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15_Ausgabe Juni 2002

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Wir versuchten, die Geschichte des Pönfalles<br />

bis zu dieser Stelle in der Form einer<br />

Erzählung zu halten - einer Erzählung<br />

freilich, in der der Leser nur zu oft schon<br />

gemerkt haben wird, dass sie an allen<br />

wesentlichen Stellen geradezu aktuell<br />

anmutet. Das, was sich nun aber nach<br />

vollzogener Unterschrift in Görlitz abspielte,<br />

ist in seinem Ablauf so zwingend zeitgemäß,<br />

dass es ganz überflüssig ist, hier<br />

noch eine romanhafte Form der Darstellung<br />

zwecks besserer Verdeutlichung zu wählen;<br />

im Gegenteil, wir Menschen von heute<br />

werden mit Verwunderung feststellen, dass<br />

sich nun im kleinen, an einer Stadt etwa,<br />

ganz das gleiche Schicksal vollzieht, das<br />

wir in den letzten Jahrzehnten bis in die<br />

unmittelbare Gegenwart herein selber<br />

erlebt haben. Das die Verträge von Prag eine<br />

verzweifelte Ähnlichkeit mit Versailles<br />

haben, ist nicht schwer zu erkennen. Eine<br />

für damalige Verhältnisse ungeheure Summe<br />

wird erpresst, dazu werden alle Privilegien<br />

der Stadt für nichtig erklärt. Zunächst<br />

erklärt sich niemand zur Unterschrift bereit,<br />

aber der Hinweis auf Gewalt genügt, um die<br />

zitternden Ratsherren willig zu machen.<br />

Daraufhin werden die Stadtgebiete besetzt,<br />

zwar mit einer lächerlich geringen Anzahl<br />

Johannes Wüsten ( 1896 - 1943 )<br />

Soldaten, aber das noch gerüstete Heer des<br />

Siegers von Mühlberg steht grölend im<br />

Hintergrund. Nach vollzogener Unterschrift<br />

war es das erste, dass die “Großkapitalisten”<br />

von Görlitz erklärten, sie könnten nicht zahlen.<br />

Also musste das Volk ran. Eine Ausnahme<br />

bildete rühmlich der Erbauer des Schönhofs<br />

(vermutlich auch der Rathaustreppe),<br />

Wendel Roßkopf, der eine für seine Verhältnisse<br />

sehr hohe Summe freiwillig gab.

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