faktor Frühjahr 2023
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mensch<br />
LESEZEIT: 5 MINUTEN<br />
Ein Scheibchen vom<br />
Mond liegt vor uns auf<br />
dem Tisch. „Ich weiß<br />
noch, wie ich als Doktorand<br />
das erste Mal<br />
ein Mondgestein untersuchen<br />
durfte – das war<br />
irre“, erzählt Thorsten<br />
Kleine und strahlt. Das<br />
Mondstückchen befindet<br />
sich in einer durchsichtigen<br />
Plastikschachtel und<br />
zeigt Bruchstücke von<br />
der Oberfläche. Die Magie ist spürbar. Es sind Funde<br />
wie diese, die seine Augen leuchten lassen. Daneben liegt<br />
ein aufgeschnittener Meteorit mit einem weißen, ausgefransten<br />
Fleck in der Mitte. Was zu sehen ist, ist ein<br />
Einschluss, der so alt ist wie unser Sonnensystem:<br />
4,567 Milliarden Jahre. Allein Stücke wie diese sind es,<br />
die uns Auskunft geben, wann und wie sich unser Sonnensystem<br />
entwickelt hat.<br />
„Ab und an gelangen solche Gesteinsbruchstücke, die<br />
uns eine Geschichte erzählen, aus dem All auf unsere<br />
Erde“, erklärt der heutige Direktor der Abteilung Planetenwissenschaften<br />
am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung<br />
in Göttingen begeistert. Wobei sich ein<br />
Meteorit im wissenschaftlichen Sinne erst Meteorit nennen<br />
dürfe, wenn die gemeinnützige Organisation Meteoritical<br />
Society ihm einen Namen gibt. Auf E-Bay hingegen<br />
kann heute jeder Weltraummaterie erwerben. Die<br />
Preise schwanken: „Mondgestein kostet in Fachkreisen<br />
auch schon mal 1.000 Euro pro Gramm“, erzählt Kleine.<br />
Wie überall – nach oben sind die Grenzen offen.<br />
MENSCHEN NEIGEN DAZU, rückblickend den eigenen<br />
Entscheidungen Sinn zuzuschreiben. Lebenswege können<br />
sich bereits in frühester Jugend abzeichnen. Und alles<br />
läuft scheinbar nach Plan. Nicht so bei Thorsten<br />
Kleine. „Ich war eher ein nicht so guter Schüler“, sagt<br />
der 50-Jährige. Geschichte interessiert ihn – aber das<br />
traut er sich dann doch nicht zu studieren. Für Luft- und<br />
Raumfahrttechnik erhält er einen Studienplatz in Braunschweig.<br />
Der Himmel, die Sterne und die Planeten üben<br />
bereits zu dieser Zeit eine Faszination auf ihn aus. Dennoch<br />
entscheidet er sich letztlich dagegen. Als er einem<br />
Schulfreund nach Münster folgt, um Physik zu studieren,<br />
merkt er schnell, dass auch dies nicht das Richtige für<br />
ihn ist. „Ein Glücksfall, dass ich schlussendlich über die<br />
Geologie gestolpert bin, die mich zu meiner heutigen<br />
Position geführt hat“, sagt Kleine. Mit Gesteinen arbeiten,<br />
viel draußen sein – und plötzlich ist er ein guter<br />
Student.<br />
Immer wieder wird im<br />
Laufe des Interviews<br />
das Wort ‚Glück‘ fallen.<br />
Thorsten Kleine<br />
ist ein sympathischer<br />
Fünfzigjähriger, der<br />
um seine Person nicht<br />
viel Aufhebens macht.<br />
Stattdessen strahlt er<br />
das geerdete Gefühl eines<br />
Angekommenen aus.<br />
Vor zwei Jahren erhält er<br />
den Ruf an das renommierte<br />
Max-Planck-Institut<br />
für Sonnensystemforschung<br />
FOTO: H.RAAB, WIKIMEDIACOMMONS<br />
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