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faktor Frühjahr 2023

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mensch<br />

Beeindruckende Forschung am MPI<br />

in Göttingen. Die Mail mit der Anfrage des MPI für den<br />

zu besetzenden Posten las er nach seinem Tennistraining<br />

und konnte es erst einmal gar nicht glauben. „Es<br />

ist schon eine Wahnsinnssache und eine Auszeichnung,<br />

wenn man überhaupt zu dem Kreis der Wissenschaftler<br />

gehört, die dafür infrage kommen“, erzählt er.<br />

„ICH HABE IM STUDIUM SEHR VIEL GLÜCK GEHABT<br />

mit meinen Projekten und mit meinem Doktorvater“,<br />

sagt er rückblickend. Im Bereich Geochemie trifft er auf<br />

einen Professor, der das Potenzial des Studenten erkennt.<br />

Kleine wird schnell dessen Hilfskraft und hat damit wieder<br />

Glück, wie er sagt. Er erhält spannende Projekte in<br />

der Meteoritenforschung, also in dem Bereich, in dem er<br />

heute große Forschungsteams leitet. Und er darf früh<br />

Verantwortung übernehmen und sich ausprobieren. Die<br />

Doktorarbeit des jungen Wissenschaftlers erregte dann<br />

auch in der Fachwelt viel Aufmerksamkeit.<br />

Bei der Recherche dafür stolpert Kleine über eine Publikation<br />

über das Alter des Erdkerns – ein Thema, das<br />

ihn sofort anspricht. Er entwickelt eine Datierungsmethode<br />

für die Messungen und kommt zu abweichenden<br />

Ergebnissen von der älteren Veröffentlichung. Waren<br />

seine und die anderen Berechnungen falsch? „Ich<br />

habe ein Jahr im Labor verbracht, um herauszufinden,<br />

wo mein Fehler liegt – und irgendwann bin ich zu dem<br />

Schluss gekommen: Also, ich liege nicht falsch“, erzählt<br />

Kleine schmunzelnd. Der Durchbruch für ihn. Er erhält<br />

in den kommenden Jahren von verschiedenen Fachgesellschaften<br />

Preise für Nachwuchsforscher. „Wenn<br />

man einen Preis hat, bekommt man den nächsten umso<br />

leichter. Das hört dann aber auch irgendwann wieder<br />

auf“, sagt er bescheiden und fügt mit einem Augenzwinkern<br />

hinzu: „Jetzt gibt’s den nächsten vermutlich erst<br />

wieder fürs Lebenswerk.“<br />

Die Arbeiten Thorsten Kleines führen zurück zu den<br />

Anfängen des Sonnensystems. In der Geburtsstunde<br />

unserer kosmischen Heimat kreiste eine Scheibe aus<br />

Gas und Staub um die junge Sonne. Die Staubkörnchen<br />

ballten sich zunächst zu größeren Brocken<br />

zusammen, den sogenannten Planetesimalen, aus<br />

denen später die Planeten entstanden. Diese Planetesimale<br />

bildeten sich, anders als lange Zeit angenommen,<br />

an zwei verschiedenen Orten der Staubscheibe,<br />

und beide Populationen entwickelten sich zunächst<br />

unabhängig voneinander. Erst nach mehreren Millionen<br />

Jahren führte das weitere Wachstum des Jupiters<br />

beide Gruppen wieder zusammen. Diese Ergebnisse<br />

legen nahe, dass Meteoriten Material enthalten, das<br />

ursprünglich weit jenseits der Jupiterbahn im äußeren<br />

Sonnensystem entstanden ist.<br />

Auch auf die Entwicklung der Erde samt Mond werfen<br />

Kleines Arbeiten ein neues Licht. So sammelte unser<br />

Planet wohl bereits in seiner Hauptwachstumsphase<br />

– und somit früher als gedacht – wasserreiches Material<br />

an. Der Mond ist, wie jüngste Ergebnisse zeigen,<br />

mit 4,425 Milliarden Jahren relativ jung. Forscherinnen<br />

und Forscher gehen davon aus, dass er aus dem<br />

gewaltigen Zusammenprall der Erde mit einem etwa<br />

marsgroßen Körper hervorging. Wie genau dieser<br />

Prozess ablief, ist jedoch noch immer unklar.<br />

SEIT MAI VERGANGENEN JAHRES ist Kleine nun offiziell<br />

Direktor bei den ‚Planetenwissenschaften‘. Rund<br />

70 Wissenschaftler und Ingenieure gehören zu seinem<br />

Team – und die Verantwortung für ein nicht unerheblich<br />

größeres Budget als an der Münsteraner Universität. Allerdings<br />

bewegt er sich jetzt auch in zeitlich ganz anderen<br />

Dimensionen. Weltraumprojekte haben meist jahrzehntelange<br />

Laufzeiten. Im April dieses Jahres startet<br />

beispielsweise in Südamerika eine Weltraummission<br />

zum Jupiter, um dort die Eismonde zu erforschen. Das<br />

Projekt heißt JUICE – Jupiter Icy Moons Explorer. Wissenschaftsteams<br />

vom MPI in Göttingen haben über<br />

etwa zehn Jahre Instrumente entwickelt, die mit an<br />

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