18 DIE BESTEN KARRIERE •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• DIE JUNGE GENERATION BILD: SN/MASSON - STOCK.ADOBE.COM
DIE BESTEN KARRIERE 19 •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• DIE JUNGE GENERATION Revolution für ein neues Biedermeier Junge Menschen gehen auf die Barrikaden: In den USA verlassen sie in Scharen Billigjobs, in China steigen die mit Bildung gedopten Kinder aus der Welt aus, die ihreElternfür sie geschaffen haben. Auch hierzulande gibt es eine Revolution, wenn auch nur im Kleinen. <strong>Die</strong> deutsche Wochenzeitung „<strong>Die</strong> Zeit“ schickte kürzlich ihre China-Korrespondentin aus, um die Stimmungen junger Menschen im Reich der Mitte einzufangen. Sie landete unter andereminder chinesischen Stadt Dali, einer Art Goa der Gegenwart. Dorthin setzen sich junge Menschen ab, die mit den Lebensmodellen ihrer Eltern nicht mehr konform gehen und aus dem chinesischen Turbokapitalismus aussteigen. Es ist der hochgebildete Nachwuchs, in den die ElternZeit, Geld und Herzblut investierten, um später einmal Erfolg „im System“ zu haben. Man könnte auch sagen: Hühnerblut. Laut Zeitungsartikel haben in den 1960ern und 1970ern Ärzte Menschen in China Hühnerblut injiziert, weil es angeblich leistungsfähiger macht. <strong>Die</strong> überehrgeizigen Mütter nennt man noch heute „Hühnerblutmamas“, und auch wenn eine derartige Bluttransfusion kein Thema mehr ist, sorgen sie dafür,dass die jungen Menschen bis Mitternacht von Bildungsprogramm zu Bildungsprogramm geschupft werden. Berichtet wirddabei über einen jungen Mann, dessen Ausbildung so viel wie ein dreistöckiges Wohnhaus gekostet hat, der Vater wünschte dem Sohn eine Professorenlaufbahn, die Mutter sah ihn in einem chinesischen Unternehmen mit eigener Wohnung. Er selbst entschied sich für keine der gebotenen Varianten, vielmehr für die sanfte Revolution und ein Wenig- bis Nichtstun, das man in China „Tangping“, „Flachliegen“, nennt. Er selbst wolle keine Schraube in einem großen Getriebe sein, kein Kanonenfutter fürs System, sagte er der Zeitungskorrespondentin. Weil ein Aufbegehren in China selten gut ausgeht, meint der junge Mann: „Wenn die Menschen schon nicht aufstehen dürfen, können sie sich wenigstens hinlegen.“ In den USA wollen Junge Gewerkschaften Widerstand auch auf der anderen Seite des Globus: <strong>Das</strong> „Time“-Magazin spürte in Rom eine junge, gut ausgebildete Amerikanerin auf, die aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen ihren Job gekündigt und kurzerhand nach Rom geflogen ist. Dort nimmt sie sich eine Auszeit, lernt Italienisch, bastelt an ihrer Homepage für ihre geplante Selbstständigkeit und lebt von ihrem Geld, das sie in der Pandemie nicht ausgeben und zur Seite legen konnte. In den USA spricht man derweil von der „Great Resignation“, diese Flucht vieler junger Menschen aus dem Arbeitsmarkt lässt aktuell über zehn Millionen Jobs unbesetzt. Beson- Gerrit Woerle ist Unternehmer und Vertreter der Generation Y, die er sehr gut verstehen kann. Jede Generation ticke anders. Darauf müsse man sich auch als Arbeitgeber einstellen, damit die Menschen gernimBetrieb arbeiten. ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• • ders betroffen ist der Gastronomie- und Freizeitsektor,dort beträgt das Durchschnittsalter knapp 32 Jahre. Laut der Organisation One Fair Wage plant die Hälfte der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,imnächsten Jahr die Branche zu verlassen. Wasinden USA dazugekommen ist: Durch die Pandemie hatten junge Menschen Zugang zu Arbeitslosenhilfe, rund 400 Dollar proWoche, die so etwas wie eine –wenn auch nur vorübergehende –finanzielle und gedankliche Leichtigkeit mit sich brachte. VonArbeitgeberverbänden wurde diese Unterstützung heftig kritisiert, weil passieren könnte, was befürchtet wurde: dass junge Menschen ihreJobs hinterfragen und letztlich hinwerfen könnten. Was die Pandemie dem US-amerikanischen Arbeitsmarkt hinterlassen hat: mehr neue Gewerkschaftsverbände und die Gewissheit, dass Jobs besser bezahlt werden müssen, um Personal zu finden. Neues auszuprobieren und Altes zu hinterfragen ist das Motto rund um den Globus. Auch wenn es „die Jugend“ als homogene Gruppe nicht gibt, zeichnen sich auch unter Österreichs Jugend neue Werte und eine veränderte Einstellung zum Arbeiten ab: „Uns sind materielle Dinge nicht wichtig, wir kommen mit weniger Geld aus und arbeiten dafür weniger“, sagt einer.„Mein Job muss Sinn stiften. <strong>Die</strong> Zeit im Unternehmen absitzen, weil man Freitagmittag ein neues Projekt nicht mehr anfangen möchte, geht für mich gar nicht“, sagt eine. Und freilich gibt es auch jene, die einfach nur gutes Geld machen und sich schöne Dinge kaufen wollen. Der gemeinsame Nenner: <strong>Die</strong> Arbeit soll nicht mehr nur nach den Regeln und Vorstellungen des Marktes gestaltet sein. <strong>Die</strong> junge Generation will mitreden, nicht nur über das Klima, sondern auch über ihren Job. Eine Herausforderung für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, immerhin kommt noch hinzu, dass die geburtenstarke Boomer-Generation in Pension geht und deshalb weniger Arbeitskräfte nachkommen. BILD: SN/WOERLE Jede Generation tickt anders Gerrit Woerle hat vor zwei Jahren die elterliche Käserei übernommen. Mit seinen 37 Jahren gehört er der Generation Yan, der nachgesagt wird, besonders viel zu hinterfragen. Er engagiert sich für Klimathemen und Nachhaltigkeit und versteht sowohl in seiner Rolle als Unternehmer als auch als Vertreter dieser Generation den aktuell stattfindenden Wandel auf dem Arbeitsmarkt. „Es ist völlig normal, dass jede Generation etwas anders tickt“, sagt er,als Unternehmer sei ihm wichtig, ein Arbeitsumfeld zu