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Wir versuchten, die Geschichte des Pönfalles<br />
bis zu dieser Stelle in der Form einer<br />
Erzählung zu halten - einer Erzählung<br />
freilich, in der der Leser nur zu oft schon<br />
gemerkt haben wird, dass sie an allen<br />
wesentlichen Stellen geradezu aktuell<br />
anmutet. Das, was sich nun aber nach<br />
vollzogener Unterschrift in Görlitz abspielte,<br />
ist in seinem Ablauf so zwingend zeitgemäß,<br />
dass es ganz überflüssig ist, hier<br />
noch eine romanhafte Form der Darstellung<br />
zwecks besserer Verdeutlichung zu wählen;<br />
im Gegenteil, wir Menschen von heute<br />
werden mit Verwunderung feststellen, dass<br />
sich nun im kleinen, an einer Stadt etwa,<br />
ganz das gleiche Schicksal vollzieht, das<br />
wir in den letzten Jahrzehnten bis in die<br />
unmittelbare Gegenwart herein selber<br />
erlebt haben. Das die Verträge von Prag eine<br />
verzweifelte Ähnlichkeit mit Versailles<br />
haben, ist nicht schwer zu erkennen. Eine<br />
für damalige Verhältnisse ungeheure Summe<br />
wird erpresst, dazu werden alle Privilegien<br />
der Stadt für nichtig erklärt. Zunächst<br />
erklärt sich niemand zur Unterschrift bereit,<br />
aber der Hinweis auf Gewalt genügt, um die<br />
zitternden Ratsherren willig zu machen.<br />
Daraufhin werden die Stadtgebiete besetzt,<br />
zwar mit einer lächerlich geringen Anzahl<br />
Johannes Wüsten ( 1896 - 1943 )<br />
Soldaten, aber das noch gerüstete Heer des<br />
Siegers von Mühlberg steht grölend im<br />
Hintergrund. Nach vollzogener Unterschrift<br />
war es das erste, dass die “Großkapitalisten”<br />
von Görlitz erklärten, sie könnten nicht zahlen.<br />
Also musste das Volk ran. Eine Ausnahme<br />
bildete rühmlich der Erbauer des Schönhofs<br />
(vermutlich auch der Rathaustreppe),<br />
Wendel Roßkopf, der eine für seine Verhältnisse<br />
sehr hohe Summe freiwillig gab.