Stenographischer Bericht 22. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Paul K. Friedhoff<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>22.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Donnerstag, den 25. Februar 1999 1621<br />
(A) schaft wird stärker belastet. Zweitens. Wenn Sie etwas Präsident Wolfgang Thierse: Gestatten Sie noch (C)<br />
in der Steuerpolitik verändern, werden Sie immer an der<br />
einen Stelle Verbesserungen – wenn Sie es aufkom-<br />
eine Zwischenfrage der Kollegin Skarpelis-Sperk?<br />
mensneutral gestalten – und an der anderen Stelle Verschlechterungen<br />
haben. Das, was Sie beklagen, nämlich<br />
Paul K. Friedhoff (F.D.P.): Gerne.<br />
die hohen Lohnnebenkosten und die hohe Steuerlast für<br />
den Mittelstand, die auch wir alle beklagen, werden Sie<br />
nicht dadurch wettmachen, daß Sie punktuell einigen<br />
eine Kleinigkeit geben, während Sie unter dem Strich<br />
andere erheblich belasten.<br />
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD): Herr Kollege<br />
Friedhoff, Sie haben eben für die leichte Schwäche des<br />
Euro die gegenwärtige Bundesregierung schuldig gesprochen.<br />
Heißt das, daß Sie für die massiven Währungskrisen<br />
der Vergangenheit – so weit wäre ich nicht<br />
gegangen – wie die Peso-Krise 1995, die Asienkrise<br />
1997, die Rußlandkrise 1998 und jetzt die Brasilienkrise<br />
auch die früheren Bundesregierungen haftbar machen?<br />
Oder sind Sie der Überzeugung, daß Währungskrisen<br />
ein bißchen komplexere Probleme darstellen?<br />
Ich möchte Ihnen – ich habe das im Wirtschaftsausschuß<br />
mehrfach getan – hier auch deutlich machen:<br />
Wenn Sie zum Beispiel die Ökosteuer und ihre Auswirkungen<br />
ernsthaft betrachten, dann werden Sie feststellen,<br />
daß es sehr viele Verlierer im Mittelstand geben<br />
wird. Die Leute wissen das, weil sie es selber durchgerechnet<br />
haben.<br />
(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne-<br />
Paul K. Friedhoff (F.D.P.): Wenn Sie zugehört hätten,<br />
dann hätten Sie vernommen, daß ich die Bundesregierung<br />
ten der CDU/CSU)<br />
und Aussagen von Herrn Lafontaine in dieser Richtung da-<br />
Daß Sie mit Ihren Maßnahmen andere möglicherweise<br />
streicheln, ist mir klar. Das war auch das Ziel der Aktionen,<br />
die Sie zu Beginn Ihrer Regentschaft letzten Jahres<br />
durchgepeitscht haben und mit denen Sie alle Sparmaßnahmen<br />
rückgängig gemacht haben, die wir durchgeführt<br />
haben. Man kann es so machen, aber es ist generell<br />
falsch.<br />
für mit verantwortlich gemacht habe. Dabei bleibe ich. Ich<br />
bin felsenfest davon überzeugt, daß Sie in der Zwischenzeit<br />
allerdings eines mit in Ihre Überlegungen aufnehmen sollten:<br />
Ich rede nicht von einer Veränderung des Verhältnisses<br />
zwischen D-Mark und Dollar, sondern von der des Verhältnisses<br />
zwischen Dollar und Euro. Der Euro ist mit dem<br />
Ziel eingeführt worden, daß wir mit ihm stabilere Wechselkurse<br />
erhalten, weil wir dann einen wesentlich größeren<br />
Ich will mit meiner Rede fortfahren: Herr Lafontaine Wirtschaftsraum haben, Wenn Sie die Ausschläge in die-<br />
läßt sich offenbar nicht beirren. Der anhaltende politisem wesentlich größeren Wirtschaftsraum einmal auf eine<br />
sche Druck auf die Europäische Zentralbank trägt Situation übertragen würden, in der wir nur noch die DM<br />
nach Überzeugung vieler Analysten zur aktuellen hätten, dann – das kann ich mir vorstellen – wäre das noch<br />
(B) Schwäche des Euro bei. An den Finanzmärkten droht<br />
der Euro an Vertrauen zu verlieren. An der Spitze dieser<br />
viel kräftiger. Dafür sind diese Politik der Bundesregierung<br />
und insbesondere die Äußerungen des Finanzministers mit<br />
(D)<br />
Bewegung steht ausgerechnet die deutsche Bundesregie- verantwortlich. Dabei bleibe ich.<br />
rung, die international immer als standhafter Vertreter<br />
der Währungsstabilität galt.<br />
Herr Wirtschaftsminister Müller, fragen Sie doch<br />
einmal in Ihrem Hause nach, wer von Ihren Experten<br />
diesen Vulgärkeynesianismus befürwortet? Was werden<br />
Ihnen Ihre Mitarbeiter, die zumindest zum Teil noch aus<br />
der alten Legislaturperiode stammen, auf diese Frage<br />
entgegenhalten? – Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine<br />
solche Politik Ihre Billigung und die Ihres Hauses<br />
findet und Sie dagegen nicht stärker vorgehen. Gehen<br />
Sie doch auf den Bundeskanzler zu – Sie haben doch ei-<br />
(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)<br />
Ich komme zum Schluß. Es ist höchste Zeit, zu einer<br />
seriösen Wirtschafts- und Steuerpolitik zurückzukehren.<br />
Nötig ist eine Steuerreform aus einem Guß mit einer<br />
spürbaren Nettoentlastung für Betriebe und Arbeitnehmer,<br />
nötig ist die Flexibilisierung der Tarifpolitik, und<br />
nötig sind Lohnabschlüsse unterhalb des Produktivitätsfortschritts.<br />
Nur wenn das geschieht, kann ein wirklich<br />
nachhaltiger Aufschwung am Arbeitsmarkt erfolgen.<br />
Ich danke Ihnen.<br />
nen guten Draht zu ihm –, damit er der verheerenden<br />
Politik seines Finanzministers Einhalt gebietet. Es ist<br />
(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)<br />
schon zuviel Porzellan zerschlagen worden.<br />
Präsident Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun die<br />
Kollegin Margareta Wolf, Bündnis 90/Die Grünen.<br />
(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Ich komme zum Schluß. Die Wirtschaftspolitik der<br />
rotgrünen Bundesregierung fährt, wie ich finde, zweigleisig:<br />
Der Wirtschaftsminister will möglicherweise das<br />
Richtige und traut sich leider nicht. Der Finanzminister<br />
will mit Sicherheit das Falsche, aber er traut sich leider<br />
alles. Ich fürchte, die Resultate für den Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland und die Arbeitsplätze in unserem<br />
Land werden unsere Warnungen mehr als bestätigen.<br />
(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen<br />
und Herren! Herr Friedhoff, ich halte Sie durchaus für<br />
einen interessanten Gesprächspartner. Aber Sie wären<br />
noch wesentlich interessanter, und Sie täten gut daran,<br />
wenn Sie einmal die Realitäten zur Kenntnis nehmen<br />
würden. Es ist richtig, daß der Mittelstand niedrigere<br />
Steuern braucht.<br />
(Ernst Schwanhold [SPD]: Das habe ich auch<br />
gesagt!)