Stenographischer Bericht 22. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Margareta Wolf (Frankfurt)<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>22.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Donnerstag, den 25. Februar 1999 1623<br />
(A) Ich möchte darauf hinweisen, daß die Eigenkapital- daß sie marktfähig sein werden, in Höhe von 20 Prozent (C)<br />
quote der Unternehmen trotz der zahlreichen Förder- unter Hinzuziehung der Länder und der Industrie mit<br />
programme – Kollege Schwanhold hat es gesagt – in den entsprechenden Anteilen für absolut angemessen.<br />
letzten Jahren dramatisch gesunken ist. Wir sollten uns<br />
darüber Gedanken machen, ob nicht vielleicht für diese<br />
dramatische Eigenkapitalsituation sowie die kaum ausgeprägte<br />
Beteiligungs- und Wagniskapitalkultur in<br />
Deutschland die Tatsache verantwortlich ist, daß wir<br />
viel zu lange auf Fremdfinanzierung gesetzt haben.<br />
Abschließend möchte ich sagen: Sie haben in den<br />
letzten Jahren immer nur von Subventionsabbau geredet.<br />
Es steht in Ihren Programmen, allen voran im Programm<br />
der verehrten Partei ganz rechts. Sie haben aber nie irgendein<br />
Programm gekürzt oder herausgeschmissen. Sie<br />
haben immer nur draufgelegt. Die Konsequenz ist, daß<br />
wir jetzt die Programme zusammenfassen und transpa-<br />
Präsident Wolfgang Thierse: Kollegin Wolf, gerenter machen müssen. Fragen Sie doch einmal den<br />
statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schauerte? Mittelstand, welche Fehlallokationen Sie durch Ihre komischen<br />
Aufblähungen der Förderprogramme in den<br />
letzten Jahren tatsächlich produziert haben.<br />
Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN): Ja, gerne.<br />
Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Verehrte Frau<br />
Kollegin, Sie haben gerade so begeistert davon gesprochen,<br />
daß in diesem Haushalt Subventionsabbau wahr<br />
werden sollte. Können Sie das wirklich ernsthaft vor<br />
dem Hintergrund vertreten, daß Sie in dem Zukunftsbereich<br />
Raum- und Luftfahrt, in dem ja wirklich viele Innovationen<br />
stattfinden und der ganz bedeutend für uns<br />
sein wird, deutlich kürzen und in einem Bereich, der<br />
eher der Vergangenheit angehört, dem CO2-Produzenten<br />
Kohle, die Subventionen um 700 Millionen DM erhöhen?<br />
Halten Sie diese Art von Subventionsabbau wirklich<br />
für modern und zukunftsweisend?<br />
– Nein, dieses wird im Moment erforscht, Herr Kollege<br />
Austermann; es handelt sich aber auch um Luftfahrtforschungsgelder<br />
und nicht um Produktionsgelder.<br />
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Er ist<br />
noch gar nicht marktfähig!)<br />
– Er wird dann marktfähig sein, wenn sich das Konsortium<br />
auf europäischer Ebene endlich einmal zusammenschließt.<br />
Ich halte eine Beteiligung bei der Entwicklung<br />
von Produkten, bei denen es heute schon absehbar ist,<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD – Dagmar<br />
Wöhrl [CDU/CSU]: Kollege Schwanhold hat<br />
noch mehr gefordert!)<br />
Ich glaube, daß eine Rückführung von Subventionen,<br />
eine zeitliche Begrenzung und eine außerordentlich<br />
deutliche Zielorientierung von Förderprogrammen zu<br />
einer Stärkung der Aktienkultur und zu einer Stärkung<br />
der Beteiligungskultur in Deutschland führen können.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)<br />
Ich komme zu einem weiteren Punkt. Wir brauchen<br />
diese neue Aktienkultur auch zur Sicherung und Modernisierung<br />
unserer sozialen Sicherungssysteme. Die Politik<br />
ist gefordert – dies sage ich, um an Ludwig Erhard<br />
anzuknüpfen –, die Rahmenbedingungen dafür zu setzen,<br />
daß der Bevölkerung mehr Spielraum für die Bildung<br />
von Vermögen bleibt. Unter der Prämisse einer<br />
(B)<br />
Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE<br />
nachhaltigen Haushaltspolitik ist es die Aufgabe des<br />
Staates, die Rahmenbedingungen für mehr Eigenver-<br />
(D)<br />
GRÜNEN): Verehrter Herr Kollege, erstens erhöhen wir antwortung aller gesellschaftlichen Akteure zu setzen.<br />
die Subventionen für den Kohlebereich nicht, sondern<br />
führen das aus, was Sie nach dem Kohlekompromiß von<br />
1997 versäumt haben. Wir nehmen nämlich den Kohlekompromiß<br />
ernst<br />
Zu diesem Kontext gehört die Rentenstrukturreform.<br />
Wir als Wirtschaftspolitiker müssen eine Debatte<br />
darüber führen – auch in Erwartung des BVG-Urteils im<br />
Herbst –, wie Subventionen zugunsten der steuerlichen<br />
(Zurufe von der CDU/CSU: Nein! Nein!) Freistellung aller Vorsorgeaufwendungen abgebaut wer-<br />
– hören Sie doch einmal zu! – und stellen die Zahlen im<br />
Haushalt ein, die Sie, um die Maastricht-Kriterien zu erfüllen,<br />
nicht eingestellt haben.<br />
den können. Damit erzielen wir folgende Effekte: Wir<br />
versetzen die Bevölkerung in die Lage, mehr Vermögen<br />
für die private Altersvorsorge aufzubauen. Wir erreichen<br />
den zweiten Effekt, daß es Anreize für die Beteiligungs-<br />
Zweitens ist eine 20prozentige Beteiligung an der kultur in diesem Land gibt, weil mehr Vermögen in den<br />
Luftfahrtforschung angemessen. Ich halte den Megali- Händen der Menschen verbleibt. Der dritte Effekt ist,<br />
ner Airbus 3XX für ein Produkt, das tatsächlich markt- daß viele Kleingewerbetreibende und Selbständige, die<br />
fähig ist und sich international verkaufen läßt. Ich den- sich heute über ihre Belastung beklagen, weil sie sowohl<br />
ke, daß bei so einer innovativen Technologie – – den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil an die<br />
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Gibt es<br />
noch gar nicht!)<br />
Sozialversicherung abführen, nur noch einen Beitrag<br />
zahlen und somit gegenüber Arbeitnehmern nicht mehr<br />
benachteiligt sind.<br />
Ich halte diese Initiative für sehr vorwärtsweisend.<br />
Sie ist ein deutliches Zeichen der Wirtschaftspolitik für<br />
die Modernisierung und weist auf einen Strukturwandel<br />
unseres Sozialstaates hin.<br />
(Zuruf von der CDU/CSU: Der Minister will<br />
das Gegenteil!)<br />
– Nein, der Minister will nicht das Gegenteil. Ich<br />
möchte mit Ihnen ernsthaft über dieses Thema diskutieren,<br />
und Sie können anscheinend nur Mätzchen nach