Unternehmen Österreich 4/2022
Das Magazin des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes
Das Magazin des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
cover<br />
Die „Variante light“ der türkis-grünen Regierung<br />
Bis zum letzten Moment zauderte die türkis-grüne Regierung, der Vorgabe der EU nach einer Übergewinnsteuer<br />
nachzukommen. Letztendlich präsentierte sie eine minimale Variante, die viele Fragen<br />
offen lässt. Vor allem die nach der Effektivität dieses Steuermodells.<br />
Zur Abschöpfung der Übergewinne<br />
legte die türkis-grüne Bundesregierung ihr<br />
Steuermodell vor:<br />
Für Mineralölfirmen ist der Steuersatz<br />
mit 40 Prozent niedrig angesetzt. Er kann<br />
sogar im Fall von Neuinvestitionen in<br />
erneuerbare Energieformen auf 33 Prozent,<br />
den EU-Mindestsatz, fallen.<br />
Bei erneuerbaren Stromerzeugern liegt<br />
die Grenze, ab der eine Abschöpfung der<br />
Erlöse aus dem Stromverkauf laut EU-Plan<br />
erfolgen soll, bei 180 Euro pro Megawattstunde.<br />
<strong>Österreich</strong> sieht eine Abschöpfung<br />
ab 140 Euro pro Megawattstunde vor.<br />
Investitionen in erneuerbare Energien können<br />
die Grenze auf 180 Euro anheben.<br />
Die Einnahmengrenze liegt damit immer<br />
noch weit über den Gestehungskosten<br />
der erneuerbaren Stromerzeugung, selbst<br />
wenn man einen Gewinnaufschlag einkalkuliert.<br />
So liegen die Erzeugungskosten für<br />
Photovoltaikanlagen bei 20–60 Euro, bei<br />
Windkraft bei 30–80 Euro und bei Wasserkraft<br />
bei 25 Euro pro Megawattstunde<br />
Strom. Zum Vergleich: Der Vorkrisenbörsepreis<br />
lag bei ca. 50 Euro pro MWh. Gerade<br />
bei der Wasserkraft führt die große Zahl<br />
an abgeschriebenen Wasserkraftwerken<br />
in <strong>Österreich</strong> zu den deutlich niedrigeren<br />
Gestehungskosten. Zudem sollen nur<br />
90 Prozent der über der Grenze liegenden<br />
Einnahmen besteuert werden.<br />
Der betroffene Zeitraum:<br />
Für Öl- und Gaskonzerne gelten alle Übergewinne<br />
ab 1. Juli <strong>2022</strong> bis Ende 2023.<br />
Für Stromerzeuger ab 1. Dezember<br />
<strong>2022</strong> bis Ende 2023. Der Referenzgewinn<br />
ist der Durchschnittsgewinn der Jahre<br />
2018 bis 2021. Liegt der Gewinn der<br />
Öl- und Gaskonzerne mehr als 20 Prozent<br />
über dem Referenzgewinn, greift die<br />
Besteuerung:<br />
Wenn eine Firma in erneuerbare Energie<br />
investiert, werden die Gewinne, die über<br />
den 20 Prozent liegen, mit 33 Prozent<br />
besteuert. 2–4 Milliarden Euro sollen so<br />
an Einnahmen generiert werden. Die österreichische<br />
Abschöpfungsgrenze liegt damit<br />
etwas unter dem EU-Minimum. Trotzdem<br />
ist sie unverständlich hoch angesetzt,<br />
womit ein großer Teil der Übergewinne im<br />
Stromsektor von der Steuer unangetastet<br />
bleibt. Zudem ist es fraglich, ob es die 40<br />
Prozent und die 140 Euro nicht nur am Papier<br />
gibt. Denn alle werden in erneuerbare<br />
Energien investieren.<br />
Kritik von ÖGB und AK<br />
Deutlich höhere Steuersätze hätten sich<br />
hingegen ÖGB und AK gewünscht. „Die<br />
Regierung bleibt bei der Umsetzung der<br />
Übergewinnsteuer deutlich unter ihren<br />
Möglichkeiten“, erklärten ÖGB-Präsident<br />
Wolfgang Katzian und AK-Präsidentin<br />
Renate Anderl. „Die Arbeiterkammer und<br />
der ÖGB haben eine umfassende Übergewinnsteuer<br />
vorgeschlagen, was jetzt<br />
kommt, ist eine Übergewinnsteuer light“,<br />
so Anderl. „Das AK-ÖGB-Modell hätte bis<br />
zu zehn Milliarden Euro gebracht.“ Die nun<br />
von der türkis-grünen Regierung präsentierte<br />
Variante brächte, wenn überhaupt,<br />
nur die Hälfte. Das sei viel zu wenig, um<br />
die Kostenexplosion zu stoppen.<br />
Die temperaturen<br />
stürzen in die Tiefe, die<br />
Energiepreise explodieren.<br />
Viele können sich das<br />
Heizen nicht mehr leisten.<br />
Während Deutschland eine<br />
Preis bremse eingeführt hat,<br />
gehen <strong>Österreich</strong>er:innen<br />
leer aus.<br />
iStock by Getty Images (2)<br />
<strong>Unternehmen</strong> <strong>Österreich</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
11