mensch LESEZEIT: 5 MINUTEN Eine holprige Seitenstraße am Orts eingang von Volpriehausen führt direkt zu einem alten Fabrikgebäude. Wer sich hierher verirrt, der weiß, welcher Geheimtipp sich hinter den Mauern aus roten Backsteinen verbirgt. Allein das große neue Banner ‚Riøt Furniture‘ an der Fassade lässt erahnen, dass dies zwar eine stillgelegte Fabrik, aber eben kein verwaistes Gebäude ist. Industrial Style trifft hier auf ‚Unique Interior Design‘ – also Designklassiker aus Dänemark und liebevoll restaurierte Möbel von Bauhaus, kultigen Ikea-Design-Fundstücken und ganz vielem dazwischen. Mit Riøt haben sich die beiden Gründer Sascha Heise und Marius Jacobi vor fünf Jahren einen Traum erfüllt. Und sie leben ihn bis heute. Das spüren wir sofort, als uns die beiden mit einer herzlichen Offenheit in ihrem Showroom in der zweiten Etage willkommen heißen. Sie sind keine Geschäftsführer im klassischen Sinne, sondern verkörpern eine frische Start-up- Mentalität – das Du ist hier obligatorisch. „Hey, ich bin der Sascha. Das ist Marius“, begrüßt der 43-jährige Sascha uns mit freudigem Lächeln. SEIT ZWEI JAHREN GIBT ES DEN SHOWROOM. Kalt ist es hier. Die Backsteinwände, die hohen Decken – es dauert, bis die Wärme des Frühlings sich in den Räumen ausbreitet. Alles ist weitläufig und stilvoll arrangiert. Raumeinnehmende Sofaecken aus den Siebzigern, davor ein passender Tisch, auf dem eine Kerze in einem mit Riøt gebrandeten Glas flackert. Stühle präsentieren sich in hohen Regalen, eine dänische Frisierkommode steht neben einem minimalistischen Schreibtisch aus Stahlrohr. Unvergängliche Glasfasersessel, Bilder und sparsam, doch liebevoll aufgestellte Deko. „WIR WOLLTEN MIT DEM SHOWROOM unsere Möbel angemessen würdigen – und sie einfach schön für unsere Kunden in Szene setzen“, erklärt Marius. Wahrscheinlich machen sie es auch ein Stück weit für sich selbst. Denn klassische Laufkundschaft erwarten sie in ihren Räumen nicht so oft, wenn sie samstags für vier Stunden geöffnet haben. Ihren Umsatz machen sie überwiegend mit Onlineverkäufen auf ausgewählten Plattformen, mittlerweile ein Drittel sogar weltweit. Frankreich, Italien, Spanien, Taiwan. „Vor einigen Monaten haben wir sogar einen Teil nach New York in die Fifth Avenue verschifft“, erzählt Sascha mit sichtlichem Stolz und berichtet mit leuchtenden Augen davon, dass ab sofort eine Cocoon-Deckenleuchte von Riøt bei einem erfolgreichen, italienischen Designer in einer der teuersten Straßen der Welt steht. Und damit, dass ,sie‘ dort einmal stehen würden, hatten Sascha und Marius wirklich nicht gerechnet. Denn eigentlich kaufen sie doch ‚nur‘ alte Möbel auf, geben ihnen ihren alten Charme zurück und stellen sie dann wieder zum Verkauf – und das auch nur in ihrer Freizeit. Hauptberuflich arbeiten beide als Krankenpfleger im Asklepios-Krankenhaus Tiefenbrunn und kümmern sich um psychisch erkrankte Jugendliche. Ein Job, der sie auf ganz andere Art und Weise erfüllt. DOCH WIE KAM ES DANN ZU RIØT FURNITURE? Vor rund 20 Jahren entwickelt Sascha neben seinem Job als Krankenpfleger eine Leidenschaft für Möbel der 1970er- Jahre. Er fängt an, hier und da etwas zu kaufen oder vom Sperrmüll am Straßenrand mit nach Hause zu nehmen, bis die Wohnung von ihm und seiner Frau quietschig bunt ist – und voll. Er sammelt dennoch weiter, restauriert und entwickelt ein Gespür für gutes Design, für Qualität und dafür, wie ein Raum zu einem Wohlfühlraum wird. Alte Keller, Dachböden, Haushaltsauflösungen und Antiquitätenhändler – nichts ist vor ihm sicher, bis es eines Tages zu Hause doch zu eng wird. Das Fabrik gebäude in Volpriehausen, das sein Onkel zunächst für seine Feinmechanikerwerkstatt gekauft hatte, bietet glücklicherweise genug Platz. Sascha Heise verlagert seine Sammlung, nutzt die neu gewonnenen Räumlichkeiten und beginnt, hin und wieder auch einzelne Stücke an Freunde und Bekannte abzugeben. „ES WAR EIN ABSOLUTER GLÜCKSFALL, dass ich dann vor acht Jahren Marius als Kollegen auf der Arbeit kennenlernte. Wir haben uns sofort gut verstanden, und so habe ich ihn gefragt, ob er nicht ebenfalls Lust auf alte Möbel und Restauration hätte“, sagt Sascha und grinst. „Er hatte.“ Marius steigt mit ein. Auch er lernt, Möbel aufzuarbeiten, beschäftigt sich mit Buchhaltung und beginnt die fertigen Werke zu fotografieren. „Angefangen haben wir damit, unsere Möbel online zu präsentieren und mit 98 1 |<strong>2023</strong>
mensch Liebe zum Detail In einer alten Munitionsfabrik in Volpriehausen finden Design-Liebhaber wahre Schätze, die die Jungs von Riøt Furniture mit echter Leidenschaft Stück für Stück restauriert und in Szene gesetzt haben. 1 |<strong>2023</strong> 99