Stenographischer Bericht 22. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Bundesminister Walter Riester<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>22.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Donnerstag, den 25. Februar 1999 1637<br />
(A) zusammengebaut werden. Hinter der Arbeitslosigkeit worten, weil es mir wichtig erscheint. Wir befinden uns (C)<br />
stehen Tausende von Schicksalen und Abertausende von da in einer ganz schwierigen Situation. Wir haben Wirt-<br />
Gründen. Mit einem groben und starren Raster kommen schaft und Gewerkschaften eingeladen. Bei den Vertre-<br />
wir nicht weiter. Das ist in der Vergangenheit deutlich tern der Wirtschaft haben wir beispielsweise trotz nach-<br />
geworden. Manche Bausteine passen nicht mehr. Wir drücklichen Nachfragens von seiten der Mittelstandsver-<br />
haben uns daher vorgenommen, die Arbeitsmarktpolitik einigungen irgendwo einen Schnitt setzen müssen. Uns<br />
in Zukunft noch zielgenauer und personennäher zu ist aber wichtig, daß wir die Belange von Arbeitslosen,<br />
gestalten. Nur wenn dies gewährleistet ist, können wir von Schwerbehinderten, von Kirchen und von Frauen in<br />
Rechte und Pflichten, so wie wir es gerade diskutiert die Problemstellungen einbringen und bei den Lösungen<br />
haben, auch wieder in ein vernünftiges Lot bringen. Das berücksichtigen. Das ist uns wichtig. Ich darf Ihnen<br />
wird das Ziel unserer SGB III-Reform sein. Wir wollen versichern, daß sich im Zweifelsfall hier auch konkre-<br />
eine bessere Wiedereingliederung der Arbeitslosen. tere Aufgaben stellen als die, an dem Kreis von 12 oder<br />
Ich habe eben gesagt, daß wir heute einen Haushalt<br />
vorlegen, mit dem wir wirksam die Arbeitslosigkeit be-<br />
14 Menschen teilzunehmen, die sich heute nachmittag<br />
wieder treffen.<br />
kämpfen. Mit finanziellen Mitteln allein funktioniert das Sie dürfen davon ausgehen: Mir ist das Anliegen ge-<br />
nicht. Das ist richtig, denn es gibt keine Formel: mehr rade der behinderten Menschen sehr wichtig. Ich setze<br />
Geld gleich weniger Arbeitslosigkeit.<br />
mich gerade im Rahmen unserer Präsidentschaft in der<br />
(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Diese Erkenntnis<br />
ist schon einmal gut!)<br />
Europäischen Union dafür ein, das zu einem der drei<br />
Themen zu machen, die wir in die beschäftigungspolitischen<br />
Fragen einbringen.<br />
Nicht zuletzt deswegen setzen wir auch auf das Bündnis<br />
für Arbeit, weil wir wissen, daß es mit Geld allein nicht<br />
zu machen ist.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Vizepräsidentin Anke Fuchs: Herr Minister, es<br />
liegt noch eine Wortmeldung zu einer Zwischenfrage<br />
vor. Gestatten Sie sie?<br />
Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und<br />
Sozialordnung: Ja.<br />
Vizepräsidentin Anke Fuchs: Bitte sehr, Herr<br />
Kollege Seifert.<br />
Dr. Ilja Seifert (PDS): Herr Minister, auch Sie werden<br />
sicher nicht bestreiten, daß die Arbeitslosigkeit unter<br />
Schwerbehinderten besonders hoch ist. Sie haben<br />
sich dazu ja gerade auch in Dresden geäußert. Das fand<br />
ich sehr positiv und freue mich darüber. Hielten Sie es<br />
unter diesen Umständen eigentlich nicht für sinnvoll,<br />
daß am Bündnis für Arbeit auch Vertreter der Behindertenorganisationen<br />
teilnehmen könnten, wie es von<br />
diesen seit langem gefordert wird? Es würde mich interessieren,<br />
ob Sie dazu eine Meinung haben und ob nicht<br />
entsprechende Vertreter dazu eingeladen werden könnten.<br />
Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung:<br />
Ich möchte Ihnen dazu differenziert ant-<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Vizepräsidentin Anke Fuchs: Der Kollege Seifert<br />
hat noch eine Zusatzfrage. – Bitte sehr.<br />
Wir alle wissen: Es gibt weder einen Königsweg noch<br />
ein Patentrezept, um Arbeitslosigkeit abzubauen. Es Dr. Ilja Seifert (PDS): Wäre es denn, Herr Minister,<br />
geht nur mit einer gemeinsamen Anstrengung, bei der nicht sinnvoll, kurzfristig Vertreterinnen und Vertreter<br />
jeder in seinem Verantwortungsbereich seinen Beitrag der Behindertenverbände einzuladen, die dann wenig-<br />
zur Lösung des Gesamtproblems einbringen muß. Wer stens Sie beraten, damit Sie das Anliegen auf europäi-<br />
(B)<br />
sich allerdings dem Konsens verweigert, kommt dem<br />
gemeinsamen Ziel überhaupt keinen Schritt näher.<br />
scher Ebene aus der Sicht der Betroffenen einbringen<br />
können? Wir kennen ja unsere Situation am besten.<br />
Wäre es nicht eine Möglichkeit, ein paar von unseren<br />
Vertretern einzuladen?<br />
(D)<br />
Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung:<br />
Ich werde es machen.<br />
(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Danke schön! – Beifall<br />
bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)<br />
Ich sagte, der Konsens darf nicht verweigert werden.<br />
Wer den Karren bewußt vor die Wand fahren will, entzieht<br />
sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung, aber<br />
die Gesellschaft wird es wahrnehmen. Ludwig Erhard<br />
hat gesagt, daß 50 Prozent des wirtschaftlichen Erfolges<br />
auf Psychologie beruhen. Ich weiß nicht, ob es so ist,<br />
aber ein Teil Wahrheit wird darin liegen. Deswegen<br />
warne ich vor dem permanenten Schlechtreden der Situation.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN – Bartholomäus Kalb [CDU/<br />
CSU]: Darum ist auch Ihr Chaos so verheerend!)<br />
So trüb, wie auch einige Vertreter der Wirtschaft unser<br />
Land sehen, stellt sich die Lage weiß Gott nicht dar. Ich<br />
plädiere auch hier für einen klaren Blick.<br />
(Ina Lenke [F.D.P.]: Aber bis Oktober war es<br />
ganz schlimm mit der Massenarbeitslosigkeit?)