Betriebliches Gesundheitsmanagement 2022
Hörst du mich oder verstehst du mich schon?
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<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong><br />
NEW WORK<br />
GESUND BLEIBEN IN DIGITALER<br />
UND HYBRIDER ZUSAMMENARBEIT<br />
DIE PANDEMIE HAT DIE GESUNDHEIT VON MITARBEITENDEN IN DEN FOKUS GERÜCKT.<br />
GLEICHZEITIG HAT SICH DIE ARBEIT RASCH VERÄNDERT UND NEUE ARBEITSFORMEN SIND<br />
ENTSTANDEN: FLEXIBEL, HYBRID, DIGITAL. WAS KÖNNEN UNTERNEHMEN TUN, UM DIE GESUNDHEIT<br />
UND DAS WOHLBEFINDEN AUCH IN NEUEN ARBEITSFORMEN ZU FÖRDERN?<br />
Text: Eliane Stöckli<br />
Dominik Fässler<br />
Projektleiter BGM<br />
Die Corona-Pandemie trug dazu bei, dass<br />
Arbeitszeit und Arbeitsort flexibler geworden<br />
sind – Homeoffice sowie hybride Arbeitsformen<br />
haben sich stark verbreitet. «Arbeitgebende<br />
wie -nehmende mussten sich kurzfristig<br />
anpassen, was nicht allen leichtfiel», sagt<br />
Dominik Fässler, Projektleiter BGM bei Gesundheitsförderung<br />
Schweiz und New-Work-<br />
Experte. Studien zeigen: Wer sozial, gesundheitlich<br />
oder finanziell bereits gut aufgestellt<br />
ist, kann besser mit Krisen und raschen Veränderungen<br />
umgehen oder diese sogar als<br />
Chance nutzen. Beispielsweise kann die Flexibilität<br />
zu einer ausgewogeneren Work-Life-<br />
Balance beitragen. Wer hingegen nur über<br />
wenige dieser Ressourcen verfügt, den treffen<br />
Krisen stärker. «Das gilt sowohl auf individueller<br />
als auch auf organisatorischer Ebene.»<br />
Letztere sei in diesem Zusammenhang auch<br />
gefordert, die technischen Voraussetzungen<br />
für hybrides Arbeiten zu erfüllen.<br />
Mit der flexiblen und der digitalen Zusammenarbeit<br />
können die Grenzen der Arbeitswelt und<br />
des Privatlebens verschwimmen. Da brauche<br />
es gemeinsam definierte, klare Regelungen,<br />
sagt Fässler. Beispielsweise bezüglich Erreichbarkeit:<br />
«Wann bin ich erreichbar, über welche<br />
Kommunikationskanäle und wie rasch muss ich<br />
auf eine Nachricht reagieren?» Einschneidend<br />
kann durch die vermehrte digitale Arbeitsweise<br />
und Homeoffice auch der abnehmende physische<br />
Kontakt zu den Arbeitskolleginnen und<br />
-kollegen sein: «Digitale Kommunikation hat<br />
Vorteile, trotzdem birgt sie bei fehlendem physischem<br />
Kontakt gesundheitsrelevante Risiken<br />
wie Isolations- und Einsamkeitsgefühle.» Wichtig<br />
sei deshalb, den physischen und sozialen<br />
Kontakt auch bei vermehrter digitaler Zusammenarbeit<br />
aufrechtzuerhalten und Beziehungen<br />
zu pflegen. «Soziale Beziehungen sind ein<br />
Grundpfeiler psychischer Gesundheit.» Dafür<br />
benötige es regelmässigen physischen Kontakt,<br />
bei dem Offenheit und Vertrauen im Zentrum<br />
stehen, sagt Fässler. «Beispielsweise mit Teamtagen,<br />
an denen alle im Büro sind. Wichtig ist,<br />
dass an diesen Tagen auch Raum für den sozialen<br />
Austausch wie die persönlichen Gespräche<br />
geschaffen wird.»<br />
Kompetenzerweiterung<br />
Fehlt der persönliche Kontakt, erschwert das<br />
auch die Früherkennung von Stress und<br />
Erschöpfung. Der Job-Stress-Index 2020 von<br />
Gesundheitsförderung Schweiz1 zeigt: Drei von<br />
zehn Erwerbstätigen (29,6 Prozent) leiden<br />
unter Stress. Fast gleich viele sind emotional<br />
erschöpft. Arbeitsbezogener Stress kostet<br />
Arbeitgebende rund 7,6 Milliarden Franken pro<br />
Jahr. Insbesondere Führungskräfte brauchen<br />
entsprechende Kompetenzen, um auf Distanz<br />
zu erkennen, wenn es den Mitarbeitenden nicht<br />
gut geht, und um sie entsprechend zu unterstützen.<br />
Insbesondere Sozialkompetenzen<br />
seien entscheidend, betont Fässler. «Darüber<br />
hinaus spielt die Kommunikationsfähigkeit eine<br />
wichtige Rolle: Wie verhalte ich mich über digitale<br />
Kanäle wertschätzend gegenüber meinen<br />
Mitarbeitenden? Wie erteile ich Lob oder Kritik?»<br />
Gleichzeitig verändert sich die Rolle von<br />
Führungskräften, erklärt der New-Work-<br />
Experte. «Sie unterstützen, coachen und befähigen<br />
die Mitarbeitenden, ihre Projekte und<br />
Aufgaben selbst zu steuern und Verantwortung<br />
zu übernehmen.»<br />
Die Übernahme von mehr Verantwortung kann<br />
Mitarbeitende aber auch überfordern, gerade<br />
bei erhöhter Flexibilität und mehr digitaler<br />
Zusammenarbeit. Deshalb sollten sich auch<br />
diese entsprechende Kompetenzen aneignen<br />
können, sagt Fässler. «Dazu gehören unter<br />
anderem digitale Kompetenzen, Abgrenzungsfähigkeit<br />
sowie Selbstkenntnisse: Wie viel<br />
Sozialkontakt möchte oder brauche ich? Und<br />
wie kann ich meine Arbeit und mein Umfeld<br />
für mich passend gestalten?» Auf organisationaler<br />
Ebene wiederum müssen Möglichkeiten<br />
geschaffen werden, damit sich Führungspersonen<br />
und Mitarbeitende diese Kompetenzen<br />
aneignen können – Stichwort Lernkultur.<br />
Unterstützung und Inspiration<br />
Gesundheitsförderung Schweiz hilft in vielerlei<br />
Hinsicht sowohl den Unternehmen wie den<br />
Arbeitnehmenden. «Wir haben zu New Work<br />
und BGM eine Website2 eingerichtet, auf der<br />
Informationen zu Studien, Blogbeiträge, Best-<br />
12 Special <strong>2022</strong>