricht. Meine Vision ist, dass es uns immer<br />
weniger braucht und sich eine regionale Eigendynamik<br />
entwickelt, wenn das BGM-Ökosystem<br />
genügend gross ist.<br />
Was möchten Sie der BGM-Community<br />
sonst noch sagen?<br />
Drei Dinge, die ich für die Nachfolgestrategie<br />
vorschlage: Dass wir ein State of the Art des<br />
BGMs für die neue Arbeitswelt (New Work)<br />
entwickeln, vermehrt mit anderen Organisationen<br />
kooperieren und KMU für BGM begeistern<br />
können. 70 Prozent der Schweizer Erwerbstätigen<br />
arbeiten in KMU. Aus unseren<br />
Monitorings wissen wir, dass KMU gegenüber<br />
den Grossunternehmen weniger und weniger<br />
gezielt BGM-Massnahmen umsetzen. Dort<br />
sehen wir viel Potenzial. Deshalb möchten wir<br />
KMU mit neuen Angeboten für das BGM<br />
begeistern und für uns gewinnen (Anm. d.<br />
Red.: Konkretes zu den neuen Angeboten für<br />
KMU entnehmen Sie dem Artikel ab Seite 6).<br />
Übergabe: Eric Bürki übernimmt<br />
von René Marcello Rippstein<br />
(Foto: Christine Bachmann)<br />
4 Special <strong>2022</strong>