prima! Magazin - Ausgabe November 2022
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REPORTAGE<br />
REPORTAGE<br />
Der Charme eines<br />
alten Bürgerhauses<br />
Kaindorf 58, das „Sommer-Schneider-Haus“, wie es im ortsüblichen Jargon heißt, ist ein<br />
altes Bürgerhaus aus dem 17. Jahrhundert. Derzeit wird es restauriert und ab Spätherbst<br />
über die Gemeinde Kaindorf als Co-Working Space genutzt und weitervermietet.<br />
Das denkmalgeschützte Haus „Kaindorf 58“ heute.<br />
Olga Seus<br />
Fotos © Olga Seus<br />
vom Büro „Plankreis“ geduldig den<br />
vielen interessierten Besucher*innen<br />
erklärt. Doch die Türen, die Türstöcke,<br />
die Wände – inklusive Stuck – das ist<br />
alles alt, ebenso die Farbauswahl, die<br />
zwar neu, aber der alten, rekonstruierten<br />
Farbgebung nachempfunden ist. Die<br />
neue Möblierung in einladendem Holz<br />
gehalten, lenkt einen zunächst ab, das<br />
wahre Alter der Wände, innerhalb derer<br />
man sich befindet, zu fühlen. Doch ein<br />
Blick zum Hinterausgang belehrt<br />
sogleich: So dicke Wände werden<br />
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heutzutage nicht mehr gebaut. „Die Baustruktur ist top und die<br />
Wärmeisolierung ist bestens“, so Gaugl. Viele Kaindorfer*innen<br />
kennen das Gebäude am Ortseingang, das „im Zusammenspiel<br />
mit der Kirche und dem alten Pfarrhof eine repräsentative<br />
Einheit bildet, die 1980 zum Denkmalschutz dieses Gebäudes<br />
geführt hat“, erklärt Günter Gollner, ebenfalls von Plankreis<br />
und bestens mit den Restaurierungsarbeiten vertraut. Im 17.<br />
Jahrhundert erstmals erwähnt, wurde um 1810 die Fassade in<br />
ihrer heutigen Gliederung hergestellt. Lange gehörte es der<br />
Familie Sommer, die dem Schneidergewerbe nachging, deswegen<br />
der in Kaindorf gebräuchliche Name „Sommer-Schneider-<br />
Haus“. Als der letzte Nachfahre 2015 über hundertjährig<br />
kinderlos verstarb, erwarb die Familie Gotthardt das Gebäude<br />
und ließ es die letzten eineinhalb Jahre in enger Abstimmung<br />
mit dem Denkmalschutz generalsanieren.<br />
Stück für Stück restauriert<br />
Tapeten wurden abgetragen, die auch für die damalige Zeit<br />
aufwendigen Füllungstüren und Türstöcke abgeschliffen, die<br />
Stuckaturen an der Decke von Übermalungen freigelegt. Die<br />
Holztreppe, die mit einem PVC-Boden überzogen war, wurde<br />
ebenfalls freigelegt und wo sie zu abgenutzt war, behutsam mit<br />
passenden Holzelementen fachgerecht instandgesetzt. Grundsätzlich<br />
wurde nicht alles auf den Stand des 17. Jahrhunderts<br />
zurückgesetzt. Die Fenster etwa sind aus den 1980er-Jahren,<br />
die Raumaufteilung wurde nicht verändert, lediglich Sanitärräume<br />
als „Nasszellen“ eingebaut. Die Kamine wurden als<br />
Installationsschächte genutzt. Das Haus wurde an die Fernwärme<br />
angeschlossen und das Dach neu eingedeckt.<br />
Nasse Überraschung im Keller<br />
Dachboden und Keller wurden nicht saniert. Im Keller gibt es<br />
allerdings eine Besonderheit: ein gemauertes Becken, durch das<br />
Ausführende Firmen<br />
Geplant und beaufsichtigt wurden die Renovierungsarbeiten vom Architekturbüro<br />
Plankreis in enger Zusammenarbeit mit Ing. Schaunigg,<br />
welcher die Befundung für das Denkmalamt vornahm. Die Außenfassaden<br />
wurde von Bretterklieber Hoch- & Tiefbau GmbH und Malerei<br />
Herbsthofer instandgesetzt (ebenso Malerarbeiten im Innenbereich),<br />
Hochegger Dächer übernahm Dachausbesserungsarbeiten und Zach<br />
Gebäudetechnik die Installations- und Elektroarbeiten. Die Tür-, Stiegenund<br />
sonstigen Holzrekonstruktionsmaßnahmen kamen von der Kunsttischlerei<br />
Andreas Hirt, die Stuckarbeiten besserte Ing. Schaunigg aus,<br />
die Holzböden kamen von Parkett Putz, der Steinboden im Eingangsbereich<br />
von Firma Mörz, Laschalt Steine ist verantwortlich für die Außenstiege<br />
– die aus einem besonderen Granit besteht, die Schlosserarbeiten<br />
wurde von der „Reichl-Schmiede“ fachmännisch durchgeführt.<br />
der Dorfbach fließt und das zur Kühlung von Getränken und<br />
Lebensmitteln genutzt wurde. Bei der Sanierung wurde im<br />
Keller die Haustechnik und Fernwärme angeschlossen und die<br />
Heizrohre mit den Installationen versehen. Dabei stieß man auf<br />
das alte Becken. „Nur mit Taschenlampen bewaffnet, gingen wir<br />
anfangs in den Keller hinab und da kommt gleich neben dem<br />
Eingang das besagte Becken. Der Erste von uns wäre tatsächlich<br />
fast unfreiwillig baden gegangen“, erinnert sich Günter<br />
Gollner schmunzelnd an eine der vielen Begebenheiten.<br />
Vom Bürgerhaus zum Co-Working-Space<br />
Jetzt ist es nahezu fertig und kann auch endlich wieder genutzt<br />
werden. Im oberen Stockwerk ist das Humus Aufbau-Projekt<br />
der Ökoregion Kaindorf angesiedelt, im unteren Bereich sind<br />
Co-Working-Spaces, flexibel mietbare Büroeinheiten, untergebracht.<br />
Markus Gaugl resümiert zufrieden: „Ich denke, dass wir<br />
Kaindorf 58 gut in die Neuzeit transformiert haben.“<br />
Tag des Denkmals <strong>2022</strong>: Statt der derzeit<br />
üblichen Baustellenutensilien stehen<br />
Getränke und kleine Snacks bereit, statt<br />
des sonstigen Absperrzauns und des<br />
dazugehörigen Minibaggers vor der Tür<br />
ist ein Plakat angebracht, das auf die<br />
Bedeutung des denkmalgeschützten<br />
„Kaindorf 58“ hinweist. Ein Gebäude, das<br />
seinen Charme erst auf den zweiten<br />
Blick versprüht, doch dafür umso<br />
nachhaltiger. Der Steinboden direkt<br />
hinter der Tür ist frisch diagonal<br />
verlegter Solnhofer Naturstein, wie<br />
Markus Gaugl, der zuständige Architekt<br />
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Zach GmbH<br />
8224 Kaindorf 14<br />
T: +43 3334 2205 0<br />
kaindorf@zachgmbh.at<br />
www.zachgmbh.at<br />
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Der große Konferenzraum im ersten Stock, man<br />
kann gut die Stuckverzierung an der Decke<br />
erkennen. Die moderne Möblierung passt sich<br />
dem vorgegebenen Farbkonzept der Türen und<br />
Fensterrahmen an.<br />
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